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Steuerrecht
10.08.2017
Steuerrecht
Sächsisches FG: § 37b EStG: Pauschalierung von Sachzuwendungen an Geschäftspartner

Sächsisches FG, Urteil vom 9.3.20176 K 1201/16

LEITSÄTZE (DER REDAKTION)

1. Die Behörde hat die Voraussetzungen für die Anwendung des § 37b EStG betr. den Veranlassungszusammenhang zwischen Zuwendung und Leistungsaustausch bezüglich jedes Gastes einer Jubiläumsfeier zu ermitteln.

2. Einer frühere Leistungsbeziehung allein ist dafür nicht ausreichend.

3. Verstößt die Behörde gegen ihre Ermittlungspflicht, kann eine Kassationsentscheidung nach § 100 Abs. 3 S. 1 FGO ergehen.

EStG § 37b; FGO § 100 Abs. 3 S. 1

Sachverhalt

Streitig ist eine Besteuerung nach § 37b des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Klägerin ist eine GmbH, die Softwaredienstleistungen für die Automobilindustrie erbringt. Sie veranstaltete am 10. Mai 2012 eine Feier zu ihrem Firmenjubiläum, an der 83 Gäste teilnahmen. 55 von ihnen waren keine Arbeitnehmer der Klägerin.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte der Beklagte fest, dass für die Jubiläumsfeier sowie weitere Betriebsveranstaltungen und Geschenke an Geschäftspartner keine Lohnsteuern erklärt worden waren. Die Prüferin ermittelte für die Jubiläumsfeier Kosten pro Gast von 67,21 EUR, wobei sie die Bewirtungsaufwendungen außer Betracht ließ. Die Prüfungshandakte enthält eine von der Prüferin erstellte Gästeliste für das Firmenjubiläum, in der für jeden Gast Vorname und Nachname sowie in der Mehrzahl der Fälle eine Firmenbezeichnung notiert sind. Die Prüferin fragte bei der Klägerin schriftlich an, ob sie § 37b EStG für „fremde Dritte“ in Anspruch nehmen wolle. Die Klägerin antwortete, sie wolle § 37b EStG in Anspruch nehmen.

Mit Nachforderungsbescheid vom 28. Oktober 2015, der mit einem Haftungsbescheid verbunden wurde, nahm der Beklagte die Klägerin unter anderem für die auf die 55 auswärtigen Gäste der Jubiläumsfeier entfallenden Kosten in Höhe von insgesamt 3.696,55 EUR gemäß § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG in Anspruch. Eine weitere - nicht streitige - Inanspruchnahme nach § 37b EStG erfolgte für das Streitjahr 2012 wegen der Abgabe von Geschenken an Nichtarbeitnehmer.

Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Besteuerung der Feier zum Firmenjubiläum wandte, blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin trägt vor, die Jubiläumsfeier sei ein Marketingereignis gewesen. Sie habe die Möglichkeit geboten, eine breite Öffentlichkeitswirkung zu erzielen und den Bekanntheitsgrad der eigenen Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen. Persönliche Geschäftsbeziehungen hätten vertieft und die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten habe gepflegt werden können. Der Tatbestand des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasse nicht schlechthin jede Zuwendung, sondern nur solche, die ergänzend zu einem Leistungsaustausch geleistet würden und durch diesen veranlasst seien. Entgegen der Annahme des Beklagten schließe die Klägerin keine Dienstleistungsverträge mit ihren Kunden, sondern erhalte Einzelaufträge. Nach dem Abarbeiten des jeweiligen Auftrags schlössen sich nicht zwingend Folgeaufträge an. Jeder Kunde müsse für einen weiteren Auftrag gewonnen werden.

Die Klägerin beantragt,

den Nachforderungsbescheid vom 28. Oktober 2015, die wiederholende Verfügung hierzu vom 8. März 2016 sowie die Einspruchsentscheidung vom 3. August 2016 insoweit aufzuheben, als Lohnsteuern sowie Annexabgaben für Zuwendungen des Jahres 2012 in Höhe von 3.696,55 EUR berücksichtigt worden sind.  

