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Steuerrecht
04.04.2024
Steuerrecht
FG Köln: Antrag auf Buchwertfortführung bei einem Anteilstausch

FG Köln, Urteil vom 13.6.2023 – 15 K 1817/21; Rev. eingelegt (Az. BFH I R 44/23)

ECLI:DE:FGK:2023:0613.15K1817.21.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2024-797-1

 

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Ein Antrag auf Buch- oder Zwischenwertansatz nach § 21 Abs. 2 S. 3 und S. 4 UmwStG ist fristgerechtmit der Abgabe der Steuererklärung gestellt.

2. Die Ausübung des Antragsrechts nach § 21 Abs. 2 S. 3 und 4 UmwStG ist eine einseitig empfangsbedürftige (öffentlich-rechtliche) Willenserklärung, die zu unmittelbaren gesetzlichen Rechtsfolgen führt und vom Steuerpflichtigen stammen muss.

3. Die Auslegung richtet sich nach den §§ 133, 157 BGB unter Anwendung des Empfängerhorizonts.

4. Die Willenserklärung muss für den zuständigen Veranlagungssachbearbeiter zu erkennen geben, dass der Steuerpflichtige einen von § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG abweichenden Wert wählt.

UmwStG § 21 Abs. 1, Abs. 2 S. 3, S. 4, § 20 Abs. 2 S. 3, § 3 Abs. 2; EStG § 17; AO § 87, § 87d, § 150 Abs. 4 S. 1, § 170 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 133; § 157; FGO § 135, § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2, § 108 Abs. 1, 105 Abs. 3 S. 1, § 100 Abs.1, § 96, § 86

 

Das Urteil vom 13. Juni 2023 wird nach § 108 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) dahingehend berichtigt, dass

- auf Seite 5 im zweiten Absatz die Angabe „Kaufpreis für Anteil Nr. 5 einen Betrag von … € in Anteilen an der S.A.“ durch „Kaufpreis für Anteil Nr. 5 = … € in Anteilen an der D (Kapitalerhöhung); Seiten 8 und 10 des Vertrages“ ersetzt wird und

- auf Seite 9 in der Mitte des zweiten Absatzes der Einschub „–auch wegen des am 4. Mai 2020 (Tag der elektronischen Erklärungsabgabe) zwischen der Steuerberaterin und dem Veranlagungssachbearbeiter geführten Telefonats –„ersatzlos gestrichen wird.

Gründe

I.          Der beschließende Senat hat nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 13. Juni 2023 die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Das Urteil ist der Unterprozessbevollmächtigten der Kläger am 20. Juni 2023 zugestellt worden. Am 4. Juli 2023 hat die Unterprozessbevollmächtigte einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO gestellt. Wegen der beantragten Berichtigungen und weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag (Blatt – Bl. – 511 ff. der elektronischen Gerichtsakte – eGA) verwiesen.

Ferner ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Der BFH ist zwischenzeitlich darüber informiert worden, dass sich die Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag aufgrund einer Erkrankung des Berichterstatters verzögert und die Steuerakten im Anschluss an den Beschluss an den BFH übersandt werden.

Dem Beklagten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Er stellt eine etwaige Korrektur des Tatbestands in die Entscheidung des Gerichts.

II.         1. Dem Berichtigungsantrag ist weitgehend zu entsprechen.

Die Wiedergabe von Tz. 7. der (geänderten) Kontrollmitteilung des Finanzamt G vom 10. Dezember 2019 (siehe Bl. 451 f. eGA) ist, wie von der Unterprozessbevollmächtigten beantragt, durch eine Ergänzung zu präzisieren.

Bezüglich des auf Seite 9 von der Unterprozessbevollmächtigten bemängelten Einschubs (zu einem Telefonat zwischen Steuerberaterin und Veranlagungsbearbeiter am 4. Mai 2020) ist eine Korrektur durch Streichung des Einschubs vorzunehmen. In der Tat hatte die Klägerseite, seinerzeit vertreten durch die Hauptprozessbevollmächtigte, während des Einspruchsverfahrens keine Kenntnis von dem Akten-/Gesprächsvermerk des Beklagten, da dieser nicht im Rahmen der eingeschränkten finanzbehördlichen Akteneinsicht in Kopie übersandt worden ist. Erst im Rahmen der vollumfänglichen Akteneinsicht während des Klageverfahrens hat die Klägerseite, nunmehr vertreten durch die Unterprozessbevollmächtigte, von dem Vermerk Kenntnis erlangt. Dieser Umstand wird aber bereits auf Seite 18 des Urteils („Bemängelt wird insbesondere, dass die Gesprächsnotiz des Veranlagungssachbearbeiters vom 4. Mai 2020 (siehe Anlage 13 zur ergänzenden Klagebegründung, Bl. 311 eGA) erst mit der gerichtlichen Akteneinsicht der Klägerseite bekannt geworden sei, da diese in der im behördlichen Verfahren übersandten auszugsweisen Akteneinsicht nicht enthalten gewesen sei.“) zutreffend geschildert. Das Geschehen zum Telefonat ist auch an anderen Stellen des Urteils erwähnt und war überdies Gegenstand der protokollierten Beweisaufnahme. Die im Tenor vorgenommene Streichung reicht damit aus, um die zeitlichen Abläufe und die Rechtsauffassung der Klägerseite zutreffend und hinreichend ausführlich darzustellen. Dies gilt insbesondere, weil der Sach- und Streitstand gem. § 105 Abs. 3 Satz 1 FGO seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen ist.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2019 über die Frage, ob ein Antrag auf Buchwertfortführung bei einem Anteilstausch im Zusammenhang mit einer ausländischen Gesellschaft nach § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) wirksam gestellt worden ist.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger und  waren im Streitjahr Gesellschafter der „A“ (nachfolgend „GmbH“ genannt; Gesellschaft eingetragen im Handelsregister des AG B, HRB …; der Kläger war bis zum 2022 ihr Geschäftsführer) mit Sitz in C. Das Stammkapital der GmbH i.H.v.  € war zuletzt in  Geschäftsanteile aufgeteilt (Übersicht siehe Seite 3 der Klagebegründung vom 17. Februar 2022, Blatt – Bl. – 62 der elektronischen Gerichtsakte – eGA). Die Beteiligung wurde im Privatvermögen gehalten. Der Kläger war zunächst mit  % (aufgeteilt in  Geschäftsanteile) und sein Vater mit  % ( Geschäftsanteile) an der GmbH beteiligt.

Am  2019 schlossen der Kläger und  (als Veräußerer) mit der „D“ (nachfolgend „S.A.“ genannt; als Erwerberin), einem börsennotierten  …unternehmen, einen notariellen Vertrag (UR … der Notarin E als amtlich bestellte Vertreterin des Notars F) über einen Verkauf von % der Anteile an der GmbH. Der Vertrag („Share Purchase Agreement“ oder „SPA“; Abschrift in Englisch siehe Anlage 3 zur Klagebegründung, Bl. 78 ff. eGA; Abschrift in deutscher Übersetzung siehe Anlage 6 zur Klagebegründung, Bl. 184 ff. eGA) sieht die Übertragung von  (von insgesamt ) Geschäftsanteilen des Klägers sowie  Geschäftsanteile des  an die S.A. vor. Für die  beim Kläger verbleibenden Geschäftsanteile ( % der Anteile an der GmbH) sieht der Vertrag eine Verkaufsoption vor.

Die Gegenleistung an den Kläger wird nach den Geschäftsanteilen unterschieden. Ein Geschäftsanteil (Nr. ; Beteiligung  %) soll gegen Gewährung von neuen Anteilen der S.A., der andere Geschäftsanteil (Nr. ; Beteiligung  %) gegen eine Geldzahlung übertragen werden.

Im Einzelnen wurden folgende Übertragungen vorgenommen:

Geschäfts-anteil

Nr.

Eigentümer

Nennbetrag

in %

Gegenleistung

5

Kläger

… €

25,50 %

… neue Anteile an der S.A. aufgrund einer Kapitalerhöhung

6

Kläger

… €

16,53 %

… € Überweisung an Kläger

9

 

… €

8,97 %

… € Überweisung an

SUMME

   

51,00 %

 

Seite 27 des Vertrags (in deutscher Übersetzung; siehe Bl. 210 eGA) sieht als vertragliche Verpflichtung des Klägers (als „Verkäufer 1“ im Vertrag bezeichnet; siehe Bl. 185 eGA) vor:

„6.8 Steuerentschädigung des Käufers

Verkäufer 1 erhält im Austausch für die von ihm gehaltenen Anteile [...] einen Teil des Kaufpreises in Form von D-Anteilen. Um die von den Vertragsparteien gewünschte proportionale Zuteilung des Kaufpreises nicht finanzieren zu müssen und die erhaltenen D-Anteile nicht für die Zahlung der Einkommenssteuer auf den Verkauf der Anteile verkaufen zu müssen, möchte Verkäufer 1 eine liquiditätsschonende Besteuerung seines Verkaufs erreichen. Verkäufer 1 beabsichtigt daher, die Veräußerung als qualifizierten, steuerneutralen Tausch von Anteilen zu Anschaffungskosten gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG durchzuführen, insoweit als die Gegenleistung aus neuen D-Anteilen besteht oder nicht als schädlich im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 2 zu betrachten ist. In diesem Sinne vereinbaren die Parteien folgendes:

6.8.1 Verkäufer 1 verpflichtet sich

a) den für die liquiditätsschonende Besteuerung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erforderlichen Antrag frist- und formgerecht zu stellen;

[...]“

Das für die GmbH (Steuernummer …), die S.A. (Steuernummer …) und auch den  (Steuernummer …) des Klägers zuständige Finanzamt (FA) G erhielt nach Aktenlage durch notarielle Mitteilung sowie ein Schreiben der im Rubrum geführten Hauptprozessbevollmächtigten (nachfolgend „Prozessbevollmächtigte“; zugleich Steuerberaterin / steuerliche Beraterin der Kläger bzgl. der hier streitigen Einkommensteuer 2019) von dem Veräußerungsvorgang kurze Zeit nach Vertragsschluss Kenntnis. Zu diesem Zeitpunkt lag dem FA G eine Abschrift des englischen Vertrags ohne deutsche Übersetzung vor. Die Prozessbevollmächtigte betreute nach Aktenlage den Veräußerungsvorgang insgesamt steuerlich für die o.g. Personen bzw. Gesellschaften und auch die Kläger. Die Kläger werden jedoch nicht beim FA G, sondern beim Beklagten (FA H, Steuernummer …) zur Einkommensteuer veranlagt.

