FG Hamburg: Anforderungen an die Leistungsbeschreibung einer Rechnung für den Vorsteuerabzug; Rückwirkung der Rechnungsberichtigung
FG Hamburg, Beschluss vom 6.3.2017 – 2 V 295/16 (rkr.)
Volltext:BB-ONLINE BBL2017-1750-4
leitsätze
1. Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG abziehen, wenn die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt sind und die Rechnungen insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung enthalten, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Im Hinblick auf abgerechnete Entladearbeiten von Containern können dafür detaillierte Angaben zum Einsatzort sowie genaue Bezeichnungen der einzelnen Arbeiten mit Bezugnahme zu Containernummern erforderlich sein.
2. Die Berichtigung einer berichtigungsfähigen Rechnung gemäß § 31 Abs. 5 UStDV wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde; die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden.
§ 31 Abs 5 UStDV, § 14 Abs 4 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, UStG VZ 2015
Sachverhalt
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus diversen Eingangsrechnungen.
Die Antragstellerin ist eine im Jahr 2013 gegründete GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die Auftragsvermittlung im Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich der Logistik.
Für die Monate Januar, Februar und März sowie das II. und III. Quartal 2015 gab die Antragstellerin Umsatzsteuervoranmeldungen ab, mit denen sie Vorsteuern insbesondere für Eingangsleistungen dreier Subunternehmer geltend machte. Im Einzelnen machte sie Vorsteuern aus 13 Eingangsrechnungen der A UG (A) für Januar 2015 und zwei Eingangsrechnungen für Februar 2015 geltend. Vorsteuern bezogen auf Eingangsleistungen der B UG (B) machte sie für Februar 2015 auf Grundlage einer Rechnung, für März 2015 bezogen auf vier Rechnungen sowie für das II. Quartal 2015 aus 59 Rechnungen gelten. Vorsteuern für das III. Quartal 2015 machte sie aus weiteren zwei Rechnungen der BG sowie 21 Rechnungen der Firma C (C) geltend:
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Vorsteuern erklärt |
davon A |
B |
C |
Januar |
... € |
... € |
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Februar |
... € |
... € |
... € |
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März |
... € |
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... € |
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II. Quartal |
... € |
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... € |
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III. Quartal |
... € |
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... € |
... € |
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... € |
... € |
... € |
... € |
Die Leistungsbeschreibungen der Rechnungen der A enthalten im Wesentlichen unter der Angabe eines Zeitraumes von bis zu 14 Tagen den Zusatz "packen/Sortieren von Waren". Vier Rechnungen weisen darüber hinaus unter Verwendung von Abkürzungen auf das Entladen von Containern hin (bspw. Rechnung Nr. X-142 vom 22. Januar 2015: "40`Cont.: ... - 2 Karton: 391 Sorten. 10"). In den Rechnungen der B werden die Leistungen im Wesentlichen mit "Umpacken Palette", "Paletten Umverpackung" oder "Palette Umpacken" beschrieben. Andere Rechnungen weisen ebenfalls auf das Entladen von Containern hin (z. B. Rechnung vom 19. Mai 2015, Nr. X-183: "40`Entladen von Waren (836 Stück) ... Sortenzuschlag auf zwei Sorten"). Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die in den Akten des Antragsgegners vorhandenen Rechnungskopien verwiesen.
Das Finanzamt für Prüfdienste und Strafsachen in Hamburg teilte dem Antragsgegner am 2. Dezember 2015 mit, dass es sich bei der B um eine rechtlich existente, wirtschaftlich jedoch nicht tätige Firma (Servicegesellschaft) handele. Die B sei am ... 2014 in das Handelsregister eingetragen worden. Bis Mai 2015 habe sich der Geschäftssitz in den Kellerräumen der ..., X-Straße ..., in Hamburg befunden. Ab Mai 2005 sei die Firma in der Y-Straße ... ansässig gewesen. Nach Auskunft des Vermieters sei das Mietverhältnis gekündigt worden. Die Firma habe seit Juli 2015 keine Miete mehr gezahlt und habe das Büro geräumt. Die B habe nur in den Monaten Dezember 2014 und Januar 2015 Umsatzsteuer-Voranmeldung eingereicht. 2015 seien die Besteuerungsgrundlagen mangels Voranmeldungen geschätzt worden. Im Rahmen der Lohnsteueranmeldungen für das I. und II. Quartal 2015 habe die B angegeben, 18 bzw. 19 Leute zu beschäftigen. Die Arbeitnehmer seien geringfügig beschäftigt gewesen oder hätten max. ... € brutto erhalten, so dass insgesamt nur ein Lohnsteuerbetrag von ... € bzw. ... € angemeldet worden sei. Zum 30. Juni 2015 seien alle Mitarbeiter abgemeldet worden. Im Rahmen einer Überprüfung der Buchführung der B sei festgestellt worden, dass einzig mit den Eingangsrechnungen der Firma D über Bauleistungen, nicht jedoch über Logistikleistungen abgerechnet worden sei. Der angebliche Rechnungsschreiber habe in einer Vernehmung zudem ausgesagt, die Rechnung nie geschrieben zu haben. Der Geschäftsführer der B habe zudem keine detaillierten Auskünfte zu seinem Unternehmen oder seinen Geschäftsbeziehungen geben können. Für den Zeitraum vom 21. Januar 2015 bis zum 23. Juni 2015 habe die B insgesamt 221 Rechnungen im Gesamtvolumen von ... € netto mit ausgewiesener Umsatzsteuer i. H. v. ... € erstellt. Unter Berücksichtigung des Umsatzvolumens und der Arbeitslöhne sei es der B nicht möglich gewesen, die erhaltenen Aufträge mit eigenem Personal auszuführen.
