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Steuerrecht
16.08.2012
Steuerrecht
FG Köln: Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids

FG Köln, Urteil vom 18.1.2012 - 3 K 594/09

Sachverhalt

Es ist strittig, ob der Beklagte einen geänderten Verlustfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1999 erlassen durfte.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

Der Kläger war zu 50 v. H. Gesellschafter sowie Geschäftsführer einer GmbH. Mit Verträgen aus dem Jahr 1995 und 1997 ging der Kläger Bürgschaftsverpflichtungen für diese GmbH ein. Nachdem der Kläger im Jahr 1998 von den Gläubigern aus der Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen worden war, wurde am 12.11.1998 ein Schuldanerkenntnis in Höhe von 800.000,- DM zugunsten der Gläubigerin beurkundet.

Am 30.03.1999 wurde die Auflösung der GmbH dem Handelsregister angezeigt.

Am 12.09.2000 schloss der Kläger mit dem Gläubiger einen Erlassvertrag. Darin wurde vereinbart, dass der Kläger an den Gläubiger 200.000,- DM (102.258,- Euro) zu zahlen habe. Dieser Betrag sollte zinslos in gleichbleibenden Jahresraten von 20.000,- DM beginnend mit dem 31.12.2001 fällig werden.

Wie vom Kläger beantragt, berücksichtigte der Beklagte im ursprünglichen Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999 den Verlust aus der Bürgschaftsverpflichtung abgezinst mit einem Betrag von 154.900,- DM. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerbescheid wurde vorläufig hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes erlassen. Der Kläger zahlte bis Ende 2003  60.000,- DM an die Bank. Im Jahre 2005 und 2006 erfolgten keine Zahlungen.

Aufgrund einer neuen Teilzahlungsvereinbarung vom 02.01.2007 zahlte der Kläger beginnend mit dem Jahr 2007 monatlich 700,- Euro auf die ausstehende Forderung, sodass in den Jahren 2007 und 2008 jeweils 8.400,- Euro gezahlt wurden.

Der Beklagte erließ daraufhin einen geänderten Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999, in dem er eine neue Abzinsung der 140.000,- DM nun mit einer Aufschubzeit von 7 Jahren (Ende 1999 bis Ende 2006) und einer Laufzeit von 8 Jahren und 6 Monaten berechnete. Soweit erkennbar leistete der Kläger bis heute die vereinbarten Raten.

Gegen den Änderungsbescheid vom 12.06.2007 wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 12.07.2007, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30.01.2009 als unbegründet zurückwies. Die deshalb vom Kläger erhobene Klage ist beim Gericht am 25.02.2009 eingegangen.

Der Kläger ist der Ansicht, der Bescheid habe nicht nach § 165 Abs. 2, § 175 Abs. 2 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden können. Zudem sei eine Kürzung des Verlustes wegen der Bürgschaftsinanspruchnahme von ursprünglich 181.037,- DM auf 127.642,- DM im Änderungsbescheid materiell rechtswidrig. Bei der Ermittlung des Verlustes aus einer wesentlichen Beteiligung gem. § 17 Abs. 2 EStG handele es sich um eine stichtagsbezogene Bewertung, diese stichtagsbezogene Bewertung werde durch spätere Modifikationen bzw. nicht Einhaltung getroffener Tilgungsvereinbarungen nicht beeinflusst.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Bescheid vom 12.06.2007 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1999 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung (vom 30.01.2009) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Ansicht, in den Tilgungsleistungen seien Zinsanteile enthalten, diese hätten wegen der neuen Tilgungsvereinbarung neu berechnet und einem geänderten Verlustfeststellungsbescheid zugrunde gelegt werden müssen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Der geänderte Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.1999 vom 12.06.2007 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30.01.2009 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Die Änderung des Verlustfeststellungs-Bescheides vom 12.6.2007 war rechtswidrig, da dem Beklagten keine Änderungsnorm zur Verfügung stand. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt nicht in Betracht.

Verändert sich ein Auflösungsverlust nach § 17 EStG nachträglich, sind die steuerlichen Folgen stichtagsbezogen im Jahr der Auflösung zu berücksichtigen und Bescheide nach § 175 der Abgabenordnung zu ändern (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 m. w. N.; vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648). Vorliegend hat sich aber der Veräußerungsverlust nicht nachträglich geändert. Soweit der Kläger mit der Sparkasse A als Gläubigerin eine neue Zahlungsvereinbarung getroffen hat, die zu einem längeren Zahlungslauf der von ihm übernommenen Zahlungsverpflichtungen führt, ist hierdurch keine Änderung des Auflösungsverlustes der Höhe nach eingetreten.

Die Gewinnermittlung nach § 17 EStG hat stichtagsbezogen zu erfolgen. Der Gewinnermittlung sind deshalb im Regelfall auch künftige Einnahmen und Ausgaben in Gestalt von Forderungen und Verbindlichkeiten zugrunde zu legen, soweit sie den Veräußerungsgewinn beeinflussen. Der Veräußerungspreis wird bei der Gewinnermittlung nach § 17 EStG auch dann mit dem vereinbarten Betrag im Jahr der Veräußerung erfasst, wenn er gestundet oder in Raten zu entrichten ist. Grundsätzlich ist deshalb auch die Verpflichtung des Gesellschafters aus einer Bürgschaft bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes - unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung des Bürgen - bereits dann zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch aus der Bürgschaft geltend gemacht hat oder wenn mit einer Inanspruchnahme des Bürgen ernstlich zu rechnen ist. Vorliegend stand bereits im Jahr 2001 fest, dass der Kläger für eine Bürgschaftssumme in Höhe von 200.000,- DM in Anspruch genommen würde. Der Kläger hat auch auf diese Bürgschaft auch gezahlt. Die Bürgschaftsverpflichtung ist, seinem Antrag folgend im Verlustfeststellungsbescheid für das Jahr 1999 abgezinst in Höhe von 181.037,- DM berücksichtigt worden. Der Bescheid ist mit diesem Betrag bestandskräftig geworden.

Eine weitere Abzinsung kommt nicht in Betracht, da es sich um Auflösungsverluste handelt, die im Ergebnis nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung darstellen.

Dabei ist der Nennbetrag der Forderung auch dann als Anschaffungskosten anzusetzen, wenn die Forderung unverzinslich gestundet ist. Die Unverzinslichkeit oder niedrige Verzinslichkeit betreffen nicht die Höhe Anschaffungskosten sondern den Teilwert der Forderung (vgl. BFH, Urteil vom 30.11.1988 I R 114/84, BFHE 155, 337, BStBl II 1990, 117 m. w. N.). Damit haben sich aber die Anschaffungskosten, nicht geändert, sodass es bei der ursprünglichen Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten verbleiben muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

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