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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
30.04.2025
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Schleswig-Holsteinisches FG: Übertragung einer in der Gesamthandsbilanz einer Personengesellschaft gebildeten Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG durch Mitunternehmer in Ergänzungsbilanzen

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 10.7.2024 – 2 K 14/23

Volltext der Entscheidung: BB-ONLINE BBL2025-1072-1

Amtliche Leitsätze

1. Ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts einer Personengesellschaft in der Gesamthandsbilanz durch Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG neutralisiert worden, so können die Mitunternehmer von ihrem Wahlrecht auf Auflösung oder Übertragung der Rücklage in Ergänzungsbilanzen unterschiedlich Gebrauch machen. Das Wahlrecht wird noch nicht dadurch ausgeübt, dass in einzelnen Konten der Buchführung oder anderen Unterlagen für die Bilanzaufstellung eine Rücklage ausgewiesen wird.

2. Üben die Mitunternehmer das Wahlrecht zur Übertragung der Rücklage auf ein Reinvestitionsobjekt einheitlich in der Gesamthandsbilanz aus, wird ihnen der Gewinn aus der späteren Veräußerung des Reinvestitionsobjekts entsprechend ihrer Beteiligung im Veräußerungszeitpunkt zugerechnet. Einem Mitunternehmer ist (für die Bildung einer weiteren Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG) nur dann ein höherer Veräußerungsgewinn zuzurechnen, wenn für ihn bei der Übertragung der Rücklage entsprechend seiner damaligen höheren Beteiligung Korrekturwerte in einer Ergänzungsbilanz gebildet worden sind.

3. Eine fehlerhaft gebildete Rücklage ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs in der ersten noch offenen Bilanz auflösen, wenn sie in einer Bilanz gebildet wurde, die einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde liegt. Eine Änderung der ursprünglichen Bilanz wird durch die Bestandskraft ausgeschlossen.

EStG § 6b

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für den Beigeladenen (A) gebildeten Rücklage gemäß § 6b EStG aus der Veräußerung eines Grundstücks.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, wurde im Jahre 2005 errichtet. Gründungsgesellschafter waren die B GmbH als Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung sowie als Kommanditisten A zu 95 % und C zu 5 %.

Am 1. Mai 2006 erwarb die Klägerin für (…) € ein Grundstück. Auf dieses hatte sie eine zuvor nach Veräußerung eines Betriebsgrundstücks gebildete Rücklage gemäß § 6b EStG übertragen und dann in ihrer Gesamthandsbilanz unter den Passiva einen entsprechenden Sonderposten mit Rücklagenanteil ausgewiesen.

Mit Verträgen vom 2. Juli 2007 und 1. September 2009 beteiligte sich Herr D atypisch still an der Klägerin mit einer Einlage von insgesamt (…) €. Er nahm am Gewinn und Verlust in Höhe von 50 % teil.

 

A

C

D (atypisch stille Beteiligung)

47,5 %

2,5 %

50 %

 

In den Jahren 2007 bis 2009 wurde für das Gebäude der Sonderposten mit Rücklagenanteil in der Gesamthandbilanz pro rata temporis aufgelöst. Zum 1. Januar 2010 wurde durch Ausübung des Wahlrechts nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz der Sonderposten mit Rücklagenanteil aufgelöst und vollständig in eine Gewinnrücklage in die Gesamthandsbilanz eingestellt.

Mit Vertrag vom 31. Juli 2010 übertrug D 20 % seiner atypisch stillen Beteiligung auf den Beigeladenen.

 

A

C

D (atypisch stille Beteiligung)

67,5 % (davon 20 % als atypische stille Beteiligung).

2,5 %

30 %

 

Mit Verträgen vom 24. Februar 2011 übertrugen D und der Beigeladene ihre atypisch stillen Beteiligungen auf die E GmbH & Co. KG (E GMBH & CO. KG) jeweils mit Wirkung zum 1. Januar 2011. Diese löste die atypisch stille Beteiligung auf und trat als Kommanditistin in die Klägerin mit einer Hafteinlage von (...) € ein. Gleichzeitig erhöhten der Beigeladene und C ihre Kommanditbeteiligung.

 

A

C

E GMBH & CO. KG

47,5 %

2,5 %

50 %

 

Mit Vertrag vom 20. März 2012 erhöhte die E GMBH & CO. KG ihre Kommanditeinlage.

 

A

C

E GMBH & CO. KG

36 %

4 %

60 %

 

Mit notariellem Vertrag vom 24. Mai 2013 veräußerte die Klägerin das Grundstück für (…) € zum 1. Oktober 2013. Der Veräußerungsgewinn nach Abzug des Restbuchwerts und zuzüglich des Sonderpostens betrug (…) €.

