R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
28.09.2017
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Anteilsvereinigung durch die Übertragung im Wege der vorweg-genommenen Erbfolge als zum Teil steuerbefreiter Vorgang (hier: Grunderwerbsteuer)

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.8.2017 – 7 K 471/17 GE

ECLI:DE:FGD:2017:0821.7K471.17GE.00

Volltext: BB-Online BBL2017-2326-4 unter www.betriebs-berater.de

→Das FG hat die Revision zugelassen

Sachverhalt

Im Jahre 1976 wurde die A GmbH gegründet. Als Gesellschafter waren an dem Stammkapital von 100.000 EUR der Vater des Klägers mit 55.000 DM und seine Mutter mit 45.000 DM beteiligt. Mit Vertrag vom 22.12.2003 übertrugen die Gesellschafter im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge auf den Kläger unentgeltlich Anteile in Höhe von insgesamt 26.000 DM. Durch notariellen Vertrag vom 17.2.2004 wurde das Stammkapital der GmbH auf Euro umgestellt und auf 100.000 EUR erhöht. Die Gesellschafter übernahmen entsprechend ihrer Beteiligungsquote weitere Anteile, so dass die Eltern des Klägers mit 74.000 EUR und Kläger 26.000 EUR beteiligt waren.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.3.2012 erwarb die GmbH das Grundstück Gemarkung … zu einem Kaufpreis von 1.330.000 EUR.

Mit notariellem Vertrag vom 15.2.2014 nahm der Kläger im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ein Angebot seiner Eltern zur Übernahme der übrigen Gesellschaftsanteile an. Den ehemaligen Gesellschaftern wurde ein lebenslanges Vorbehaltsnießbrauchsrecht an den übertragenen Gesellschaftsanteilen eingeräumt. Für die Dauer des Nießbrauchs sollten den Eltern die auf die übertragenen Anteile entfallenden Gewinnanteile zustehen.

Die GmbH erzielt in den Jahren seit 2012 nur Verluste und zwar 2012 247.083 EUR, 2013 133.129 EUR und 2014 393.875 EUR. Zur Abwendung einer Insolvenz wurden am 3.1.2015 die Anteile an der GmbH für einen symbolischen Kaufpreis von 1 EUR veräußert. In dem Vertrag verzichteten die Eltern des Klägers als Nießbrauchsberechtigte auf ihr Nießbrauchs- und Rückforderungsrecht.

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 16.3.2016 setzte der Beklagte für die Übertragung der Gesellschaftsanteile mit Vertrag vom 15.2.2014 ausgehend von einer geschätzten Bemessungsgrundlage von 1.330.000 EUR Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 v.H. mithin 66.500 EUR gem. § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG fest. Hiergegen erhob der Kläger am 24.3.2016 Einspruch und machte geltend, die Anteile seien im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden, so dass die Ausnahmevorschrift nach § 3 GrEStG eingreife. Mit Feststellungsbescheid vom 20.4.2016 wurde der Wert des Grundbesitzes mit 1.362.000 EUR festgestellt. Daraufhin wurde unter dem 20.12.2016 der Grunderwerbsteuerbescheid geändert und die Grunderwerbsteuer auf 68.100 EUR festgesetzt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25.1.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte – unter Bezug auf ein Schreiben vom 21.11.2016 - aus, es handele sich um eine Anteilsvereinigung in zwei Rechtsakten, wovon der erste Akt in 2003 unentgeltlich und der zweite in 2014 unter Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs erfolgte. Da das Grundstück erst 2012 erworben worden war, könne für die unentgeltliche Übertragung davor keine Befreiung nach § 3 Nr.2 GrEStG gewährt werden. Es sei davon auszugehen, dass weder die GmbH-Anteile noch der Nießbrauch werthaltig gewesen seien. Demzufolge fehle es an einer Bereicherung des Erwerbers und damit an einer Schenkung. Der Wert der Anteile entspreche dem Wert des Nießbrauchs, nämlich 0 EUR. Folglich liege ein entgeltlicher Vorgang vor, der zu 100 v.H. steuerpflichtig sei.