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach dem BMF-Schreiben vom 19. Mai 2015 zu § 37b EStG müsse die Zuwendung in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Vertragsverhältnis stehen. Aus Sicht des Beklagten dürfe hierbei allerdings kein zu enger Maßstab angelegt werden. Es entspreche dem Charakter einer Jubiläumsfeier, auf die bisherige Geschäftstätigkeit zurück zu blicken. Zwar diene eine solche Feier auch dazu, zukünftige Aufträge zu gewinnen. Dies sei jedoch weder das alleinige Ziel der Feier, noch stehe es der pauschalen Besteuerung entgegen. Es bestehe ein hinreichender zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit früheren Geschäftsbeziehungen „(als Grundgeschäft)“. In seiner Einspruchsentscheidung hatte der Beklagte ergänzend ausgeführt, für den Streitfall sei nicht bekannt, wie sich die Geschäftsbeziehungen mit den eingeladenen Kunden gestaltet hätten und in welchem zeitlichen Abstand konkret Geschäftsbeziehungen bestanden hätten bzw. aus welchem Grund die Einladung zur Jubiläumsfeier erfolgt sei. Hierzu sei anzumerken, dass die Klägerin als Solftwaredienstleisterin keine „punktuell zuordenbaren“ Geschäftsbeziehungen unterhalten dürfte, sondern eine langfristige Bindung der Kunden fördere. Dies ergebe sich aus ihren Angaben im Fragebogen zur Gründung der Gesellschaft. Danach erbringe sie Beratungs- und Serviceleistungen für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit in Netzwerken der Automobilindustrie. Demnach dürfte „die Zuordnung der Zuwendungen zu einzelnen Grundgeschäften (wenn überhaupt) nur mit erheblichen Schwierigkeiten“ möglich sein.

Das Gericht hat den Hinweis erteilt, der Klagevortrag könne als Widerruf der Wahlrechtsausübung für die Besteuerung nach § 37b EStG verstanden werden. Ferner fehlten Darlegungen und Nachweise des feststellungsbelasteten Beklagten zum Zusammenhang zwischen der Zuwendung und einer bestehenden Geschäftsbeziehung sowie dazu, dass die Zuwendungen bei den Empfängern zu steuerpflichtigen Einnahmen führten.

Der Beklagte trägt dazu vor, der Widerruf sei nicht erfolgt, da eine ausdrückliche Erklärung der Klägerin fehle. Die Feststellungslast dafür, inwieweit Zuwendungen aus der Bemessungsgrundlage des § 37b EStG ausscheiden, trage der Steuerpflichtige, der die Pauschalierung in Anspruch nehmen wolle. Die Besteuerung der Zuwendung bei den Empfängern hänge unter anderem davon ab, welche früheren Geschäftsbeziehungen zu den Zuwendungsempfängern bestanden hätten und in welchem zeitlichen Abstand diese zu den Zuwendungen lägen. Aus der Gästeliste ergebe sich, dass die Klägerin neben einigen Vertretern öffentlicher Einrichtungen hauptsächlich Vertreter inländischer Firmen eingeladen habe. „Aus Sicht des Beklagten“ handele es sich hierbei „nach Aktenlage“ um Kunden und Geschäftspartner, „genauere Auskünfte“ seien „hierzu nicht erteilt“ worden. Darlegungen zu diesbezüglichen Anfragen an die Klägerin fehlen. Dies betreffe – so der Beklagte weiter – 39 der 55 betriebsfremden Gäste. Für weitere neun Personen lasse sich der Gästeliste nicht entnehmen, aus welchem Grunde diese eingeladen worden seien und in welchem Verhältnis diese zur Klägerin stünden. Zur Frage, in welchem zeitlichen Abstand zuletzt Geschäftsbeziehungen zu den einzelnen Gästen bestanden hätten, lägen dem Beklagten keine „hinreichenden“ Erkenntnisse vor. Der Beklagte habe der Ermittlung der Tatbestandsmerkmale des § 37b EStG im Einzelnen „möglicherweise“ bisher im Rahmen der Außenprüfung und im Rechtsbehelfsverfahren „keine entscheidende Bedeutung“ beigemessen. Allerdings dürfte auch zu bedenken sein, dass es sich – aufgrund der aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung hervorgehenden Tatbestandsmerkmale - um „sehr umfangreiche Sachverhalte“ handele, „bei denen eine umfassende Ermittlung und Darlegung für jede einzelne Zuwendung an gewisse Grenzen“ stoße. Es möge dem Gericht einzuräumen sein, dass eine „weitergehende“ Ermittlung notwendig sei. Eine Entscheidung nach Feststellungslast komme jedoch erst in Betracht, wenn der Sachverhalt nicht weiter aufzuklären sei. Um den Aufwand in angemessenem Verhältnis zur streitigen Steuerlast zu halten, schlage der Beklagte vor, eine tatsächliche Verständigung darüber herbeizuführen, zu welchem Anteil die Zuwendungen an inländische Kunden erfolgt seien, zu denen eine frühere Geschäftsbeziehung bestanden habe. Der Beklagte schlage vor, den Anteil mit 80 % zu bemessen.