Für die Kommanditisten A und C erfasste die Klägerin den ihnen zuzurechnenden anteiligen Veräußerungsgewinn als neue Rücklage nach § 6b EStG in deren Ergänzungsbilanzen zum 31. März 2014 und zwar in Höhe von 47,5 % für den Beigeladenen und in Höhe von 2,5 % für C. Der anteilig auf die E GMBH & CO. KG entfallende Sonderposten mit Rücklagenanteil wurde ohne Neutralisierung durch eine neue Rücklage nach § 6b EStG außerbilanziell gewinnerhöhend erfasst, da die nach § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG geforderte Verbleibensvoraussetzung von sechs Jahren nicht erfüllt war.

Zum 1. Februar 2014 übernahm Herr F die Kommanditbeteiligung der E GMBH & CO. KG. Diese übernahm der Beigeladene im Jahr 2020.

Mit Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin stellte der Beklagte für den Beigeladenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt (…) € fest. Darin waren Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen in Höhe von (…) € enthalten.

Im Jahr 2020 fand eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2015 bis 2018 u.a. betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie die Umsatz- und Gewerbesteuer statt. Mit Bericht über die Außenprüfung stellte die Betriebsprüfung unter Prüfungsfeststellung 3 fest, dass die Rücklage nach § 6b EStG für den Beigeladenen lediglich im Umfang von 36 % – seiner Beteiligung zum Zeitpunkt der Veräußerung – hätte gebildet werden dürfen, weil dieser in dem nach § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG maßgeblichen Zeitraum von sechs Jahren durchgängig maximal in diesem Umfang an der Klägerin beteiligt gewesen sei. Der falsche Bilanzansatz sei in der ersten verfahrensrechtlich noch änderbaren Ergänzungsbilanz zu korrigieren.

Da die Klägerin seit dem 1. April 2012 ein abweichendes Wirtschaftsjahr (1. April bis 31. März) habe und für den Feststellungszeitraum 2014 im Zeitpunkt der Außenprüfung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei, korrigierte die Betriebsprüfung den Ansatz der Ergänzungsbilanz 2015 auf der Grundlage des Veräußerungsgewinns in Höhe von (…) € für den Beigeladenen wie folgt:

 

 

Prozentual vom Veräußerungsgewinn

vor Bp

47,5 %

nach Bp

36 %

Differenz

11,5 %

 

 

Mit Änderungsbescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23. September 2020 erhöhte der Beklagte dementsprechend den Gesamthandsgewinn für den Feststellungszeitraum 2015 um (…) € und rechnete diese Gewinnerhöhung dem Beigeladenen zu. Der Beklagte stellte für den Beigeladenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von insgesamt (…) € fest.

Gegen diesen Feststellungsbescheid erhob die Klägerin am 13. Oktober 2020 Einspruch. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen Folgendes vor: Mit Begründung der atypisch stillen Beteiligung durch Herrn D im Jahr 2007 sei eine weitere Personengesellschaft entstanden. Die Beteiligungsquote der Kommanditisten sei hierdurch unberührt geblieben. Mit Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1. Januar 2010 habe sie – die Klägerin – von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, den bestehenden Posten mit Rücklagenanteil handelsrechtlich aufzulösen und einer Gewinnrücklage zuzuführen. Steuerlich sei der Wertberichtigungsposten in Ergänzungsbilanzen der beiden Kommanditisten, nicht aber des atypisch stillen Gesellschafters, überführt worden. Zum 31. Juli 2010 habe D seine atypisch stille Beteiligung an den Beigeladenen übertragen, der diese zunächst fortgeführt und dann mit Vertrag vom 24. Februar 2011 an die E GMBH & CO. KG übertragen habe, die diese dann aufgelöst habe und als Kommanditistin in die Klägerin eingetreten sei. Zwar sei der Beigeladene im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks lediglich zu 36 % an der Personengesellschaft beteiligt gewesen. Der ihm zuzurechnende Veräußerungsgewinn sei jedoch in voller Höhe rücklagenfähig. Zu beachten sei, dass der auf die Beteiligten entfallende Veräußerungsgewinn separat zu ermitteln sei. Zum Zeitpunkt der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil zum 31. Dezember 2010 und der parallelen Zuführung zur Gewinnrücklage in der Handelsbilanz sei die Auflösung des Wertberichtigungspostens „§ 6b-Rücklage“ lediglich steuerbilanziell geführt worden, ohne dass Ergänzungsbilanzen aufgestellt worden seien. Gleichwohl seien die Korrektur der handelsbilanziellen Abschreibung auf das Grundstück und die Auflösung des Sonderpostens gemäß § 6b EStG korrespondierend und den Beteiligungsverhältnissen entsprechend, nämlich für den Beigeladenen in Höhe von 47,5 % und für C in Höhe von 2,5 %, vorgenommen worden, sodass auch die Bildung der neuen Rücklage gemäß § 6b EStG in entsprechender Höhe zulässig sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Gesellschafter die quotale Rücklage nach § 6b EStG bilden können, weil dies eine personenbezogene Steuervergünstigung begründe. Daraus folge, dass nur der Gesellschafter die Steuervergünstigung beanspruchen könne, der die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfülle. Bei der Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft komme es für die Berechnung der Sechsjahresfrist nach § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG darauf an, ob der einzelne Gesellschafter für den auf ihn entfallenden Bruchteil an dem veräußerten Wirtschaftsgut die Sechsjahresfrist erfülle. Nur hinsichtlich der seit dem 1. April 2012 bestehenden Beteiligung von 36 % sei das Grundstück durchgängig für mindestens sechs Jahre dem Betriebsvermögen des Beigeladenen zugehörig gewesen. In Bezug auf den Differenzteil von 11,5 % sei die Sechsjahresfrist demgegenüber nicht erfüllt.