Hiergegen richtet sich die am 22.2.2017 erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, zwar sei aufgrund der zweiten Übertragung der Anteile vom 15.2.2014 der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG verwirklicht worden. Eine Befreiung nach § 3 Nr.6 GrEStG scheide nach der Rechtsprechung aus, weil diese bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar sein. Allerdings finde auf die Übertragung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 25.2.2012 II R 21/10) die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG Anwendung, soweit die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhe. Zum Zeitpunkt der ersten Übertragung der Anteile 2003 war das Grundstück noch nicht im Eigentum der GmbH. Bei einer Anteilsvereinigung seien die festgestellten Grundbesitzwerte Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Es ergebe sich hinsichtlich der unentgeltlichen Übertragung mit Vertrag vom 22.12.2003 folgende Berechnung:

Grundbesitzwert

1.362.000 €

davon 26 v.H.

354.120 €

Grunderwerbsteuer 5 v.H.

17.706 €

Für die übrigen 74 v.H. der Anteile gegen Einräumung des Vorbehaltsnießbrauchs sei zu prüfen, ob es sich um eine gemischte oder eine vollunentgeltliche Schenkung handele. Bei der Beurteilung des Werts der GmbH-Anteile sei das FA zu Unrecht von 0 EUR ausgegangen. Es seien Erklärungen zur gesonderten Feststellung des Werts der Anteile an der GmbH abgegeben worden. Danach sei zwar der Ertragswert mit 1.106.467 EUR negativ, der Substanzwert jedoch mit 1.082.987 EUR positiv. Da nach § 11 Abs.2 Satz 3 BewG der Substanzwert nicht unterschritten werden dürfe, sei dieser der Beurteilung des Werts der Anteilsübertragung anzusetzen. Folglich stünden dem Wert der Anteile von 74 v.H. aus 1.082.987 EUR, mithin 801.410 EUR der Wert des Vorbehaltsnießbrauchs gegenüber. Der Beklagte habe den Wert des Nießbrauchs zutreffend mit 0 EUR beurteilt. Bereits zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile hätten sich Liquiditätsschwierigkeiten abgezeichnet. Zur Abwendung der Insolvenz seien die Anteile für 1 EUR veräußert worden. Es habe daher nicht mit irgendwelchen Ausschüttungen gerechnet werden können. Folglich habe der Kläger auch die restlichen Anteile von 74 v.H. im Wege einer freigebigen Zuwendung erhalten. Die Grunderwerbsteuer sei daher nur in Höhe von 17.706 EUR festzusetzen.

Mit Bescheid vom 2.5.2017 setzte das FA … für den Erwerb aus einer Schenkung des Vaters des Klägers vom 15.2.2014 Schenkungssteuer in Höhe von 2.310 EUR fest. Der Wert des Erwerbs wurde mit 433.000 EUR berücksichtigt. Abzüglich des Freibetrags von 400.000 EUR ergab sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 33.000 EUR.

Der Kläger beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 16.3.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.1.2017 dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 17.706 EUR herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung, soweit mehr als 51.600 EUR festgesetzt sind,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er trägt vor, auf Grund des Schenkungssteuerbescheides gehe auch er nunmehr von einem unentgeltlichen Erwerb der GmbH-Anteile aus. Zwar sei § 3 Nr.2 GrEStG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch auf eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG entsprechend anzuwenden. Dies könne aber nur in dem Umfange erfolgen, in dem tatsächlich eine Doppelbelastung mit Schenkungssteuer einerseits und Grunderwerbsteuer andererseits entstehe. Nach dem Schenkungssteuerbescheid unterlägen der Schenkungssteuer lediglich 433.075 EUR. Ursächlich hierfür seien die Schulden der GmbH, die mit den Aktiva, u.a. dem Grundstückswert, verrechnet worden seien und damit maßgeblich den Wert der GmbH-Anteile vermindert hätten. Eine entsprechende Anwendung der Befreiungsvorschrift würde daher zu einer Steuerbefreiung führen, die mit dem Sinn und Zweck des § 3 Nr.2 GrEStG unvereinbar wäre. Aus § 9 Abs.2 GrEStG ergäbe sich, dass mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängende Leistungen oder Belastungen die Bemessungsgrundlage nicht mindern dürften. Bei dem tatsächlichen Erwerb eines Grundstückes wären die  Schulden der GmbH unbeachtlich gewesen und es hätte sich daher nicht um einen unentgeltlichen Erwerb gehandelt. Der fiktive Erwerb durch Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG könne nicht besser behandelt werden, als ein tatsächlicher Grundstückserwerb. Es könnten daher nicht 76 v.H. des Bedarfswerts, sondern nur 76 v.H. der bei der Schenkungssteuer angesetzten Bemessungsgrundlage von 433.075 EUR grunderwerbsteuerfrei sein. Es ergäbe sich folgende Berechnung:

