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Steuerrecht
06.12.2012
Steuerrecht
FG Münster: Abgabe von Zytostatika i. R. v. ambulanten Chemotherapien durch Krankenhaus

FG Münster, Urteil vom 24.10.2012 - 10 K 630/11 K

Sachverhalt

Streitig ist in den Streitjahren 2003 bis 2006, ob die Abgabe sogenannter Zytostatika durch die Krankenhausapotheke der Klägerin zur Behandlung ambulanter Patienten dem Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzurechnen ist oder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt.

Die Klägerin ist eine katholische rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts. Nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung dient sie der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit. Zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke unterhält die Klägerin mit dem St. X.....-Hospital, A-Stadt ein Krankenhaus im Sinne des § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz -KHG-), das innerhalb der in § 67 Abgabenordnung (AO) festgelegten Grenzen tätig geworden ist und einen Zweckbetrieb darstellt. Zur Versorgung des Krankenhauses mit Arzneimitteln unterhält die Klägerin eine Krankenhausapotheke. Neben Leistungen zur Versorgung der stationär untergebrachten Patienten verkauft die Krankenhausapotheke Medikamente an Dritte, das Personal, andere Kliniken und andere Apotheken. Außerdem liefert die Krankenhausapotheke Zytostatika für die ambulante Chemotherapie im Krankenhaus. Der geschäftsführende Chefarzt des Krankenhauses ist zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung einschließlich der Chemotherapie ermächtigt und führt diese Leistungen privat- und vertragsärztlich als Dienstaufgabe für das Krankenhaus durch. Seit 2005 bildet die Klägerin mit einem Krankenhaus in B-Stadt ein kooperatives Brustzentrum.

Die Klägerin behandelte die Abgabe der Medikamente zur Versorgung von stationär untergebrachten Patienten und zur ambulanten Chemotherapie als dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugehörig.

Für die Streitjahre 2003 bis 2006 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C-Stadt bei der Klägerin eine Außenprüfung durch - Prüfungsbericht vom 15.05.2008 -. Der Prüfer führte aus, Patienten suchten die onkologische Ambulanz auf, um eine Behandlung mit den von einem niedergelassenen Onkologen oder ermächtigten Krankenhausarzt verordneten Zytostatika durchführen zu lassen. Es seien zwei Leistungen zu unterscheiden. Die Leistung der onkologischen Ambulanz bestehe in der Verabreichung des Präparates mit laufender Überwachung der Vitalfunktionen, umfasse jedoch nicht die eigenverantwortliche Wahl der Behandlungsart und des eingesetzten Präparates durch den Ambulanzarzt. Eine weitere Leistungsbeziehung bestehe zwischen dem Patienten und der das Präparat liefernden Krankenhausapotheke. Die Lieferung des Präparates könne auf Wunsch des Patienten auch von einer anderen Apotheke erfolgen. Es bestehe daher eine vermeidbare Wettbewerbssituation zu anderen Apotheken. Daher sei die Lieferung der Zytostatika einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.

Der Prüfer behandelte daher die Lieferung der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke als körperschaftsteuerpflichtig und ab dem Veranlagungszeitraum 2005 als umsatzsteuerpflichtig und ermittelte insoweit für die Streitjahre einen Gewinn von

              2003                                          2004                                          2005                                          2006

Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und erließ die gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheide 2003 bis 2006 vom 30.07.2009.

Mit dem Einspruch trug die Klägerin vor, in ihrem Krankenhaus würden im Wesentlichen zwei Gruppen vom Patienten behandelt. Dies seien zum einen die adjuvanten Patienten. Diese seien wegen einer Tumorerkrankung operiert worden. Anschließend würde bei diesen zur Verminderung des Risikos eines Rückfalls der Erkrankung über eine vorbestimmte Zeit eine Chemotherapie durchgeführt. Die andere Gruppe seien die palliativen Patienten. Bei diesen bestehe auf lange Sicht keine Heilungsmöglichkeit. Durch die Chemotherapie würde der Krankheitsverlauf verzögert oder der Tumor zurückgedrängt. Bei beiden Gruppen seien neben der reinen Chemotherapie auch die Behandlung der Begleitsymptome der Erkrankung und der Chemotherapie notwendig. Die chemotherapeutische Behandlung erfolge mit hochwirksamen Substanzen, deren Anwendung nur besonders qualifizierten Ärzten gestattet sei.