Hiergegen hat die Klägerin am 9. August 2021 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor: Durch die Veräußerung des Grundstücks sei im Wirtschaftsjahr 2013/2014 ein Veräußerungsergebnis vom (…) € erzielt worden. Dieses Veräußerungsergebnis sei in der Gesamthand im Verhältnis der Beteiligung der Gesellschafter auf diese verteilt worden.

Die in der Ergänzungsbilanz bestehenden negativen Korrekturwerte zum Grundstück zum 30. September 2013 in Höhe von (…) € hätten sich auf den Beigeladenen, C und die E GMBH & CO. KG verteilt.  In Höhe der zusammengefassten Ergebnisanteile für den Beigeladenen und C seien die Rücklagen nach § 6b EStG gebildet worden.

In der Person des Beigeladenen und C seien die Voraussetzungen für eine Rücklage nach § 6b EStG erfüllt, so dass beide Gesellschafter berechtigt seien, eine Rücklage in Höhe des bei ihnen entstandenen Veräußerungsgewinns zu bilden. Der Veräußerungsgewinn des einzelnen Gesellschafters ergebe sich dabei aus der Differenz des ihm anteilig zuzurechnenden Veräußerungserlöses und dem ihm anteilig zuzurechnenden Buchwert des veräußerten Wirtschaftsgutes. Bei den beiden Gesellschaftern setze sich der ihnen zuzurechnende Buchwert aus dem anteiligen Buchwert in der Gesamthandsbilanz der Klägerin und dem ihnen jeweils einzelnen zuzurechnenden Buchwert in den für sie geführten Ergänzungsbilanzen zusammen. Der Beklagte gehe bei der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses vom gesamten Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks aus und verteile diesen quotal entsprechend der Gesellschafterverhältnisse auf die beteiligten Gesellschafter. Hierbei bleibe unberücksichtigt, dass die Buchwerte sich auf anteilige Buchwerte in der Gesamthandsbilanz und einzelne zuzurechnende Buchwerte in den Ergänzungsbilanzen der jeweiligen Gesellschafter verteilten.

Hieraus ergebe sich für den Beigeladenen ein begünstigungsfähiger Veräußerungsgewinn in Höhe von (…) € und für C in Höhe von (…) €.

