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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
02.05.2024
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Übertragung eines Investitionsabzugsbetrags in Einbringungsfällen

FG Köln, Urteil vom 30.11.2023 – 7 K 522/22, Rev. eingelegt (Az. BFH X R 7/24)

ECLI:DE:FGK:2023:1130.7K522.22.00

Nicht Amtlicher Leitsatz

Die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft erlaubt keine Übertragung eines im Einzelunternehmen gebildeten Investitionsabzugsbetrags auf die Kapitalgesellschaft, weil die Einbringung einer entgeltlichen Betriebsübertragung auf einen anderen Rechtsträger entspricht.

EStG § 4 Abs. 1, § 7g; UmwStG § 20, § 23

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob in den Streitjahren 2016 und 2017 ein Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) rückgängig zu machen ist.

Der Kläger ist selbständiger Unternehmensberater und betrieb in den Streitjahren ein Einzelunternehmen zunächst in K und seit März 2017 in T. Hieraus erklärte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb und wurde zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandvergleich. Sein Betriebsvermögen überstieg in den Streitjahren ... € nicht.

Zum ...2016 wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. ... IN ... des Amtsgerichts T) und mit der Eröffnung der Geschäftsbetrieb vom Insolvenzverwalter freigegeben. Das Insolvenzverfahren wurde am ...2020 durch Beschluss gemäß § 200 Insolvenzordnung aufgehoben.

Mit Datum vom 27.02.2018 übermittelte der Kläger dem Beklagten seine Einkommensteuerklärung für 2016, mit der er einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von ... € geltend machte. Mit der am 09.05.2018 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2017 beantragte er einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von ... €.

Daraufhin setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2016 mit Bescheid vom 11.04.2018 und mit Bescheid vom 10.04.2018 den Gewerbesteuermessbetrag 2016 erklärungsgemäß unter Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags fest. Mit Datum vom 25.06.2018 setzte der Beklagte sodann die Einkommensteuer 2017 ebenfalls erklärungsgemäß fest, wobei der Einkommensteuerbescheid für 2017 nur insolvenzfreies Vermögen des Klägers betraf. Zudem erließ er mit Datum vom 25.06.2018 einen Gewerbesteuermessbescheid für 2017 und einen Bescheid über die Gewerbesteuerzerlegung aufgrund der im März 2017 erfolgten Betriebsverlegung von K nach T.

Mit notariellem Vertrag vom ...2018 vor dem Notar N in T (UR-Nr. 1...) gründete der Kläger die R GmbH, deren wesentlicher Zweck ebenfalls auf dem Gebiet der Unternehmensberatung liegt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der Kläger. Mit weiterem notariellen Vertrag vom ...2019 vor dem Notar N in T (UR-Nr. 2...) brachte der Kläger sein Einzelunternehmen rückwirkend zum ...2018 gemäß § 20 des Umwandlungssteuergesetzes in der Fassung vom 02.06.2021 - UmwStG 2006 - in die R GmbH ein und stellte den Antrag nach § 20 Abs. 5 UmwStG 2006 beim Beklagten.

Bis zum Einbringungszeitpunkt waren ... € der im Einzelunternehmen berücksichtigten Investitionsabzugsbeträge hinzugerechnet worden.

Nach dem Einbringungszeitpunkt tätigte die R GmbH in den Jahren 2018 bis 2021 die unten aufgeführten Investitionen (s. Bl. 117, 180ff. d. elektronischen Gerichtsakte), für die die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 EStG und die 40 %ige Kürzung der Anschaffungskosten vorgenommen wurde. Die R GmbH nahm zudem – neben der regulären Absetzung für Abnutzung - die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG in Anspruch (s. Kontennachweise Bl. 119ff. d. elektronischen Gerichtsakte):

 

Investitionen

Datum

Kürzung AK

Kürzung AK

Audi

10.08.2018

... €

 

Apple ipod pro 10,5 Zoll

13.07.2018

... €

 

Teppich

16.03.2019

 

... €

Teppich

06.04.2019

 

... €

Teppich

06.04.2019

 

... €

Teppich

14.11.2019

 

... €

MacBook Pro 2019 16 Zoll

05.06.2020

 

... €

Sony DSC RX 100 Kamera

30.10.2020

 

... €

DJI 174445 Mavic, Akku

30.10.2020

 

... €

BMW  (gebraucht)

30.01.2020

 

... €

Cube Access

24.04.2020

 

... €

Spezialized Levo

24.04.2020

 

... €

Samsung 1 TB

16.10.2020

 

... €

Cirrus SR 20

19.02.2021

 

... €

rückgängig zu machen

 

... €

0,00 €

 

Mit Schreiben vom 08.03.2021 erläuterte der Beklagte gegenüber dem Kläger, dass er beabsichtige, die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2016 und 2017 nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG zu ändern. Dies begründete er damit, dass die geplanten Investitionen, für welche die beiden Investitionsabzugsbeträge gebildet wurden, wegen der Einbringung des Einzelunternehmens in die R GmbH nicht mehr im Einzelunternehmen durch den Kläger realisierbar seien. Hierzu verwies der Beklagte auf das BMF-Schreiben vom 20.03.2017, BStBl I 2017, Seite 423, dort Rz. 33. Daher beabsichtige er, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in 2016 um  € und in 2017 um  € zu erhöhen.