Unter dem 29. August 2019, Eingang beim Beklagten am 4. September 2019, übermittelte das FA G an den Beklagten eine „Mitteilung über die Übertragung/Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften / Genossenschaften (ohne Umwandlungsfälle)“ (nachfolgend „Kontrollmitteilung“ oder „KM“) an den für den Kläger zuständigen Veranlagungsbezirk (VBZ) des Beklagten. Das im Wege einer Aktenvorlage und Auskunftsersuchen nach § 86 Finanzgerichtsordnung (FGO) kontaktierte FA G hat mitgeteilt, dass nur die KM ohne den Vertrag übermittelt worden sei. Die Fassung des FA G (siehe Bl. 448 f. eGA) weist unter Tz. 7 am Ende den Satz „zur Prüfung der Anschaffungskosten kann der Vertrag übersandt werden“ aus. Ausweislich der vom Beklagten (FA H) übersandten Steuerakten lag der Vertrag in der englischen Originalfassung (ohne deutsche Übersetzung) allerdings zeitgleich mit der KM vor. Die beim Beklagten in den Steuerakten enthaltene Mitteilung vom 29. August 2019 enthält unter Tz. 7 mit „Tipp-Ex“ entfernte Teile, der ursprüngliche Inhalt ist dort zunächst nicht erkennbar gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die KM vom 29. August 2019 verwiesen (Kopie siehe Anlage 4 zur Klagebegründung, Bl. 180 ff. eGA; Foto siehe Anlage 14 zur ergänzenden Klagebegründung vom 12. April 2022, Bl. 310 eGA – dort ist der „Tipp-Ex“-Streifen deutlich zu sehen). Die im Klageverfahren von der Prozessbevollmächtigten mandatierte Unterbevollmächtigte hat sich irritiert gezeigt, dass in der Mitteilung des FA G vom 29. August 2019 eine Zeile mit „Tipp-Ex“ gelöscht worden sei. Hierzu hat der Beklagte entgegnet, dass bei einer erneuten Inaugenscheinnahme der KM (in der Originalakte) festgestellt worden sei, dass der mit PC geschriebene Satz „Zur Prüfung der Anschaffungskosten kann der Vertrag übersandt werden.“ mit Tipp-Ex „geweißt“ worden sei. Wann und durch welche Person das Tipp-Ex aufgetragen worden sei, lasse sich nicht mehr aufklären.

Nach Aktenlage übersandte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 12. November 2019 (siehe Anlage 5 zur Klagebegründung, Bl. 183 eGA) eine auszugsweise deutsche Übersetzung (hier: Seiten 1 bis 45) des englischen Vertrags an das FA G (siehe Anlage 6 zur Klagebegründung, Bl. 184 ff. eGA). Diese deutsche Übersetzung ist nach Aktenlage (siehe Trennblatt „Übersetzung DEUTSCH“) vom FA G an den Beklagten erst mit einer E-Mail vom 12. August 2020 übersandt worden.

Am 10. Dezember 2019 (Eingang beim Beklagten am 16. Dezember 2019) übermittelte das FA G an den Beklagten eine geänderte Mitteilung über die Übertragung/Veräußerung. Die Mitteilung schildert unter Tz. 7 insbesondere einen „Kaufpreis für Anteil Nr. 6 i.H.v. … € in Geld“ sowie als „Kaufpreis für Anteil Nr. 5 einen Betrag von … € in Anteilen an der S.A.“ (siehe Tz. 7 der KM). Der Gesamtkaufpreis wird mit … € angegeben (siehe Tz. 4 der KM). Auch werden die Anschaffungskosten der gesamten Beteiligung aufgeführt. Die Mitteilung verweist auf den Vertrag. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilung verwiesen (Anlage 7 zur Klagebegründung, Bl. 232 ff. eGA; siehe auch vom FA G versandte Fassung im Rahmen des Ersuchens nach § 86 FGO, Bl. 451 f. eGA).

Am 9. April 2020 (siehe Steuerakten, Trennblatt „09.04.2020 ...“ sowie Anlage 8 der Klagebegründung, Bl. 235 f. eGA) forderte der Beklagte den Kläger mit Frist bis zum 4. Mai 2020 dazu auf, für Zwecke der Berechnung einer nachträglichen Vorauszahlung einen Gewinn gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu benennen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird das Schreiben verwiesen.

Am 4. Mai 2020 (Tag des Fristablaufs) kam es nach Aktenlage (siehe Original in Steuerakte, Trennblatt „09.4.2020 ...“; Kopie ferner von Klägerseite als Anlage 13 in ergänzender Klagebegründung vom 12. April 2022 eingereicht, siehe Bl. 311 eGA) zu einem Telefonat zwischen der Prozessbevollmächtigten (hier: Frau StB’in I) und dem Veranlagungssachbearbeiter (Herrn J). Der Veranlagungssachbearbeiter hatte nach Aktenlage eine „Outlook“-Erinnerung angelegt, die am „Donnerstag, 9. April 2020“ begann und am „Montag, 11 Mai 2020“ fällig sei. Der ausgedruckte Vorgang enthält zunächst den Text des Schreibens vom 9. April 2020.

Sodann wurde folgender Text hinzugefügt, hier offenkundig als Telefonvermerk zum Vorgang:

„ Frau I rief an und erklärte, dass die Einkommensteuererklärung 2019 mit heutigem Tage übermittelt wurde

 Berechnungen werden am 07.05.20 mit der Post hinterhergeschickt

 Durchwahl ...“.

Der Ausdruck enthält die Paraphe des Bearbeiters (J) sowie einen Druckstempel mit dem Datum „04.05.2020“.

An jenem 4. Mai 2020, einem Montag, abends um 20:24 Uhr, übermittelte die Prozessbevollmächtigte elektronisch mit Authentifizierung (siehe Hinweis auf Seite 1 der Übermittlung; Übermittlung via DATEV) die Einkommensteuererklärung der Kläger (siehe Steuerakte, Original-Ausdruck einschließlich Anmerkungen des Veranlagungssachbearbeiters am Ende zum Trennblatt „21.08.2020“ geheftet; zur Steuererklärung siehe auch Kopie der Klägerseite als Anlage 9 zur Klagebegründung, Bl. 237 ff. eGA). Zu Zeile 42 der Anlage G (Ehemann) [Bezeichnung in Papiervordruck: „Steuerpflichtiger Teil des Veräußerungsgewinns bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften / ...“] wurde ein „Steuerpflichtiger Teil des Veräußerungsgewinn bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften“ i.H.v. … € (siehe auch Kopie der Erklärung, Bl. 260 eGA) erklärt. Weitere Angaben oder Erläuterungen zu diesem Wert waren in der elektronischen Übermittlung nicht enthalten.

Die von der Klägerseite im Klageverfahren vorgelegte Kopie der Steuererklärung weist Unterschriften der Kläger vom 28. April 2020 (zur Freigabe der von der Prozessbevollmächtigten später elektronisch übermittelten Erklärung) aus. Die Prozessbevollmächtigte (steuerliche Beraterin) der Kläger wird unter „Bei Anfertigung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt:“ ausgewiesen, ferner wird eine Empfangsvollmacht ausgestellt. In Zeile 41 des Mantelbogens wird mit dem Wert „1“ angegeben, dass die Steuererklärung unter Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe i.S.d. §§ 3, und 4 des Steuerberatungsgesetzes erstellt worden ist.

Unter Zeile 40 des Mantelbogens (siehe Bl. 238 eGA) zu „Ergänzende Angaben zur Steuererklärung“ wird zum Erklärungsfeld

„Über die Angaben in der Steuererklärung hinaus sind weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte zu berücksichtigen. Diese ergeben sich aus der beigefügten Anlage, welche mit der Überschrift „Ergänzende Angaben zur Steuererklärung“ [fett gedruckt] gekennzeichnet ist. – Hinweis: Wenn über die Angaben in der Steuererklärung hinaus weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte berücksichtigt werden sollen, tragen Sie bitte eine „1“ ein. Gleiches gilt, wenn bei den in der Steuererklärung erfassten Angaben bewusst eine von der Verwaltungsauffassung abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt wurde. Falls Sie mit Abgabe der Steuererklärung lediglich Belege und Aufstellungen einreichen, ist keine Eintragung vorzunehmen“

kein „Ja“ (d.h. kein Eintrag der Ziffer „1“) erklärt bzw. übermittelt.

