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Steuerrecht
05.12.2014
Steuerrecht
FG Düsseldorf: § 8b Abs. 5 KStG auf durch DBA freigestellte Dividenden anwendbar

FG Düsseldorf, Urteil vom 16.9.2014 – 6 K 2018/12 K

Sachverhalt

Die Klägerin, eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige GmbH mit Sitz in A, ist international auf dem Gebiet der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Komponenten des Maschinenbaus, namentlich Vakuumpumpen, tätig. Sie hält Anteile an in ausländischen Staaten ansässigen Tochterkapitalgesellschaften, von denen sie in 2008 Dividenden bezog. Bei allen diesen Tochtergesellschaften handelt es sich um 100%-ige Beteiligungen. In der Körperschaftsteuererklärung für 2008 wurden die Dividenden der 5%-igen Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG unterworfen. Hiernach ergaben sich fiktive nichtabzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe von 159.637 € (3.192.742 x 5 %). Dem folgte der Beklagte mit Bescheid vom 12.2.2010. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.2.2010 Einspruch ein, und begehrte die vollständige SteuerfreisteIlung der Dividenden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.4.2012 folgte der Beklagte diesem Antrag hinsichtlich der Dividende der B., aber nicht bezüglich der übrigen Dividenden, und wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 25.4.2012 zurück. Streitig sind damit noch fiktive nichtabzugsfähige Betriebsausgaben von 142.137 €.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG sei nicht vorzunehmen, weil die Dividenden nicht nur nach § 8b Abs. 1 KStG, sondern auch nach DBA-Schachtelprivileg steuerfrei gestellt seien. Wie der BFH wiederholt entschieden habe, sei die SteuerfreisteIlung nach DBA-Schachtelprivileg eigenständig zu betrachten und werde nicht durch die SteuerfreisteIlung nach § 8b Abs. 1 KStG ausgeschlossen bzw. verdrängt (vgl. BFH, Urt v. 23.6.2010 I R 71/09, IStR 2010,701; Urt. v. 14.1.2009 I R 47/08, DB 2009, 825). Auf die danach selbständig zu betrachtende SteuerfreisteIlung nach DBA-Schachtelprivileg nehme § 8b Abs. 5 KStG jedoch keinen Bezug. Diese Vorschrift beziehe sich vielmehr ausdrücklich nur auf Bezüge, die nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei gestellt seien. Nach DBA-Schachtelprivileg steuerfreie Bezüge würden - jedenfalls seit VZ 2004 - vom Wortlaut des § 8b Abs. 5 KStG nicht (mehr) erfasst. Hinzu komme, dass die in den DBA angeordnete SteuerfreisteIlung unterlaufen würde, wenn durch die fiktiven nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben faktisch eine Besteuerung stattfinden würde (vgl. auch statt vieler Lorenz, IStR 2009, 438; Hageböke, IStR 2009, 473; Schönfeld, IStR 2010, 658, m.w.N.). Mithin fehle für eine Hinzurechnung fiktiver Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG in Bezug auf sämtliche nach DBA steuerfreie Dividenden eine Rechtsgrundlage. Im Zusammenhang mit den Dividenden seien keinerlei Betriebsausgaben angefallen.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 24.04.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.04.2012 insoweit zu ändern, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines um 142.137,00 € niedrigeren zu versteuernden Einkommens festgesetzt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, die Betriebsausgabenpauschalierung des § 8b Abs. 5 KStG stünde dem DBA-Schachtelprivileg nicht entgegen. Denn wie der BFH in seinen Urteilen vom 14.01.2009 und vom 23.06.2010 ausführe, stünden das sog. nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG einerseits und das sog. abkommensrechtliche Schachtelprivileg andererseits selbständig nebeneinander und schlössen sich wechselseitig nicht aus. Aufgrund des systematischen Vorrangs der nationalen Steuernormen laufe das abkommensrechtliche Schachtelprivileg insoweit aber ins Leere. Nur in den Fällen, in denen § 8b Abs. 1 KStG keine Anwendung finde, träte das Abkommensprivileg dann eigenständig ein und schließe die inländische Besteuerung insoweit aus. Für die Klägerin ergebe sich aus den entsprechenden DBA-Schachtelprivilegien aber kein Anspruch auf vollständige SteuerfreisteIlung der aus den Gewinnausschüttungen resultierenden Nettoeinkünfte. Denn die in den Doppelbesteuerungsabkommen verwendete Terminologie knüpfe ausschließlich an den Begriff der "Dividendeneinnahme" an, die bereits in voller Höhe durch § 8b Abs. 1 KStG freigestellt werde. Dem nationalen Gesetzgeber bleibe es daneben vorbehalten, die Abzugsfähigkeit der mit diesen Dividenden im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben in einem getrennten Verfahren zu regeln. Denn es sei nicht selbstverständlich, dass die Bundesrepublik Deutschland als Sitzstaat des Anteilseigners nicht nur auf die Besteuerung der Dividende verzichte, sondern auch noch die damit zusammenhängenden Betriebsausgaben vollständig zum Abzug zulasse. Daneben sei festzuhalten, dass die Betriebsausgabenpauschalierung des § 8b Abs. 5 KStG auch nicht zu einer Gewinnbesteuerung führe und daher nicht in Konkurrenz zu den DBA-Schachtelprivilegien trete. Zwar beinhalte die Betriebsausgabenpauschalierung des § 8b Abs. 5 KStG auf den ersten Blick rein rechnerisch eine Teilmenge des steuerfreien Beteiligungsertrags i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG. Es bleibe aber infolge der gesetzlichen Umqualifizierung dabei, dass es sich bei diesem Betrag nicht um einen besteuerten Gewinn, sondern um fiktive nicht abziehbare Betriebsausgaben handele. Es handele sich bei der Pauschalierung um eine Maßnahme der innerstaatlichen Gewinnermittlung, die der Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs nachgelagert sei. Diese Regelung bleibe vom Abkommensrecht unberührt, weil abkommensrechtlich gerade keine Regelung darüber bestehe, in welcher Weise ein Vertragsstaat die mit den Schachteldividende zusammenhängenden Betriebsausgaben berücksichtigen müsse. Der Argumentation, dass § 8b Abs. 5 KStG in Fällen einer DBA-Schachteldividende nicht einschlägig sei, könne nicht gefolgt werden. Die Bezugnahme von § 8b Abs. 5 KStG auf die "Bezüge i. S. des Abs. 1" dokumentiere lediglich, dass Grundlage der Betriebsausgabenpauschalierung nur "Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes" sein könnten. Daraus könne aber nicht gefolgert werden, dass die von der Pauschalierung betroffenen Bezüge zwingend und ausschließlich aufgrund § 8 b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben müssten. Der Wortlaut lasse es vielmehr ausreichen, dass die Beteiligungserträge - nach irgendeiner Vorschrift - bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz blieben.