Das Krankenhaus sei ein anerkanntes Brustzentrum mit der schwerpunktmäßigen stationären und ambulanten Betreuung von onkologischen Patienten. Diese Schwerpunktbildung erfordere sowohl die stationäre, die teilstationäre als auch die ambulante Behandlung einschließlich der Verabreichung der dazugehörigen und medizinisch indizierten Medikamente. Die Lieferung der zur Behandlung erforderlichen Medikamente sei Bestandteil der ambulanten Versorgung. Ebenso wie die stationäre und teilstationäre Behandlung zähle auch diese zum Zweckbetrieb „Krankenhaus".

Die Abgabe der Medikamente im Rahmen der ambulanten Behandlung durch die Krankenhausapotheke sei nach § 31 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung in Verbindung mit § 14 Abs. 7 Satz 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen gestattet. Die von der Außenprüfung unterstellte Abgabe der Medikamente sei unzulässig. Ein Wettbewerb zwischen der Krankenhausapotheke und anderen Apotheken könne daher nicht entstehen.

Die ambulante Behandlung mit Zytostatika stelle zudem einen Zweckbetrieb nach § 66 AO dar. Die ambulante Heilbehandlung fördere die Wohlfahrtspflege. Die OFD Frankfurt habe mit Verfügung vom 26.09.2006 festgestellt, dass die medizinischen Versorgungszentren, die mit angestellten oder freiberuflichen Vertragsärzten ambulante medizinische Leistungen erbringen, Einrichtungen der Wohlfahrtspflege seien. Das Krankenhaus erbringe mit der ambulanten chemotherapeutischen Behandlung ein Bündel an Leistungen der Behandlung und Diagnose, bei dem die Lieferung der Zytostatika von untergeordneter Bedeutung sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, zum Zweckbetrieb des Krankenhauses zählten nur ärztliche und pflegerische Leistungen. Zu den typischen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gehöre die Krankenhausapotheke. Nur die eigentliche ambulante ärztliche Versorgung und nicht die darüber hinausgehende Lieferung von Arzneimitteln zähle zum Zweckbetrieb des Krankenhauses im Sinne des § 67 AO und zum Zweckbetrieb im Sinne des § 66 AO. Die Lieferung der Zytostatika sei keine untergeordnete Leistung im Rahmen einer möglichen Gesamtleistung. Die Vergütung der ambulanten Behandlung gelte neben der ärztlichen Leistung die allgemeinen Praxiskosten und die Kosten von ärztlichen Geräten sowie von Sachkosten ab. Arzneimittel könne die Ambulanz nicht berechnen. Nur die Krankenhausapotheke sei berechtigt

derartige Abrechnungen vorzunehmen. Krankenhausapotheken sei nach § 14 Abs. 7 Apothekengesetz die Abgabe von Medikamenten an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung ausdrücklich gestattet. Damit stehe die Krankenhausapotheke im Wettbewerb zu den anderen Apotheken.

Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, gegenüber den stationären und ambulanten Patienten werde nur eine einheitliche ärztlich begleitete und medizinisch abgestimmte Behandlung erbracht. Das Krankenhaus als krankenhausplanungsrechtlich anerkanntes Brustzentrum müsse neben den Operationen alle diagnostischen Verfahren sowie die Bestrahlung, die Chemotherapie und die psychologische Betreuung auf hohem Niveau gewährleisten. Die Klägerin verweist insoweit auf die zu den Gerichtsakten gereichte Unterlage zum Verfahren für die Zertifizierung von Brustzentren in NRW.

Zur Behandlung der Krebserkrankungen würden Therapieschemata von der interdisziplinär besetzten und wöchentlich tagenden Tumorkonferenz festgelegt. Jede onkologisch erkrankte Patientin werde in der interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt. Die Ergebnisse dieser Konferenz würden in der elektronischen Patientenakte dokumentiert. Mit den Patienten würden die Ergebnisse umfassend besprochen. Die Zytostatika würden von der Krankenhausapotheke mittels ihrer eigenen Züchtungsbänke hergestellt. Diese würden für die Therapie entsprechend der Vorgabe der Tumorkonferenz für die stationären und ambulanten Patienten eingesetzt. Insgesamt erstrecke sich eine solche Behandlung über ca. 1,5 Jahre.