Gemäß eines Berichts über Steuerstraftaten sowie eines Aktenvermerks des Finanzamts Hamburg-1 handele es sich auch bei der A um eine wirtschaftlich inaktive Servicegesellschaft. Die A sei als Nachfolgegesellschaft des Einzelunternehmens ihres Gesellschafter-Geschäftsführers E im Jahr 2011 gegründet worden und firmiere unter dessen Hamburger Wohnanschrift, Z-Straße .... Die A sei bereits ab Oktober 2014 nicht mehr unter dieser Anschrift erreichbar gewesen, da der Sitz nach F verlegt worden sei. Bereits nach eigenen Angaben der A habe diese nie mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigt. Voranmeldungen seien teilweise verspätet und ab 2014 überhaupt nicht mehr eingereicht worden. Sprunghaft nach Gründung habe die A aus dem Stand Umsätze von mehreren ... € erzielt. Soweit die A ihrerseits Eingangsleistungen bezogen haben wolle, handele es sich bei ihren Subunternehmer ebenfalls um bereits bekannte Servicegesellschaften.
Im Rahmen einer bei der Antragstellerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Prüfer auch auf Grundlage der genannten Berichte und des Aktenvermerks zu der Überzeugung, dass es sich bei der A, der B und auch der C um wirtschaftlich inaktive Servicegesellschaften handele und ein tatsächlicher Leistungsaustausch zwischen Antragstellerin und diesen Gesellschaften nicht stattgefunden habe.
Im Übrigen sei der Vorsteuerabzug bereits aus formalen Gründen zu versagen. In den Rechnungen aller drei Subunternehmer sei die Beschreibung des Leistungsgegenstandes regelmäßig ungenügend, soweit lediglich über "Abpacken / Sortieren von Waren", "Paletten Umverpackung", "Packen Paletten" oder Ähnliches abgerechnet werde. Mit den Rechnungen werde zudem über lange Leistungszeiträume von bis zu mehreren Wochen abgerechnet, wobei sich Leistungszeiträume teilweise überlappten bzw. sogar identisch seien. Aufgrund ungenügender Leistungsbeschreibungen sei eine Überprüfung dahingehend, dass bestimmte Leistungen nicht doppelt abgerechnet worden seien, schlichtweg nicht möglich.
Die Rechnungen der A enthielten zudem eine falsche Anschrift, da die Gesellschaft unter der Adresse ihres Geschäftsführers, Z-Straße ..., ... Hamburg, bereits ab Oktober 2014 aufgrund der Sitzverlegung nach F nicht mehr zu erreichen gewesen sei. Ähnliches gelte für die Rechnungen der B ab Mai 2015. Ausweislich der Erkenntnisse des Finanzamts für Prüfdienste und Strafsachen habe die B unter ihrer Rechnungsanschrift "X-Straße ..., ... Hamburg", ab Mai 2015 keinerlei Firmenräume mehr unterhalten.
Bei den Rechnungen der C und der B sei zudem auffällig, dass die gesamten Mittelteile hinsichtlich Darstellung, Layout, Formatierung sowie Schriftart identisch seien. Gleiches gelte teilweise für die Leistungsbeschreibung inklusive der Rechtschreibfehler. Ausweislich der lückenlosen Rechnungsnummern der C sei die Antragstellerin deren einziger Auftraggeber gewesen, werde allerdings unter "Kunde Nr. XXX" geführt. Die Rechnungen der B wiesen teilweise unter derselben Formatierung ebenso die Kundennummer der Antragstellerin "Kunde Nr. XXX" aus.
Auf dieser Grundlage versagte der Antragsgegner den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen und erließ am 28. April 2016 Änderungsbescheide über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar, Februar, März sowie das II. und III. Quartal 2015.