Der Kläger vertrat daraufhin die Auffassung, dass die im o.g. BMF-Schreiben dargelegte Auslegung nicht der gesetzlichen Intention, der herrschenden Meinung sowie der Rechtsprechung entspreche und ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei. Laut BFH-Urteil vom 19.03.2014 (Az. X R 46/11, BFHE 245, 36, BStBl II 2017, 291 unter II.3.a. [BB 2014, 1712 m. BB-Komm. Abele]) handele es sich bei der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nicht um eine personen-, sondern um eine betriebsbezogene Voraussetzung. Aufgrund der Einbringung zum Buchwert (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006) werde der Betrieb vom Erwerber unverändert fortgeführt, sodass keine „Neugründung“ anzunehmen sei. Nach dem BFH-Urteil vom 19.05.2010 (Az. I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072) zur „alten“ Ansparabschreibung habe diese Bindungswirkung auch für gebildete Ansparabschreibungen gegolten. Dies müsse nach dem Sinn und Zweck auch für den Investitionsabzugsbetrag gelten, da der Mechanismus sich nicht grundlegend geändert habe. Die Bildung in der Steuerbilanz habe sich lediglich in einen außerbilanziellen Abzugsposten umgewandelt. Die Bindung an den Betrieb bleibe damit aber erhalten, da auch die Bildung sowie die Auflösung der Investitionsabzugsbeträge zusammen mit den übrigen Besteuerungsgrundlagen des Betriebs zu erklären seien. Auch der BFH-Beschluss vom 14.04.2015 (Az. GrS 2/12, BStBl II 2015, 1007 [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]) sei nicht anwendbar, da dieser lediglich Ansparabschreibungen betreffe, welche zu einem Zeitpunkt gebildet worden seien, zu dem schon festgestanden habe, dass eine Buchwerteinbringung erfolge. Die Einkommensteuererklärungen nebst Gewinnermittlungen für das Einzelunternehmen des Klägers seien aber bereits vor Gründung der R GmbH beim Beklagten eingereicht worden.

Daraufhin änderte der Beklagte nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG mit Datum vom 16.06.2021 entsprechend seiner Rechtsauffassung die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 und führte ergänzend aus, dass es sich bei der Buchwerteinbringung gegen neue Anteile um einen tauschähnlichen Vorgang handele, der einen Rechtsträgerwechsel zur Folge habe und verwies hierzu auf den BFH-Beschluss vom 14.04.2015 (Az. GrS 2/12, BStBl II 2015, 1007 unter C.III.2. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]). Der Stellungnahme des Klägers könne somit nicht zugestimmt werden, da der eingebrachte Betrieb nicht unverändert fortgeführt worden sei. Die geplanten Investitionen könnten nicht mehr realisiert werden, da die aufnehmende Kapitalgesellschaft kein Gesamtrechtsnachfolger des einbringenden Steuerpflichtigen sei. Die einbringungsbedingte Rechtsnachfolge erschöpfe sich auf das übernommene Betriebsvermögen, weshalb geförderter und investierender Steuerpflichtiger identisch sein müssten. Eine Erweiterung des § 7g EStG über seinen Wortlaut hinaus sei nicht geboten.

Zudem erließ der Beklagte mit Datum vom 07.06.2021 nach § 35b Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2016 und 2017 sowie für 2017 einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO - geänderten Bescheid über die Gewerbesteuerzerlegung.

Der Kläger legte gegen sämtliche Änderungsbescheide ordnungsgemäß Einsprüche ein. Im Einspruchsverfahren wiederholte der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Er führte zudem an, dass die R GmbH gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 in die Rechtsstellung des übertragenden Einzelunternehmers eingetreten sei. In § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 sei sogar explizit die Übernahme der Rechtsstellung in Bezug auf „den steuerlichen Gewinn mindernde“ Rücklagen normiert. Daraus ergebe sich, dass der Investitionsabzugsbetrag zwingend durch die R GmbH zu übernehmen gewesen sei. Bei der Einbringung gegen Anteile unter dem gemeinen Wert, bei der gemäß § 23 Abs. 1 UmwStG 2006 die § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 1. Halbsatz UmwStG 2006 entsprechend gelten, sei nicht die Rede von einer Beschränkung auf das bilanzierte Betriebsvermögen. Rz. 23.06 des Umwandlungssteuererlasses werde hier sogar deutlicher, wonach steuerfreie Rücklagen bei Buchwertansatz von der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt werden können. Die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. sei eine solche Rücklage gewesen. Auch der BFH stelle in seinem Beschluss vom 14.04.2015 (Az. GrS 2/12, BStBl II 2015, 1007 unter C.III.3.a. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]) fest, dass eine rechtmäßig gebildete Ansparrücklage fortgeführt werden könne. § 7g EStG sei lediglich eine demselben Zweck dienende Nachfolgevorschrift, sodass nicht erkennbar sei, dass bezüglich eines zulässigerweise gebildeten Investitionsabzugsbetrags eine abweichende Behandlung für den Fall der Einbringung erfolgen müsse. Diese Auffassung werde auch in der Literatur vertreten (so etwa: Schmidt/Kulosa, EStG, 40. Auflage, § 7g Rn. 29). Im Ergebnis sei die Entscheidung über die Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags vom Investitionsverhalten des übernehmenden Unternehmers und nicht von der Tatsache der Einbringung als solcher abhängig.

