FG Köln: Fremdübliche Konzessionsabgaben sind keine verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) bei öffentlichen Versorgungsbetrieben
Das FG Köln hat mit Urteil vom 9.8.2018 – 13 K 1200/15 - entschieden:
1. Eine vGA i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat; im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn sie ihm i. S. d. § 11 EStG zufließt.
2. Unter einer vGA i.S. d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und für die Gewerbesteuer mit § 7 GewStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.
3. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt.
4. Das Fehlen klarer, eindeutiger, wirksamer und im Voraus geschlossener Vereinbarungen ist nicht unwiderlegbares Merkmal einer vGA, sondern nur ein für eine vGA sprechendes Beweisanzeichen.
5. Das Fehlen von Nebenabreden geht nicht zwangsläufig mit der Annahme einer vGA und damit einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Zuwendung einher, vielmehr bedarf es in einem solchen Fall der Gesamtwürdigung der Abrede und ihrer tatsächlichen Handhabung; auch können die Vorschriften des BGB ergänzend heranzuziehen sein.
6. Diese Grundsätze gelten auch für Zahlungen einer Konzessionsabgabe (vgl. § 14 Abs. 1 EnWG vom 24.4.1998, BGBl. I 1998, 730; § 48 Abs. 1 des EnWG vom 7.7.2005, BGBl. I 2005, 1970), wenn deren Empfänger (Gemeinde) an dem leistenden Versorgungsbetrieb unmittelbar beteiligt ist. Der Versorgungsbetrieb darf seiner Trägerkörperschaft durch die Konzessionszahlungen keine Vermögensvorteile zuwenden, die er unter sonst gleichen Umständen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
7. Dabei können bei der Bestimmung eines Preises, den das Versorgungsunternehmen an einen unbeteiligten Dritten zu zahlen hätte, preisrechtliche Regelungen zur Höhe der Konzessionsabgaben zu berücksichtigen sein.
8. Gleichermaßen ist im Rahmen des so genannten doppelten Fremdvergleichs zu berücksichtigen, welche Konzessionsabgaben die Gesellschafterin, hier also die Stadt …, von anderen, ihr nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen, Leistungserbringern verlangt und erhalten hätte – ebenso bei der Prüfung, welche Konzessionsabgaben die Stadt … von anderen Leistungserbringern verlangt und erhalten hätte.
9. Zudem bleibt zu bedenken, dass § 4 Abs. 2 KAV bei Versorgungsgebieten, die mehrere Gemeinden umfassen, bei Unterschreitung der nach § 2 KAV zulässigen Höchstbeträge der Konzessionsabgaben für einzelne Gemeinden vorschreibt, dass dann die Entgelte für die Kunden entsprechend herabzusetzen seien; geringere Konzessionsabgaben wirken sich daher – vorbehaltlich einer dadurch bewirkten Umsatzsteigerung – nicht auf den Gewinn aus, weil die Vorteile an die Kunden weitergegeben werden müssen.
10. Verwaltungsanweisungen, die i. d. R. nur die Auffassung der Finanzverwaltung vom Inhalt eines Gesetzes wiedergeben und ggf. Hinweise für eine streitfreie Gestaltung steuerlicher Verhältnisse enthalten, sind nur dann und insoweit zu berücksichtigen, wie und soweit das ihnen zu Grunde liegende Verständnis vom Inhalt des Gesetzes zu überzeugen vermag oder – wenn sie präjudizielle Sachverhaltsbewertungen enthalten – sich in ihnen Erfahrungen niederschlagen, deren Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt des Betriebsvergleichs geboten erscheint. Unabhängig davon können begünstigende Regelungen ggf. im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung zu berücksichtigen sein.
11. Während das BMF-Schreiben in Tz. A. III. 1. bis 2.1 noch weitgehend zwischen den unterschiedlichen Regelungen für Konzessionszahlungen im Bereich Wasser (KAE) und dem Bereich Strom und Gas (KAV) differenziert, stellt es faktisch ab Tz. 2.2 auf die Regelungen der KAE ab.
Da die KAV, anders als die (nur) für die Wassersparte weiterhin anwendbare KAE keine auf das einzelne Zahlungsjahr bezogene Mindestgewinnregelung wie in § 5 Abs. 1 KAE vorgesehen, ist grundsätzlich im Wege des Fremdvergleichs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob eine vGA vorliegt.
(Leitsätze der Redaktion)
→ Das FG hat die Revision zugelassen.