Der Abzug der nach § 6b EStG gebildeten Rücklage von den Anschaffungskosten des Grundstücks sei indirekt durch Bildung eines passiven Wertberichtigungspostens in der Bilanz zum 31. Dezember 2016 erfolgt. Der Sonderposten mit Rücklagenanteil sei in den Jahren 2007 bis 2009 in der Gesamthandsbilanz der Klägerin fortgeführt worden. Die Bildung von Ergänzungsbilanzen sei insoweit zu diesen Stichtagen nicht notwendig gewesen. Die Führung von Ergänzungsbilanzen sei erst notwendig geworden, als die Klägerin von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht habe, den bestehenden Sonderposten mit Rücklagenanteil handelsrechtlich aufzulösen und einer Gewinnrücklage zuzuführen. Diese Ergänzungsbilanzen seien zwar nicht gebucht und an die Finanzverwaltung übermittelt worden, jedoch im Rahmen der Ergebnisverteilung der Klägerin berücksichtigt und in diesen Ergebnisverteilungen auch gesondert geführt worden. Die Zurechnung zu diesem Zeitpunkt sei in Höhe von 47,5 % zum Beigeladenen erfolgt. Die Zurechnung des Ertrags aus der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil sei auch nachlaufend in den Feststellungserklärungen 2011 und 2012 in Höhe von 47,5 % auf den Beigeladenen erfolgt. Die Auffassung des Beklagten, dass zu keiner Zeit eine Aufteilung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil auf die Kommanditisten der Klägerin vorgenommen worden sei, sei deshalb falsch. Zum einen sei bis 2009 der Sonderposten in der Hauptbilanz der Klägerin geführt worden und insofern den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsverhältnisse zugerechnet worden. Zum anderen sei in den Jahren 2010 bis 2012 in den Anlagen zur Feststellungserklärung die Auflösung des Sonderpostens fortgeführt worden und ebenfalls entsprechend der Beteiligungsverhältnisse der Kommanditisten verteilt worden.

Dass im Rahmen der Feststellungserklärung für 2013 die Aufteilung des Betrages aus der Auflösung des Sonderpostens lediglich mit 36 % für den Beigeladenen erfolgt sei, sei ein Versehen gewesen. Tatsächlich müsse eine Reduzierung des anteiligen Auflösungsbetrages mit einer Reduzierung des abzuschreibenden passiven Wertberichtigungspostens einhergehen. Dies sei 2013 nicht erfolgt.

Der Ermittlung des Veräußerungsgewinns in der Hauptbilanz, so wie der Beklagte dies vornehme, werde gefolgt. Andere Beträge seien versehentlich genannt worden. Die bestehenden negativen Korrekturwerte zum Grundstück zum 30. September 2013 verteilten sich auf den Beigeladenen zu 47,5 %, da dies die Beteiligungsverhältnisse zum Zeitpunkt der Übertragung der vormaligen Rücklage gemäß § 6b EStG auf das Grundstück gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23. September 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2021 dahingehend zu ändern, dass die für den Beigeladenen festgestellten Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen in Höhe von (…) € um (…) € gemindert werden, und

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Entgegen der Behauptung der Klägerin sei es nicht zutreffend, dass für die Kommanditisten in den Jahren 2006 bis einschließlich 2013 in Bezug auf das Grundstück Ergänzungsbilanzen geführt worden seien. Dies habe die Klägerin auch im Rahmen der Betriebsprüfung eingeräumt. Die Klägerin habe vielmehr erstmals zum 31. März 2014 eine neu gebildete Rücklage nach § 6b EStG in eine Ergänzungsbilanz für den Beigeladenen aufgenommen in Höhe von (...) €. Dieser Betrag entspreche nach der dem Beklagten mit der berichtigten Feststellungserklärung für 2014 eingereichten Anlage genau 47,5 % des diesem Kommanditisten zugerechneten Veräußerungsgewinns, der in dieser Anlage auf den Betrag von (…) EUR beziffert sei. Auf der Grundlage dieser Berechnung sei im Rahmen der Betriebsprüfung die Rücklage von 47,5 % des Betrages auf lediglich 36 % des Betrages gemindert, mithin eine Gewinnerhöhung um (…) € vorgenommen worden.

Die Klägerin operiere in der Klagebegründung teilweise mit abweichenden Zahlenansätzen.

In der Klagebegründung lege die Klägerin den Veräußerungserlös für Grund und Boden sowie Gebäude in Höhe von insgesamt (…) € zugrunde, den sie dem Beigeladenen seinem Beteiligungsanteil entsprechend in Höhe von 36 %, d.h. (…) € zurechne. Dem folge auch der Beklagte. Beim Buchwert It. Hauptbilanz habe die Klägerin aber offensichtlich einen Gesamtbuchwert in Höhe von (…) € zugrunde gelegt, denn der ausgewiesene Betrag für den Beigeladenen in Höhe von (…) € entspreche dann genau 36 % dieses Betrages. Der Gesamtbuchwert des Grundstücks belaufe sich allerdings It. Jahresabschluss zum 31. März 2014 auf (…) €. Bei Zugrundelegung dieses Betrags belaufe sich der dem Beigeladenen zuzurechnende Anteil von 36 % auf den Betrag von (…) €.