Die Strukturen des Brustzentrums stünden neben den stationären Patienten auch den ambulanten Patienten zur Verfügung. Die Behandlung in der onkologischen Ambulanz erfolge ausschließlich durch den gemäß § 116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Chefarzt als Dienstaufgabe des Krankenhauses. Die Ermächtigung im Sinne des § 116 SGB V setze zwingend die Anstellung des jeweiligen Arztes im Krankenhaus voraus.

In der Regel würden die ambulant behandelten Patienten zunächst stationär behandelt. Eine notwendige chemotherapeutische Weiterbehandlung werde in der Regel stationär eröffnet und ambulant weitergeführt. Diese Leistungen einschließlich Chemotherapie seien auch im Rahmen der ambulanten onkologischen Versorgung eine einheitliche Behandlung auf einem einheitlichen Behandlungskonzept. Die Verabreichung von Zytostatika stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung und sei von dieser nicht trennbar. Dies ergebe sich zwingend aus § 14 Abs. 7 Apothekengesetz. Danach sei eine Abgabe von Medikamenten an ermächtigte Krankenhausärzte durch die Krankenhausapotheke nur zur unmittelbaren Anwendung zulässig. Dies bedeute, dass die Verabreichung des Medikaments im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung erfolgen müsse, bevor der Patient das Krankenhaus verlasse.

Das Krankenhaus unterhalte mit den stationären, teilstationären und ambulanten Behandlungsleistungen einen Zweckbetrieb im Sinne des § 67 AO, der auch die ambulante Chemotherapie umfasse. Die Schwerpunktbehandlung im Brustzentrum erfordere eine aufeinander abgestimmte, interdisziplinäre stationäre, teilstationäre als auch ambulante Behandlung mit den dazugehörigen, medizinisch indizierten Medikamentenverabreichungen. Die Verabreichung der Zytostatika im Rahmen der Chemotherapie sei wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Behandlung und setze die fortdauernde Überwachung des Patienten durch geschultes Fachpersonal in speziell ausgestatteten Räumen voraus. Die onkologische Heilbehandlung einschließlich der Zytostatika werde daher einheitlich im Zweckbetrieb Krankenhaus erbracht.

Da die ambulante onkologische Behandlung einschließlich der Chemotherapie unter Verwendung von Zytostatika insgesamt als Zweckbetrieb anzusehen sei, umfasse dies auch die Versorgung der Patienten mit den notwendigen Zytostatika durch die Krankenhausapotheke. Die Gesamtleistung könne entgegen der Auffassung der Außenprüfung nicht in einzelne Beziehungen aufgegliedert werden. Mit der mit Krankenhausfeststellungsbescheid 02.11.2005 durch die Bezirksregierung Arnsberg erfolgten krankenhausplanungsrechtlichen Anerkennung des Brustzentrums seien die Voraussetzungen geschaffen, dass die Leistungen im Rahmen der onkologischen Ambulanz dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugerechnet werden können. Die Klägerin verweist insoweit auf die als Anlage zur Gerichtsakte gereichte abgeschlossene Vereinbarung nach § 73a SGB V vom 17.06.2008, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Die ambulante ärztliche Behandlung durch den ermächtigten Krankenhausarzt sei Teil der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne der §§ 72 ff. SGB V. Die Leistungsbeziehung für Zwecke der Abrechnung bestehe zwischen der Krankenkasse des Patienten sowie der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und dem ermächtigten Arzt. Die Abrechnung der ärztlichen Leistung erfolge durch den ermächtigten Krankenhausarzt gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung.

Die Zytostatika würden auf Einzelrezept auf den Namen des Patienten durch die Krankenhausapotheke erstellt und von dieser gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Seit Inkrafttreten des § 129a Satz 1 SGB V habe die Klägerin zum 01.06.2004 mit den Krankenkassen auf dieser Grundlage eine Vereinbarung zur Abrechnung abgegebener Medikamente an Patienten geschlossen. Die Kosten würden nach § 129a SGB V vom Krankenhaus und nicht von der Krankenhausapotheke den Kostenträgern in Rechnung gestellt. Die Arzneimittelversorgung durch die Krankenhausapotheke sei daher Teil der im Krankenhaus stattfindenden Behandlung. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil des BFH vom 18.10.1990 - V R 76/89, BStBl. II 1991, 268.