Gegen die Änderungsbescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Monat Januar, Februar, März sowie das II. Quartal 2015 legte die Antragstellerin am 27. Mai 2016 Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Ein Einspruch gegen den Änderungsbescheid über Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das III. Quartal 2015 liegt nicht vor.
Am 26. Oktober 2016 beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung (AdV) aller am 28. April 2016 erlassenen Änderungsbescheide.
Mit Bescheid vom 22. August 2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf AdV ab.
Am 26. Oktober 2016 hat die Antragstellerin einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt. Dem Antrag beigefügt waren 13 Dokumente der A sowie elf Dokumente der B. Unter Nennung der ursprünglichen Rechnungsnummer sowie des ursprünglichen Rechnungsdatums enthalten diese Dokumente gegenüber den ursprünglichen Rechnungen ergänzende Ausführungen zum Leistungsgegenstand (z. B. Rechnung der A vom 13. Januar 2015: "Protokoll 1, 2 Personen zur Be- und Entladung vom 10.12.2014-06.01.2015, 10 Std. x ... € = ... €"). Allen Rechnungen ist gemein, dass sie mit einem allgemeinen Hinweis auf Abnahmeprotokolle sowie Werkverträge verweisen, welche jedoch nicht beigefügt wurden.
Zu Begründung ihres Antrags trägt Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt vor:
Der Antragsgegner könne den Vorsteuerabzug nicht auf formale Mängel der Rechnungen stützen. Sie habe nunmehr korrigierte Rechnungen mit nachvollziehbaren Leistungsangaben beigefügt. Eine noch genauere Bezeichnung insbesondere bezüglich des Umpackens von Paletten sei nicht möglich. Auch die Adresse der A sei zutreffend. Laut einem Handelsregisterauszug habe diese Sitz und Ort der Geschäftsleitung nicht in F sondern in Hamburg. Zudem habe Herr E, der Geschäftsführer der A, ihrem Geschäftsführer bestätigt, in Hamburg geschäftlich aktiv zu sein. Zu beachten sei, dass die A auch keine nennenswerten Verwaltungstätigkeiten ausüben müsse, da geschäftliche Aktivitäten sowohl bei ihr, der Antragstellerin, als auch bei den von ihr beauftragten Firmen über das Mobiltelefon abgewickelt würden. Anders als die Steuerfahndung habe sie auch kein Problem gehabt, die jeweiligen Unternehmen an den in den Rechnungen angegebenen Adressen zu erreichen. Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers jede Anschrift, unter der der Unternehmer postalisch erreichbar sei. Im Übrigen berechtige jede Rechnung, die die in §§ 14, 14a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) genannten Angaben enthalte, zum Vorsteuerabzug. Die Richtigkeit dieser Angaben sei grundsätzlich nicht entscheidend. Soweit bei Unrichtigkeit von Angaben der Steuerpflichtige auf ein Billigkeitsverfahren nach § 163 der Abgabenordnung (AO) verwiesen werde, stehe dies zu der Rechtsprechung des EuGH in Widerspruch.
Die C sei auch nach Auskunft ihres Geschäftsführers kein Kleinunternehmer gewesen. Auch habe die C mittlerweile die dem Gericht eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben.
Soweit sich der Antragsgegner darauf beziehe, dass es sich bei den Subunternehmern um Scheinfirmen handele, sei dies eine bloße Behauptung, welche mit Nichtwissen bestritten werde. Im Übrigen könne der Vorsteuerabzug nur versagt werden, wenn die Finanzverwaltung nachweise, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der Umsatz, für den der Vorsteuerabzug begehrt werde, in eine Steuerhinterziehung einbezogen sei. Der Leistungsempfänger müsse nur dann Nachforschungen anstellen, wenn der Leistende erkennbar widersprüchliche Angaben mache bzw. die Angaben mit anderen Informationen erkennbar nicht übereinstimmten.
Sie, die Antragstellerin, habe in gutem Glauben gehandelt. Widersprüchliche Angaben seien ihr gegenüber nicht gemacht worden. Zudem habe sie sich über die beauftragten Firmen informiert, sich die Gewerbeanmeldungen vorlegen lassen und auch Einblick in das Handelsregister genommen. Herrn E habe ihr Geschäftsführer über einen alten Schulfreund kennengelernt. Den Vorwurf, eine Scheinfirma zu betreiben, habe er zurückgewiesen. Die A bestehe noch heute. Der Geschäftsführer der B sei als zuverlässiger Vorarbeiter bekannt gewesen. Im Übrigen verweist die Antragstellerin auf die eidesstattlichen Versicherungen ihrer Mitarbeiter, die bestätigen könnten, dass die beauftragten Fremdfirmen tatsächlich mit Mitarbeitern vor Ort vertreten gewesen seien.