Schließlich teilte der Kläger mit, dass ein verbleibender nicht für Investitionen der R GmbH genutzter Investitionsabzugsbetrag von ... € tatsächlich im Jahr 2016 rückgängig zu machen sei und schränkte insoweit seine Einsprüche, das Jahr 2016 betreffend, ein.

Mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 14.02.2022 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen aus, dass es offenbleiben könne, ob im Zeitpunkt der Bildung des Investitionsabzugsbetrags die spätere Einbringung zu Buchwerten bereits bekannt gewesen sei. Das steuerrechtliche Ergebnis sei im vorliegenden Fall identisch. Wenn eine Einbringung feststehe, dürfe nach dem BFH-Beschluss vom 14.04.2015 (Az. GrS 2/12, BStBl II 2015, 1007 [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]) kein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden. Aus dem Sinn und Zweck dieses Beschlusses folge, dass bereits gebildete Investitionsabzugsbeträge rückgängig zu machen seien, da die geplanten Investitionen im eingebrachten Einzelunternehmen nicht mehr realisierbar seien. Zudem stelle der Investitionsabzugsbetrag keinen Vermögensgegenstand dar. § 20 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 UmwStG 2006 beziehe sich auf das Betriebsvermögen und das Eintreten in die steuerliche Rechtsstellung und sei somit objektbezogen. Persönliche Merkmale würden hingegen nicht fortgeführt, sodass die investierende Person nicht gleich der Person sei, die den Investitionsabzugsbetrag gebildet habe. Da in § 7g EStG keine innerbilanzielle Rücklage mehr vorgesehen sei, könne der letzte Satz des BFH-Beschlusses vom 14.04.2015 (Az. GrS 2/12, BStBl II 2015, 1007 unter C.III.3.a. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]) eben nicht übertragen werden. Vielmehr sei der mangels Gesamtrechtsnachfolge nicht mehr zu erreichende Förderungszweck maßgeblich.

Am 16.03.2022 hat der Kläger, vertreten durch die A Partnerschaft mbB, einer aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Rechtsanwälten und vereidigten Buchprüfern bestehenden Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (Berufsausübungsgesellschaft), diese vertreten durch Herrn D zunächst per Fax (später noch per Brief) Klage erhoben.

Ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren führt der Kläger weiter an, dass der Zweck des § 7g Abs. 1 bis Abs. 4 EStG die Vorverlagerung von Abschreibungspotential in ein Wirtschaftsjahr vor der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts sei. Dadurch solle die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Betriebe verbessert, deren Liquidität und Eigenkapitalausstattung unterstützt und die Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.2014 X R 4/13 BFHE 247, 570, BStBl II 2016, 38 [BB 2015, 432 m. BB-Komm. Winkels]). Entscheidend für die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags sei das Vorhandensein eines sog. Finanzierungszusammenhangs in Bezug auf die zu tätigende Investition; das heiße, dass die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags tatsächlich der Vorfinanzierung der später getätigten Investition dienen müsse. Die hierfür erforderliche unveränderte Fortführung des bisherigen Betriebes liege insbesondere dann vor, wenn ein Einzelunternehmer seinen Betrieb in eine Kapitalgesellschaft einbringe, dessen alleiniger Anteilseigner er sei. Hinsichtlich § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 1. Halbsatz UmwStG 2006, wonach die Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden eintritt, sei dem Beklagten zwar zuzustimmen, dass diese Regelung betriebs- bzw. objektbezogen und nicht personenbezogen sei. Aber dies entspreche gerade der betriebsbezogenen und nicht personenbezogenen Betrachtung, auf die im Hinblick auf § 7g EStG abzustellen sei. Der Eintritt der Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden gelte grundsätzlich für alle Gewinnermittlungsvorschriften; die Rechtsnachfolge in die Position des Übertragenden sei eine umfassende (so BFH vom 28.07.2010 I R 89/09, DStR 2010, 2182 unter II.2.b. und c. zu § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 [BB 2010, 2951 m. BB-Komm. Jürging]). In dem Urteil vom 28.7.2010 (Az. I R 89/09, BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528 [BB 2010, 2951 m. BB-Komm. Jürging]) habe der BFH ausgeführt, dass die Durchbrechung des steuerlichen Subjektprinzips miteinbezogen sei, indem das Umwandlungssteuerrecht für seinen Regelungsbereich eine letztlich vorbehaltlose Rechtsnachfolge in die Position des Rechtsvorgängers gewähre. Aus dieser im Steuerrecht angeordneten „Durchbrechung des steuerlichen Subjektprinzips“ lasse sich – übertragen auf den vorliegend zu entscheidenden Fall – zwanglos folgern, dass es für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages genügen müsse, wenn die objektive Möglichkeit zur Investition zunächst beim Einbringenden und anschließend bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft bestehe.