Mit einem ebenfalls vom 4. Mai 2020 datierten Anschreiben nebst Anlagen, nach Aktenlage ausschließlich per Post übermittelt und ausweislich des finanzbehördlichen Eingangsstempels unstreitig erst am 12. Mai 2020 beim Beklagten eingegangen (siehe Steuerakten, Trennblatt „21.08.2020 ...“ mit dort beigeheftetem anderen Schriftverkehr; siehe auch Schilderung auf Seite 2 der Einspruchsentscheidung, Bl. 26 eGA; zum Schreiben siehe Anlage 10 der Klagebegründung, Bl. 276 ff. eGA), verwiesen die Prozessbevollmächtigten auf die elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung und fügten weitere Unterlagen (Begleittext: „Anliegend erhalten Sie die zur Bearbeitung notwendigen Unterlagen“) bei. Hierin war u.a. eine Berechnung, überschrieben mit „Ermittlung der AK der Anteile an der A GmbH“ und „Gewinnermittlung i.S.d. § 17 EStG – 2019“, beigefügt. Die Berechnung ermittelt – nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens – einen Gewinn von … €, der auch in der elektronisch übermittelten Einkommensteuererklärung eingetragen worden war. Bei den „erhaltenen Gegenleistungen“ wird für erhaltene Aktien der S.A. (gemeiner Wert … €) ein Wert von 0,00 € in die Gewinnberechnung und das „erhaltene Bargeld“ (so die Formulierung in der Berechnung) in voller Höhe mit … € in die Gewinnermittlung einbezogen. Hiervon werden anteilige Anschaffungskosten sowie Veräußerungskosten abgezogen. Die Berechnung führt ferner an, dass hinsichtlich der erhaltenen Shares ein qualifizierter Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG vorliege. Die Anschaffungskosten wurden nach Klägerangaben abweichend von den Werten der Kontrollmitteilungen ermittelt, weil zur Vorbereitung der Anteilsveräußerung noch der Nießbrauch des Vaters an den Anteilen des Klägers abgelöst worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten und genauen Berechnung wird auf die Anlage (beigefügt auch als Teil der Anlage 10 der Klagebegründung, Bl. 277 eGA; siehe auch Darstellung auf Seite 7 der Klagebegründung, Bl. 66 eGA) verwiesen.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2020 (siehe Anlage 11 der Klagebegründung, Bl. 280 ff. eGA; nach Aktenlage „vorab per Fax“ an dem Tag übermittelt sowie per Post am 1. Juli 2020 eingegangen) wandte sich die Prozessbevollmächtigte an den Beklagten unter Benennung der Steuernummer und des Betreffs „Einkommensteuererklärung 2019 | Konkretisierung des Antrags nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG“. Sie führt dort unter Darstellung der vertraglichen Vereinbarungen und Leistungsbeziehungen (sowie erneuter Vorlage der o.g. Berechnung) aus, dass bezüglich der „Veräußerung der A-Anteile gegen den Erhalt von D-Anteilen“ ein qualifizierter Anteilstausch i.S.d. § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG vorliege und dass im Rahmen der Einkommensteuererklärung lediglich die erhaltene Gegenleistung „in Form von Bargeld i.H.v. … €“ in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG eingeflossen sei. Anschließend führt sie aus, dass nach ihrer Auffassung mit der Steuererklärung ein (konkludenter) Antrag auf Buchwertfortführung gestellt worden sei und bat um Bestätigung, dass ein solcher Antrag gestellt worden sei. Hilfsweise wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand für einen solchen Antrag gestellt, da aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände, die mit den besonderen Umständen der Corona-Krise in den vergangenen Monaten zusammenhingen, eine ausdrückliche Erklärung vor der Abgabe der Steuererklärung unterblieben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.

Am 12. August 2020 (siehe bereits Schilderung oben) übersandte das FA G die (auszugsweise) deutsche Übersetzung des SPA an den Beklagten.

Mit Schreiben vom 20. August 2020 bat die Prozessbevollmächtigte erneut um Bestätigung, dass der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG wirksam gestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 21. August 2020 (Anlage 12 der Klagebegründung, Bl. 286 ff. eGA; siehe ebenso Einkommensteuerakte, Trennblatt „21.08.2020 ...“), der am 24. August 2020 als bekanntgegeben gilt, lehnte der Beklagte „die Anfrage auf Bestätigung eines konkludent gestellten Antrags gemäß § 21 UmwStG“ wegen Fristversäumnis als auch den hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abgabenordnung (AO) ab. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die Ablehnung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in dem Erklärungswert in der Einkommensteuererklärung kein hinreichend deutlicher (konkludenter) Antrag erblickt werden könne und die erst später eingereichten postalischen Unterlagen nicht berücksichtigt werden könnten. Die Wiedereinsetzung wurde insbesondere unter Hinweis auf ein nicht kausal durch die Corona-Krise verursachtes Verschulden abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid (die Verfügung) verwiesen.

Unter dem 4. September 2020 (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. eGA) erließ der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Einkommensteuerbescheid 2019, in dem er die Einkommensteuer mit 2.933.128 € (Zahllast 2.817.782 €; jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag) festsetzte und in den Erläuterungen ausführte, dass hinsichtlich der Beurteilung über einen konkludent gestellten Antrag (§ 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) bezüglich des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen der GmbH auf das Ablehnungsschreiben vom 21. August 2020 verwiesen werde. Den Veräußerungsgewinn ermittelte der Beklagte unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens mit 6.270.661 € und berücksichtigte hier auch den Wert der erhaltenen Aktien an der S.A. i.H.v. … €. Wegen der weiteren Einzelheiten und Berechnung wird auf den Bescheid nebst dortigen Erläuterungen verwiesen.

Am 22. September 2020 (Faxeingang beim Beklagten) legte die Prozessbevollmächtigte fristgerecht Einspruch gegen das Ablehnungsschreiben vom 21. August 2020 (betreffend die abgelehnte „Bestätigung des Buchwertfortführungsantrags“ und die abgelehnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) ein. Ferner legte sie am gleichen Tage Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom 4. September 2020 ein und beantragte dort, den Veräußerungsgewinn lediglich mit … € statt mit … € anzusetzen. Im Einspruchsverfahren wurde insbesondere – zusammengefasst – bemängelt, dass die elektronische Steuererklärung keine Möglichkeit zur Aufschlüsselung von mehreren Veräußerungsvorgängen und ergänzenden Angaben biete. Da für die ergänzenden Angaben keine elektronische Übermittlung möglich gewesen sei, hätten diese getrennt versandt werden müssen. Der Beklagte müsse die Berechnung – auch wegen des am 4. Mai 2020 (Tag der elektronischen Erklärungsabgabe) zwischen der Steuerberaterin und dem Veranlagungssachbearbeiter geführten Telefonats – bei der Auslegung, ob ein Antrag auf Buchwertfortführung gestellt worden sei, mitberücksichtigen. Die bloße Angabe einer Zahl sei für sich betrachtet niemals aussagekräftig, deshalb stellten elektronische Übermittlung und (postalisch nachgereichte) ergänzende Unterlagen ein einheitliches Erklärungsgeschehen dar. Hinzu komme, dass der Beklagte durch die vorherigen Mitteilungen des FA G von dem Vertrag und der in Tz. 6.8.1 genannten Verpflichtung des Klägers zum Antrag auf Buchwertfortführung Kenntnis gehabt habe. Die Kontrollmitteilung des FA G habe auch unterschiedliche Gegenleistungen für die Anteile Nr. 6 (… € in Geld) und Nr. 5 (… € in Anteilen der S.A.) ausgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten und Begründung wird auf die Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 22. September 2020 sowie vom 1. März 2021 (betreffend Einkommensteuer 2019; in einem weiteren Begründungsschreiben wurde der Einspruch gegen die abgelehnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand näher begründet) verwiesen.

Zeitlich während des Einspruchsverfahrens hatte der Kläger auch eine Sachaufsichtsbeschwerde bei der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD NRW) sowie eine „Ministereingabe“ bei dem Ministerium für Finanzen Nordrhein-Westfalen angebracht. Der Fall ist im Rechtsbehelfsverfahren mehrfach zwischen OFD NRW und dem Beklagten fachlich erörtert worden, die OFD war in die Einspruchsbearbeitung einbezogen gewesen. Die OFD und der ihr folgende Beklagte bemängelten zunächst, dass keine Vergleichsrechnung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (vgl. Nr. 1 a.E. „soweit...“ mit Benennung von Unschädlichkeitsgrenzen, die beim Überschreiten zu einem Zwischenwertansatz führen) durchgeführt worden sei. Im Einspruchsverfahren (siehe Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2021, dort Seiten 13 ff.) erläuterte die Prozessbevollmächtigte näher die wirtschaftlichen Hintergründe sowie deren vertragsmäßige Umsetzung. § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG komme – so die Prozessbevollmächtigte – nicht zur Anwendung, da es keinen „einheitlichen Anteilstausch“ gegeben habe. Der Vorgang sei vielmehr – gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerlich anerkennungsfähig – in zwei getrennte Vorgänge aufgespalten worden. Dies sei für den Beklagten auch anhand des vorgelegten Vertrags erkennbar. Ursprünglich habe der Kläger eine Vertragsgestaltung mit Übertragung der Anteile gegen eine kombinierte Gegenleistung (S.A.-Shares und Barzahlung) angestrebt, dies sei aber von der Erwerberin wegen Regularien im spanischen Gesellschaftsrecht abgelehnt worden. Man habe dann die steuerlich für den Käufer ungünstigere Aufteilung vorgenommen, die eine reguläre Versteuerung (zum gemeinen Wert) der gegen Barzahlung übertragenen Anteile vorgesehen habe. Zugleich weise man aber darauf hin, dass die gebotene differenzierte Betrachtung der einzelnen Anteilsübertragungen nichts daran ändere, dass ein qualifizierter Anteilstausch vorliege. Hierfür sei entscheidend, dass die Erwerberin eine logische Sekunde nach der Übertragung über eine Mehrheitsbeteiligung von mindestens 51 % der Anteile verfügt habe, was durch die Zusammenrechnung der Anteile Nr.  und  (des Klägers) sowie Nr.  (des ) geschehen sei. Der Beklagte und die OFD haben sich im Laufe des Verfahrens in materiell-rechtlicher Hinsicht dieser Betrachtung angeschlossen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16. August 2021 (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 25 ff. eGA) wies der Beklagte den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 (vom 4. September 2020) und auch gegen den Ablehnungsbescheid vom 21. August 2020 als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Mit der ausschließlich betreffend die Einkommensteuer 2019 am 3. September 2021 fristgerecht erhobenen Klage vertreten die Kläger und die im Klageverfahren von der Prozessbevollmächtigten bestellte Unterbevollmächtigte – zusammengefasst – die Ansicht, dass ein Antrag auf Buchwertfortführung (bezogen auf den Anteilstausch) wirksam (d.h. frist- und formgerecht) gestellt worden sei.