Grundbesitzwert

1.362.000 EUR

./. steuerfrei gem. § 3 Nr.2 GrEStG

329.137 EUR (76 v.H. aus 433.075 EUR)

Bemessungsgrundlage

1.032.863 EUR

5 v.H. Grunderwerbsteuer

51.600 EUR

 In dieser Höhe sei er bereit, der Klage abzuhelfen

Der Kläger hat hierauf erwidert, es komme für die Anwendung des § 3 Nr.2 GrEStG nicht darauf an, ob und in welcher Höhe Schenkungssteuer festgesetzt werde. Vielmehr sei eine Befreiung bereits dann gegeben, wenn der Erwerb selbst schenkungssteuerfrei bleibe. Eine Doppelbelastung mit Schenkungs- und Grunderwerbsteuer sei keine Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr.2 GrEStG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Steuerakten.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Der Grunderwerbsteuerbescheid ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs.1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Die Grunderwerbsteuer war auf 17.706 EUR festzusetzen. Die Anteilsvereinigung durch die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist zum Teil steuerbefreit.

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrere Anteile einer Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 v.H. der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Diese Voraussetzungen sind durch den Vertrag vom 15.2.2014 erfüllt, da der Kläger zu seinen Anteilen von 26 v.H. die übrigen 74 v.H. hinzuerwarb und somit nach dem Erwerb zu 100 v.H. an der Gesellschaft beteiligt war.

Der Erwerb der Anteile durch den Kläger ist nicht nach § 3 Nr.6 GrEStG begünstigt. Hiernach ist der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die – wie hier – mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind, von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, findet diese Vorschrift auf eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG keine Anwendung. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist eine personenbezogene Steuerbefreiung, weil sie auf das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber abstellt. Eine solche personenbezogene Steuerbefreiung ist auf die Vereinigung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar. Denn § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG besteuert einen fiktiven Grundstückserwerb von der Kapitalgesellschaft. Zwischen der Kapitalgesellschaft und demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, kann ein Verwandtschaftsverhältnis nach § 1589 Satz 1 BGB nicht bestehen (vgl. BFH Urteile vom 23.5.2012 II R 21/10, BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793 und vom 12.2.2014 II R 46/12, BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536 jeweils m.w.N.).