So könne sich ihr Vorarbeiter G gut an die Mitarbeiter der A bzw. B erinnern. Im Januar 2015 hätten zwei Mitarbeiter der A die Arbeit einfach niedergelegt, da versprochene Zahlungen nicht erfolgt seien, was zu Schwierigkeiten bei der termingerechten Abwicklung der Arbeiten und zu Unmut bei dem Kunden geführt habe. Im März 2015 seien Mitarbeiter der B nicht zur Arbeit erschienen. G hätte die Arbeit dann selbst erledigen müssen, obwohl er sich wegen einer privaten Veranstaltung frei genommen habe. Über die Mitarbeiter der C habe er sich aufgrund mangelhafter Arbeitsweise und Verständigungsproblemen beschwert.
Ihr fester Mitarbeiter H habe im Februar 2015 mit zwei Mitarbeitern der A gesprochen. Diese hätten sich über ihren Arbeitgeber A beschwert, der das Gehalt unregelmäßig zahlen würde. Sie wollten daher gerne ihren Arbeitgeber wechseln.
Auch J, fester Mitarbeiter seit dem 1. Mai 2015, habe sich über Mitarbeiter der B beklagt, weil diese zu den vereinbarten Treffpunkten oft nicht oder verspätet erschienen seien. Er habe daher dargelegt, die Fahrten nicht mehr mit deren Mitarbeitern durchzuführen.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners habe sie, die Antragstellerin, aufgrund dieser Probleme mit unzuverlässigen Mitarbeitern der Subunternehmer keinerlei Zweifel an der Redlichkeit der Subunternehmen haben müssen. In der Branche sei es üblich, dass unausgebildete Kräfte eingesetzt würden. Auch könne ihr nicht entgegengehalten werden, dass sie keinerlei Unterlagen zur Geschäftsanbahnung, Angeboten, Einteilung von Kolonnen, Korrespondenz mit Geschäftskunden bzw. Reklamation und ähnliches eingereicht habe. Dieses sei nicht branchenüblich. Sie, die Antragstellerin, erhalte in der Regel kurzfristig zwischen 17:00 und 18:00 Uhr ihre Aufträge. Es gebe keinen Schriftverkehr. Preise würden tagesaktuell nach Auftrag vereinbart bzw. nachverhandelt. Dieses geschehe telefonisch oder vor Ort per Handschlag. Die Abrechnungen durch ihre Subunternehmer seien nachvollziehbar gewesen. Ihre Kunden hätten diese letztlich dadurch bestätigt, dass sie die ihnen gestellten Ausgangsrechnungen akzeptiert hätten.
Im Übrigen sei die AdV auch wegen unbilliger Härte zu gewähren. Sie, die Antragstellerin, könne aufgrund der Kontenpfändung ihre Mitarbeiter und die Sozialkassen nicht ausbezahlen und die sonstigen im Verhältnis niedrigen Geschäftskosten nicht begleichen. Ohne die AdV müsse sie kurzfristig Insolvenz anmelden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Bescheide über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar, Februar und März 2015 sowie das II: und III. Kalendervierteljahr 2015 von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf den Bericht der Betriebsprüfung und die Antragsablehnung trägt er zu Begründung wie folgt vor:
Die eingereichten Rechnungen seien formal mangelhaft. Diese Mängel seien auch nicht durch die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Rechnungen beseitigt worden, da die Leistungsbeschreibungen nach wie vor sehr vage seien. Im Übrigen werde bezweifelt, dass die in Bezug genommenen Werkverträge und Protokolle tatsächlich existierten. Auch sei zweifelhaft, ob die Rechnungen tatsächlich von den Subunternehmern ausgestellt worden seien. Bereits während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung hatte die Antragstellerin die Übersendung berichtigter Rechnungen angekündigt. Der Geschäftsführer der B könne zudem die Rechnungen nicht mehr berichtigt haben, da er seit Juli 2015 unbekannt verzogen sei und das Unternehmen seit Mai 2015 nicht mehr existiere.
Nach Erkenntnissen des Finanzamts für Prüfungsdienst und Strafsachen handele es sich bei allen Subunternehmern der Klägerin um rechtlich existente, aber wirtschaftlich inaktive Unternehmen (Servicegesellschaft). Keine ihrer Subunternehmer habe entsprechende Umsätze versteuert. Bei der A und der B sei es aufgrund der Mitarbeiterstruktur quasi nicht möglich, dass diese die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht hätten. Die Antragstellerin sei aufgrund der genannten Ungereimtheiten zur sorgfältigen Prüfung der Unternehmereigenschaft ihrer Subunternehmer verpflichtet gewesen. Ein Verweis auf Unterlagen wie Gewerbeanmeldung, Handelsregisterauszug oder eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung seien unzureichend. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei es üblich, diese Unterlagen vorgelegt zu bekommen, gerade um unseriösen Firmen den Anschein der Seriosität zu geben. Im Übrigen verweise die Antragstellerin selbst darauf, dass mit den Arbeitern der Subunternehmer gewisse Unregelmäßigkeiten auftauchen (unregelmäßige Lohnzahlung, mangelhaft Arbeit).