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei zwischen beiden Beteiligten nunmehr unstreitig, dass beim Kläger zwei getrennt zu beurteilende Anteilsübertragungen vorlägen und– bezogen auf den im Tauschwege übertragenen Geschäftsanteil Nr.  – ein qualifizierter Anteilstausch nach § 21 Abs. 1 UmwStG vorliege. Insbesondere liege, wie auch der Beklagte im Laufe des Einspruchsverfahren als Reaktion auf Erläuterungen der Kläger ausgeführt habe, kein Fall einer gemischten Sacheinlage (mit schädlichen Gegenleistungen und einer Prüfung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG) vor, da der übertragene Geschäftsanteil Nr.  (Übertragung gegen Barabfindung) vollständig und der übertragene Geschäftsanteil Nr.  (Übertragung gegen Ausgabe neuer Anteile an der S.A.) nicht in einen nach § 17 EStG zu ermittelnden Veräußerungsgewinn eingingen. Für den Buchwertansatz beim Kläger für den Geschäftsanteil Nr. 5 seien auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erfüllt, insbesondere sei das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der vom Kläger erhaltenen Anteile an der S.A. wegen der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers und des DBA mit Spanien nicht ausgeschlossen oder beschränkt (§ 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UmwStG). Zudem lägen auch die Voraussetzungen für einen grenzüberschreitenden Anteilstausch im Sinne der Fusions-Richtlinie vor (§ 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 UmwStG) vor.

Der Antrag sei – entgegen der Ansicht des Beklagten – auch fristgerecht gem. § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gestellt worden. Die herrschende Kommentarliteratur und auch ein systematischer Vergleich zur Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG (dort werde der Antrag regelmäßig durch den Wertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz gestellt) ließen eine Antragstellung gleichzeitig mit Abgabe der Steuererklärung zu. Dies zeige sich auch im Wortlaut der Norm („spätestens bis zur“ anstatt „vor“).

Im Streitfall liege ein gleichzeitig mit Abgabe der Steuererklärung gestellter konkludenter Antrag auf Buchwertfortführung vor. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei demnach nicht nötig und werde auch nicht beantragt. Der Antrag auf Buchwertfortführung nach § 21 Abs. 2 UmwStG sei eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach ihrer objektiven Erklärungsbedeutung gemäß den §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) so auszulegen sei, wie sie der Beklagte als Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen dürfe. Hierbei seien alle erkennbaren Umstände heranzuziehen. Bei öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen im Zusammenhang mit Steuererklärungen bestehe in Zweifelsfällen eine Pflicht der Finanzbehörde zur Nachfrage beim Steuerpflichtigen, wie etwa zum Optionsrecht des Kleinunternehmers zur Regelbesteuerung nach § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) entschieden worden sei (Verweis auf BFH-Urteil vom 24. Juli 2013, XI R 14/11, BStBl II 2014, 210 sowie Umsatzsteuer-Anwendungserlass 19.2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4).

Die Angabe eines Betrags in einer Steuererklärung sei, wie die Unterbevollmächtigte wiederholt ausführt und betont, bereits im Allgemeinen und auch im Streitfall ein hinreichender (konkludenter) Antrag, da auch in Parallelfällen (erneuter Verweis auf § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG sowie Tz. 03.30 des BMF-Schreibens vom 11. November 2011 „Umwandlungssteuererlass“, BStBl I 2011, 1314) der Wertansatz zur Antragsausübung ausreiche. Dies entspreche auch dem Zweck der Regelung, der darin bestehe, dass der Einbringende sich durch die Bezifferung oder eine fehlende Bezifferung ab dem Zugangszeitpunkt gegenüber dem Erklärungsempfänger (hier: der Finanzbehörde) festlege. Das UmwStG in der Fassung des SEStEG 2006 (vom 7. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2782) verlange – anders als die Vorgängerfassung (UmwStG 1995) – eine derart frühe Festlegung des (unwiderruflichen) Wahl-/Antragsrechts.

Hier sei der Antrag bereits mit Angabe des steuerpflichtigen Anteils des Veräußerungsgewinns (i.H.v. … €) in der elektronisch übermittelten Einkommensteuererklärung ausgeübt worden. Der erklärte Veräußerungsgewinn habe sich ausschließlich auf den Geschäftsanteil Nr. 6 (Barwertabfindung) und nicht auf den Geschäftsanteil Nr. 5 (Anteilstausch) bezogen. Der Kläger habe sich damit festgelegt, d.h. von der Gewinnangabe nicht mehr lösen können. Dies gelte auch zulasten des Klägers, beispielsweise, wenn sich der Buchwertantrag wegen Steuersatzerhöhungen in späteren Veranlagungszeiträumen als nachteilig herausstellen würde. Die Festlegung durch Bezifferung oder Nichtbezifferung sei im Schrifttum als entscheidender Grund für eine Antragstellung angesehen worden. Dies sei nicht nur – wie der Beklagte meint – bei einem nicht oder mit „0 €“ bezifferten Veräußerungsgewinn (in Zeile 42 der Anlage G) der Fall, sondern auch bei Eintragung eines Wertes. Die Wahlrechtsausübung sei damit hinreichend klar und verbindlich erfolgt.

Selbst wenn man keine Pflicht des Beklagten zur Nachfrage bei Zweifeln annehme (und auch das Erläuterungsschreiben vom 4. Mai 2020, Eingang beim Beklagten am 12. Mai 2020) nicht berücksichtige, habe der Beklagte aus der (geänderten) Kontrollmitteilung des FA G vom 10. Dezember 2019 erkennen können, dass ein von dem gemeinen Wert abweichender Wertansatz gewählt worden sei. Bei einem vom FA G angegebenen Gesamtwert der Gegenleistung (Anteile an der S.A. sowie Barwertabfindung) von insgesamt … € und mitgeteilten Anschaffungskosten von … € (für die Geschäftsanteile Nr.  bis , also auch noch weitere, nicht vom Kläger an die S.A. übertragene Anteile) sei offenkundig, dass bei stillen Reserven von ca. ... € ein Veräußerungsgewinn von ca. ... € nicht den gemeinen Wert darstelle. In der dem Beklagten vorliegenden (englischen) Abschrift des Vertrags (SPA) sei auch die Information vorhanden, dass für den Geschäftsanteil Nr. 5 der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG gestellt werden solle. Dies alles sei im Auslegungswege, auch unter Beachtung jüngerer Rechtsprechung des Niedersächsischen Finanzgerichts zu einer ähnlichen Regelung in § 3 Abs. 2 UmwStG, bei Bearbeitung der elektronisch übermittelten Steuererklärung zu berücksichtigen. Der Beklagte habe sich diesen – im Zeitpunkt der elektronischen Einreichung bereits vorhandenen – Informationen und Umständen nicht verschließen dürfen. Rechtlich unerheblich sei, ob im Mantelbogen in Zeile 40 „Angaben über die Steuererklärung hinaus“ angekündigt worden seien oder nicht. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerseite hierzu ergänzend und vertiefend ausgeführt, dass das im Mai 2020 benutzte DATEV-Programm technisch keine Möglichkeit vorgesehen habe, etwa vorhandene Anlagen als PDF-Datei der elektronischen Steuererklärung beizufügen. In der elektronisch übermittelten Fassung sei zudem im DATEV-Übermittlungsprotokoll dokumentiert, dass Belege übersandt werden würden.

Sofern der Beklagte die im Zeitpunkt der elektronischen Übermittlung bei ihm vorhandenen Informationen als nicht hinreichend deutlich angesehen haben sollte, müsse jedenfalls die nach elektronischer Übermittlung postalisch nachgereichte Berechnung des Veräußerungsgewinns berücksichtigt werden. Der Terminus „bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung“ sei – so die Klägerseite – weniger „punktbezogen“, sondern mehr „zeitraumbezogen“ zu verstehen. Der Gesetzgeber habe eine Bindung des Einbringenden im Zuge der (erstmaligen) Abgabe der Steuererklärung bezweckt. Entscheidend sei, wann die Finanzbehörde diese Steuererklärung sachgerecht bearbeiten könne. Hierfür komme es nicht auf den abendlichen elektronischen Eingang der Steuererklärung an, sondern darauf, wann der Veranlagungssachbearbeiter den Steuerfall abschließend bearbeiten könne. Dies ermögliche es hier, die am 12. Mai 2020 beim Beklagten eingegangene Übersicht (siehe tabellarische Berechnung des Veräußerungsgewinns, Bl. 277 eGA) zu berücksichtigen. Eine anderweitige Handhabung verstieße gegen die Fürsorgepflicht des Beklagten nach § 89 Abs. 1 AO, den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB sowie die Fusions-Richtlinie. Der Beklagte könne nicht sowohl die Steuererklärung als unklar ansehen und zugleich die in der eingereichten Anlage gemachten Angaben ignorieren. Bei der Berechnung sei nur das „erhaltene Bargeld“ (mit … €) in den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn eingeflossen, nicht aber die im Wege des Anteilstausches erhaltene Gelgenleistung (S.A.-Shares). Hieran sei erkennbar, dass für die letztgenannte Übertragung eine Buchwertfortführung erfolgen sollte.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2019 vom  in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom  dahingehend zu ändern, dass ein Veräußerungsgewinn des Klägers gem. § 17 EStG – nach Anwendung desTeileinkünfteverfahrens – mit … € anstatt mit … € angesetzt wird,

              hilfsweise im Falle des vollständigen oder teilweisen Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

              die Klage abzuweisen,

              hilfsweise im Falle des vollständigen oder teilweisen Unterliegens die Revision zuzulassen.