Diese durch § 14 Abs. 7 Apothekengesetz eröffnete Zulässigkeit der Arzneimittelversorgung durch Krankenhausapotheken nur zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten begründe keinen wettbewerbsrechtlich bedeutsamen Vorgang. Die Klägerin verweist insoweit auf die Bundestagsdrucksache 15/1525 zum Gesetzentwurf des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein Wettbewerb sei auch deshalb ausgeschlossen, weil nur ca. 1 % der öffentlichen Apotheken bundesweit Zytostatika herstellen würden.

Die onkologische Ambulanz einschließlich der Verabreichung der Zytostatika und deren Lieferung durch die Krankenhausapotheke sei zudem ein Zweckbetrieb im Sinne des § 66 AO. Die Klägerin wiederholt insoweit im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt,

1. die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2003 bis 2006 jeweils vom 30.07.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011 dahin zu ändern, dass der Gewinn der Krankenhausapotheke aus der Lieferung von Zytostatika an ambulante Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugeordnet wird,

2. hilfsweise die Revision zuzulassen,

3. das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären,

4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für

notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011.

Aus den Gründen

II.

Die Klage ist begründet.

1. Das Verfahren war nicht gem. § 74 FGO auszusetzen.

Der Senat hat das Klageverfahren nicht gemäß § 74 FGO bis zur Entscheidung des BFH in den Revisionsverfahren V R 19/11 (umsatzsteuerliche Behandlung der Lieferung von Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke) und I R 31/12 (Zuordnung der Zytostatika-Abgabe bei ambulanter Behandlung zum Zweckbetrieb Krankenhaus) ausgesetzt, da die Klägerin selbst eigene Argumente im Rahmen einer revisionsrechtlichen Überprüfung vortragen will. Der Senat sieht in Ausübung seines Ermessens dies als ausreichenden Grund (s. BFH Beschluss vom 03.02.2010 - VI B 119/09, BFH/NV 2010, 923), das Verfahren nicht auszusetzen.

2. Die Körperschaftsteuerbescheide 2003 bis 2006 vom 30.07.2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in ihren Rechten, als der Beklagte den Gewinn aus der Lieferung von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur ambulanten Behandlung von Patienten in Höhe von XXXXX € für 2003, XXXXX € für 2004, XXXX €              für 2005 und XXXXX € für 2006 nicht dem Zweckbetrieb Krankenhaus der Klägerin, sondern einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet und dementsprechend das zu versteuernde Einkommen der Klägerin um diese Beträge erhöht hat.

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts, die nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO durch das Unterhalten eines Krankenhauses dient, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Als Körperschaft in diesem Sinne ist sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, soweit sie nicht einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhält. Im Umfang des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs entfällt gemäß § 64 Abs. 1 AO die Befreiung der Einkünfte des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs von der Körperschaftsteuer, soweit dieser kein Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65 - 68 AO ist.

a) Die Klägerin erfüllt mit der Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an die ambulant behandelten Patienten die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.

Gemäß § 14 AO stellt eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über die Vermögensverwaltung hinausgeht, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar.

Diese Voraussetzungen sind durch die entgeltliche Abgabe der Zytostatika an die Patienten erfüllt. Die Abgabe der Zytostatika wird nicht als Teil der ärztlichen Leistung über ein Gesamthonorar vergütet, sondern wird von der Krankenhausapotheke bzw. ihrem Träger gesondert abgerechnet. Der Träger der Krankenhausapotheke stellt die durch die Krankenhausapotheke abgegebenen verordneten Arzneimittel auf der Grundlage einer nach § 129a SGB V getroffenen Vereinbarung den Krankenkassen der Patienten in Rechnung. Mit der Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an die ambulant behandelten Patienten erzielt die Klägerin damit nachhaltig Einnahmen, die nicht Bestandteil eines einheitlichen Krankenhausentgelts sind.

b) Der dargestellte wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist steuerbefreit, da er einen Zweckbetrieb darstellt. Die Abgabe der Zytostatika an die ambulant im Krankenhaus der Klägerin behandelten Patienten ist Bestandteil des Zweckbetriebs Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO).

aa) Nach § 67 Abs. 1 AO ist Zweckbetrieb ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§ 7 des Krankenhausentgeltgesetzes, § 10 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden.

