EU-Kommission: Einfhrung einer Finanztransaktionssteuer – Neuer Entwurf von EU-Kommission vorgelegt
Im Institutionengefüge der EU war die Kommission am Zug, einen – nach dem ursprünglichen EU-27-Richtlinienvorschlag vom September 2011 – erneuten Richtlinienvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Weg der verstärkten Zusammenarbeit vorzulegen. Dieser Schritt ist durch Beschluss des Kollegiums der Kommissare am 13.2.2013 erfolgt.
Der Anwendungsbereich des erneuten Richtlinienvorschlags ist – wie bereits der erste Entwurf der Kommission – sehrweit gefasst, umeine möglichst breiteBemessungsgrundlage zu gewährleisten. Es sollen grds. alle Transaktionen mit Finanzinstrumenten erfasst werden. Dazu gehören insbesondere Wertpapiere, Anleihen, Anteile, Derivate und strukturierte Finanzprodukte. Besteuert werden Transaktionen zwischen Finanzinstituten.
Auch der Begriff der Finanzinstitute und damit der Stpfl. ist im Richtlinienentwurf der Kommission sehr weit gefasst. Erfasst werden insbesondere Investmentfirmen, Kreditinstitute, Versicherer, Rückversicherer, Pensionsfonds, Holdings, Leasingunternehmen, Zweckgesellschaften. Hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit wurde im neuen Entwurf eine Änderung vorgenommen. Während ein Unternehmen – auch im rein industriellen Bereich – bisher als Finanzinstitut galt, wenn seine Tätigkeit in Bezug auf Finanztransaktionen einen „wesentlichen“ Teil der Gesamttätigkeit ausmachte, wird der Begriff der Wesentlichkeit nun dahingehend präzisiert, dass der durchschnittliche Wert der Finanztransaktionen mehr als 50 % des gesamten Netto-Jahresumsatzes nach Art. 28 4. EG-RL ausmachen muss. Gem. Art. 28 4. EG-RL zhlen zu den Nettoumsatzerlösen die Erlöse aus dem Verkauf von für die normale Geschäftstätigkeit der Gesellschaft typischen Erzeugnissen und der Erbringung von für die Tätigkeit der Gesellschaft typischen Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen, der MwSt und anderer unmittelbar auf den Umsatz bezogener Steuern.
Alltägliche, eher verbraucherbezogene Transaktionen, sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen (z. B. Versicherungsverträge, Hypothekarkredite, Verbraucherkredite oder Zahlungsdienstleistungen). Die Kapitalbeschaffung von Unternehmen oder die Schuldenaufnahme durch die öffentliche Hand durch die Ausgabe von Anleihen bzw. Anteilen auf dem Primärmarkt wird nach dem Kommissionsvorschlag nicht besteuert. Ausgenommen sind auch Geschäfte mit der Zentralbank. Unerheblich ist, ob die Transaktionen an organisierten Märkten oder im Freiverkehr („over-the-counter“) durchgeführtwerden.
Der vorgelegte Entwurf basiert auf dem Prinzip der Ansässigkeit. Demnach wird die Steuer auf Finanztransaktionen erhoben, wenn mindestens eine Transaktionspartei in einem der teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig ist. Jedes Finanzinstitut, das Partei einer Transaktion ist, im Namen einer Transaktionspartei handelt oder für dessen Rechnung eine Transaktion durchgeführt wird, muss die Finanztransaktionssteuer entrichten. Erhoben wird die Transaktionssteuer in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet das beteiligte Finanzinstitut ansässig ist. Eine Finanztransaktion, bei der ein in einem teilnehmenden Mitgliedstaat ansässiges Finanzinstitut beteiligt ist, wird auch dann besteuert, wenn die Transaktion außerhalb der EU durchgeführt wird. Damit möchte die Kommission die Gefahr von Standortverlagerungen verringern.
Um Steuervermeidungsstrategien soweit wie möglich auszuschließen, wird das Ansässigkeitsprinzip – anders als im ursprünglichen EU-27-Richtlinienvorschlag vom September 2011 – um das sog. Ausgabeprinzip ergänzt. So wird die Steuer auch dann erhoben, wenn von den beteiligten Finanzinstituten keines in einem an der Finanztransaktionssteuer teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig ist, das transaktionsgegenständliche Finanzinstrument aber in einem der teilnehmenden Mitgliedstaaten ausgegeben wurde. Demnach würden – wie bei der bereits in Kraft getretenen französischen Finanztransaktionssteuer – Transaktionen von Finanzinstituten mit deutschen Aktien der Finanztransaktionssteuer auch dann unterliegen, wenn die Transaktion im Ausland erfolgt und beide Transaktionsparteien ihren Sitz im Ausland haben.
Hinsichtlich der Ausgestaltung des Steuersatzes schlägt die Kommission einen Mindeststeuersatz von 0,01 % für Derivate vor und einen Satz von 0,1 % für alle sonstigen Transaktionen. Da es sich umMindeststeuersätze handelt, können Mitgliedstaaten auch höhere Sätze anwenden.Wegen des reduzierten Kreises der teilnehmenden Mitgliedstaaten hat die Kommission das zu erwartende Steueraufkommen angepasst. Sie rechnet nun, unter Zugrundelegung der Mindeststeuersätze, mit einem jährlichen Aufkommen von insgesamt 34 Mrd. Euro in den teilnehmenden elf Mitgliedstaaten. Noch ungeklärt ist, ob das Aufkommen aus der Finanztransaktionssteuer in den EU-Haushalt einfließt. Dies wird nicht im Rahmen der Richtlinie festgelegt werden, sondern im mehrjährigen Finanzrahmen 2014–2020 (Eigenmittelsystem), dessen Verhandlungen erst begonnen haben.
Die Annahme des vorgelegten Richtlinienentwurfs soll rasch erfolgen, denn die Kommission geht von einer Anwendung der Finanztransaktionssteuer in den Mitgliedstaaten bereits ab dem 1.1.2014 aus. Demzufolge müsste der Richtlinienentwurf nicht nur rasch angenommen, sondern auch ebenso rasch in nationales Recht umgesetzt werden. Bereits die Annahme durch den Ministerrat erscheint nicht innerhalb weniger Monate möglich, da dem Vernehmen nach über wesentliche Punkte noch kein Konsens besteht, sodass in den noch zu gründenden Ratsarbeitsgruppen erheblicher Diskussionsbedarf bestehen dürfte. Aber auch bei einer raschen Annahme durch den Rat, kann z. B. in Deutschland wegen der Bundestagswahlen im Herbst eine Umsetzung in nationales Recht nicht bis zum Jahresende erfolgen. Schließlich benötigen die Finanzinstitute eine erhebliche Vorlaufzeit, um ihre EDV-Systeme auf die neue Steuer umstellen zu können. Eine Anwendung der Finanztransaktionssteuer erscheint daher frühestens zum 1.1.2015 denkbar.
(Quelle: PM EU-Kommission vom 13.2.2013)