Der von der Klägerin gebildete Sonderposten mit Rücklageanteil gemäß § 6b EStG habe sich am 30. September 2013 unstreitig auf (…) € belaufen. Er sei allerdings zu keinem Zeitpunkt auf die Kommanditisten aufgeteilt und insbesondere nicht in Ergänzungsbilanzen erfasst worden. Erstmals im Jahr 2014 habe die Klägerin im Rahmen außerbilanzieller Korrekturen eine Auflösung dieses Sonderpostens vorgenommen und für die Kommanditisten in Abweichung von den zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bestehenden Beteiligungsverhältnissen eine abweichende Zurechnung vorgenommen und zwar nach den Verhältnissen, wie sie bis zum 31. Dezember 2011 bestanden hätten. Nach Auffassung des Beklagten sei die Auflösung des Sonderpostens den Beteiligten auf Grundlage der im Auflösungszeitpunkt bestehenden Beteiligungsverhältnisse vorzunehmen. Für den Beigeladenen ergebe sich danach ein Betrag in Höhe von (…) = 36 %. Im Rahmen der von der Klägerin für 2013 eingereichten Feststellungserklärung sei bei der jährlich vorgenommenen Abschreibung des Sonderpostens zutreffend ebenfalls die geminderte Beteiligungsquote von 36 % berücksichtigt worden. Der Jahres-AfA-Betrag in Höhe von (…) € sei dem Gewinnanteil des Beigeladenen außerbilanziell lediglich in Höhe von (…) € hinzugerechnet worden.

Der Beklagte halte an der Auffassung fest, dass die Klägerin bei Bildung der neuen Rücklage zu Unrecht die gesellschafterbezogene Betrachtungsweise der in § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG geregelten Vorbesitzzeit nicht beachtet habe. Im Streitfall sei in Bezug auf den Beigeladenen lediglich der Teil des Veräußerungsgewinns nach § 6b EStG begünstigt, der auf seine durchgängig bestehende Beteiligungshöhe von 36 % entfalle. Nur insoweit sei für ihn die sechsjährige Vorbesitzzeit bezogen auf das Grundstück erfüllt.

Aus den Gründen

Verfahrensgegenstand ist die Feststellung eines Ergänzungsbilanzgewinns in Bezug auf die Anerkennung einer Rücklage nach § 6b EStG

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung eines Ergänzungsbilanzgewinns für das Jahr 2015 für den Beigeladenen in Bezug auf die Anerkennung einer Rücklage nach § 6b EStG zum 31. März 2014. Diese Feststellung ist eine selbständige Feststellung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23. September 2020 nach § 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (vgl. BFH, Urteil vom 16. Dezember 2021 IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rn. 22-24 [BB 2022, 1005 m. BB-Komm. Kleinmanns]).

Unbegründetheit der Klage

2. Die gegen diese Feststellung gerichtete zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht im Änderungsbescheid vom 23. September 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2021 einen Gewinn aus Ergänzungsbilanz in Höhe von (…) € für den Beigeladenen festgestellt und die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG lediglich entsprechend der Beteiligung des Beigeladenen in Höhe von 36 % berücksichtigt.

§ 6b-Rücklage

a. Nach § 6b Abs. 1 EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden u.a. auf Anschaffungskosten von Grund und Boden sowie Gebäuden, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Jahr angeschafft oder hergestellt worden sind, übertragen werden. Soweit eine Übertragung nicht vorgenommen wird, kann nach § 6b Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden. Bis zur Höhe der Rücklage können sodann die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 6b EStG begünstigter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Jahren angeschafft oder hergestellt werden, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung gekürzt werden. In Höhe des Kürzungsbetrags ist die Rücklage aufzulösen. Ist eine Rücklage noch am Schluss der grundsätzlich vierjährigen Reinvestitionsfrist vorhanden, so wird sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufgelöst (§ 6b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 EStG); ist keine Kürzung wegen vorgenommener Investitionen erfolgt, so ist der Gewinn in dem Jahr der Auflösung der Rücklage für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagebetrags zu erhöhen (§ 6b Abs. 7 EStG).

§ 6b EStG erlaubt wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise dieser Steuervergünstigung auch den Abzug eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns von Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (vgl. BFH, Urteil vom 16. Dezember 2021 IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rn. 39-40, m.w.N. [BB 2022, 1005 m. BB-Komm. Kleinmanns]).

Die Rechte, die § 6b Abs. 1 und 3 EStG dem Steuerpflichtigen einräumen, sind Bilanzierungswahlrechte; denn sie setzen voraus, dass der Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt wird (§ 6b Abs. 4 Nr. 1 EStG). Ihre Ausübung wirkt sich auf die Bilanzansätze aus.