§ 67 AO enthält selbst keine Definition des Krankenhauses, sondern knüpft an Regelungen des Sozialrechts an. Aus dem Sozialrecht können insoweit § 2 Nr. 1 KHG und § 107 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) erläuternd herangezogen werden (BFH vom 22.10.2003 - I R 65/02, BStBl II 2004, 300; vom 06.04.2005-  I R 85/04, BStBl II 2005, 545; vom 02.10.2003 - IV R 48/01, BStBl II 2004, 363; vom 22.06.2011 - I R 59/10, BFH/NV 2012, 61). Krankenhäuser i.S. des § 2 Nr. 1 KHG sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. § 107 Abs. 1 SGB V enthält eine ähnliche Definition. Danach sind Krankenhäuser Einrichtungen, die mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf ausgerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können (BFH vom 06.04.2005 - I R 85/04, BStBl II 2005, 545). Von der Steuerbefreiung erfasst sind damit alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Eine wirtschaftliche Betätigung mit anderem Gegenstand ist demgegenüber nicht von der Befreiung umfasst und daher steuerpflichtig.

Die Klägerin unterhält entsprechend dieser Definition mit dem St. X.....-Hospital in A-Stadt ein dem Tatbestand des § 67 Abs. 1 AO unterfallendes Krankenhaus. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

bb) Die Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an die ambulant im St- X.....-Hospital behandelten onkologischen Patienten zählt zum Zweckbetrieb Krankenhaus, so dass die Gewinne insoweit nicht der Körperschaftsteuer unterliegen. Die Abgabe der Zytostatika ist Teil der zum Zweckbetrieb Krankenhaus zählenden ambulanten Behandlung.

Die ambulante Behandlung von Patienten zählt zu den Krankenhausleistungen. Dies ergibt sich schon aus der Definition des Krankenhauses in § 107 Abs. 1 SGB V und § 2 Nr. 1 KHG. Nach diesen Vorschriften zählen zur Einrichtung Krankenhaus unter anderem die ärztlichen Leistungen zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, sofern die Patienten in der Einrichtung untergebracht und verpflegt werden können, im konkreten Fall aber nicht untergebracht und verpflegt werden. Weitere Regelungen des Sozialrechts setzen die ambulante Krankenhausbehandlung voraus. § 39 Abs. 1 SGB V zählt ausdrücklich die ambulante Behandlung nach § 115b SGB V - ambulant durchführbare Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe - zur Krankenhausbehandlung. § 116b Abs. 2 SGB V regelt die Berechtigung der Krankenhäuser zur Erbringung ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung und § 120 Abs. 1 SGB V die Vergütung von im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen. Beide Vorschriften setzen ebenso wie § 16 KHG, der eine Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Abgrenzung der allgemeinen stationären und teilstationären Leistungen von den ambulanten Leistungen enthält, die ambulante Krankenhausbehandlung voraus.

Die Klägerin ist mit ihrem Krankenhaus zur ambulanten onkologischen Behandlung über § 116 SGB V (ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte) ermächtigt. Der im Krankenhaus der Klägerin angestellte Chefarzt ist insoweit gemäß § 116 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die ambulante onkologische Therapie umfasst auch die Abgabe der verabreichten Zytostatika durch die Krankenhausapotheke.

Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses umfasst nach § 39 Abs. 1 SGB V auch die ambulante Krankenhausbehandlung. Zur Krankenhausbehandlung zählt nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V u.a. insbesondere die ärztliche Behandlung und die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. In Übereinstimmung damit steht die Regelung des § 14 Abs. 7 Apothekengesetz. Diese Vorschrift lässt die Abgabe von Medikamenten durch die Krankenhausapotheke nur an Stationen oder Teileinheiten des Krankenhauses zur Versorgung von Patienten, die im Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115b SGB V) versorgt werden, und u.a. zur unmittelbaren Anwendung bei Patienten an ermächtigte Krankenhausärzte im Sinne des § 116 SGB V zu. Im Streitfall ist das Krankenhaus der Klägerin, wie oben dargelegt, über den gemäß § 116 SGB V ermächtigten Chefarzt zu ambulanten onkologischen Behandlung berechtigt.