Das Gericht hat den Hinweis erteilt, dass wegen der aufwändigen Prüfungen, die der Beklagte anführe, ein Vorgehen  nach Maßgabe von § 100 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht komme.

Der Beklagte führt hierzu aus, für die Kassation nach § 100 Abs. 3 FGO fehle es an nach Art und Umfang erheblichen Ermittlungen sowie an der Sachdienlichkeit. Soweit der Beklagte von sehr umfangreichen Sachverhalten gesprochen habe, berücksichtige diese Formulierung einerseits das Verhältnis zum Streitwert. Andererseits sei der Sachverhalt auch insoweit komplex, als dem Gericht „für jeden eingeladenen Kunden die gesamten bisherigen Geschäftsbeziehungen umfangreich“ dargelegt werden müssten. Diese Komplexität könne durch eine „grobe Untergliederung“ dazu erleichtert werden, in welchem zeitlichen Abstand Geschäftsbeziehungen zu den Kunden unterhalten wurden. Die Kenntnis früherer Geschäftsbeziehungen liege im Kenntnisbereich der Klägerin. Die mit der Vorschrift des § 100 Abs. 3 FGO gewollte Entlastung des Gerichts könne nicht eintreten, wenn „lediglich eine Rückfrage bei der Klägerin“ erfolgen könne.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die zum Streitfall übergebenen Steuerakten verwiesen.

Aus den Gründen

Der Klage wird im Wege der Aufhebung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO stattgegeben.

Nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist.

Zur Herbeiführung der Entscheidungsreife sind nach Art und Umfang erhebliche Ermittlungen erforderlich.

Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben; Entsprechendes gilt nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Es kann dahinstehen, ob in der Anfechtung der Besteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG durch die Klägerin ein Widerruf der Wahlrechtsausübung zu sehen ist, oder ob es hierzu einer ergänzenden ausdrücklichen Erklärung der Klägerin bedarf. Ein Widerruf kommt unabhängig davon nicht in Betracht. 

Das Pauschalierungswahlrecht muss nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG bei Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer (Kunden, Geschäftsfreunde, deren Arbeitnehmer) "für alle" Zuwendungen und Geschenke eines Wirtschaftsjahres einheitlich ausgeübt werden. Entsprechendes gilt für die Pauschalierungsmöglichkeit bei Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen nach § 37b Abs. 2 EStG. Auch insoweit hat der Steuerpflichtige nur die Wahl zwischen dem vollständigen Verzicht auf Pauschalierung und der Pauschalierung sämtlicher Sachzuwendungen (zum Ganzen: Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Juni 2016, VI R 54/15, BStBl. II 2016, 2010).