Der für die Inanspruchnahme der Vergünstigung des § 7g Abs. 3 EStG erforderliche Finanzierungszusammenhang zwischen der Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrages und der Investition werde angesichts der letztlich vorbehaltlosen Rechtsnachfolge nicht dadurch unterbrochen, dass zwischenzeitlich eine Einbringung zu Buchwerten vollzogen werde. Der „Finanzierungszusammenhang“ sei als objektives Tatbestandsmerkmal des § 7g Abs. 3 EStG anzusehen, das von dem umfassenden Eintritt der aufnehmenden Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden miterfasst werde. Da der Betrieb des Klägers in der aufnehmenden GmbH „unverändert fortgeführt“ werde und der Vorschrift des § 7g EStG eine betriebsbezogene Betrachtung zugrunde liege, könne dem zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsträgerwechsel keine entscheidende Bedeutung bei der Frage zukommen, ob die Voraussetzungen des § 7g EStG erfüllt seien. Andernfalls würde eine personenbezogene Betrachtung vorgenommen, die das Gesetz zwar bei Rücklagen i.S.d. § 6b EStG anordne, die aber nicht dem Modell des § 7g EStG entspreche, und die zudem bei Buchwerteinbringungen durch § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 (Bekanntmachung vom 15.10.2002; BGBl I 2002, 4133) überspielt werde (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 22.08.2012 X R 21/09, BFHE 238, 153, BStBl II 2014, 447 zu UmwStG 2002).

Eine andere Betrachtung würde auch den Normzwecken sowohl der §§ 20, 23, 12 UmwStG 2006 als auch des § 7g Abs. 3 EStG widersprechen. Zweck der Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes sei es, betriebliche Umstrukturierungen, die die vom Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllen, nicht durch steuerliche Belastungen zu verhindern. Eine solche Behinderung – in Gestalt der Versagung einer ansonsten zu beanspruchenden Steuervergünstigung – träte aber ein, wenn der Einzelunternehmer für Investitionen, die im nämlichen Betrieb, aber erst nach dem Zeitpunkt der Einbringung in die Kapitalgesellschaft vorgenommen werden sollten, keinen Investitionsabzugsbetrag geltend machen könnte. Auch die vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 7g Abs. 3 EStG verfolgten Zwecke – Stärkung der Liquidität, Eigenkapitalausstattung, Innovations- und Investitionskraft kleiner und mittlerer Betriebe – würden zu dem Ergebnis führen, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nicht durch eine Buchwerteinbringung in eine Kapitalgesellschaft verhindert werde. Denn der „Betrieb“ – um dessen Liquidität, Eigenkapitalausstattung, Innovations- und Investitionskraft es dem Gesetzgeber gehe – werde auch nach der Einbringung unverändert fortgeführt. Die Gesetzeszwecke würden auch dann in vollem Umfang erfüllt, wenn die Investition – erst – durch die aufnehmende Kapitalgesellschaft getätigt werde (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 22.08.2012 X R 21/09, BFHE 238, 153, BStBl II 2014, 447 und BFH-Urteil vom 19.05.2010 I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072).

Die bei der R GmbH angeschafften Wirtschaftsgüter würden sämtlich betrieblich genutzt, was zwischen den Beteiligten nach den im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen unstreitig ist (s. Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 30.11.2023). Im Übrigen wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 15.11.2023 nebst Anlagen verwiesen (Bl. 155 ff. d. elektronischen Gerichtsakte).