Aus den Gründen
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Bezogen auf den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für das III. Kalendervierteljahr 2015, hat der Antrag auf AdV bereits deshalb keinen Erfolg, weil gegen ihn weder ein außergerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt noch eine Klage erhoben wurde. Nach Aktenlage hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Mai 2016 lediglich gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für die Monate Januar, Februar, März 2015 sowie das II. Kalendervierteljahr 2015 Einspruch eingelegt. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zusammenhang mit weiteren Erläuterungen des Einspruchs. Eine Begründung hat die Antragstellerin bisher lediglich angekündigt. Der Bescheid ist mithin bestandskräftig geworden. Die Aussetzung der Vollziehung eines bereits bestandskräftigen Verwaltungsaktes ist ausgeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 20. April 1993 IV S 1/93, BFH/NV 1993, 556; vom 27. August 1990 IV S 6/90, BFH/NV 1991, 689).
2. Der Antrag hat im Übrigen in der Sache auch keinen Erfolg.
a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 und 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
Ernstliche Zweifel im Sinn des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen, irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt allerdings nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. Juni 2011 IV B 120/10, BFH/NV 2011, 1549; vom 6. November 2008 IV B 126/07, BStBl II 2009, 156). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Februar 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). In Bezug auf die Feststellungslast gelten dieselben Grundsätze wie im Hauptsacheverfahren.
b) Daran gemessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar, Februar und März 2015 sowie das II. Quartal 2015. Streitig ist allein der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A und der B, da Rechnungen der C erst für das III. Quartal vorliegen. Diesen dürfte der Antragsgegner nach summarischer Prüfung zu Recht versagt haben.
aa) Bei summarischer Prüfung weist der überwiegende Teil der Rechnungen bereits formale Mängel auf.
(1) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u.a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG muss in der Rechnung zudem der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung genannt sein. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSysRL - vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Sechste Richtlinie).
Das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) dient für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es ist zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig bezeichnet werden (BFH-Urteile vom 10. November 1994 V R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 21. Januar 1993 V R 30/88, BStBl II 1993, 385; vom 24. September 1987 V R 50/85, BStBl II 1988, 688; BFH-Beschlüsse vom 29. November 2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 14. Oktober 2002 V B 9/02, BFH/NV 2003, 213; vom 22. Juli 2014 XI B 29/14, BFH/NV 2014, 836; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16. September 2005 6 V 2616/05, juris).
Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Eine Rechnung kann nach § 31 Abs. 5 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14a UStG enthält. Eine Rechnungsberichtigung wirkt nach der neueren Rechtsprechung des BFH und des EuGH auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung der Rechnung zurück (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 V R 26/15, DStR 2016, 2967; EuGH-Urteil vom 15. September 2016 C-518/14 - Senatex -, DStR 2016, 2211). Eine Rechnungsberichtigung kann dabei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eines finanzgerichtlichen Verfahrens vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 V R 26/15, DStR 2016, 2967).
(2) Daran gemessen enthält der überwiegende Teil der Rechnungen der A und der B bereits keine eindeutige und leicht nachprüfbare Leistungsbeschreibung. Dies gilt für die Rechnungen der B insoweit, als zahlreiche Rechnungen als Leistungsbezeichnung lediglich "Paletten Umverpackung", "Palette Umpacken", "Umpacken Palette" oder Ähnliches aufweisen. Dabei wird regelmäßig über Leistungszeiträume von mehreren Tagen und Wochen abgerechnet, wobei eine weitere Konkretisierung nicht stattfindet (z. B. Rechnung X-112, X-123, X-130, X-132, X-137, X-182, X-187, X-193) bzw. sich die Daten bereits bezüglich einzelner Positionen in nur einer Rechnung überschneiden (z. B. Rechnung X-114, X-133, X-136, X-138, X-184, X-189, X-192, X-195). Teilweise wird auch rechnungsübergreifend für den gleichen Leistungszeitraum abgerechnet (z. B. Rechnungen X-136 und X-138; X-184 und X-196). Mangels weiterer ausreichender Konkretisierung ist es nicht möglich, eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellungen hinsichtlich der Leistung zu treffen, insbesondere eine doppelte Abrechnung auszuschließen.