Die Klägerin ließ neben den streitigen Zuwendungen an die Gäste der Jubiläumsfeier im Streitjahr auch Geschenke an Geschäftspartner nach § 37b Abs. 1 EStG besteuern. Diesbezüglich kann das klägerische Vorbringen nicht als Widerruf verstanden werden, da zur Besteuerung der Geschenke keine Einwände vorgetragen sind. Die Klägerin will die hier angewandte Besteuerung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG aufrecht erhalten. Da nach den genannten Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Besteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG jedoch eine einheitliche Bekundung für sämtliche Zuwendungen erforderlich ist, kann nicht von einem wirksamen Widerruf ausgegangen werden.

Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfordert für die streitigen Zuwendungen an die Gäste der Jubiläumsfeier erhebliche Ermittlungen im Sinne von § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO. Der Würdigung des Beklagten zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wonach bereits die schlichte Existenz einer früheren Leistungsbeziehung ausreichen soll, ist nicht zu folgen.

Im Rahmen der Auslegung des § 37b EStG ist zu berücksichtigen, dass nicht alle betrieblich veranlassten Zuwendungen pauschalierungsfähig sind, sondern nur solche, die im Sinne des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht wurden. Diese tatbestandliche Voraussetzung schränkt den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm ein. Denn dadurch sind Zuwendungen, die etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses erbracht werden, mangels einer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon vereinbarten Leistung oder Gegenleistung nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einbezogen. Offenkundig erfasst der Tatbestand auch insoweit nicht schlechthin sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch hinzutreten, indem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind. (vgl. zum Ganzen: Urteil des   BFH vom 12. Dezember 2013, VI R 47/12, BStBl. II 2015, 490).

Danach muss zum Zeitpunkt der klägerischen Jubiläumsfeier ein Vertragsverhältnis zum jeweiligen Gast vorhanden gewesen sein, dessen Inhalt im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistungen waren und als dessen Ergänzung sich die Zuwendung darstellte. Für den nach der Rechtsprechung des BFH hierzu erforderlichen Veranlassungszusammenhang muss sich die Zuwendung auf den jeweiligen konkreten Leistungsaustausch bezogen haben. Es genügt mit-hin nicht, dass eine zeitliche Nähe zwischen einem Leistungsaustausch und der Zuwendung vorhanden war, diese aber ansonsten in keiner Beziehung zueinander standen. Ebenso wenig ist eine bloße Kausalverknüpfung ausreichend – etwa dergestalt, dass durch einen früheren Leistungsaustausch ein geschäftlicher Kontakt entstanden war, dessen Pflege die Einladung zur Jubiläumsfeier diente.

Diesen Anforderungen werden die Erwägungen des Beklagten nicht gerecht. Seine Darlegungen erschöpfen sich in Mutmaßungen und ins Ungewisse hinein getroffenen Annahmen. Zum Veranlassungszusammenhang zwischen der jeweiligen Zuwendung und einem Leistungsaustausch hat er bislang keine erkennbaren Ermittlungen durchgeführt.

Zur Feststellung des genannten Tatbestandsmerkmals ist für jeden der in Rede stehenden 55 Gäste zu ermitteln, ob ein Vertragsverhältnis mit synallagmatischer Leistungsbeziehung festzustellen ist sowie ob die Einladung zur Jubiläumsfeier einen Bezug zum jeweiligen Leistungsaustausch aufweist, der es rechtfertigt, die Zuwendung als Ergänzung zu diesem anzusehen.

Hierzu wird es erforderlich sein, die Adressen der genannten Gäste festzustellen und die Klägerin sowie gegebenenfalls auch die Gäste zu den maßgeblichen Umständen zu befragen.