Er führt an, dass zwar in materiell-rechtlicher Hinsicht ein qualifizierter Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG vorliege und dass aufgrund der getrennten Veräußerungen einzelner GmbH-Geschäftsanteile für die Übertragung im Tauschwege die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Buchwertantrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erfüllt seien. Auch sei er – der Beklagte – aufgrund der im Einspruchsverfahren von der Klägerseite vorgelegten Unterlagen und Erläuterungen nunmehr der Auffassung, dass keine Verhältnisrechnung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG vorzunehmen sei. Gleichwohl könne im Streitfall aus verfahrensrechtlichen Gründen kein Buchwertansatz erfolgen, weil kein rechtzeitiger Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gestellt worden sei.

Auch wenn man es mit dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG zulasse, dass gleichzeitig mit Abgabe der Steuererklärung ein Antrag gestellt werde, fehle es im Streitfall an einem hinreichend erkennbaren Antrag. Zum Übermittlungszeitpunkt der elektronischen Steuererklärung (am 4. Mai 2020 um 20:24 Uhr) sei kein solcher Antrag gestellt worden. Unstreitig fehle es an einem ausdrücklichen Antrag. Aus dem in der Steuererklärung zum Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG übermittelten Wert habe der Beklagte auch nicht klar und eindeutig auf einen (konkludenten) Antrag schließen können. Der Kläger habe die Möglichkeit ergänzender Angaben gemäß Zeile 40 des Vordrucks und seiner elektronischen Umsetzung nicht genutzt, obgleich es hier möglich gewesen wäre, solche Angaben zu machen. Der Kläger hätte den Antrag auch in anderer, nicht formgebundener Weise (z. B. per Telefax, E-Mail, etc.) stellen können. Es fehle ein aus dem Verhalten des Einbringenden erkennbarer und zweifelsfreier Rückschluss auf einen solchen Antrag. Bei einem erklärten Gewinn lasse sich – anders als möglicherweise bei einem „Nullansatz“ – ein solcher Schluss nicht ziehen. Jegliche Unklarheit gehe zu Lasten des Steuerpflichtigen und führe dazu, dass nach § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG grundsätzlich eine Bewertung des Anteilstausches mit dem gemeinen Wert erfolge. Die in § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG geregelte Ausnahme eines Buchwert- oder Zwischenwertansatzes greife dann nicht.

Dem Beklagten habe es auch nicht oblegen, umfangreiche Nachforschungen auf Basis der zum Übermittlungszeitpunkt (4. Mai 2020 um 20:24 Uhr) vorhandenen Unterlagen anzustellen. Unbeachtlich sei der Umstand, dass in dem (englischsprachigen) Vertrag eine vertragliche Verpflichtung des Klägers zur Antragstellung geregelt worden sei. Der umfangreiche englische Vertrag sei nach Maßgabe des § 87 AO nicht zu berücksichtigen, insbesondere müsse ein Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gemäß § 87 Abs. 3 AO in deutscher Sprache gestellt werden. Überdies sei die vertragliche Verpflichtung nicht ausreichend. Der Einbringende habe im Besteuerungsverfahren ein von der zivilrechtlichen Situation abgekoppeltes, eigenständiges Wahlrecht. Auch aus den Kontrollmitteilungen sei nicht zwingend auf einen Antrag des Einbringenden auf Buchwertfortführung zu schließen. Die Kontrollmitteilungen enthielten keine Ausführungen zum UmwStG, zum qualifizierten Anteilstausch (i.S.d. § 21 Abs. 1 UmwStG) sowie zu einem Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG. Gegen einen eindeutigen Antrag auf Buchwertfortführung spreche zudem, dass umwandlungssteuerrechtlich auch ein Antrag auf Zwischenwertansatz denkbar wäre. Es hätte dem Einbringenden oblegen, den Antrag entsprechend zu konkretisieren.

Ferner sei es – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht zulässig, Umstände nach dem Übermittlungszeitpunkt der elektronischen Steuererklärung, hier den Eingang der Anlage mit Ermittlung des Veräußerungsgewinns (datierend vom 4. Mai 2020, eingegangen beim Beklagten am 12. Mai 2020), einzubeziehen. Eine von der Klägerseite angeführte Auslegung einer Willenserklärung nach zivilrechtlichen Grundsätzen scheitere bereits daran, dass hierfür ein „Erklärungszeichen“ (als Teil des objektiven Tatbestands einer Willenserklärung) erforderlich wäre. Ein solches Erklärungszeichen müsse eine nach außen hin erkennbare Artikulation sein, die mittelbar einen Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zulasse. Hier habe der Kläger mit dem in der Anlage G (Veräußerungsgewinn vor Abzug etwaiger Freibeträge) eingetragenen Wert eine Erklärung abgegeben, die mangels anderweitig erkennbarer Handlungsansätze keinen Raum für das Erkennen einer konkludent geäußerten Erklärung lasse. Überdies sei auch ein „Erklärungsbewusstsein“ (als Teil des subjektiven Tatbestands einer Willenserklärung) nicht erkennbar. Die Klägerseite habe im Schriftsatz vom 25. Juni 2020 freimütig (in der Art eines „Schuldeingeständnisses“) zugegeben, dass die ausdrückliche Erklärung der Beantragung der Buchwertfortführung durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gänzlich unterblieben sei. Ein Erklärungsbewusstsein zur gleichzeitigen Stellung eines konkludenten Antrags auf Buchwertführung sei dadurch für den Beklagten, bei dem auf den Empfängerhorizont des Veranlagungssachbearbeiters abzustellen sei, nicht erkennbar.

Dem Beklagten könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Rahmenbedingungen für elektronisch übermittelte Steuererklärungen technisch keine Möglichkeit zur weitergehenden Angaben enthalten würden. Es bleibe dem Steuerpflichtigen auch bei elektronischer Übermittlung der Steuererklärung unbenommen, einen Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG vorher oder gleichzeitig zu stellen. Dies hätte auch per Fax oder E-Mail erfolgen können. Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden, bei der elektronischen Übermittlung der Steuererklärung ergänzende Angaben zur Steuererklärung zu übermitteln.

Selbst wenn man aber – so der Beklagte – die nachgereichte Anlage zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtige, könne auch hieraus kein wirksamer konkludenter Antrag auf Buchwertfortführung entnommen werden. Die Antragstellung müsse klar und eindeutig sein, nach der Kommentarliteratur gingen jegliche Unklarheiten zu Lasten des Steuerpflichtigen und ein unklarer Antrag gelte als nicht gestellt. In der nachgereichten Anlage werde nicht genau zwischen den Geschäftsanteilen Nr. 5 und Nr. 6 differenziert. Der Anlage könne nicht entnommen werden, dass ausdrücklich auf § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG hingewiesen werde und insoweit ein Buchwertansatz begehrt werde. Die gewählten Zwischenüberschriften „erhaltene Gegenleistung“ suggerierten, dass laut Vertrag eine gemischte Gegenleistung teils in S.A.-Anteilen und teils in Barmitteln gezahlt worden sei. Dies habe in der Folgezeit dazu geführt, dass der Beklagte und die OFD zunächst von einer gemischten Gegenleistung und einer nötigen Verhältnisrechnung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG ausgegangen seien.

Im Klageverfahren hat der Beklagte auf Aufforderung des Gerichts, die „den Rechtsstreit betreffenden Steuerakten“ zu übersenden, mit Schriftsatz vom 3. Februar 2022 eine Einkommensteuerakte (1 Band) übersandt. Die Einkommensteuerakte enthält diverse Heftstreifen, auf denen Teile des Veranlagungs- und Einspruchsvorganges abgeheftet sind. Die Bereiche sind mit gelben beschrifteten Trennstreifen versehen. Die Akte ist nicht foliiert. Anhaltspunkte für eine Unvollständigkeit kann das Gericht nicht feststellen, insbesondere sind die vom FA G übersandten Mitteilungen, E-Mail-Schriftverkehr zwischen dem FA G und dem Beklagten, ein Ausdruck der elektronisch übermittelten Einkommensteuererklärung, der Schriftverkehr vor Erlass des Steuerbescheids, der Steuerbescheid, der Ablehnungsbescheid, Schriftverkehr in beiden Einspruchsverfahren sowie Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und der OFD zur Bearbeitung der Anträge/Einsprüche etc. enthalten.