Das Bilanzierungswahlrecht nach § 6b Abs. 3 EStG wird in der Regel (für die Veranlagungszeiträume vor 2009) in der für das Wirtschaftsjahr der Veräußerung aufgestellten Handelsbilanz ausgeübt (BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 152-153/85, BFHE 159, 464, BStBl II 1990, 426, Rn. 10-11 [BB 1990, 823]); für Zeiträume nach dem Veranlagungszeitraum 2009 wird dieses in der Steuerbilanz ausgeübt (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2017 VI R 68/15, BFHE 260, 264, BStBl II 2019, 128 [BB 2018, 1136 m. BB-Komm. Park]; vom 29. April 2020 XI R 39/18, BFHE 269, 34, BStBl II 2021, 517, Rn. 18 [BB 2020, 2159 m. BB-Komm. Weiss]).

Das Wahlrecht wird noch nicht dadurch ausgeübt, dass der Steuerpflichtige in einzelnen Konten seiner Buchführung oder in anderen Unterlagen für die Bilanzaufstellung eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG ausweist. Dieser Ausweis ist lediglich eine die Ausübung des Wahlrechts vorbereitende Maßnahme (BFH-Urteil vom 16. Februar 1989 IV R 307/84, BFH/NV 1990, 632, betreffend die Ausübung des Wahlrechts gemäß § 4a Abs. 1 EStG). Erst der Ausweis der Rücklage in der vom Steuerpflichtigen für das Jahr der Veräußerung aufgestellten Bilanz lässt mit der für die Ausübung des Bilanzierungswahlrechts notwendigen Klarheit erkennen, dass der Steuerpflichtige sein Wahlrecht zugunsten der Bildung einer Rücklage ausgeübt hat. Nur der Ausweis der Rücklage in der Bilanz bindet aufgrund des Bilanzenzusammenhangs den Steuerpflichtigen für die Folgejahre. Aus der Regelung des § 6b Abs. 4 Nr. 5 EStG, nach der Voraussetzung für die Anwendung des § 6b Abs. 3 EStG ist, dass die Bildung und Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden können, lässt sich nicht schließen, dass das Bilanzierungswahlrecht nach § 6b Abs. 3 EStG auch ohne Aufstellung einer Bilanz ausgeübt werden kann. Die Regelung setzt vielmehr eine Bilanz voraus, da sie der Kontrolle der durch § 6b Abs. 3 EStG beeinflussten Bilanzansätze dient (BFH-Urteil vom 24. Januar 1990 I R 152-153/85, BFHE 159, 464, BStBl II 1990, 426, Rn. 12-13 [BB 1990, 823]).

Die Vergünstigung nach § 6b EStG können aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise auch Mitunternehmer in Anspruch nehmen. Bei jedem Mitunternehmer ist dann selbständig zu prüfen, ob er in seiner Person die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt. Übt ein Gesellschafter sein Wahlrecht nach § 6b EStG aus, weil nur in seiner Person die Voraussetzungen der Vorschrift gegeben sind, so hat dies – auch unter Geltung des § 5 Abs. 1 Satz 2 a.F. – in einer Ergänzungsbilanz zu erfolgen (so Heger, K/S/M, EStG, 288. Aktualisierung Juni 2018, § 6b Rn. A 94). Das Wahlrecht kann aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise von dem einzelnen Mitunternehmer persönlich ausgeübt werden, eine einheitliche Ausübung des Wahlrechts ist nicht geboten (Marchal in HHR, EStG, Lfg. 321 Oktober 2023, § 6b Anm. 50, E 49). Ist ein Veräußerungsgewinn einheitlich für die Mitunternehmerschaft in ihrer Bilanz durch Bildung einer Rücklage neutralisiert worden, so können die Mitunternehmer gleichwohl später von ihrem Wahlrecht (Auflösung oder Übertragung) unter Verwendung von Ergänzungsbilanzen unterschiedlich Gebrauch machen (Marchal in HHR, EStG, Lfg. 321 Oktober 2023, § 6b Anm. 50, E 49).

Beklagter hat Ergänzungsbilanzgewinn zutreffend ermittelt

b. Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte den Ergänzungsbilanzgewinn in dem angegriffenen Bescheid zutreffend ermittelt. Dabei hat er – was hier allein streitig ist – die Höhe der für den Beigeladenen gebildeten Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zu Recht lediglich in Höhe von 36 % gewinnmindernd berücksichtigt. Nur in dieser Höhe erfüllt der Beigeladene die Voraussetzungen von § 6b EStG.