Eine allgemein gehaltene Nachfrage bei der Klägerin, wie sie der Beklagte erwägt, ist nicht ausreichend. Der Beklagte kann hier auch keine Beweiserleichterungen in Anspruch nehmen. Zum einen handelt sich nicht um Erkenntnisse, die allein dem Informationsbereich der Klägerin entstammen. Zum anderen hat die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Die Erwägungen des Beklagten zur Umkehr der Feststellungslast gehen ebenfalls fehl. Träfe es zu, dass die Feststellungslast immer dann zum Steuerpflichtigen wechselt, wenn zwar steuererhöhende Besteuerungsgrundlagen im Streit stehen, jedoch der Steuerpflichtige die Minderung eines streitigen Ansatzes begehrt, dann könnte in derartigen Streitfällen nicht mehr zu Lasten der Finanzbehörden entschieden werden. Der Streitgegenstand besteht hier immer in einem Minderungsbegehren des Steuerpflichtigen. In der Konsequenz der Beklagtenüberlegungen würde auch in den Fällen streitiger steuermindernder Besteuerungsgrundlagen die Feststellungslast stets zur Finanzbehörde wechseln, da diese dort ihrerseits stets um eine Minderung des bisherigen Ansatzes streitet. Auf der Grundlage der Argumentation des Beklagten würde es mithin zu einer Umkehr der allgemein anerkannten Regeln der Feststellungslast kommen. Dem ist nicht zuzustimmen. 

Auch zur Steuerpflicht sind Ermittlungen erforderlich.

§ 37b EStG stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl und erfasst daher nur solche Zuwendungen, die bei den Empfängern der Zuwendungen zu einkommensteuerbaren und grundsätzlich auch einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Entsprechend dem Gegenstand und Umfang der Einkommensbesteuerung sind mit § 37b EStG nur Zuwendungen erfasst, die durch Nutzung einer einkommensteuerrechtlichen Erwerbsgrundlage als Einkünfte im Rahmen einer der Einkunftsarten erzielt werden. Deshalb steht § 37b EStG auch nicht in Konkurrenz zu Tatbeständen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, das nach seinem Belastungsgrund gerade nicht auf die Nutzung einer Erwerbsgrundlage, sondern (nur) auf die durch Erbanfall oder Schenkung eingetretene Bereicherung und die daraus resultierende Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erwerbers zielt (vgl. zum Ganzen: Urteil des BFH vom 12. Dezember 2013, VI R 47/12, BStBl. II 2015, 490 m. w. N.).

Für jeden der Gäste der klägerischen Jubiläumsfeier ist mithin ein Einkommensteuertatbestand festzustellen, unter den die Teilnahme an der Jubiläumsfeier subsumiert werden kann. Hier können auch Nachfragen bei den Gästen der Jubiläumsfeier erforderlich werden.

Insgesamt sind die notwendigen Ermittlungen nach Art und Umfang erheblich.

Die Kassation nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich.

Für die Auslegung des Begriffs der Sachdienlichkeit ist der Zweck der Vorschrift von Bedeutung. Die zum 1. Januar 1993 in die FGO eingefügte Regelung soll der Entlastung der Finanzgerichte und des BFH dienen und eine Beschleunigung des finanzgerichtlichen Verfahrens bewirken. Der Entlastung der Gerichte und der Verfahrensbeschleunigung dient eine Entscheidung nach § 100 Abs. 3 FGO aber insbesondere dann nicht, wenn die Behörde gegenüber dem Gericht nur eingeschränkte Möglichkeiten zur abschließenden Ermittlung des Sachverhalts hat oder zu erwarten ist, dass die Ermittlungen nicht zu einer Beilegung des Streits zwischen den Beteiligten führen, so dass eine erneute Anrufung des Gerichts befürchtet werden muss. Dementsprechend hat der BFH eine Entscheidung nach § 100 Abs. 3 FGO nicht für sachdienlich gehalten, wenn im Rahmen der Ermittlung Zeugenbeweis erhoben werden müsste (zum Ganzen: Beschluss des BFH vom 30. Juli 2004, IV B 143-144/02, BFH/NV 2005, 359 m. w. N.). Grundsätzlich ist eine Aufhebung der behördlichen Entscheidungen durch das Gericht ohne Sachentscheidung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten nicht sachdienlich, weil den Beteiligten eine abschließende Sachentscheidung versagt wird. Allerdings kann die Sachdienlichkeit zu bejahen sein, wenn die vom Gericht nach seiner materiellen Rechtsauffassung für erheblich und erforderlich gehaltenen Ermittlungen von der Finanzbehörde nach ihrer sachlichen und personellen Ausstattung besser durchgeführt werden können als vom Gericht. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO der Prozessökonomie dient, somit die nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO der Finanzbehörde auferlegte Sachverhaltsermittlung nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens führen soll (zum Ganzen: Urteil des BFH vom 25. Juli 2000, VIII R 32/99, BFH/NV 2001, 178 m. w. N.). Belange des Finanzamts können aber auch dann einer Aufhebung entgegenstehen, wenn das Finanzamt den - nach beider Ansicht - streitigen Sachverhalt aus seiner Sicht vollständig und umfassend aufgeklärt hat. Gemäß § 100 Abs.3 Satz 1 FGO ist demgegenüber zu verfahren, wenn das Finanzamt unter (objektiver) Verletzung der behördlichen Amtsermittlungspflicht (§ 88 AO) den Sachverhalt nicht oder nur unzureichend aufgeklärt hat (zum Ganzen: Urteil des BFH vom 17. Januar 1996, XI R 62/95, BFH/NV 1996, 527 m. w. N.).