Gleiches gilt für die Rechnungen der A, soweit über Leistungen wie "Abpacken / Sortieren von Waren" oder Ähnliches abgerechnet wird. Auch insoweit weisen die Rechnungen regelmäßig einen Leistungszeitraum von mehreren Wochen auf, wobei die Leistungszeiträume teilweise identisch sind (z. B. Rechnung X-144 und X-138). Mangels genauer Angaben zu Art, Umfang, Inhalt und Ort der Tätigkeit kann auch insoweit eine doppelte Abrechnung ein und derselben Leistung nicht überprüft bzw. ausgeschlossen werden.
Bei summarischer Prüfung kann sich die Antragstellerin auch nicht darauf berufen, durch die im Antragsverfahren eingereichten Dokumente zumindest teilweise die ursprünglichen Rechnungen berichtigt zu haben. Es fehlt bereits an den formalen Voraussetzungen. Gemäß § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 UStDV reicht es zur Berichtigung zwar aus, wenn fehlende oder unzutreffende Angaben durch ein Dokument, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, übermittelt werden. Jedoch gelten die gleichen Anforderungen an Form und Inhalt wie in § 14 UStG. Daraus folgt, dass aus dem berichtigenden Dokument selbst hervorgehen muss, wann und von wem die Rechnung berichtigt wurde. Vorliegend erhalten die eingereichten Rechnungen hingegen keinerlei Hinweis darauf, wann die Berichtigung vorgenommen wurde. Ein Berichtigungsdatum fehlt.
Im Übrigen weisen selbst die berichtigten Rechnungen teilweise noch unzureichende Leistungsbeschreibungen auf. So wurde zwar die Leistungsbeschreibung von "Abpacken / Sortieren von Waren" geändert in beispielsweise "2 Personen zur Be- und Entladung" unter Nennung eines Leistungszeitraums sowie einer Stundenanzahl. Weiterhin kommt es jedoch zu mehrfachen Abrechnungen einzelner Leistungspositionen im selben Leistungszeitraum, ohne dass eine genauere Individualisierung oder Überprüfung von Doppelabrechnungen möglich ist (z. B. Rechnungen der A Nr. X-135 und Nr. X-136). Soweit in den einzelnen Rechnungen zur weiteren Konkretisierung des Leistungsgegenstandes auf Protokolle bzw. Werkverträge verwiesen wird, liegen diese dem Gericht nicht vor und konnten mithin nicht berücksichtigt werden.
bb) Nach summarischer Prüfung auf Grundlage der dem Gericht vorliegenden Akten scheidet der Vorsteuerabzug auch deshalb aus, weil erhebliche Zweifel daran bestehen, dass den Rechnungen ein tatsächlicher Leistungsaustausch mit dem jeweiligen Rechnungsersteller zugrunde liegt.
(1) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn das andere Unternehmen auch tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt nach bisher ständiger Rechtsprechung der Steuerpflichtige, der den Vorsteuerabzug begehrt (BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007, V R 48/04, BStBl II 2009, 315), FG Hamburg, Beschluss vom 20. November 2012, 2 V 264/12, UStB 2013, 114). Nach neuerer Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 26; vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336; vom 6. Dezember 2012, C-285/11, Bonik, DStRE 2013, 199) ist es hingegen in bestimmten Fällen Aufgabe der Steuerverwaltung, (zunächst) konkrete Anhaltspunkte darzulegen, die gegen einen tatsächlichen Leistungsaustausch und für ein "Kennenmüssen" beim Steuerpflichtigen sprechen (vgl. FG Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013, 5 V 1934/13 U, EFG 2014, 395).
Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und Verhinderung einer betrügerischen oder missbräuchlichen Berufung auf das Unionsrecht können nationale Behörden und Gerichte den Vorsteuerabzug zudem versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteil 22. Oktober 2015 C 277/14, PPUH Stehcemp, BB 2015, 2787; vom 13. Februar 2014 C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 26; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 42; vom 6. Dezember 2012 C-285/11, Bonik, DStRE 2013, 199, Rn. 35 bis 37). Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Steuerhinterziehung einbezogen war (vgl. EuGH, Urteil 22. Oktober 2015 C 277/14, PPUH Stehcemp, BB 2015, 2787; Urteil vom 13. Februar 2014 C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 27; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 45). Für die Frage, ob der Steuerpflichtige von der Einbeziehung des Umsatzes in eine Steuerhinterziehung hätte wissen müssen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu beachten, dass der Steuerpflichtige bei Anhaltspunkten für Unregelmäßigkeiten nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein kann, über seinen Leistungserbringer Auskünfte einzuholen, um sicherzustellen, dass keine Steuerhinterziehung auf vorhergehenden Umsatzstufen vorliegt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 61 ff.).