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2016 vom 16.06.2021 und des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 2016 vom 07.06.2021 sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14.02.2022 den Gewinn aus Gewerbebetrieb um ...€ (= ... € ./. ... €) zu vermindern und

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2017 vom 16.06.2021, des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 2017 vom 07.06.2021 und des Gewerbesteuerzerlegungsbescheids 2017 vom 07.06.2021 sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14.02.2022 den Gewinn aus Gewerbebetrieb um ... € zu vermindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zum Verwaltungsverfahren trägt der Beklagte zur Begründung vor, dass die Kapitalgesellschaft kein Gesamtrechtsnachfolger des Klägers sei. Das Eintreten in die steuerrechtliche Rechtsstellung erstrecke sich lediglich auf das übernommene Betriebsvermögen. Der Investitionsabzugsbetrag stelle jedoch gerade keinen Vermögensgegenstand des Betriebsvermögens dar. Hinsichtlich § 20 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 UmwStG 2006 sei festzustellen, dass das Eintreten in die steuerliche Rechtsstellung objektbezogen sei. Persönliche Merkmale würden nicht fortgeführt. Schließlich werde auch der Förderungszweck mangels Gesamtrechtsnachfolge nicht erreicht. Geförderter Steuerpflichtiger und investierender Steuerpflichtiger müssten identisch sein. Eine Erweiterung des § 7g EStG über seinen Wortlaut hinaus sei nicht geboten (vgl. BMF-Schreiben vom 20.03.2017, BStBl I 2017, Seite 423 dort Rz. 33; aus der Lit.: Rosarius in: EStG - eKommentar, § 7g Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (Fassung vom 01.01.2021), Rn. 83; Reddig in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 308. Lieferung 12.2021, § 7g EStG, Rn. 6; Roland in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Bl. 87 Kommentar, 442. Lieferung 12.2021, § 7g EStG, Rn. 13; weitergehend und auch für Einbringungen nach § 24 UmwStG die Fortführung des Investitionsabzugsbetrags ablehnend: Reddig, FR 2018, 925, 933; Kulosa, HFR 2016, 509).

Aus den Gründen

Zulässigkeit der Klage

A. Die Klage ist zulässig.

I. Die Klage wurde am 16.03.2022 ordnungsgemäß per Fax durch die Prozessbevollmächtigte, eine zu 80 Prozent aus Steuerberatern und im Übrigen aus Rechtsanwälten bestehende Steuerberatungsgesellschaft i.S.d. § 55g des Steuerberatungsgesetzes – StBerG -, vertreten durch Herrn D, erhoben. Eine Pflicht zur Klageerhebung mittels elektronischen Dokuments i.S.d. § 52d der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestand für die Prozessbevollmächtigte bei Klageerhebung nicht (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.2022 IX R 3/22, DStR 2022, 2680 [BB 2023, 544]; s. auch Wackerbeck EFG 2022, 1665).

II. Soweit sich die Klage gegen den Gewerbesteuerzerlegungsbescheid für 2017 richtet, ist auch diese zulässig. Der Gewerbesteuerzerlegungsbescheid ist zwar Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheids 2017 (vgl. BFH-Urteil vom 13.051993 IV R 1/91, BFHE 172, 97, BStBl II 1993, 828 [BB 1994, 54]), der als Grundlagenbescheid ebenfalls mit der hiesigen Klage angefochten wurde. Jedoch können gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO - Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch die Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden. Diese Regelungen führen indes nach gefestigter Rechtsprechung nicht dazu, dass die ausschließlich gegen den Folgebescheid gerichtete Klage, mit der ausschließlich Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid vorgebracht werden, mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056). Zwar kann in dem ausschließlich gegen den Folgebescheid gerichteten Klageverfahren nicht über Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid entschieden werden. Im Rahmen der Begründetheit der Klage gegen den Folgebescheid ist aber zu prüfen, ob überhaupt, und wenn ja, in welchem Umfang eine Bindungswirkung für den Folgebescheid an den Grundlagenbescheid eingetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056).

Unbegründetheit der Klage

B. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Investitionsabzugsbeträge wurden zu Recht rückgängig gemacht

I. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 2016 und 2017 und der Gewerbesteuerzerlegungsbescheid für 2017 sowie die jeweils dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14.02.2022 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte die Investitionsabzugsbeträge in den Streitjahren gemäß § 7g Abs. 3 Sätze 1 EStG rückgängig gemacht.

Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen, wenn sie nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres hinzugerechnet wurden

1. Gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG sind in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge i.S.d. § 7g Abs. 1 EStG – im Jahr der Bildung - rückgängig zu machen, wenn sie nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechnet wurden. Die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG setzt voraus, dass im Wirtschaftsjahr ein begünstigtes Wirtschaftsgut i.S.d. § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG angeschafft oder hergestellt wurde.

Voraussetzungen für eine Hinzurechnung lagen nicht vor

2. Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung lagen nicht vor. Der Kläger hat nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres ein begünstigtes Wirtschaftsgut angeschafft, § 7g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG. Die Anschaffungen der im Tatbestand aufgeführten begünstigten Wirtschaftsgüter im Zeitraum 2. Halbjahr 2018 bis 2021 wurden nicht in seinem Einzelunternehmen, für das er in den Streitjahren 2016 und 2017 die Investitionsabzugsbeträge im Rahmen seiner steuerlichen Gewinnermittlung ursprünglich rechtmäßig gebildet hatte, vorgenommen. Vielmehr hat die R GmbH sämtliche Wirtschaftsgüter angeschafft und ausschließlich betrieblich genutzt. Letzteres ist zwischen den Beteiligten unstreitig (s. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2023).