Das Gericht hält es nach Abwägung der für und gegen die Aufhebung nach § 100 Abs. 3 FGO sprechenden Umstände für ermessensgerecht, die Kassation auszusprechen.

Durch das Vorgehen nach § 100 Abs. 3 FGO tritt keine größere Verzögerung ein, als sie durch Fortführung des Gerichtsverfahrens einträte. Ohne Kassation nach § 100 Abs. 3 FGO müssten die nachzuholenden Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen des Klageverfahrens gegenüber dem Beklagten angeordnet werden. Unbeschadet seiner Verpflichtung, gemäß § 76 FGO den Sachverhalt selbst zu erforschen, kann das Gericht erhebliche Ermittlungen unter den sonstigen Voraussetzungen des § 100 Abs. 3 FGO durch die Finanzbehörde vornehmen lassen  (Urteil des BFH vom 22. April 1997, IX R 74/95, BStBl. II 1997, 541 m. w. N.). Dies wäre allerdings mit einem höheren Kostenrisiko für die Klägerin verbunden. Während sie durch die Kassation als obsiegende Beteiligte von den Verfahrenskosten freigestellt ist, könnte sie bei Fortführung des Rechtsstreits aufgrund der nachzuholenden Ermittlungen durch den Beklagten im Ergebnis teilweise unterliegen. Bei Aufhebung und Rückverlagerung der Sache in das Verwaltungsverfahren entfallen auch weitere Gerichtsgebühren. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Streit im Verwaltungsverfahren abschließend beigelegt werden kann. Die Anforderungen an die Besteuerung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung in der dargelegten Weise geklärt und die nachzuholen-den Ermittlungen sind geeignet, Klarheit über ihr Vorliegen herbeizuführen. Der Beklagte ist an die Grundsätze im Urteil des BFH vom 12. Dezember 2013 gebunden, da dieses amtlich veröffentlicht wurde. Durch die vorliegende Entscheidung hat die Klägerin letztlich auch die von ihr erstrebte Würdigung des Finanzgerichts zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erhalten, insbesondere zu den Anforderungen an das Merkmal „zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung“. Das Gericht musste die Anforderungen an die Tatbestandsmerkmale des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für die Aufhebung nach § 100 Abs. 3 FGO prüfen, um die Erforderlichkeit von Ermittlungen und ihre etwaige Erheblichkeit feststellen zu können. Durch die Würdigung des Gerichts, die den Beklagten neben der höchstrichterlichen Rechtsprechung bindet, dürfte hinreichender Rechts-frieden eintreten. Für die Subsumption der nachzuermittelnden Umstände unter die dargelegten Rechtsgrundsätze erscheint eine richterliche Entscheidung nicht mehr zwingend erforderlich. Und schließlich ist die Klägerin durch die Kassation auch von der Vollstreckung der streitigen Steuerforderung freigestellt.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, die bisher unterlassenen Ermittlungen nachzuholen. Eine etwaige Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin, die der Beklagte anklingen lässt, steht der Aufhebung nicht entgegen, da der Beklagte die maßgeblichen Mitwirkungshandlungen der Klägerin gar nicht eingefordert hat. Insofern kann etwa auch nicht davon ausgegangen werden, dass die weitere Aufklärung durch den Beklagten an fehlender Mitwirkung der Klägerin scheitern wird. Zwar trifft den Beklagten die Kostenlast der Kassation. Das Gericht hält es jedoch für gerechtfertigt, diese dem Beklagten zuzumuten, da der Beklagte seine Ermittlungspflichten