FG Köln: Keine Steuerpause bei der Erbschaftsteuer
Das FG Köln hat mit Urteil vom 8.11.2018 – 7 K 3022/17 - wie folgt entschieden:
1. Die im ErbStAnpG 2016 angeordnete Rückwirkung ist umfassend zulässig.
2. Eine AusnahmevomGrundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon zum Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten; Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste, oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden.
3. Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern, wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.
4. Das ErbStAnpG 2016 befand sich bereits seit den Regierungsentwürfen vom 14.8.2015 und 7.9.2015 (BR-Drs. 353/15, 18/5923) im Gesetzgebungsverfahren; selbst wenn man davon ausgeht, dass sich nach den Verlautbarungen des Bundesverfassungsgerichts und den gleichlautenden Ländererlassen vom 21.6. 2016 (S 1902 – 82 – V A 6, BStBl. I 2016, 646) zumindest ein Vertrauen auf die Fortgeltung des bisherigen Rechts habe bilden können, so ist dieses Vertrauen durch den Bundestagsbeschluss vom24.6.2016 (wieder) zerstört worden.
5. Der Gesetzgeber hat versucht, die Anforderungen des BVerfG durch höchst komplexe Regelungen gespickt mit Missbrauchsvermeidungsvorschriften zu erfüllen; daher wird in verfassungsrechtlicher Hinsicht auch die Frage gestellt, ob die erbschaftsteuerliche Behandlung des Unternehmensvermögens nach neuem Recht unkalkulierbar und deshalb wegen Normenunbestimmtheit und -unklarheit verfassungswidrig sei.
6. Diese Frage vermag der Senat zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls mit der Sicherheit zu bejahen,
die es für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bedürfte.
(Leitsätze der Redaktion)
Volltext unter BBL2019-406-1
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Das FG hat die Revision zugelassen.