(2) Unter Anwendung dieser Grundsätze bestehen jedenfalls im summarischen Verfahren erhebliche Zweifel an einem tatsächlichen Leistungsaustausch bezogen auf die eingereichten Rechnungen. Vielmehr bestehen bei Würdigung der präsenten Beweismittel gewichtige Anhaltspunkte für eine durch die Subunternehmer begangene Steuerhinterziehung, von der die Antragstellerin zumindest hätte wissen müssen.
(a) Bei summarischer Prüfung ist bereits zweifelhaft, dass die von der Antragstellerin als Subunternehmer eingesetzten Firmen A und B tatsächlich aktiv am Geschäftsverkehr teilnahmen. Bei Würdigung der Mitteilungen des Finanzamtes für Prüfdienste und Strafsachen spricht vielmehr im summarischen Verfahren vieles dafür, dass es sich um reine Servicegesellschaften handelte.
Die B wurde erst am ... 2014 in das Handelsregister eingetragen. Bis Mai 2015 hatte sie ihren Geschäftssitz in Kellerräumen einer Bar, was nicht dem üblichen Geschäftsgebaren entspricht. Ob sie ab Mai 2015 dann in der Y-Straße ... in Hamburg tatsächlich Büroräume unterhalten hat, ist zweifelhaft. Nach Auskunft des Vermieters wurde das Mietverhältnis gekündigt, da die B seit Juli 2015 keine Miete mehr gezahlt und das Büro geräumt habe. Die B konnte mit ihren geringfügig beschäftigten Mitarbeitern, die zudem gegenüber dem Finanzamt zum 30. Juni 2015 abgemeldet wurden, die in ihren Ausgangsrechnungen ausgewiesenen Leistungen im Gesamtvolumen von netto ... € nicht ausführen. Soweit die B Eingangsleistungen in Anspruch genommen haben will, stehen diese in keinerlei Bezug zu der Logistikbranche. Der Geschäftsführer der B konnte gegenüber dem Finanzamt für Prüfdienst und Strafsachen zudem keine detaillierten Auskünfte zu seinem Unternehmen oder seinen Geschäftsbeziehungen geben. Auffällig ist zudem die Gestaltung der Rechnungen der B und der C. Im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr ist es unüblich, dass sich Rechnungen zweier unabhängiger Firmen im Erscheinungsbild (Darstellung des Mittelteils, Layout, Formatierung einschließlich Rechtschreibfehler bei der Leistungsbeschreibung) derart gleichen.
Die A ist gemäß eines Berichts über Steuerstraftaten sowie eines Aktenvermerks des Finanzamts Hamburg-1 Nachfolgegesellschaft des Einzelunternehmens ihres Gesellschafter-Geschäftsführers E, gegen den ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen der Hinterziehung von Umsatzsteuer noch nicht abgeschlossen ist. Die Gesellschaft firmierte unter der Wohnanschrift ihres Geschäftsführers, war dort jedoch ab Oktober 2014 jedenfalls für die Steuerfahndung nicht mehr zu erreichen. Bereits nach eigenen Angaben der A hat diese nie mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigt. Sprunghaft nach Gründung erzielte die A dennoch aus dem Stand Umsätze von mehreren ... €.
Von der B und der A sind nach Aktenlage für die streitgegenständlichen Leistungen weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abgegeben worden, obwohl sie dazu gemäß § 18 Abs. 1 bis 3 UStG i. V. m. § 149 Abs. 1 AO verpflichtet waren und sind. Damit dürfte der Tatbestand einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt sein.
(b) Auch die weiteren Umstände sprechen bei summarischer Prüfung dafür, dass ein tatsächlicher Leistungsaustausch zwischen den Subunternehmern und der Antragstellerin nicht stattfand und die Antragstellerin dies hätte zudem wissen müssen.
Mit Ausnahme von Rechnungen und Quittungen liegen keinerlei Unterlagen vor, die für eine tatsächliche Beauftragung der Subunternehmer und Durchführung der in Rechnung gestellten Leistungen sprechen. Im Rahmen der summarischen Prüfung vermag das Gericht dem Vortrag der Antragstellerin zwar insoweit zu folgen, als die Vergabe einzelner Aufträge gegebenenfalls kurzfristig für den nächsten Arbeitstag telefonisch erfolgt. Nicht glaubhaft erscheint jedoch der Vortrag, dass jegliche Vereinbarungen nur mündlich abgeschlossen worden seien, selbst über preisliche Nachverhandlungen telefonisch oder vor Ort durch Handschlag entschieden worden sei und sonstige Aufzeichnungen auch nicht zur Abrechnung gegenüber den eigenen Kunden gebraucht worden seien. Insbesondere zur Beweissicherung im Fall von mangelhafter Leistung ist es nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin auf jegliche schriftliche Bestätigung (Abnahmeprotokolle) für geleistete Dienste durch ihre Subunternehmer verzichtet hat. Ebenso wenig ist es nachvollziehbar, dass die Antragstellerin gegenüber ihren eigenen Kunden lediglich auf Grundlage der Rechnungen ihrer Subunternehmer abgerechnet haben will. Auch ist es bei summarischer Prüfung nicht glaubhaft, dass zwischen Antragstellerin und Subunternehmern keinerlei schriftliche Rahmenvereinbarungen existieren sollen. Im Übrigen ist der Vortrag der Antragstellerin insoweit auch widersprüchlich, als in den im Antragsverfahren eingereichten "Rechnungen" auf Abnahmeprotokolle und Werkverträge Bezug genommen wird, ohne diese einzureichen.