in erheblichem Maße verletzt hat. Obwohl er hierzu während des Vorverfahrens (und auch noch während des Klageverfahrens) hinreichend Zeit und Gelegenheit hatte, ist der Beklagte untätig geblieben. Die Aufhebung zur Nachholung der Ermittlungen bedeutet für ihn auch keine zusätzliche Last, da der Beklagte die erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen nach Maßgabe von § 76 Abs. 4 FGO i. V. m. §§ 88, 89 der Abgabenordnung (AO) in einem fortgesetzten Gerichtsverfahren ohnehin hätte durchführen müssen. Das Gericht hätte hier – wie bereits dargelegt - nur eine entsprechende Aufforderung an den Beklagten aussprechen können, denn der Beklagte verfügt über die weitaus besseren Aufklärungsmöglichkeiten. Die Adressenermittlung der Gäste kann in zweckmäßiger Weise durch Einsicht in die Unterlagen der Klägerin vor Ort – insbesondere in das Schriftmaterial zur Einladung für die Jubiläumsfeier - erfolgen. Aus der Gestaltung der Aufstellung der Gästeliste, die die Prüferin erkennbar selbst angefertigt und nicht lediglich kopiert hat, lässt sich ersehen, dass entsprechende Unterlagen vorhanden sein müssen. Auch die Inhalte der  Geschäftsbeziehungen lassen sich zweckmäßiger und auch fundierter durch eine vor Ort durchgeführte Einsichtnahme in die Vertragsdokumente der Klägerin ermitteln. Die Aufklärung durch den Beklagten ist hier im Hinblick auf die ihm zur Verfügung stehenden Prüfdienste deutlich geeigneter und sachdienlicher als etwaige Eigenbemühungen des Gerichts. Eine Befassung des Gerichts mit der Sachverhaltsaufklärung erscheint auch nicht deshalb zwingend geboten, weil feststünde, dass Zeugenvernehmungen zu erfolgen hätten. Hierfür bestehen nach derzeitigem Sachstand keine Anhaltspunkte. Auch etwaige Anfragen an die Gäste der Jubiläumsfeier, die nach Sichtung der klägerischen Unterlagen vor Ort ergänzend erforderlich erscheinen könnten, sind auf schriftlichem Wege ausführbar. Zu bedenken ist außerdem, dass es letztlich nicht ausgeschlossen gewesen wäre, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, wegen der weitreichenden Verletzung der Ermittlungspflicht und der unsubstantiierten, auf Mutmaßungen und Annahmen beschränkten Ausführungen des Beklagten zum Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch ohne weitere Aufklärung zu Lasten der Beklagten zu entscheiden (vgl. hierzu Urteil des BFH vom 12. Dezember 2013, VI R 47/12, BStBl. II 2015, 490 unter II. 3. c zur Einschränkung der richterlichen Sachaufklärungspflicht bei vergleichbarer Situation). Durch die Rückgabe in das Verwaltungsverfahren gewinnt der Beklagte dem gegenüber die Gestaltungsbefugnis über den Verfahrensablauf zurück. Er erhält so hinreichend Spielraum und Gelegenheit, in eigener Verantwortung die von ihm angestrebte Verständigung über den Sachverhalt zu versuchen.

Für die weitere Sachbehandlung durch den Beklagten ergeht der ergänzende Hinweis, dass es nicht zutreffend wäre, wenn der Beklagte entsprechend der Darlegung seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung ohne Feststellung eines jeweils konkreten Veranlassungszusammenhangs Zuwendungen an all diejenigen Gäste besteuert, zu denen innerhalb des letzten Jahres vor der Jubiläumsfeier Vertragsbeziehungen der Klägerin bestanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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