BMF: Änderung der Bemessungsgrundlage wegen vorübergehender Uneinbringlichkeit aufgrund eines Sicherungseinbehaltes
Mit Urteil vom 24. Oktober 2013, V R 31/12, BStBl 2015 II S. xxx, hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer grundsätzlich im Umfang eines Sicherungseinbehaltes zur Minderung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berechtigt sein kann.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:
I. Allgemeines
Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 24. Oktober 2013 (a. a. O.) ist ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung nach § 17 UStG wegen Uneinbringlichkeit berechtigt, soweit er seinen Entgeltanspruch aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann.
Entgeltforderungen, die auf sog. Sicherungseinbehalte für Baumängel beruhen, sind daher grundsätzlich uneinbringlich, da der Unternehmer die insoweit bestehenden Entgeltansprüche ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich und tatsächlich nicht durchsetzen kann (Abschn. 17.1 Abs. 5 Satz 2 UStAE). Soweit der Unternehmer jedoch eine vollständige Entgeltzahlung bereits mit Leistungserbringung für die Fälle beanspruchen kann, in denen er die Gewährleistungsansprüche seiner Leistungsempfänger durch Bankbürgschaft gesichert hat oder ihm eine derartige Bürgschaftsgestellung möglich war, liegt hingegen keine Uneinbringlichkeit vor (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013, a. a. O.). Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für eine Minderung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit nachzuweisen. Aus den Nachweisen muss sich leicht und einwandfrei ergeben, dass für jeden abgeschlossenen Vertrag konkrete, im Einzelnen vom Unternehmer begehrte Gewährleistungsbürgschaften beantragt und abgelehnt wurden.
Soweit der Unternehmer unter den zuvor genannten Voraussetzungen die Entgeltansprüche zulässig als uneinbringlich behandelt, hat der Leistungsempfänger die Vorsteuer aus den jeweiligen Leistungsbezügen entsprechend zu berichtigen. Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, dem Leistungsempfänger die Behandlung seiner Ansprüche mitzuteilen. Das Finanzamt des Unternehmers ist jedoch berechtigt, das Finanzamt des Leistungsempfängers auf die Behandlung der offenen Entgeltansprüche als uneinbringlich hinzuweisen (Abschn. 17.1 Abs. 5 Sätze 9 und 10 UStAE).
Soweit in früheren Verwaltungsanweisungen - insbesondere dem BMF-Schreiben vom 12. Oktober 2009 (a. a. O., Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft - USt M 2 -) von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde, wird hieran nicht mehr festgehalten.
II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Juli 2015 - III C 2 - S-7243 / 07 / 10002-03 (2015/0594610), BStBl I S. xxxx, geändert worden ist, wird in Abschnitt 17.1 Abs. 5 wie folgt geändert:
1. Nach Satz 2 wird folgender neuer Satz 3 eingefügt:
"3Daher berechtigen vertragliche Einbehalte zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen der Leistungsempfänger (z. B. sog. Sicherungseinbehalte für Baumängel) zur Steuerberichtigung, soweit dem Unternehmer nachweislich die Absicherung dieser Gewährleistungsansprüche durch Gestellung von Bankbürgschaften im Einzelfall nicht möglich war und er dadurch das Entgelt insoweit für einen Zeitraum von über zwei bis fünf Jahren noch nicht vereinnahmen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. 10. 2013, V R 31/12, BStBl 2015 II S. xxx)."
2. Die bisherigen Sätze 3 bis 13 werden neue Sätze 4 bis 14.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.