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Steuerrecht
02.06.2010
Steuerrecht
: //Standpunkt "Unterschiedliche Unternehmensbegriffe sind untragbar“

Seit dem EuGH-Urteil vom 12.2.2009 – C 515/ 07, VNLTO, setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass das deutsche UStG zwei unterschiedliche Unternehmensbegriffe enthält. § 15 Abs. 1 UStG macht den Vorsteuerabzug von der Erfüllung des engen Unternehmensbegriffs abhängig, der nur die unternehmerische (= wirtschaftliche), d. h. steuerbare (= in den Anwendungsbereich der MwSt. fallende) Tätigkeit des Unternehmers (= Steuerpflichtigen) umfasst. Dagegen knüpft die Verwendungsbesteuerung des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG an den weiten unionsrechtlichen Unternehmensbegriff des ihr zugrunde liegenden Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL an. Dieser umfasst neben den wirtschaftlichen auch die nicht wirtschaftlichen Aktivitäten, d. h. die – nach unionsrechtlicher Terminologie – nicht in den Anwendungsbereich der MwSt. fallenden bzw. – nach deutscher Terminologie – nicht steuerbaren Tätigkeiten eines Steuerpflichtigen, z. B. die bloße Kapitalanlage in Wertpapieren. Den weiten Unternehmensbegriff übernimmt der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 in den geplanten neuen Vorsteuerausschlusstatbestand des § 15 Abs. 1b UStG, der die Verwendungsbesteuerung des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG für gemischt genutzte Grundstücke ablösen soll. Dadurch würde aus dieser Vorschrift zusätzlich zu dem bisher in der deutschen Vorsteuerregelung enthaltenen engen auch der weite Unternehmensbegriff in den § 15 UStG gelangen. Dieses Zusammentreffen von zwei unterschiedlichen Unternehmensbegriffen in einer einzigen Vorschrift wäre insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit untragbar. Das verwirrende Nebeneinander kann und sollte der Gesetzgeber leicht dadurch vermeiden, dass er den engen Unternehmensbegriff aus § 15 UStG eliminiert und für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht mehr den Bezug „für sein Unternehmen“, sondern in Anlehnung an die Terminologie des EuGH (z. B. im Urteil vom 11.12.2007 – C 437/06, Securenta, BB 2008, 762) „für seine wirtschaftliche Tätigkeit“ verlangt.

Prof. Dr. W. Christian Lohse, VRiFG i.R., München

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