Der Prozessbevollmächtigten ist im Einspruchsverfahren durch den Beklagten teilweise Akteneinsicht durch Übersendung einzelner Unterlagen, insbesondere der Kontrollmitteilungen, gewährt worden (siehe Einkommensteuerakte, Trennblatt „30.12.2020 [...] Fristverlängerung + Antrag auf Akteneinsicht“). Im Klageverfahren ist der Unterbevollmächtigten durch das Gericht Akteneinsicht in die vollständige Akte gewährt worden (siehe Vermerk der Akteneinsicht über das Finanzgericht München, Bl. 297 eGA). Die Unterbevollmächtigte bemängelt die Aktenführung und ist der Auffassung, dass diese nicht „das Bild einer geordneten Akte mit dem gesamten, den Fall betreffenden E-Mail-Verkehr vermittelt“. Die vom Beklagten an das Finanzgericht übersandte Akte sei ein „Sammelsurium“ (so Formulierung zuletzt in Schriftsatz des Unterbevollmächtigten vom 13. Juli 2022, Bl. 331 f. eGA). Bemängelt wird insbesondere, dass die Gesprächsnotiz des Veranlagungssachbearbeiters vom 4. Mai 2020 (siehe Anlage 13 zur ergänzenden Klagebegründung, Bl. 311 eGA) erst mit der gerichtlichen Akteneinsicht der Klägerseite bekannt geworden sei, da diese in der im behördlichen Verfahren übersandten auszugsweisen Akteneinsicht nicht enthalten gewesen sei. Der dort notierte Hinweis der Steuerberaterin, die auf die Nachreichung von mit den erklärten Zahlen verbundenen Berechnungen per Post hingewiesen habe, führe dazu, dass der Beklagte sich in einer derartigen Situation nicht darauf berufen könne, dass man aus der bloßen Wertangabe/Zahlenangabe in der Steuererklärung nichts erkennen könne. Dieser Vermerk sei im Rahmen der an §§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung zu berücksichtigen. Ferner wird die Anwendung von Tipp-Ex kritisiert (s.o.). Der Beklagte führt an, die Kläger und ihre Bevollmächtigten könnten darauf vertrauen, dass er – der Beklagte – ganz gewiss nicht Kontrollmitteilungen zulasten der Kläger manipuliere. Die übersandte Akte entspreche den Vorschriften der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen (Geschäftsordnung für die Finanzämter) zur Aktenverwaltung bei sog. „5000er Steuerfällen“. Die Akte beinhalte die dem Beklagten vorliegenden Vorgänge. Die Abheftung von Vorgängen auf mehreren Heftstreifen mit gelb beschrifteten Trennblättern sei zulässig.

Am 28. April 2023 hat ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll (Bl. 395-402 eGA) verwiesen.

Den Beteiligten ist vor der mündlichen Verhandlung ein Sachbericht mit Ausgangssachverhalt und Schilderung der Abläufe im Verwaltungsverfahren übersandt worden (Bl. 406 ff. eGA).

Das FA G hat am 10. Mai 2023 nach § 86 FGO angeforderte Auskünfte erteilt sowie Unterlagen übersandt (Bl. 446 ff. eGA). Es hat hierbei die Kontrollmitteilungen vom 29. August 2019 sowie vom 10. Dezember 2019 in Abschrift übersandt. Laut Auskunft des FA G sei im August 2019 keine Übersendung des englischen Vertrags erfolgt (Verweis auf Tz. 7 der KM). Die Unterprozessbevollmächtigte tritt dem mit Verweis auf den Inhalt der Steuerakten des Beklagten sowie die mit „Tipp-Ex“ unkenntlich gemachte Textziffer 7 der KM entgegen. Laut FA G sei keine Übersendung der deutschen Übersetzung an den Beklagten gefolgt, auch dem tritt die Unterprozessbevollmächtigte mit Verweis auf den anderslautenden Akteninhalt in der Steuerakte des Beklagten entgegen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2023 über die tatsächlichen Abläufe bei der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2019, insbesondere über Gesprächsinhalte in einem Telefonat zwischen Steuerberaterin und Veranlagungssachbearbeiter am 4. Mai 2020, Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau Steuerberaterin I und des Herrn Steueroberinspektor J (seinerzeitiger Veranlagungssachbearbeiter) als Zeugen. Wegen der Aussage und weiterer Einzelheiten wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen.

Aus den Gründen

 

I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid sowie die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Beklagte hat bei Ermittlung des Gewinnes nach § 17 EStG die Übertragung des Geschäftsanteils Nr.  zu Recht gem. § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG mit dem gemeinen Wert und nicht mit dem Buchwert angesetzt.

Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gilt bei einem Anteilstausch (i.S.d. § 21 Abs. 1UmwStG – sog. qualifizierter Anteilstausch) der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.

Abweichend hiervon gilt jedoch gem. § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG für den Einbringenden der gemeine Wert der eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, wenn für die eingebrachten Anteile nach der Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung dieser Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist; dies gilt auch, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist. Bei einem Anteilstausch wie im Streitfall (übernehmende ausländische Gesellschaft) ist demnach grundsätzlich der gemeine Wert für die eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis anzusetzen.

Auf Antrag gilt aber gem. § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG in den Fällen des § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG der Buchwert oder ein höherer Wert, höchstens der gemeine Wert, als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, wenn

 

1.              das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder

 

2.              der Gewinn aus dem Anteilstausch auf Grund Artikel 8 der Richtlinie 2009/133/EG nicht besteuert werden darf; in diesem Fall ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erhaltenen Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der erworbenen Gesellschaft zu besteuern gewesen wäre; § 15 Abs. 1a Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden.

§ 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG regelt damit – unter bestimmten materiell-rechtlichen Voraussetzungen – ein Wahlrecht für einen Ansatz zum Buchwert oder Zwischenwert.

Der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung bei dem für die Besteuerung des Einbringenden zuständigen Finanzamt zu stellen.

Im Streitfall liegt unstreitig ein qualifizierter Anteilstausch nach § 21 Abs. 1 UmwStG vor. Der erkennende Senat kann aber nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gewonnen Überzeugung keinen fristgerechten und inhaltlich hinreichend bestimmten (konkludenten) Antrag auf Buchwertfortführung nach § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG feststellen, weshalb es für die hier zu beurteilende Anteilsübertragung beim grundsätzlichen Ansatz zum gemeinen Wert nach § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG verbleibt.

Ein Antrag auf Buch- oder Zwischenwertfortführung ist zwar gleichzeitig mit der erstmaligen Abgabe der Steuererklärung zulässig (hierzu nachfolgend 1.). Im Streitfall erfolgte die „erstmalige Abgabe“ am 4. Mai 2020 (hierzu nachfolgend 2). Zu diesem Zeitpunkt liegt jedoch kein hinreichend erkennbarer Antrag auf Buchwertfortführung vor (hierzu nachfolgend 3.). Ob am 12. Mai 2020 (Eingang der ausschließlich postalisch nachgereichten Unterlagen) ein hinreichend erkennbarer Antrag vorlag, kann dahingestellt bleiben (hierzu nachfolgend 4.).

 

1. Ein gleichzeitig mit Abgabe der Steuererklärung gestellter Antrag auf Buch- oder Zwischenwertfortführung nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ist fristgerecht.

Nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ist ein Antrag i.S.d. § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG „spätestens bis zur“ erstmaligen Abgabe der Steuererklärung zu stellen. Der Wortlaut („bis zur“ statt „vor“) umfasst nach allgemeinem Sprachverständnis auch noch den Zeitpunkt der Erklärungsabgabe. Bei anderen im UmwStG geregelten Anträgen (insbesondere „bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz“ – vgl. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) wird in der herrschenden Kommentarliteratur (vgl. nur Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 20 Rn. 314 m.w.N.; Bauschatz in UmwStG eKommentar, § 21 Rn. 103 m.w.N., Stand November 2021) mit Verweis auf die Gesetzesbegründung ein gleichzeitiger Antrag für zulässig gehalten. Dementsprechend hält auch die ganz herrschende Kommentarliteratur zu § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG einen gleichzeitigen Antrag für statthaft (vgl. etwa Behrens in Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, 5. Aufl. 2019, § 21 Rn. 302; Schmitt, a.a.O., § 21 UmwStG Rn. 110; Nitzschke in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 21 UmwStG Rn. 55, Stand Dezember 2022). Der – soweit ersichtlich – nur von Widmann (in Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, § 21 UmwStG Rn. 201, Stand November 2007) vertretenen abweichenden Auffassung ist insbesondere wegen des Wortlauts der Norm nicht zu folgen.

 

2. Im Streitfall wurde die Steuererklärung am 4. Mai 2020 (elektronisch) abgegeben.

 

a. Der Zeitpunkt der „erstmaligen Abgabe der Steuererklärung“ wird in § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG und den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. zur Einführung der Antragsfrist durch Beschlussempfehlung des 7. Ausschusses des Bundestags BT-Drs. 16/3315, Seite 38, 40 sowie 16/3369, Seiten 11, 12) nicht näher definiert. In der Abgabenordnung sind Form und Inhalt der Steuererklärungen in § 150 AO näher geregelt. Auch knüpfen Regelungen zum Verspätungszuschlag (§ 152 AO) sowie zum Beginn der Festsetzungsfrist (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) an die Abgabe oder Einreichung einer Steuererklärung an. Sowohl bei der Abgabe nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO) als auch bei elektronischer Übermittlung (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO) liegt eine Steuererklärung dann vor, wenn sie hinreichende Angaben enthält, um ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen (vgl. bereits BFH-Urteil vom 6. November 1969, IV 249/64, BStBl II 1970, 168; BFH-Beschluss vom 22. Januar 1997, II B 40/96, BStBl II 1997, 266 zu § 170 Abs. 1 Nr. 1 AO [BB 1997, 669]; BFH-Urteil vom 14. Januar 1998, X R 84/95, BStBl II 1999, 203 – zu § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bzgl. des Unterschriftserfordernisses [BB 1998, 1405]). Auch bei fehlenden einzelnen Angaben liegt grundsätzlich eine Steuererklärung vor (vgl. Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 150 AO Rn. 21 m.w.N., Stand August 2010). Lediglich gravierende Unvollständigkeiten sind schädlich und schließen die Annahme einer wirksamen Erklärungsabgabe aus. Zur Antragsfrist nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) ist überdies höchstrichterlich entschieden, dass es für den Fristablauf nicht darauf ankommt, ob die bei § 20 Abs. 2 UmwStG einzureichende Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den steuerbilanzrechtlichen Sonderregeln entspricht (BFH-Urteil vom 15. Juni 2016, I R 69/15, BStBl II 2017, 75 [BB 2016, 2802 m. BB-Komm. Bünning]; eine auf den maßgeblichen Zeitpunkt erstellte Steuerbilanz muss aber vorliegen, vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2015, IV R 34/12, BFH/NV 2016, 41).

