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Steuerrecht
14.06.2018
Steuerrecht
EuGH: Leistung einer Anzahlung für den Erwerb eines Gegenstands, dessen Lieferung ausbleibt

Der EuGH hat mit Urteil vom 31.5.2018 – verb. Rs. C-660/16 und C-661/16, Kollroß/Wirtl - entschieden:

1. Die Art. 65 und 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren das Recht auf Vorsteuerabzug hinsichtlich der Leistung einer Anzahlung dem potenziellen Erwerber der betreffenden Gegenstände nicht versagt werden darf, wenn diese Anzahlung geleistet und vereinnahmt wurde und zum Zeitpunkt dieser Leistung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Erwerber bekannt angesehen werden konnten und die Lieferung dieser Gegenstände daher sicher erschien. Dem Erwerber darf ein solches Recht jedoch versagt werden, wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass er zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.

2. Die Art. 185 und 186 der Richtlinie 2006/112 sind dahin auszulegen, dass sie unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegenstehen, nach denen die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich einer für die Lieferung eines Gegenstands geleisteten Anzahlung voraussetzt, dass diese Anzahlung vom Lieferer zurückgezahlt wird.

--> Der EuGH erkannte für die Ausgangsverfahren auch keine Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch den Anzahlenden. In der Rechtssache Firin war der EuGH von einer Berichtigungsverpflichtung bei „unsicherer Lieferung“ ausgegangen. Anders als in der Rechtssache Firin hatten die Unternehmer jedoch in den Ausgangsverfahren nicht mit den vermeintlich leistenden Unternehmern kollusiv zusammengewirkt und den Zahlungsempfängern so eine Steuerhinterziehung ermöglicht. Daher bleibe es bei dem Grundsatz, dass eine Vorsteuerberichtigung nur zu erfolgen habe, wenn der Zahlungsempfänger zuvor den Steuerbetrag an den Anzahlenden zurückerstattet habe. Denn anderenfalls sei das FA nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Reemtsma (EuGH, 15.3.2007 – C-35/05) verpflichtet, dem Anzahlenden den Berichtigungsbetrag wieder zurückzuzahlen. Vor diesem Hintergrund mache eine Vorsteuerberichtigung keinen Sinn.

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