Weitere Entwicklung war im Zeitpunkt der Geltendmachung der Investitionsabzugsbeträge noch nicht erkennbar

a. Ursprünglich hatte der Kläger in den Streitjahren 2016 und 2017 die Investitionsabzugsbeträge gemäß § 7g Abs. 1 EStG zu Recht in seinem Einzelunternehmen gebildet und dadurch seinen Gewinn entsprechend gemindert. Es lagen sämtliche Voraussetzungen des § 7g Abs. 1 EStG vor. Auch stand im Zeitpunkt der Geltendmachung der Investitionsabzugsbeträge beim Finanzamt noch nicht fest, dass der Betrieb des Klägers zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird (vgl. hierzu: Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259 im Anschluss an BFH-Beschluss vom 14.04.2015 GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007 zu § 7g EStG a.F. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]). Bei Einreichung der Einkommensteuererklärungen 2016 am 27.02.2018 und 2017 am 09.05.2018 beim Beklagten war nach den Feststellungen des Senats auch noch nicht erkennbar, dass das Einzelunternehmen des Klägers innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums des § 7g Abs. 2 EStG in die R GmbH eingebracht werden soll. Weder war die R GmbH gegründet noch hat der Kläger Tatsachen vorgetragen, die auf eine feststehende Planung zur Einbringung des Einzelunternehmens schließen lassen.

Übernehmende Gesellschaft tritt bei Investituonsrücklagen nicht in die Rechtsstellung des Einbringenden ein

b. Erst nachdem der Kläger die R GmbH am ...2018 gegründet und sein Einzelunternehmen rückwirkend zum ...2018 in diese gemäß § 20 UmwStG zu Buchwerten eingebracht hatte, stand fest, dass er keine Investitionen mehr im Rahmen seines Einzelunternehmens tätigen konnte. Ebenso wie bereits die Bildung eines Investitionsbetrags ausscheidet, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung beim Finanzamt feststand, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden soll (vgl. hierzu: Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259 im Anschluss an BFH-Beschluss vom 14.04.2015 GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007 zu § 7g EStG a.F. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]), so ist ein zunächst rechtmäßig gebildeter Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen, wenn bei einer (rückwirkenden) Einbringung des Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft die Investitionen letztlich erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft erfolgen (s. auch: Reddig in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 322. Lieferung 11/2023, § 7g EStG Rn. 6). Die Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG stellt einen tauschähnlichen Vorgang, also einen Spezialfall der Betriebsveräußerung dar. Durch die Einbringung ändert sich - ebenso wie bei einer Veräußerung - der Rechtsträger des Betriebs infolge eines entgeltlichen Vorgangs (Sacheinlage). An dieser Einordnung als veräußerungsähnlichen Vorgang ändert sich auch nichts dadurch, dass die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens ansetzt (vgl. BFH-Beschluss vom 14.04.2015 GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007 [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz] und Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259; zustimmend: Förster BFH/PR 2016, 2; Schuster, jurisPR-SteuerR 50/2015 Anm. 2; Schimmele EStB 2015, 391; Schimmele GmbH-StB 2016, 4; s. auch Reddig FR 2018, 925; Reddig in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 322. Lieferung 11/2023, § 7g EStG Rn. 6; Bugge in Kirchhof/Söhn, EStG, 340. Lieferung 11/2023, § 7g, B14; Roland in Bordewin/Brandt, EStG, 458. Lieferung 1/2024, § 7g, Rn. 13). Damit ist mit der (rückwirkenden) Einbringung zum 30.06.2018 sämtliches Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers auf die R GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen worden.

Die Anschaffungen der begünstigten Wirtschaftsgüter durch die R GmbH im Zeitraum 2. Halbjahr 2018 bis 2021 reichen nicht aus, um die Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG für eine Hinzurechnung zu erfüllen. Dies gilt auch für die Anschaffungen des Audi am 10.08.2018 und des Apple ipod am 13.07.2018. Diese Anschaffungen erfolgten zwar jeweils zu einem Zeitpunkt, als die R GmbH noch gar nicht gegründet worden war. Insoweit ist aber entscheidend, dass sie nach dem ...2018, dem rückwirkend festgelegten steuerlichen Übertragungsstichtag (Einbringungszeitpunkt, § 20 Abs. 6 UmwStG 2006), erfolgten. § 7g EStG begünstigt die Anschaffung bzw. Herstellung der Wirtschaftsgüter, die in einer inländischen Betriebsstätte des den Investitionsabzugsbetrag bildenden Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden. Auch wenn die Neufassung des § 7g EStG keine Investitionsabsicht mehr fordert, so fordert sie nach dem Wortlaut jedenfalls eine Investition im selben Betrieb, was aufgrund des mit der Betriebseinbringung nach § 20 UmwStG 2006 verbundenen Rechtsträgerwechsels nicht mehr erreicht werden kann (vgl. Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259 unter I.2.b. m.w.N.). Zwar ist die R GmbH als übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung zum ...2018 gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 1. Halbsatz UmwStG 2006 in die steuerliche Rechtsstellung des Einzelunternehmens des Klägers eingetreten, jedoch führt die steuerliche Rechtsnachfolge weder dazu, dass die übernehmende Gesellschaft in die Steuerschuldverhältnisse eintritt noch folgt sie dem Einbringenden als Steuerpflichtiger rechtlich nach (vgl. BFH-Beschluss vom 14.04.2015, GrS 2/12, BStBl II, 1007 unter C.III.3.a. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]; Burch in: Bordewin/Brandt, EStG, Kommentar, 455. Lieferung, 8/2023, Rn. 100). Die Regelungen begründen gerade keine Gesamtrechtsnachfolge und damit auch keine „Vereinigung“ der Leistungsfähigkeit des Einbringenden mit der aufnehmenden Kapitalgesellschaft (vgl. BFH-Beschluss vom 14.04.2015, GrS 2/12, BStBl II, 1007 unter C.III.3.a. m.w.N. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]).