Nach § 150 Abs. 4 Satz 1 AO müssen den Steuererklärungen (nur) die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Die elektronische Übermittlung durch steuerliche Berater ist in § 87d AO geregelt und ermöglicht eine wirksame Erklärungsabgabe durch Dritte (Auftragnehmer; vgl. hierzu etwa Schindler in Gosch, AO/FGO, § 150 AO Rn. 25 m.w.N., Stand Juni 2017).

 

b. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall am 4. Mai 2020 eine formwirksame und den inhaltlichen Anforderungen entsprechende Steuererklärung abgegeben worden. Diese– formgerecht durch die Prozessbevollmächtigte übermittelte – Steuererklärung ermöglichte es dem Beklagten, ein Veranlagungsverfahren ordnungsgemäß in Gang zu setzen. Überdies hatten die Kläger die Steuererklärung bereits am 28. April 2020 durch ein unterschriebenes „Papierexemplar“ gegenüber dem steuerlichen Berater freigegeben. Da Unterlagen zur Berechnung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG nicht gesetzlich i.S.d. § 150 Abs. 4 Satz 1 AO vorgeschrieben sind, können die nachgereichten Unterlagen nicht den Zeitpunkt der Erklärungsabgabe verzögern. Dasselbe gilt für den von Klägerseite angeführten Hinweis in DATEV bzw. ELSTER, dass Belege nachgereicht werden. Bei sachgerechter und einheitlicher Auslegung des Begriffs der „Abgabe einer Steuererklärung“ ist außerdem zu berücksichtigen, dass sich das Abstellen auf einen möglichst frühen Zeitpunkt der Erklärungsabgabe auch zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken kann, zum Beispiel indem eine etwaige Verspätung nach § 152 AO beendet wird oder die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu laufen beginnt.

Im Streitfall wird der Zeitpunkt der Erklärungsabgabe auch nicht durch das zwischen der Steuerberaterin und dem Veranlagungssachbearbeiter geführte Telefonat nach hinten verlagert. Die Zeugenvernehmung hat durch gleichlautende, inhaltlich dem Gesprächsvermerk des Veranlagungssachbearbeiters J entsprechende Aussagen bestätigt, dass in dem Telefonat zwischen ihm – dem Zeugen J – und der Zeugin I am 4. Mai 2020 über die Abgabe der Steuererklärung und die (postalische) Nachreichung von Unterlagen gesprochen worden ist. Anderweitige Gesprächsinhalte, insbesondere zu einem etwaigen Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, hat die Zeugenvernehmung nicht ergeben.

Soweit die Kläger eine „zeitraumbezogene Betrachtung“ des Begriffs der „Abgabe der Steuererklärung“ in § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG befürworten, überzeugt dies den erkennenden Senat nicht. Eine solche Betrachtung birgt die Gefahr, dass der Abgabezeitpunkt und damit auch das Ende der „Antragsfrist“ nicht mehr zuverlässig bestimmt werden können, insbesondere weil im weiteren Veranlagungsverfahren (oder bei Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit finanzamtsseitig vorgesehener Betriebsprüfung) häufig Rückfragen, Beleganforderungen oder andere Sachverhaltsverifikationen erfolgen. Dies stünde jedoch im erkennbaren Widerspruch zum Gesetzeswortlaut, der mit dem Terminus der „erstmaligen“ Abgabe hinreichend deutlich macht, dass es auf das Erklärungs- und Abgabeverhalten des Steuerpflichtigen ankommt und damit eine möglichst frühe Bindung des Steuerpflichtigen bezweckt. Reicht ein Steuerpflichtiger hiernach eine wirksame Steuererklärung i.S.d. §§ 150, 152, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ein, muss er diesen Zeitpunkt für die Antragstellung nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gegen sich gelten lassen. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als die Kläger nicht verpflichtet gewesen sind, die Einkommensteuererklärung 2019 bereits am 4. Mai 2020 abzugeben. An diesem Tag endete lediglich die ihnen vom Beklagten gesetzte Frist, Angaben zum Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG zu machen. Die Steuererklärungsfrist für steuerberatende Berufe lief im Mai 2020 (während der ersten „Hochphase“ der Corona-Pandemie) noch und wurde später überdies verwaltungsseitig verlängert.

 

3. Im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung (4. Mai 2020) ist nach Überzeugung des Senats kein hinreichend deutlich und zweifelsfrei erkennbarer Antrag auf Buchwertfortführung feststellbar.

 

a. § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG und die hierzu verfügbaren Gesetzgebungsmaterialien benennen keine näheren Anforderungen an Form und Inhalt eines Antrags auf Buchwert- oder Zwischenwertansatz. Die Kommentarliteratur (vgl. etwa Schmitt, a.a.O., § 21 UmwStG Rn. 110; ebenso Dürrschmidt in BeckOK UmwStG, § 21 UmwStG Rn. 1445, Stand Februar 2023) geht einhellig davon aus, dass der Antrag nicht formgebunden sei und auch konkludent gestellt werden könne. In dem Umstand, dass ein Einbringender keinen steuerpflichtigen Gewinn aus einer Veräußerung erklärt, wird vielfach ein konkludenter Antrag auf Buchwertansatz gesehen (Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 21 Rn. 177; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 21 Rn. 65). Ein unklarer Antrag gilt nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung als nicht gestellt (Widmann, a.a.O., § 21 UmwStG Rn. 218; Schmitt, a.a.O., § 21 UmwStG Rn. 110).

Für die Frage, ob ein (konkludenter) Antrag auf Buchwertansatz erfolgt, ist nach Überzeugung des Senats zu berücksichtigen, dass Antragsrechte nach dem UmwStG nach der zu anderen Vorschriften oder Vorgängerfassungen des UmwStG ergangenen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 19. Dezember 2018, I R 1/17, BStBl II 2019, 709 [BB 2019, 222 m. BB-Komm. Park]; vom 31. Mai 2005, I R 28/04, BStBl II 2005, 643 [BB 2005, 1668 m. BB-Kurzkomm. Schilder]; vom 19. Oktober 2005, I R 34/04, BFH/NV 2006, 1099) eine materiell-rechtliche Rechtsfolge auslösen und nicht änderbar oder widerrufbar sind. Das Antragsrecht nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG versteht der erkennende Senat deshalb dahingehend, dass der Antrag auf Buchwertansatz eine vom Steuerpflichtigen abzugebende einseitige empfangsbedürftige (öffentlich-rechtliche) Willenserklärung darstellt, die unmittelbar gesetzliche Rechtsfolgen auslöst. Äußerungen des Steuerpflichtigen sind entsprechend den §§ 133, 157 BGB nach dem Empfängerhorizont auszulegen. Der für den Erlass des Einkommensteuerbescheids zuständige Veranlagungssachbearbeiter muss hiernach erkennen können, dass der Steuerpflichtige einen von § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG (Ansatz zum gemeinen Wert bei Anteilstausch mit einem ausländischen Erwerber) abweichenden Ansatz wählt. Dieses gegenüber der Finanzbehörde auszuübende Antragsrecht unterscheidet sich von anderen Regelungen im Umwandlungssteuerrecht (vgl. etwa § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG oder § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG oder § 4 Abs. 4 UmwStG), bei denen ein (bilanzieller) Wertansatz beim übernehmenden Rechtsträger eine korrespondierende Besteuerung beim einbringenden Rechtsträger auslöst.

 

b. Bei Übertragung der vorgenannten Maßstäbe kann der Senat nicht die gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger bereits am 4. Mai 2020 gegenüber dem Beklagten einen (konkludenten) Antrag auf Buchwertfortführung gestellt hat.