Allerdings ist auf die zweite Übertragung vom 15.2.2014 die Ausnahmevorschrift des § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG anwendbar. Hiernach sind von der Besteuerung ausgenommen u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden. § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG ist nach der Rechtsprechung des BFH auch auf Anteilsübertragungen von Kapitalgesellschaften anwendbar. In einem solchen Fall liegt zwar keine Grundstücksschenkung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Denn der Schenkungsteuer unterliegt nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile. Grunderwerbsteuerrechtlich ist jedoch der fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber steuerbar. Dieser fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke beruht ebenso wie der Erwerb der Gesellschaftsanteile auf einer Schenkung (vgl. BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O.). Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff "Grundstücksschenkungen unter Lebenden" ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst. Die Vorschrift hat den Zweck, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck hat der BFH den rechtstechnischen Anknüpfungspunkten, die für die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer unterschiedlich sind, bei einem nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Gesellschafterwechsel durch schenkweise Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine Bedeutung zugemessen und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG insoweit gewährt, als die Änderung im Gesellschafterbestand auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht vgl. BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O.). Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft und schenkungssteuerrechtlich ein Erwerb des Gesellschaftsanteils von dem früheren Gesellschafter besteuert wird (vgl. BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O. m.w.N.). Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft-- gegeben ist, der der Schenkungsteuer unterliegt. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung ist --zur Vermeidung der Doppelbelastung-- insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruht.  Entsprechendes gilt für die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen. Beruhen diese Erwerbe auf einer freigebigen Zuwendung, unterliegen sie --unabhängig von ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz-- der Schenkungsteuer. Tritt durch den letzten Anteilserwerb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein, wird die Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand besteuert. Die früher erworbenen Anteile sind jedoch weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungsteuer unterlag. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruht. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einer Anteilsvereinigung führt-- grunderwerbsteuerrechtlich erst bedeutsam wird, wenn der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt ist. Der Umfang der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG für den fiktiven Grundstückserwerb bestimmt sich damit nicht nur nach dem zuletzt schenkweise übertragenen Anteil, der die Anteilsvereinigung auslöst, sondern danach, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers diesem insgesamt freigebig zugewendet wurden. (vgl. BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O.). Allerdings ist für jedes einzelne Grundstück zu prüfen, ob eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG greift  (vgl. BFH Urteil vom 15.10.2014 – II R 14/14 –, a.a.O.). Die Steuerbefreiung ist sowohl wegen der den Tatbestand einer Anteilsvereinigung erfüllenden Anteilsübertragung als auch wegen der vorhergehenden Anteilsübertragungen zu gewähren, wenn Anteile in vollem Umfang oder teilweise unentgeltlich übertragen wurden. Eine Steuerbefreiung kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als ein Grundstück bereits zum jeweiligen Zeitpunkt der unentgeltlichen oder teilweise unentgeltlichen Anteilsübertragung der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen war (vgl. BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O.). Nur in diesen Fällen könnte es zu einer Doppelbelastung mit Schenkungsteuer (bei der Anteilsübertragung) und Grunderwerbsteuer (bei der Anteilsvereinigung) kommen, die durch § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG vermieden werden soll. Scheidet dagegen eine Doppelbelastung aus, ist auch für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG kein Raum (BFH, Urteil vom 23.5.2012 – II R 21/10 –, a.a.O.). Gemessen hieran ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nur für den Anteil zu gewähren, den der Kläger am 15.2.2014 von seinen Eltern unentgeltlich erworben hat, da erst zu diesem Zeitpunkt der GmbH das Grundstück zuzurechnen war. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass für den im Jahre 2003 unentgeltlich erworbenen Anteil von 26 v.H. keine Steuerbefreiung gewährt werden kann, weil zu diesem Zeitpunkt die GmbH noch kein inländisches Grundstück gehörte.

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ergibt sich nicht aus § 9 GrEStG, dass nur in Höhe des Betrages, der der Schenkungssteuer als Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegt wurde, eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu gewähren ist. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG Beschluss vom 15.5.1984 – 1 BvR 464/81 –, BStBl II 1984, 608, BVerfGE 67, 70-90), welcher der Senat folgt, hat der Gesetzgeber aus systematischen Gründen die Prävalenz der Erbschaftsteuer gegenüber der Grunderwerbsteuer ausdrücklich anerkannt. Der Grunderwerbsteuertatbestand ist selbst in solchen Erwerbsfällen ausgeschaltet, in denen ein Erbschafts- oder Schenkungssteueranspruch tatsächlich nicht zur Entstehung gelangt oder ein darauf gegründeter Steueranspruch nicht geltend gemacht wurde. Die Ausschlusswirkung ist  absolut. Folglich kommt es auch nicht darauf an, ob überhaupt oder in welcher Höhe Schenkungssteuer festzusetzen oder festgesetzt ist (vgl. auch BFH, Urteil vom 14.6.1995 – II R 92/92 –, BFHE 177, 509, BStBl II 1995, 609; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG 18.Aufl, § 3 Rdz. 103, Pahlke/Franz, GrEStG 5.Aufl. § 3 Rdz.32). Hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass es für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer durch den ausschließenden Vorrang der Erbschafts- und Schenkungssteuer gerade nicht auf die Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer und deren tatsächlicher Höhe ankommt. Im Übrigen teilt der Senat nicht die Ansicht des Beklagten, dass die Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer auf einer Berücksichtigung etwaiger Schulden der GmbH beruhte. Maßgeblich für die Höhe war vielmehr der Umstand, dass der Kläger mit der Annahme der Schenkung am 15.2.2014 von seinem Vater von dem Substanzwert der GmbH von 1.082.987 EUR insgesamt lediglich Anteile in Höhe von 40 v.H. erhalten hat.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs.2 Nr.1 FGO zugelassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

stats