Die übernehmende Gesellschaft tritt in die Rechtsstellung des Einbringenden lediglich im Hinblick auf das übernommene Betriebsvermögen und damit nur hinsichtlich objekt-bezogener Besteuerungsmerkmale ein, die den eingebrachten Wirtschaftsgütern anhaften (vgl. BFH-Beschluss vom 14.04.2015, GrS 2/12, BStBl II, 1007 C.III.3. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz], BT-Drucks. 14/2070, 24; BT-Drucks. 16/2710, 50). So erhält die übernehmende Gesellschaft nicht nur das Eigentum an den eingebrachten Wirtschaftsgütern, sondern auch deren Besteuerungsmerkmale, die mit dem Einbringenden verbunden waren oder durch diesen begründet wurden. Dies umfasst etwa Bewertungsgrundsätze, Herstellereigenschaft, Anschaffungs- und Herstellungszeitpunkt, Höhe der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten, Inanspruchnahme von steuerlichen Wahlrechten, Billigkeitsregelungen oder die Zugehörigkeit zum Anlage- oder Umlaufvermögen (vgl. Burch in: Bordewin/Brandt, EStG, Kommentar, 455. Lieferung, 8/2023, Rn. 100f.).

Aufgrund der steuerlichen Rechtsnachfolge tritt die übernehmende Gesellschaft auch hinsichtlich der sog. steuerfreien Rücklagen (z.B. § 6b EStG) in die Rechtsstellung des Einbringenden ein. Jedoch ist der Investitionsabzugsbetrag gerade keine steuerfreie Rücklage, da er bilanziell keinen Sonderposten mit Rücklagenanteil, sondern lediglich einen außerbilanziellen Abzugsposten zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns darstellt. Weitere formelle bzw. verfahrensrechtliche Auswirkungen auf die übernehmende Gesellschaft haben § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 UmwStG nicht.

Kein Widerspruch zur BFH- Rechtsprechung zur Fortführung des Investitionsabzugsbetrags nach einer unentgeltlichen Betriebsübertragung

c. Schließlich erkennt der Senat in seiner Entscheidung keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Fortführung des Investitionsabzugsbetrags nach einer unentgeltlichen Betriebsübertragung (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 10.03.2016 IV R 14/12, BFHE 253, 536, BStBl II 2016, 763). Ein Investitionsabzugsbetrag kann in diesem Fall auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige bei Fortführung des Betriebs die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investition nach Übertragung des Betriebs fristgemäß von seinem Rechtsnachfolger zur Nutzung in dem übertragenen Betrieb vorgenommen werden würde. Die bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils durch § 6 Abs. 3 EStG bewirkte Buchwertfortführung dient – anders als bei der Einbringung gemäß § 20 UmwStG 2006 - der ertragsteuerlich unbelasteten Vermögensübertragung zur Sicherung der Liquidität der nach dem Rechtsträgerwechsel fortgeführten betrieblichen Einheit und damit typischerweise der Erleichterung der Generationennachfolge (vgl. BFH-Urteil vom 10.03.2016 IV R 14/12, BFHE 253, 536, BStBl II 2016, 763 II.2.b.bb.; Reddig in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 322. Lieferung 11/2023, § 7g EStG Rn. 5). Es entspricht sowohl dem Förderzweck des § 7g EStG als auch dem Zweck der Buchwertverknüpfung bei unentgeltlicher Betriebsübertragung, einen Investitionsabzugsbetrag auch dann zu gewähren, wenn die beabsichtigte Investition erst von dem Betriebsübernehmer durchgeführt werden kann. Denn der Zweck des Investitionsabzugsbetrags, die Liquidität des Betriebs im Hinblick auf zukünftige Investitionen zu erhalten, wird bei der unentgeltlichen Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG regelmäßig erreicht. Der Rechtsvorgänger wird die durch die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags gewonnene Liquidität weiterhin in Gestalt geringerer Entnahmen zur Finanzierung der Einkommensteuer im Betrieb belassen. Der Liquiditätsvorteil kommt daher regelmäßig dem Betriebsübernehmer, der die Investition tätigen soll, zu Gute. Dabei durchbricht die Norm ausnahmsweise den Grundsatz der Individualbesteuerung, indem sie die Übertragung der bei dem Rechtsvorgänger gebildeten stillen Reserven auf den Rechtsnachfolger anordnet (vgl. BFH-Urteil vom 06.05.2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261 II.2.a. [BB 2010, 2040 m. BB-Komm. Koch]; s. auch Schuster, jurisPR-SteuerR 50/2015 Anm. 2). Allerdings ist die hier ausnahmsweise angeordnete Buchwertfortführung durch eine andere Person an die Fortführung des Betriebs gebunden, in dessen Wirtschaftsgütern die stillen Reserven ruhen (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608 unter D.III.6.a cc [BB 2008, 1038 m. BB-Komm. Schulte/Knief]).

Der entscheidende Unterschied zu der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft liegt in der fehlenden Überlassung des Liquiditätsvorteils, da bei der Einbringung nicht unterstellt werden kann, dass der ursprüngliche Betriebsinhaber den Förderbetrag der Kapitalgesellschaft zur Verfügung stellt (vgl. BFH-Beschluss vom 14.04.2015 GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007 unter C.III.3.b. [BB 2015, 2799 m. BB-Komm. Scholz]; ebenso Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259 unter I.2.b.). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Kapitalgesellschaft um eine sog. Ein-Mann-GmbH in der Person des bisherigen Betriebsinhabers handelt oder um eine anderweitige Kapitalgesellschaft, an der der bisherige Betriebsinhaber nur anteilig, neben weiteren Gesellschaftern beteiligt ist. Denn nach der Einbringung werden die Investitionsentscheidungen nicht mehr durch den ursprünglichen Betriebsinhaber und Steuerpflichtigen getroffen, sondern durch die Organe des neuen Rechtsträgers. Der bisherige Betriebsinhaber wird nur Gesellschafter des neuen Rechtsträgers (vgl. Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 01.06.2023 1 K 98/23, DStRK 2023, 259 unter I.2.b.). An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der bisherige Betriebsinhaber (zunächst) auch der einzige Geschäftsführer der übernehmenden Kapitalgesellschaft ist.

Darüber hinaus handelt es sich bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils durch § 6 Abs. 3 EStG gerade nicht um einem veräußerungs- bzw. tauschähnlichen Vorgang. Bei der Betriebsveräußerung scheidet die Übertragung eines Investitionsabzugsbetrags hingegen aus (vgl. zu § 7g EStG a.F.: BFH-Urteil vom 28.11.2007, X R 43/06, BFH/NV 2008, 554).

Änderung der Einkommensteuerbescheide

3. Die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 waren nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG zu ändern. Danach ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Gewinn, für den ein Investitionsabzugsbetrag nach Satz 1 der Vorschrift rückgängig zu machen ist, bereits einer Steuerfestsetzung zu Grunde gelegt wurde. Diese Voraussetzungen für die Änderung der ursprünglichen Bescheide lagen vor. Die Gewinne für 2016 und 2017, für die jeweils der Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht wird, wurden bereits den ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen 2016 und 2017 zu Grunde gelegt.

Änderung der Gewebesteuermessbescheide

4. Die Befugnis zur Änderung der Gewerbesteuermessbescheide 2016 und 2017 folgt aus § 35b Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG -. Danach ist ein Gewerbesteuermessbescheid zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid geändert wird und die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb betrifft. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.05.2010 X R 49/08, BFH/NV 2010, 2225 unter 3). Der Beklagte hat zu Recht die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 geändert und die Investitionsabzugsbeträge rückgängig gemacht, so dass § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG eingreift.

Änderung des Gewerbesteuerzerlegungsbescheids

5. Der Gewerbesteuerzerlegungsbescheid konnte nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werden. Denn die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 2017 führt dazu, dass auch der Zerlegungsbescheid als Folgebescheid zu ändern ist.

Das Verfahren wegen des Gewerbesteuerzerlegungsbescheids war auch nicht nach pflichtgemäßen Ermessen gemäß § 74 FGO auszusetzen, da der erkennende Senat in demselben Verfahren zugleich über das vorgreifliche Rechtsverhältnis, den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2017, entscheidet (vgl. BFH-Beschluss vom 17.08.1995 XI B 123, 125/94, BFH/NV 1986, 219; Urteil des Finanzgerichts Köln vom 04.09.2014 13 K 2837/12, EFG 2015, 247).

Kostenentscheidung

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Zulassung der Revision

D. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

 

 

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