 

aa. Ein ausdrücklicher Antrag auf Buchwertfortführung für die Übertragung des Geschäftsanteils Nr.  ist unstreitig nicht gestellt worden. In dem in der Anlage G erklärten Veräußerungsgewinn kann nach Überzeugung des Senats kein dahingehender Antrag erblickt werden. Die Angabe einer Zahl, die hier überdies noch einen anderen Veräußerungsvorgang (Geschäftsanteil Nr. ) sowie Veräußerungskosten enthält, ist bei einer Auslegung nach dem Empfängerhorizont keine klare Antragstellung. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das UmwStG bei § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG nicht an einen Bilanzansatz mit korrespondierender Besteuerung anknüpft. In anderen Normen des UmwStG (bspw. § 21 Abs. 2 Satz 1 oder § 20 Abs. 3 UmwStG) wird an den „Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile / das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt“, angeknüpft. Im Streitfall war aber für die Finanzbehörde im maßgeblichen Zeitpunkt (4. Mai 2020) kein Einzelwert erkennbar, sondern nur ein „Erklärungswert“ zum gesamten steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG. Dieser Erklärungswert beinhaltete mehrere nach dem Vortrag der Kläger getrennte Veräußerungsvorgänge, unterschiedliche Gegenleistungen, spezifisch aufzuteilende (und durch die Ablösung von Nießbrauchsrechten abweichend anzusetzende) Anschaffungskosten und (aufzuteilende) Veräußerungskosten, die zudem noch nach dem Teileinkünfteverfahren in einen steuerpflichtigen und einen nicht steuerpflichtigen Teil aufzuteilen sind. Bei derart komplexen Rechenschritten zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns kann in der Gewinnangabe nach Überzeugung des Senats nicht ohne Weiteres ein Antrag auf Buchwertfortführung gesehen werden. Dem Kläger und dessen Beratern hätte es vielmehr im eigenen Interesse oblegen, weitergehende Angaben zu dem Erklärungswert zu machen (aus denen sich zweifelsfrei ein Buchwertantrag für die Übertragung des Geschäftsanteils Nr. 5 herleiten ließe). Solche Angaben wären nach § 150 Abs. 7 AO (in der im Streitjahr 2019 geltenden Fassung) in einem Abschnitt (Zeile 40 in der regulären Steuererklärung), in einem Datenfeld (in der elektronischen Steuererklärung) oder in sonstiger Weise (Fax, E-Mail, wohl selbst telefonisch) möglich gewesen. Soweit die Kläger auf die fehlende Übermittlungsmöglichkeit von PDF-Dateien verweisen, kommt es hierauf wegen der vorab genannten anderweitigen Möglichkeiten einer fristgerechten Antragstellung nicht an.

 

bb. Aus dem Übertragungsvertrag, der dem Beklagten am 4. Mai 2020 nach Aktenlage (nur) in englischer Originalfassung vorlag, konnte ebenfalls nicht zuverlässig auf einen Antrag auf Buchwertfortführung geschlossen werden. Selbst wenn man entgegen § 87 AO, insbesondere § 87 Abs. 3 AO, den im Abgabezeitpunkt dem Beklagten vorliegenden englischsprachigen Vertrag berücksichtigt, ergibt sich hieraus keine entsprechende Willenserklärung gegenüber der Finanzbehörde. Tz. 6.8.1. des SPA enthielt lediglich die Verpflichtung des Klägers, einen Antrag auf „liquiditätsschonende Besteuerung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG“ zu stellen. Soweit die Klägerseite auf ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 25. Februar 2022 (7 K 11215/18, EFG 2023, 440 [BB 2023, 1970 m. BB-Komm. Bünning]; Rev. anhängig unter BFH IV R 8/22) verweist, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Im dortigen Fall war eine andere Norm (Antrag nach § 3 Abs. 2 UmwStG) streiterheblich. Zudem enthielt ausweislich Rn. 8 der in Juris veröffentlichten Entscheidungsgründe der Umwandlungsbeschluss unter „Steuerliche Regelungen“ die Formulierung: „Von dem Antragsrecht der Übertragung zu Buchwerten wird hiermit ausdrücklich Gebrauch gemacht“. Ähnliches ergibt sich aus einem weiteren veröffentlichten Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (vom 22. Dezember 2022, 7 K 105/18, Juris [BB 2023, 1712 m. BB-Komm. Fischer]; Rev. anhängig unter BFH IV R 3/23), in dem zu § 3 Abs. 2 UmwStG der dortige Verschmelzungsbeschluss ausweislich Rn. 25 der in Juris veröffentlichten Entscheidungsgründe die Formulierung „Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt.“ enthielt.

 

cc. Auch auss den Kontrollmitteilungen (KM) des FA G vom 29. August 2019 (Bl. 180 ff. eGA) sowie vom 10. Dezember 2019 (Bl. 232 ff. eGA) ergibt sich nach Überzeugung des Senats kein hinreichend deutlich gestellter Antrag auf Buchwertansatz. Die KM benennen einzelne Werte zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG, enthalten aber keine Ausführungen zu einem Anteilstausch nach § 21 UmwStG, zu den Voraussetzungen eines qualifizierten Anteilstausches nach § 21 Abs. 1 UmwStG oder zu einem Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG. Hinzu kommt, dass der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG „bei dem für die Besteuerung des Einbringenden zuständigen Finanzamt zu stellen ist“, wodurch dem innerbehördlichen Informationsaustausch keine über die Wissensmitteilung hinausgehende Willenserklärung (des Steuerpflichtigen) entnommen werden kann.

 

dd. Soweit die Klägerseite eingehend und wiederholt vorträgt, dass der vom Kläger deklarierte Veräußerungsgewinn (steuerpflichtiger Teil – nach Teileinkünfteverfahren: … €) bei einem Kaufpreis von … € (so Tz. 4 der geänderten KM des FA G vom 10. Dezember 2019) und Anschaffungskosten von insgesamt … € (so Tz. 6 der geänderten KM) unplausibel und überdies in der geänderten KM auf den Vertrag und Einzelkaufpreise für die Anteile Nr. 6 („… € in Geld“; Tz. 7 der geänderten KM) und Nr. 5 („… € in Anteilen“, ebenso Tz. 7 der geänderten KM) verwiesen worden sei, ist dies in tatsächlicher und rechnerischer Hinsicht zwar zutreffend. Der Senat verkennt auch nicht, dass hieraus bei näherer Prüfung für die Finanzbehörde ersichtlich werden konnte, dass keine vollumfängliche Übertragung zum gemeinen Wert seitens des Steuerpflichtigen beabsichtigt war. Bei einer Auslegung nach dem Empfängerhorizont, hier des Veranlagungssachbearbeiters, konnte dieser indes nicht ohne weiteres mit der gebotenen Eindeutigkeit erkennen, dass die Kläger spezifisch für die hier streitige Übertragung des Geschäftsanteils Nr. einen Buchwertansatz begehrten. Ob ein Veräußerungsvorgang (mit kombinierter Gegenleistung in Geld und Anteilen) oder zwei Veräußerungsvorgänge vorlagen, war für den Bearbeiter in diesem Zeitpunkt nicht erkennbar. Eine intensive Befassung mit dem zu diesem Zeitpunkt allein vorliegenden englischen Vertrag war nach § 87 AO nicht geboten. Anders als die Klägerseite meint kann auch – selbst wenn man eine Erkundigungspflicht der Finanzbehörde bei unschlüssigen Angaben annähme – aus der fehlenden Nachfrage kein konkludenter Antrag gefolgert werden. Nach den gesetzlichen Vorgaben war es vielmehr Aufgabe der Kläger, „spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung“ einen entsprechenden Antrag zu stellen. Ob oder inwieweit die Finanzbehörde einen Aufklärungsbedarf erkennt (oder erkennen musste) oder Rückfragemöglichkeiten nutzt (oder hätte nutzen müssen), beeinflusst den Zeitpunkt der Antragstellung und die inhaltlichen Anforderungen an einen erkennbaren (konkludenten) Antrag nicht.

 

ee. Soweit die Klägerseite die Aktenführung des Beklagten, die vom FA G erteilte – teils tatsächlich objektiv fehlerhafte – Auskunft, die Anwendung von „Tipp-Ex“ und das Prozedere zur Akteneinsicht beanstandet, ergibt sich hieraus nicht Abweichendes. Die vorgenannten Umstände sind für die hier allein zu beurteilende Frage, ob mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nötigen Überzeugung ein Antrag des Klägers (als Einbringenden) auf Buchwertfortführung feststellbar ist, im Ergebnis nicht von Belang. Die Kläger behaupten keine von der Steuerakte abweichenden Sachverhalte und für das Gericht sind auch keine entscheidungserheblichen Unvollständigkeiten oder Manipulationen der Steuerakte ersichtlich.

 

4. Ob am 12. Mai 2020 (Eingang der nachgereichten Unterlagen) ein hinreichend erkennbarer Antrag vorlag, kann dahingestellt bleiben.

Da § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG nach dem Verständnis des erkennenden Senats eine Frist mit ausschließender Wirkung regelt und der Abgabezeitpunkt bereits – wie unter 2. dargelegt – am 4. Mai 2020 liegt, kann die am 12. Mai 2020 postalisch eingereichte Berechnung des Veräußerungsgewinns für die Frage, ob ein Antrag auf Buchwertfortführung vorliegt, nicht herangezogen werden. Überdies wäre es aus Sicht des erkennenden Senats zweifelhaft, ob die vorgelegte Berechnung bei der gebotenen „vollen richterlichen Überzeugung“ auf einen konkludenten Antrag schließen lässt. Zwar ist in der Berechnung § 21 UmwStG genannt und es ist auch erkennbar, dass die erhaltenen Aktien an der S.A. mit 0,00 € und das erhaltene „Bargeld“ mit … € in die Berechnung eines Veräußerungsgewinns eingehen. Die Berechnung enthält aber andererseits keine Ausführungen zu einem Antrag auf Buchwertfortführung oder zu einer vertraglichen Trennung der einzelnen Anteilsübertragungen. Die in der Rechnung ausgewiesene „Bargeld-Quote“ ( %) und der als Ergebnis ausgewiesene Veräußerungsgewinn lassen es dadurch jedenfalls zweifelhaft erscheinen, ob für die hier streitige Anteilsübertragung hinreichend erkennbar ein Buchwertansatz gewählt worden ist.

 

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zugelassen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die genauen zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an einen (konkludenten) Antrag auf Buch- oder Zwischenwertfortführung nach § 21 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG bislang nicht geklärt.

 

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