Voraussetzungen für eine § 6b-Rücklage liegen vor

aa. Die Voraussetzungen nach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG für die Bildung einer Gewinnrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG für den Beigeladenen lagen dem Grunde nach vor. Die bei der Veräußerung der in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG aufgeführten Wirtschaftsgüter aufgedeckten stillen Reserven dürfen nur dann durch Bildung einer Rücklage (§ 6b Abs. 3 EStG) neutralisiert werden, wenn die Veräußerungsobjekte im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG). Bei Personengesellschaften ist diese Sechsjahresfrist streng gesellschafterbezogen auszulegen (Schießl in Brandis/Heuermann, EStG, 171. EL März 2024, § 6b Rn. 131). Das Grundstück gehörte im Zeitpunkt der Veräußerung im Oktober 2013 mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen der Klägerin. Der Beigeladene war zudem in den sechs Jahren vor Veräußerung des Grundstücks mindestens zu einem Teil von 36 % an der Klägerin beteiligt.

Höhe der Rücklage

bb. Die Höhe der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG für den Beigeladenen ergibt sich aus dem Gewinn der Veräußerung des Grundstücks im Jahre 2013, soweit dieser auf den Beigeladenen entfällt. Gewinn nach § 6b Abs. 2 EStG ist dabei der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen war, übersteigt. Dieser Gewinn betrug vor Hinzurechnung des Sonderposten mit Rücklagenanteil (dazu sogleich) zwischen den Beteiligten unstreitig (…) € (Verkaufspreis: (…) € ./. Buchwert Gesamthandsvermögen 30.9.2013: (…) €). Auf den Beigeladenen entfiel davon – ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig – ein Gewinn in Höhe von (…) € entsprechend seiner Beteiligung in Höhe von 36 % zum Veräußerungszeitpunkt.

Zu dem Veräußerungsgewinn i.S. des § 6b Abs. 2 EStG ist weiterhin der auf das Grundstück übertragene und zum Veräußerungszeitpunkt aufgelöste Sonderposten mit Rücklagenanteil gewinnerhöhend (§ 6b Abs. 3 Satz 4 EStG) hinzuzurechnen. Der Sonderposten mit Rücklagenanteil belief sich zum Veräußerungszeitpunkt insgesamt – zwischen den Beteiligten unstreitig – auf (…) €. Einzig die Höhe der Hinzurechnung für den Beigeladenen ist zwischen den Beteiligten streitig. Während die Klägerin und der Beigeladene eine Hinzurechnung von 47,5 % des Sonderpostens mit Rücklagenanteil annehmen, geht der Beklagte von einer Hinzurechnung von 36 % aus. Nach Auffassung des Senats kann die Klägerin für den Beigeladenen lediglich einen Anteil von 36 % des aufgelösten Sonderpostens mit Rücklagenanteil berücksichtigen. Eine Berücksichtigung des Sonderpostens mit Rücklagenanteil für den Beigeladenen von mehr als 36 % setzte voraus, dass für den Beigeladenen eine Ergänzungsbilanz geführt worden ist, aus welcher sich abweichende Korrekturwerte ergeben. Dies ist nicht der Fall.

Vorliegend haben der Beigeladene und C bei der Anschaffung des Grundstücks durch die Klägerin im Jahre 2006 eine bestehende Rücklage nach § 6b EStG auf die Anschaffungskosten übertragen und in der Gesamthandsbilanz der Klägerin unter den Passiva einen entsprechenden Sonderposten mit Rücklagenanteil ausgewiesen. Sie haben ihr Wahlrecht nach § 6b EStG dabei in der Handelsbilanz der Gesamthand (gemäß § 247 Abs. 3, § 273 HGB vor der Änderung durch das BilMoG v. 25. Mai 2009, BGBl 2009 I 1102) ausgeübt. Zu diesem Zeitpunkt haben die Gesellschafter nicht in Ergänzungsbilanzen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Vielmehr wurde für das Gebäude der Sonderposten mit Rücklagenanteil in der Gesamthandbilanz pro rata temporis aufgelöst. Nach dem Vortrag der Klägerin wurde zu diesem Zeitpunkt keine Ergänzungsbilanz für den Beigeladenen und C in Bezug auf diese Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG geführt. Für den Beigeladenen und C wurden zwar Ergänzungsbilanzen geführt, in denen allerdings die Rücklage unstreitig nach dem Vorbringen der Klägerin nicht enthalten war.

