FG Berlin-Brandenburg: Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG bei Verschmelzung einer GmbH auf ein Einzelunternehmen
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.3.2024 – 15 K 15090/22, Rev. eingelegt (Az. BFH III R 19/24)
ECLI:DE:FGBEBB:2024:0319.15K15090.22.00
Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2024-1584-1
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Amtlicher Leitsatz
Bei der Berechnung von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG ist auch das positive Eigenkapital einer GmbH als Einlage zu berücksichtigen, welche der Alleingesellschafter auf sein Einzelunternehmen verschmolzen hat.
UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3; EStG § 17, § 4 Abs. 1 S. 8, Abs. 4a
Sachverhalt
Der Kläger wendet sich mit Bezug jeweils auf die Streitjahre 2014 bis 2016 gegen die Festsetzungen der Einkommensteuer und des Gewerbesteuermessbetrages, um nicht eine aus der ihm gegenüber unter dem Aspekt der Tätigung von Überentnahmen in Ansatz gebrachten Minderung des Schuldzinsenabzugs abgeleitete Erhöhung seines gewerblichen Geschäftsgewinns hinnehmen zu müssen.
Der im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten wohnhafte Kläger ist Inhaber eines dort geschäftsansässigen, (…)Einzelunternehmens, auf das (gestützt auf die § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 2 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes – UmwG –) mit Wirkung zum 1. Januar 2006 eine (B…-)Gesellschaft mit beschränkter Haftung verschmolzen worden war. Den Gewinn aus seiner gewerblichen Geschäftstätigkeit ermittelte der Kläger in allen Streitjahren 2014 bis 2016 auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – im Wege des sogenannten [sog.] Betriebsvermögensvergleichs [Bilanzakte].
Im Ergebnis einer dem Geschäftsbetrieb des Klägers geltenden, auf die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer der Streitjahre 2015 und 2016 bezogenen, am 22. Oktober 2018 begonnenen Außenprüfung hielt der Prüfer in seinem zusammenfassenden Prüfungsbericht vom 13. Februar 2019 (…) unter anderem [u.a.] fest, dass zum 31. Dezember 2014 der Stand der Überentnahmen mit 000.000,00 € zu beziffern gewesen sei. Auf diesen Berechnungsansatz habe die Übernahme des positiven Eigenkapitals (000.000,00 €; (…) der B… GmbH im Zusammenhang mit deren Verschmelzung auf das Einzelunternehmen des Klägers keinen Einfluss nehmen können, da sich damit keine im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG berücksichtigungsfähige Einlage(-nleistung) verbinde. Betrügen die Überentnahmen des laufenden (Prüfungs-)Jahres 2015 dagegen ./. 000.000,00 € bzw. des (Prüfungs-)Jahres 2016 ./. 000.000,00 €, errechne sich demnach für 2015 ein Überentnahmenbetrag in Höhe von 000.000,00 € bzw. für 2016 in Höhe von 00.000,00 €. Unter diesen Umständen seien dem klägerischen Gewinn auf der Grundlage von § 4 Abs. 4a EStG typisiert mit 6 vom Hundert [v.H.] zu 00.000,00 € (2015) bzw. 0.000,00 € (2016) ermittelte nicht abziehbare Schuldzinsen(-beträge) hinzurechnen (…).
Der Beklagte machte sich diese Prüfungsfeststellungen mit Bescheiden für 2015 und 2016 vom 27. Mai 2019 betreffend die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag zu eigen. Insofern berücksichtigte er überentnahmebezogen nur einen niedrigeren Schuldzinsenabzug bzw. entsprechend heraufgesetzte Gewinnbeträge. Gleichermaßen verfuhr der Beklagte für das Veranlagungsjahr 2014 betreffend die Festsetzung der Einkommensteuer und des Gewerbesteuermessbetrages mit Bescheiden beide vom 29. November 2019.
Seine jeweiligen Einsprüche vom 29. Mai 2019 bzw. vom 23. Dezember 2019 begründete der Kläger mit Verweis auf seine Stellungnahme vom 18. März 2019 im vorangegangenen Betriebsprüfungsverfahren (…) damit, dass sich mit der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft bzw. hinsichtlich der Übertragung deren Vermögensgegenstände auf den ganzen Betrieb ihres vormaligen Gesellschafters eine Einlage verbinde. Sei laut Rz. 39 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 2. November 2018 (Bundessteuerblatt [BStBl.] I 2018, 1207) zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG im Falle der Einbringung (des Betriebsvermögens eines Einzelunternehmens) in eine Kapitalgesellschaft gemäß § 20 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG – eine Entnahme in Höhe des gewährten Wertansatzes zu berücksichtigen, könne für den umgekehrten Fall der Einbringung einer Kapitalgesellschaft auf ein Einzelunternehmen nichts anderes gelten, so dass analog jener Rz. 39 der Saldo der gewährten Wertansätze für Vermögen und Schulden als Einlage zu behandeln seien. Letztlich lasse sich sein Anliegen auch aus Rz. 38 bezeichneten Schreibens ableiten, wonach zwar keine Einlage, jedoch ein in seinem Falle mit 000.000,00 € anzusetzender sog. Einbringungsgewinn zu berücksichtigen sei. Mit diesem Betrag seien bei ihm (Kläger) für 2006 Einkünfte aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG erfasst worden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022 (…) wies der Beklagte die Einsprüche hinsichtlich des hiesigen Streitpunktes des Ansatzes von Überentnahmen als unbegründet zurück. Werde eine Kapitalgesellschaft formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, führe der Übergang des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft nicht zu einer im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG berücksichtigungsfähigen Einlage; denn bei Kapitalgesellschaften seien die in § 4 Abs. 4a EStG angesprochenen Zahlungsvorgänge privater Natur nicht vorstellbar, da eine Kapitalgesellschaft über keine außerbetriebliche Privatsphäre verfüge. Finde mithin § 4 Abs. 4a EStG bei Kapitalgesellschaften als Rechtsvorgänger keine Anwendung, sei für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen in diesen Fällen ein Anfangsbestand in Höhe von 0,- € zugrunde zu legen. Für den vorliegenden Fall der Verschmelzung einer GmbH zwar nicht auf eine Personengesellschaft, sondern auf ein Einzelunternehmen könne nichts Anderes gelten. Denn auch hier steche hervor, dass bei einer Kapitalgesellschaft § 4 Abs. 4a EStG wegen fehlenden privaten (Vermögens-)Bereichs nicht zum Tragen kommen könne. Dies lasse sich weiterhin nicht im Wege des Umkehrschlusses zu Rz. 39 besagten BMF-Schreibens vom 2. November 2018 überspielen; eine überentnahmenbezogene Regelung für den Fall der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ein Einzelunternehmen sehe jenes Schreiben gerade nicht vor. Schließlich könne keine Rolle spielen, dass die damalige Verschmelzung der B… GmbH auf ihn als früheren Anteilseigner zu einem Gewinn im Sinne von § 17 EStG geführt habe; davon werde die Ermittlung von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG nicht beeinflusst.
Seine am 18. Juli 2022 eingereichte Klage stützt der Kläger wiederholend und vertiefend auf die Begründung seiner Einsprüche. Ergänzend beruft er sich auf die Einlagenfiktion im Sinne von § 5 Abs. 2 UmwStG. Hiernach würden die Anschaffungskosten einer früheren GmbH-Beteiligung als eingelegt gelten; zu diesen Anschaffungskosten zählten gemäß § 7 UmwStG zudem fiktive Ausschüttungen aus übernommenen Rücklagen. Diese Ausschüttungsunterstellungen führten ihrerseits dazu, dass die (Vorgänger-)Gesellschaft im Augenblick der Verschmelzung die Rücklagen voll steuerpflichtig an den Anteilseigner ausschütte (Ausschüttungsfiktion); dies ziehe es dem entsprechend nach sich, von einem fiktiven, nicht durch Steuern gekürzten Zufluss beim Anteilseigner und mithin von einer sofortigen Einlage ins übernehmende Unternehmen ausgehen zu müssen. So würden gemäß § 2 Abs. 1 UmwStG die Kapitaleinkünfte im Sinne von § 7 UmwStG als mit dem Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages zugeflossen gelten. Das bedeute für die logische Sekunde der Ausschüttung eine Reinvestition und damit eine Einlage in das Betriebsvermögen des (übernehmenden) Unternehmers.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
abweichend von den Einkommensteuerbescheiden 2014 bis 2016 vom 29. November 2019 (2014) beziehungsweise [bzw.] vom 27. Mai 2019 (2015, 2016), alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022, bzw. abweichend von den Bescheiden vom 29. November 2019 (2014) bzw. vom 27. Mai 2019 (2015, 2016) über den Gewerbesteuermessbetrag, ebenfalls alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022, die Einkommensteuer bzw. den Gewerbesteuermessbetrag ohne die aus der überentnahmebedingten Kürzung des Schuldzinsenabzugs folgenden Erhöhung des gewerblichen Geschäftsgewinns festzusetzen
sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu der von ihm nach wie vor für zutreffend gehaltenen Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022 hebt der Beklagte hervor, dass betriebliche Umstrukturierungen von vornherein keine Entnahmen- und/oder Einlagenvorgänge im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG auslösen könnten; denn die beim bisherigen Betriebsinhaber entstandenen Über- und/oder Unterentnahmen gingen allein rechtsnachfolgebedingt auf den übernehmende Rechtsträger über. Deswegen könne im vorliegenden Streitfall von einer (aktiven) Einlagenleistung des Klägers keine Rede sein.