Dem üblichen Geschäftsverkehr entspricht es auch nicht, dass die Antragstellerin die Rechnungen ihrer Subunternehmer überwiegend in bar beglichen haben will. Auffällig ist zudem, dass hohe vier- bis fünfstellige Beträge auf den Cent genau am Tag des jeweiligen Rechnungsdatums (z. B. Rechnung der A vom 11. Februar 2015 i. H. v. ... €) in bar beglichen worden sein sollen.
Auffällig ist zudem, dass die Subunternehmer nacheinander der Antragstellerin immer nur für wenige Monate sonstige Leistungen in Rechnung stellten. Ein Subunternehmer löste den vorigen vollständig ohne zeitliche Überschneidungen ab. Auch dieses im allgemeinen Geschäftsverkehr unübliche Gebaren spricht bei summarischer Prüfung für die Einschaltung reiner Servicegesellschaften ohne tatsächlichen Leistungsaustausch und eine zumindest fahrlässiger Unkenntnis von diesem Umstand bei der Antragstellerin.
(c) Diesen Anhaltspunkten für einen fehlenden Leistungsaustausch ist die Antragstellerin auch nicht mithilfe präsenter Beweismittel entgegengetreten. Die dargestellten Ungereimtheiten bei der Geschäftsanbahnung, -durchführung und Abrechnung mit ihren Subunternehmern werden nicht dadurch entkräftet, dass die Antragstellerin sich teilweise Gewerbeanmeldungen, Handelsregisterauszüge bzw. Unbedenklichkeitsbescheinigungen hat vorlegen lassen. Damit hat die Antragstellerin sich lediglich über die rechtliche Existenz ihrer Subunternehmer informiert. Aufgrund der Unüblichkeit der Auftragsgestaltung (keine schriftlichen Aufzeichnungen über die Geschäftsbeziehungen, überwiegende Barzahlungen, nur kurzfristige, nacheinander geschaltete Beauftragung der Subunternehmer) hätte die Antragstellerin zudem Nachforschungen anstellen müssen, ob die von ihr beauftragten Subunternehmer aufgrund ihrer Größe und der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer überhaupt in der Lage waren, die Leistungen sachgerecht zu erbringen.
Das Gericht folgt im summarischen Verfahren nicht dem - durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergänzten - Vortrag der Antragstellerin, dass tatsächlich Arbeitnehmer von der A sowie der B eingesetzt wurden. Die Mitarbeiter der Antragstellerin G, H und J versichern insoweit nur, dass sie mit Mitarbeitern der genannten Subunternehmer als Vorarbeiter bzw. Fahrer oder einfacher Arbeiter Kontakt hatten, diese kennen würden und wüssten, von welcher Firma sie stammten. Gerade für letztere Aussage enthalten die eidesstattlichen Versicherungen hingegen kaum konkrete Anhaltspunkte. Aus ihnen ist nur ersichtlich, dass Fremdarbeiter für die Antragstellerin Arbeiten durchgeführt haben. Warum es sich dabei zwingend um Angestellte der Subunternehmer der Antragstellerin gehandelt haben soll und wie dies die Mitarbeiter der Antragstellerin verifiziert haben könnten, wird nicht hinreichend dargetan, sondern lediglich behauptet und ist deshalb nicht nachvollziehbar.
(3) Ein Vertrauensschutz kommt ebenfalls aus oben genannten Gründen, unabhängig von der Frage, ob er schon im Festsetzungsverfahren oder in einem gesonderten Billigkeitsverfahren zu gewähren wäre (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 6. April 2016 XI R 20/14, DStR 2016, 1532; V R 25/15, DStR 2016, 1527), nicht in Betracht.
c) Eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte scheidet aus. Die Antragstellerin hat ihre Vermögenssituation nicht im Einzelnen dargelegt und belegt, so dass das Gericht keine mit der Vollziehung verbundene Existenzgefährdung feststellen kann. Die Pfändung des Geschäftskontos, auf die sich die Antragstellerin beruft, besteht nach Aktenlage seit Mitte August 2016 nicht mehr.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
4. Gründe für die Zulassung der Beschwerde liegen nicht vor (vgl. § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO).