FG Münster: Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens muss mit Abgabe der Steuererklärung gestellt werden
FG Münster, Urteil vom 21.8.2014 – 7 K 4608/11 E
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), die Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG statt nach § 32d Abs. 1 EStG mit einem Steuersatz von 25 Prozent (sog. Abgeltungsbesteuerung) unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40d EStG der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen, auch noch nach Einreichung der Einkommensteuererklärung wirksam gestellt werden kann.
Die ‑ steuerlich beratenen ‑ Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In der am 14.02.2011 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung gaben die Kläger in der Anlage KAP für die Klägerin zu Kennziffer 410 Kapitalerträge an, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben. Diese Kapitalerträge stammen in Höhe von 624.755,05 € aus einer verdeckten Gewinnausschüttung der J. GmbH, an der die Klägerin zu 90% beteiligt ist. Einen Antrag, für die Kapitalerträge der Klägerin das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, enthält die Erklärung nicht.
Der Beklagte veranlagte die Kläger antragsgemäß. Die interne Freigabe der Veranlagung erfolgte am 07.04.2011, der daraus resultierende Einkommensteuerbescheid ging am 18.04.2011 zur Post. Bereits am 13.04.2011, also nach interner Freigabe aber vor Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides, stellte der Steuerberater der Kläger den Antrag, für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 624.755 € das Teileinkünfteverfahren anzuwenden. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 18.04.2011 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG eine solche Antragstellung bereits mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung voraussetze. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger am 21.04.2011 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, der Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG sei am 13.04.2011 gestellt worden und als Ergänzung der Mitte Februar eingereichten Steuererklärung zu werten. Zum Zeitpunkt des ergänzenden Antrags sei die Veranlagung 2009 noch nicht durchgeführt gewesen. Die Abgabe der Steuererklärung sei damit noch offen gewesen. Die gesetzliche Regelung, wonach der Antrag spätestens zusammen mit der Steuererklärung abzugeben sei, solle ausschließen, dass nach Durchführung der Veranlagung nachträgliche Änderungen der Steuerfestsetzung erfolgten. Dieser Sachverhalt sei hier jedoch nicht gegeben. Ergänzend führten die Kläger mit Schreiben vom 01.06.2011 aus, dass nach ihrer Auffassung eine bereits abgegebene Steuererklärung noch ergänzt werden könne, wenn die Steuerfestsetzung noch nicht erfolgt sei und das Veranlagungsverfahren noch keine Außenwirkung erlangt habe. Solche Ergänzungen von Erklärungen hätten in der Vergangenheit regelmäßig kein Problem dargestellt. Im Übrigen sei die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG verfassungsrechtlich bedenklich, so dass die Ergänzung einer Steuererklärung vor Durchführung der Veranlagung im Rahmen zulässigen Ermessens liege.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.12.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verweist er auf das Schreiben des BMF vom 22.12.2009 (BStBl. I 2010, 94), Tz. 141 wonach der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung zu stellen sei und es sich insoweit um eine Ausschlussfrist handele, wobei es auf die erstmalige Abgabe der Steuererklärung für das jeweilige Kalenderjahr ankomme. Eine Nachholung sei nach dem BMF-Schreiben nur unter den Voraussetzungen des § 110 Abgabenordnung möglich. Die Einkommensteuererklärung für 2009 sei am 14.02.2011 beim Beklagten eingegangen, der Antrag jedoch erst am 13.04.2011. Der Antrag sei demzufolge verspätet eingereicht und zu Recht abgelehnt worden. Der Gesetzgeber spreche ausdrücklich davon, dass der Antrag spätestens mit der Einkommensteuererklärung zu stellen sei. Eine Regelung, dass der Antrag bis zur abschließenden Zeichnung oder bis zur Bekanntgabe des Steuerbescheides oder sogar bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nachgeholt werden könne, sei ausdrücklich nicht vorgesehen.
Mit der am 27.12.2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Ergänzend tragen Sie vor, der Hinweis des Beklagten auf das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 reiche nicht aus, um die Frage zu klären, ob eine bereits abgegebene Steuererklärung vor Bekanntgabe des Steuerbescheides noch durch berichtigende oder ergänzende Angaben bzw. Anträge aktualisiert werden könne oder ob die Abgabe der Erklärung in der nach Auffassung des erklärenden Steuerpflichtigen nicht korrekten Fassung bereits eine unbedingte Bindungswirkung entfaltet habe und Änderungen nicht mehr zulässig seien.
Aus der Bestimmung des § 153 AO, die zur Berichtigung von Erklärungen innerhalb der Festsetzungsfrist verpflichte, wenn nachträglich Fehler entdeckt würden, die zu einer Steuerverkürzung führten, müsse auch das Recht des Steuerpflichtigen folgen, innerhalb dieser Grenzen eine Steuererklärung zu ändern, wenn dadurch seine Position verbessert werde.
Die Bestimmung in § 32d Abs. 2 Nr. 3 Sätze 3 und 4 EStG, wonach die Festlegung auf einen Zeitraum von vier Jahren für die Antragstellung gelte, habe den Zweck, nachträgliche Manipulationen auszuschließen. Insbesondere solle nach dem Willen des Gesetzgebers ein auf Steueroptimierung gerichteter ständiger Wechsel des Besteuerungsregimes verhindert und die Administration der Vorschrift erleichtert werden. Die Ausübung des Wahlrechts werde deshalb mit der Steuererklärung eingefordert. Wenn aber ein irrtümlich zunächst falsch ausgeübtes Wahlrecht noch korrigiert werde, bevor der vom Gesetzgeber geforderte Zweck überhaupt wirksam werden konnte, also vor Bekanntgabe des Steuerbescheides, handele es sich nicht um die im Erlass zitierte „Nachholung“ des Antrags, sondern lediglich um die Korrektur einer Steuererklärung vor deren Veranlagung. Die im Erlass formulierte „Nachholung“ ‑ insbesondere in Verbindung mit § 110 AO ‑ setze voraus, dass die Veranlagung bereits abgeschlossen gewesen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedeute, den Zustand vor Veranlagung wieder herzustellen. Darüber hinaus könnten auch nach dem Schreiben des Finanzministeriums NRW vom 24.01.2011 (S 0351) Anträge im Sinne des § 32d Abs. 4, 6 EStG nur bis zur Bestandskraft ausgeübt werden. Dies bedeute, dass der zunächst in der Steuererklärung irrtümlich nicht gestellte Antrag erst recht noch gestellt werden könne, bevor der Bescheid überhaupt bekanntgegeben werde.
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2009 unter Berücksichtigung des gestellten Antrags nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu ändern;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Er hält an seiner bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach der Gesetzgeber in § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 ausdrücklich normiert habe, dass der Antrag spätestens zusammen mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen sei. Ein Widerruf sei zwar grundsätzlich möglich, die Widerrufserklärung müsse dem Finanzamt jedoch spätestens mit der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum zugehen, für den die Sätze 1 bis 4 nicht mehr angewendet werden sollten (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 5 EStG). Aus dieser gesetzlichen Regelung ergebe sich, dass ein Widerruf für den ersten Veranlagungszeitraum nicht möglich sei.
Eine Anwendung von § 153 AO komme nicht in Frage, da die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorlägen, sondern der Steuerpflichtige lediglich von der Möglichkeit eines Wahlrechts keinen Gebrauch gemacht habe. Soweit die Kläger auf das Schreiben des Finanzministeriums NRW vom 24.01.2011 verweisen, wonach die Anträge im Sinne des § 32d Abs. 4, 6 EStG nur bis zur Bestandskraft ausgeübt werden könnten, sei dies im vorliegenden Fall unbeachtlich, da es um die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gehe und nicht über die Anwendung des § 32d Abs. 4 oder 6 EStG zu entscheiden sei.
Der Senat hat in der Sache am 21.08.2014 mündlich verhandelt, auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Aus den Gründen
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 18.04.2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Zwar erfüllt die Klägerin, die zu 90% an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist, grundsätzlich die Voraussetzungen für die Stellung eines Antrags auf Veranlagung der Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG. Der Beklagte hat gleichwohl die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 18.04.2011 zu Recht abgelehnt, denn der Antrag vom 13.04.2011 ist verspätet gestellt worden.
1. Nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG beträgt die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen, 25 Prozent. Gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 b) EStG gilt Abs. 1 der Regelung für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auf Antrag nicht, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Dieser Antrag ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen. Insoweit kommt es auf den Zeitpunkt der wirksamen Abgabe der Steuererklärung an. Die Frist ist als Handlungsfrist nicht verlängerbar, eine nachträgliche Antragstellung ist nicht möglich (Baumgärtel/Lange, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 32d, Rdn. 47; FG Sachsen-Anhalt – Urt. vom 19.12.2011 – 1 K 1108/11 = DStR 2013, 18; Boochs, in: Lademann, EStG, 201. Nachtrag 2014, § 32d Anm. 19). Für diese Auslegung der Vorschrift sprechen nach Ansicht des erkennenden Senats sowohl der Wortlaut und die Systematik als auch der Sinn und Zweck der Vorschrift.
a) Der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG „spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen“ spricht bereits eindeutig dafür, dass eine Antragstellung nach Abgabe der Steuererklärung nicht mehr möglich sein soll und der Gesetzgeber insoweit eine Ausschlussfrist setzen wollte.
b) Insbesondere aber aus dem systematischen Zusammenhang mit dem nachfolgenden Satz 5 des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, der ausdrücklich anordnet, dass die Widerrufserklärung für einen solchen Antrag spätestens mit der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum zugehen muss, für den die Sätze 1 bis 4 nicht mehr angewendet werden sollen, wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Eingang der Steuererklärung beim Finanzamt als letztmöglichen Zeitpunkt sowohl für die Antragstellung als auch den Widerruf des Antrags ansieht. Sowohl der Antrag als auch dessen Widerruf müssen dem Finanzamt also spätestens gleichzeitig mit der Steuererklärung zugehen (so auch Treiber, in: Blümich, EStG, 122. Aufl. 2014, § 32d Rdn. 149, 152; Storg, in: Frotscher, EStG, 163. Lfg. 2011, § 32d Rdn. 40, 42).
c) Soweit die Kläger darauf verweisen, dass die Regelung den Zweck habe, nachträgliche Manipulationen auszuschließen und dieses Risiko vor Bekanntgabe nicht gegeben sei, weil die Veranlagung vorher noch nicht abgeschlossen sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Insgesamt ist die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG dadurch geprägt, dass der Gesetzgeber klare und vor allem in der Praxis einfach zu handhabende Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens schaffen wollte. So wurde die Regelung, dass ein gestellter Antrag für insgesamt fünf Veranlagungszeiträume gilt geschaffen, um eine Verfahrensvereinfachung für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung zu erreichen (BT-Drucks. 16/7036, S.14) Die Regelung in Satz 6 der Vorschrift, nach der nach einem Widerruf ein erneuter Antrag nach Satz 1 nicht mehr zulässig ist, wurde geschaffen, um einen auf Steueroptimierung gerichteten ständigen Wechsel des Besteuerungsregimes zu verhindern und die Administration der Vorschrift zu erleichtern (BT-Drucks. 16/7036, S.14). Dieser gesetzgeberische Wille, eine klare und verfahrensrechtlich einfach zu handhabende Regelung zu schaffen, hat auch in der Ausschlussfrist des Satzes 4 der Vorschrift seinen Niederschlag gefunden.
Dabei kann, so auch im vorliegenden Fall, der Abschluss der Veranlagung (07.04.2011) bereits einige Zeit vor der Bekanntgabe des Steuerbescheides (18.04.2011) liegen. Aufgrund des Zentralversands der Steuerbescheide in Nordrhein-Westfalen durch das Rechenzentrum liegen sogar regelmäßig etwa zehn Tage bis zwei Wochen zwischen der elektronischen Erzeugung des Steuerbescheids im Finanzamt und der Bekanntgabe in Papierform an den Steuerpflichtigen. Die bereits durchgeführte Veranlagung hätte daher im vorliegenden Fall noch einmal aufgehoben und neu durchgeführt werden müssen, was erkennbar dem Willen des Gesetzgebers an einer einfachen Handhabung der Vorschrift widerspräche. Aber auch ein Verständnis der Vorschrift dahingehend, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift jedenfalls eine Antragstellung bis zum tatsächlichen Abschluss der Veranlagung im Finanzamt möglich sein soll, stünde der Absicht des Gesetzgebers, eine klare und eindeutige Regelung zu schaffen, entgegen. Insoweit wäre ein Streit der Beteiligten über den Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses der Veranlagung durch die Finanzverwaltung regelmäßig vorprogrammiert.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen war der am 13.04.2011 gestellte Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG verspätet.
2. Soweit die Kläger argumentieren, aus dem Rechtsgedanken des § 153 AO müsse auch ein Recht des Steuerpflichtigen folgen, innerhalb der Grenzen dieser Vorschrift zu seinen Gunsten eine Steuererklärung zu ändern, kann dem nicht zugestimmt werden. Die Voraussetzungen des § 153 AO liegen nicht vor, da weder eine unrichtige noch eine unvollständige Steuererklärung vorliegt (§ 153 Abs. 1 Nr. 1 AO) noch die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung nachträglich weggefallen sind (§ 153 Abs. 2 AO). Die Kläger haben vielmehr lediglich ein ihnen zustehendes Wahlrecht nicht ausgeübt. Die Vorschrift des § 153 AO dient der Verwirklichung einer gesetzmäßigen Besteuerung, indem sie die Wahrheitspflicht der §§ 150 Abs. 2, 90 Abs. 1 Satz 2 AO auch nach Abgabe der Erklärung fortbestehen lässt (Seer, in: Tipke/Kruse, AO, 129. Lfg. 2012, § 153 Tz.1; Rätke, in: Klein, AO, § 153 Rdn. 1; Cöster, in: Pahlke/Koenig, AO, § 153 Rdn. 2). Eine gesetzmäßige Besteuerung wird aber sowohl bei Ausübung als auch bei Nichtausübung eines Wahlrechtes sichergestellt.
3. Auch der von den Klägern gezogene Vergleich zu den Anträgen nach § 32d Abs. 4 und Abs. 6 EStG, die jeweils bis zur Bestandskraft gestellt werden können, überzeugt nicht. Diese Anträge sind schon nach dem Wortlaut des Gesetzes – anders als § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG – nicht innerhalb einer Ausschlussfrist zu stellen. Auch behandeln diese Vorschriften nicht den Wechsel von der Abgeltungsbesteuerung zum Teileinkünfteverfahren, der nach dem Willen des Gesetzgebers nur in sehr engen Grenzen und unter sehr restriktiven Voraussetzungen zulässig sein soll. Die zu den Anträgen nach § 32d Abs. 4, 6 EStG geltenden Grundsätze sind daher nicht auf den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG übertragbar.
4. Die nicht näher begründeten Zweifel der Kläger an der Verfassungsmäßigkeit der strengen formellen Voraussetzungen des Antrags auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens teilt der Senat nicht. Die Besteuerung von Kapitaleinkünften mit dem linearen Steuersatz von 25% nach § 32d Abs. 1 EStG und ohne Berücksichtigung von tatsächlich entstandenen Werbungskosten (sog. Abgeltungsbesteuerung) bildet den gesetzlichen Regelfall. Der Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG eröffnet lediglich die Möglichkeit, eine unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber der Abgeltungsbesteuerung günstigere Besteuerung zu erreichen. Dass der Gesetzgeber dies von der Einhaltung einer klar normierten Frist abhängig gemacht hat, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, sondern bewegt sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.