BMF: G20-Durchbruch zur Mindestbesteuerung
Am 8. und 9.6.2019 warb Bundesfinanzminister Olaf Scholz beim G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure im japanischen Fukuoka für die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen (s. schon BB 2019, 1429). Das BMF hat dazu nunmehr Details bekanntgegeben: International tätige Unternehmen, insbesondere der Digitalwirtschaft, müssen fair besteuert werden. Im nächsten Jahr soll eine globale Mindestbesteuerung beschlossen werden.
Mit der globalen Mindestbesteuerung wird dagegen angegangen, dass einige grenzüberschreitend tätige Konzerne Steuerzahlungen mit komplexen internationalen Firmengeflechten umgehen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung erleichtern solche Praktiken. Manche Staaten unterstützen diese auch aktiv. Solche Unternehmen beteiligen sich nicht an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben, von denen sie selbst profitieren. Außerdem wird der Wettbewerb zulasten steuerehrlicher Unternehmen verzerrt. Daher ist nun ein international abgestimmtes Handeln der Staaten nötig. Sie treten dem schädlichen Verhalten global agierender Unternehmen vieler Branchen (u. a. Versandhändler, Suchmaschinenanbieter, Kaffeehausketten oder Möbelgiganten) kraftvoll und entschlossen entgegen.
Das Grundprinzip einer globalen Mindestbesteuerung ist einfach: Alle Staaten einigen sich auf einen weltweiten Mindestsatz der Besteuerung. Dabei wird keinem Staat vorgeschrieben, wie hoch er seine Unternehmen besteuern soll. Aber die Staaten mit einem höheren Steuersatz können auf sehr niedrige Steuersätze in anderen Staaten reagieren: Sie haben dann das Recht, Gewinne eines Unternehmens, die in ihrem Land erwirtschaftet werden, mit der Differenz zum vereinbarten Mindeststeuersatz zu besteuern. Das schafft mehr Steuergerechtigkeit auf internationaler Ebene. Zwei beispielhafte Konstellationen:
Beispiel 1: Ein inländischer Konzern hat eine Tochtergesellschaft in einem Karibikstaat. Die Besteuerung der Gewinne dieser Tochtergesellschaft liegt dort um sechs Prozentpunkte unter dem vereinbarten weltweiten Mindeststeuersatz.
Beispiel 2: Ein ausländischer Konzern hat ein Tochterunternehmen in Erlangen. Dieses Tochterunternehmen reduziert seine Steuerzahlungen in Deutschland erheblich, indem es einen Großteil seines eigentlich steuerpflichtigen Gewinns als Lizenzgebühr an ein anderes Tochterunternehmen des Mutterkonzerns in einen Staat verschiebt, der Lizenzgebühren besonders niedrig besteuert.
Nach deutschem Modell der Mindestbesteuerung kann der deutsche Fiskus künftig angemessen auf diese typischen, praxisrelevanten Fälle der Steuerminimierung reagieren: Er kann den verschobenen Gewinn mit den fehlenden sechs Prozentpunkten nachversteuern (Beispiel 1) und den Betriebsausgabenanzug für die Lizenzzahlungen versagen (Beispiel 2).
Bis Anfang 2020 wollen sich die Staaten auf die Hauptelemente für die Ausgestaltung der effektiven Mindestbesteuerung verständigen.
Der Zeitplan ist ambitioniert, aber machbar. Die G20 haben bereits bei ihrer Initiative gegen Gewinnverschiebung und Gewinnverkürzung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) gezeigt, dass mit starker politischer Rückdeckung und internationalem Druck große Lösungen möglich sind, so unterschiedlich die Interessen sonst auch sein mögen. Und mit dem eindeutigen Mandat der 20 größten Wirtschaftsnationen lassen sich auch kleinere Einzelstaaten, die derzeit noch von unfairem Steuerwettbewerb profitieren, von der Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens überzeugen.
Die Initiative für eine effektive globale Mindestbesteuerung fügt sich in verschiedene andere Regelungen ein, mit denen auf nationaler, internationaler und europäischer Ebene in der Vergangenheit bereits einiges erreicht wurde: So haben die G20 neue internationale Regeln vereinbart, die es Konzernen erschweren, unterschiedliche Steuerrechte auszunutzen. Zusätzlich wurde ein Informationsaustausch über die Steuerzahlungen von Konzernen etabliert. Einige weitere wichtige Vorhaben werden in Kürze auf den Weg gebracht: In der EU haben Deutschland und Frankreich bereits ein gemeinsames Konzept für die einheitliche Bemessung der Körperschaftsteuer erarbeitet, sodass auch in Europa endlich gleiche fairere Bedingungen bei der Besteuerung von Unternehmen herrschen. Und ebenfalls gemeinsam mit Paris ist es gelungen, bei der lange blockierten Finanztransaktionssteuer deutlich voranzukommen. In Deutschland gelten außerdem seit diesem Jahr striktere Regelungen gegen den Umsatzsteuerbetrug beim Onlinehandel. Und noch dieses Jahr wird beschlossen, dass Steuersparmodelle bei den Behörden angezeigt werden müssen, damit der Staat schneller darauf reagieren und effektiv gegen ungewollte Praktiken vorgehen kann.
Diese Dynamik soll auch für die deutsche EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 genutzt werden: So soll die jetzt auf OECD- und G20-Ebene erzielte Einigung schnellstmöglich auch ein verbindlicher Standard innerhalb der EU werden. Ziel ist es, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im zweiten Halbjahr 2020 auf eine europäische Umsetzung einigen.
(Quelle: PM BMF vom 13.6.2019 )