Aus den Gründen

12        Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat mit dem Körperschaftsteuerbescheid 2008 zu Recht auch die nach DBA steuerfrei gestellten Dividenden der 5%-igen Hinzurechnung  gemäß § 8b Abs. 5 KStG unterworfen.

13        Nach § 8b Abs. 5 KStG gilt, dass von den Bezügen im Sinne des Absatzes 1, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, 5 Prozent als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. § 8b Abs. 1 KStG nennt u.a. Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes – EStG -. Zu den Bezügen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören die hier streitigen Dividenden. § 8 b Abs. 5 KStG trifft für die außerbilanzielle Hinzurechnung keine Unterscheidung nach dem Grund der Nichtabziehbarkeit (vgl. Gosch, KStG, § 8b RN 483). Aus Abs. 5 der Norm ergibt sich nicht, dass er nur anwendbar ist, wenn die Bezüge nach Abs. 1 steuerfrei gestellt sind (vgl. Frotscher, KStG, § 8 b KStG RN 530, Hauswirth in Lademann, KStG, § 8 b KStG RN 183). § 8b Abs. 5 KStG ist vielmehr bereits dann anwendbar, wenn die Bezüge bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, ohne Rücksicht darauf, auf welcher Vorschrift die Steuerfreistellung beruht (Frotscher a.a.O.).

14        Zu einer außerbilanziellen Hinzurechnung von 5 % der nach DBA steuerfrei gestellten Dividenden kommt es nach § 8b Abs. 5 KStG aber auch dann, wenn man jene Einkünfte, die auf der Basis eines DBA-Schachtelprivilegs von der Besteuerung ausgenommen werden, nicht als Bezüge i.S.d. Abs. 1 ansieht (vgl. Gosch in Kessler/Förster/Watrin, Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 63, 86). Denn beide Normenkomplexe (DBA Schachtelprivileg und nationale Schachtelprivileg nach § 8b KStG) stehen unverbunden nebeneinander (Gosch a.a.O. mN). Eine Günstigerprüfung findet nicht statt (Gosch a.a.O.). Das Abkommensprivileg kommt dann zum Einsatz, wenn sich die Steuerfreistellung nicht bereits aus nationalem Recht ergibt. Allerdings „lebt“ die DBA-Freistellung dann wieder auf, wenn die nationale Freistellung unanwendbar ist. Auf dieser Grundlage sind die Dividenden im Streitfall bereits nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Auf die DBA-Freistellung kommt es nicht mehr an. § 8b Abs. 5 KStG ist anzuwenden. Die DBA-Freistellung lebt auch bei Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG nicht auf, denn abkommensrechtliche Vergleichsnorm ist allein Abs. 1 und nicht Abs. 5 des § 8b KStG (Gosch a.a.O. S. 87).

15        Ein Verstoß gegen DBA liegt darin nicht, weil die DBA die Frage der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben nicht behandeln (Frotscher a.a.O.). Die Schachtelprivilegierung wird in vollem Umfang eingeräumt. Dass die daraus erwachsende Steuerfreistellung der Auslandsdividenden wirtschaftlich dann wieder um 5 v.H. der Dividenden als nichtabziehbar behandelte fiktive Betriebsausgaben zurückgenommen wird, berührt die zunächst gewährte Freistellung aus rechtlicher Sicht nicht. Kraft positiv-rechtlicher Anordnung wird lediglich dem Rechtsgedanken Rechnung getragen, dass steuerbefreite Einkommensbestandteile mit einem Abzugsverbot für damit in Zusammenhang stehenden Aufwand korrespondieren sollen (BFH-Urteil vom 29.08.2012 I R 7/12, BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89, vgl. auch Hauswirth a.a.O. mwN). Ein unzulässiges Treaty override liegt darin nicht. Denn § 8b Abs. 5 KStG quantifiziert und typisiert eine nationale Beschränkungsnorm (§ 3c Abs. 1 EStG). Das Abkommensrecht bleibt unberührt (Gosch a.a.O.)

16        Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

17        Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.

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