Auch zum 1. Januar 2010, als durch Ausübung des Wahlrechts nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz der Sonderposten mit Rücklagenanteil aufgelöst und vollständig in eine Gewinnrücklage überführt worden ist, ist das Wahlrecht der Mitunternehmer (Beigeladener und C) nicht unterschiedlich in eigenen Ergänzungsbilanzen, sondern gemeinsam in der Gesamthandsbilanz (nunmehr in der Steuerbilanz) ausgeübt worden. Soweit die Klägerin vorträgt, dass Ergänzungsbilanzen nicht notwendig gewesen seien, weil die in der Gesamthandsbilanz vorgenommene Auflösung der Rücklage in der jeweiligen GuV entsprechend der Gewinnbeteiligungen korrigiert worden sei, reicht dies für die gesellschafterbezogene Ausübung des Bilanzierungswahlrechts nicht aus. Die von der Klägerin aufgeführten, anderweitigen Unterlagen stellen keine notwendige Ergänzungsbilanz dar.

Nachholung der Ausübung des Wahlrechts in einer Ergänzungsbilanz ist nicht mehr möglich

cc. Eine Nachholung der Ausübung des Wahlrechts in einer Ergänzungsbilanz für 2006 bzw. 2011 ist nicht mehr möglich. Nach Bestandskraft der auf der Bilanz beruhenden Gewinnfeststellung bzw. Einkommensteuerfestsetzung ist eine Bilanzänderung grundsätzlich nicht mehr möglich (vgl. BFH-Urteile vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848 [BB 1987, 1985]; vom 30. März 1989 IV R 81/87, BFHE 156, 208, BStBl II 1989, 558 [BB 1989, 1249]; vom 25. April 1990 I R 136/85, BFHE 160, 529, BStBl II 1990, 905 [BB 1990, 1740]).

Berichtigungsmöglichkeiten der bestandskräftigen Gewinnfeststellung bestehen nicht. Die Ausübung eines (handels- oder steuerrechtlichen) Wahlrechts nach Bestandskraft der Gewinnfeststellung des Streitjahres stellt keine neue, nachträglich bekanntgewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO dar, sondern eine Verfahrenshandlung (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, 850 [BB 1987, 1985]). Ebenso wenig eröffnet § 172 Abs.1 Nr. 2 Buchst. a AO die Möglichkeit, die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten, die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, nach Eintritt dieses Zeitpunktes zu beseitigen (BFH-Urteil vom 27. September 1988 VIII R 432/83, BFHE 155, 83, 90, BStBl II 1989, 225, m.w.N. [BB 1989, 679]). Dies gilt angesichts der verfahrensrechtlichen Bedeutung des Rechtsinstituts der Bestandskraft gleichermaßen für die Ausübung von Bilanzierungswahlrechten (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195 [BB 1990, 247]).

Eine Änderung des Wahlrechts innerhalb einer Ergänzungsbilanz für 2015 scheidet ebenfalls aus. Denn eine Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG für diesen Veranlagungszeitraum scheidet mangels einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung aus.

Bei der Grundstücksveräußerung war der Sonderposten mit Rücklagenanteil nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligungsverhältnissen an der Gesamthand zu bestimmen

dd. Fehlt es sonach an einer abweichenden Wahlrechtsausübung des Beigeladenen in einer Ergänzungsbilanz, war bei der Veräußerung des Grundstücks der Sonderposten mit Rücklagenanteil nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligungsverhältnissen an der Gesamthand zu bestimmen, d.h. für den Beigeladenen in Höhe von 36 %.

Dies führt zu einer Gewinnrücklage in Höhe von (…) € für den Beigeladenen.

Beklagter durfte die fehlerhaft gebildete Rücklage für den Beigeladenen in der ersten noch offenen Bilanz in Höhe des fehlerhaften Betrags auflösen

c. Schließlich durfte der Beklagte die fehlerhaft gebildete Rücklage für den Beigeladenen im Wirtschaftsjahr 2014 in der ersten noch offenen Bilanz (hier das Wirtschaftsjahr 2015) in der Höhe der fehlerhaften 11,5 % auflösen. Die Verpflichtung zur Auflösung beruht auf dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs und dem Verbot einer Berichtigung von Bilanzen, die einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde lagen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1992, VIII R 24/91, BFH/NV 1993 461, Ziffer 5; a.A. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2017 X B 138/16, BFH/NV 2017, 579; FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Mai 2022, 6 K 3388/16 K,F, EFG 2022, 1484, m.w.N.).

Kostenentscheidung, kein Bevollmächtigter und Nichtzulassung der Revision

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen Prozessantrag gestellt und sich damit nicht am Prozessrisiko beteiligt hat (§ 139 Abs. 4, § 135 Abs. 3 FGO).

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO war nicht auszusprechen, da die Klägerin keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten innehat.

Die Revision war mangels Vorliegens von Revisionsgründen (§ 115 Abs. 2 FGO) nicht zuzulassen.

 

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