Die Krankenhausapotheke der Klägerin gibt auf der Grundlage der für den einzelnen Patienten ausgestellten Rezepte die Zytostatika zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung ab. Diese ambulante Krankenhausbehandlung umfasst sowohl die ärztliche Leistung als auch die mit ihr zur Heilung und Linderung der Krankheit notwendige Verabreichung von Medikamenten während der ambulanten Behandlung im Krankenhaus sowie die Nutzung der sonstigen Einrichtungen, des Personals und der Materialien des Krankenhauses als einheitliche Leistung (so auch FG Münster Urteil v. 23.02.2012 - 9 K 4639/10 K, G, EFG 2012, 128; zur Umsatzsteuer FG Münster Urteil v. 12.05.2011 - 5 K 435/09 U, EFG 2011, 1470).

Deutlich wird die Einheitlichkeit der Gesamtleistung auch daran, dass nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin die verabreichten Zytostatika nach dem einzelnen Krankheitsbild auf den Patienten abgestimmt individuell verordnet werden und nur unter ärztlicher Überwachung im Krankenhaus verabreicht werden können. Die ärztliche Diagnose und Behandlung umfasst somit auch die individuelle Medikation und ihre Anwendung und Verabreichung unter Kontrolle und Überwachung des Arztes. Die Verabreichung der Zytostatika ist damit ein notwendiger und unselbstständiger Bestandteil der ärztlichen Behandlung und der Krankenhausleistung „Behandlung der Krebserkrankung". In einem großen Teil der Fälle war und ist die ambulante onkologische Behandlung zudem eng mit einer vorhergehenden stationären Krankenhausbehandlung verbunden. Die Verbindung zwischen ärztlicher Behandlung mit Zytostatika unter ärztlicher Überwachung ist bei der ambulanten Behandlung ebenso wie bei der stationären Behandlung in gleicher Weise Teil der dem Patienten gegenüber erbrachten Gesamtleistung der Krankenhausbehandlung der Krankheit. Die Diagnose und Behandlung der Krebserkrankung kann von der nur unter ärztlicher Begleitung möglichen Chemotherapie nicht getrennt werden. Die Verabreichung der Zytostatika ist damit Teil der ambulant erbrachten ärztlichen Leistung.

Die Finanzverwaltung sieht die Verabreichung der Medikamente bei der stationären Behandlung als Teil der Krankenhausbehandlung an. Ein sachlicher Grund, der eine andere Beurteilung der ambulanten Behandlung mit Chemotherapie unter ärztlicher Überwachung rechtfertigen könnte, ist von der Finanzverwaltung nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Aus der Sicht des Patienten liegt sowohl bei der stationären als auch der ambulanten Krebsbehandlung mit Chemotherapie eine einheitliche Krebsbehandlung durch das Krankenhaus und seine Ärzte vor. Auf vom Beklagten genannte Wettbewerbsgesichtspunkte kommt es nicht an, da § 67 AO die Vorschrift des § 65 AO, die als Voraussetzung eines Zweckbetriebs den unvermeidbaren Wettbewerb fordert, als vorgehende Spezialregelung verdrängt.

Wegen der vorstehend dargestellten Einbindung der Chemotherapie in die Krankenhausleistung liegt eine einheitliche Gesamtleistung der Krankenhausbehandlung vor und verbietet sich ein Vergleich mit der Abgabe von Medikamenten zur Anwendung ohne ärztliche Aufsicht und eine unterschiedliche steuerliche Einordnung der stationären onkologischen Behandlung mit Zytostatika und der ambulanten onkologischen Behandlung mit Zytostatika im Krankenhaus.

Entgegen der Auffassung des Außenprüfers sind diese Aspekte für die steuerrechtliche Einordnung maßgebend und ist nicht auf die einzelnen Leistungsbeziehungen abzustellen, die vorwiegend Abrechnungszwecken dienen und mit der Finanzierung des Gesundheitssystems zusammenhängen (so auch FG Münster Urteil v. 23.02.2012 - 9 K 4639/10 K, G, EFG 2012, 128).

Ob die Voraussetzungen des § 66 AO ebenfalls erfüllt sind, wie die Klägerin vorträgt, kann dahinstehen, da nach § 66 Abs. 3 Satz 2 AO für Krankenhäuser § 67 AO als speziellere Vorschrift vorgeht.

Die Berechnung der Körperschaftsteuer 2003 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage zuzulassen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Der Beschluss beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

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