Daran könne auch nichts die Einlagenfiktion nach § 5 Abs. 2 UmwStG ändern. Ungeachtet dessen, dass es sich um eine gesetzliche Fiktion(-sbestimmung) handele und dem zur Folge keine tatsächliche Einlagenleistung vorliegen könne, beziehe sich jene Unterstellung nur auf eigene bzw. besondere Zwecke, nämlich auf die Berücksichtigung der Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses im Rahmen der Besteuerung des übernehmenden Personenunternehmens bzw. der Besteuerung des Anteilseigners. Ein spezifischer Regelungsgehalt für die an einen Verschmelzungsvorgang anschließende Fragestellung der richtigen Festlegung von Überentnahmen im Sinne von § 4 Abs. 4 a EStG komme § 5 Abs. 2 UmwStG dagegen nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten (…) alle zur Steuernummer [St.-Nr.] … Bezug genommen.
Aus den Gründen
Der Finanzrechtsstreit war ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, da die Beteiligten auf sie mit Schriftsätzen vom 15. Juli 2022 (Kläger) bzw. vom 5. September 2023 (Beklagter) übereinstimmend verzichtet und sich stattdessen mit einer schriftlichen Entscheidungsweise einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist begründet. Die Bescheide für 2014 bis 2016 über die Festsetzung der Einkommensteuer und des Gewerbesteuermessbetrages vom 27. Mai 2019 bzw. 29. November 2019 alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2022 sind gerade in der Beziehung, dass sie gegenüber dem Kläger ohne Berücksichtigung der Übernahme des (positiven) Eigenkapitals der früheren B… GmbH als Einlage(-nleistung) von ihm jeweils eine überentnahmenbedingte Minderung seines Schuldzinsenabzugs bzw. dadurch bedingt eine Anhebung seines gewerblichen Geschäftsgewinns in Ansatz bringen, rechtswidrig und verletzen ihn insofern in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Zu gewinnmindernden Betriebsausgaben zählen laut § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Diese Aufwendungen schließen auch Schuldzinsen ein, wie es die parallele Werbungskostenbestimmung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 1. Variante EStG ausdrücklich hervorhebt, in § 4 Abs. 4a EStG als Spezialregelung zum Betriebsausgabenabzug aber auch insofern vorausgesetzt ist. Schuldzinsen sind begrifflich alle einmaligen und/oder laufenden Gegenleistungen in Geld oder als Sachwert für die zeitlich begrenzte Überlassung von Fremdkapital (Loschelder, in: Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 4 EStG Rn. 523).
Solche Schuldzinsen sind gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 gleichwohl vom Betriebsausgabenabzug ausgenommen, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist ihrerseits der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 1 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen (§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050,- € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG).
Für die tatbestandlichen Begrifflichkeiten Gewinn, Entnahmen und Einlagen in § 4 Abs. 4a EStG gelten die allgemeinen Grundsätze (Nacke, in: Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, Stand: Oktober 2023, § 4 EStG Rn. 1657 mit weiteren [Rechtsprechungs-]Nach-weisen; Drüen, in: Brandis/Heuermann, Ertragssteuerrecht, Stand: Dezember 2022, § 4 EStG Rn. 620). Einlagebezogen ist dem entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG heranzuziehen.
Als Einlagen legt § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter) fest, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres hinzugeführt hat. Hiernach liegt in einer Einlage die Überführung von Geld (Bareinlage) oder Sachen (Sacheinlage) aus dem Privatvermögen eines Unternehmers in den Bereich seines Einzelunternehmens oder die Übertragung aus dem Privatvermögen eines Gesellschafters in das Betriebsvermögen der Gesellschaft.
Auf diesem (Regelungs-)Hintergrund hat die mit dem auf § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG beruhenden Verschmelzungsvorgang der B… GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers verbundene Übernahme deren positiven Eigenkapitals durchaus als Einlage(-nleistung) des Klägers zu gelten. Ist in den Fällen von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG der Verschmelzungsvorgang davon geprägt, dass natürliche Personen (hier: der einzelunternehmerisch geschäftstätige Kläger) als Alleingesellschafter einer (vormaligen, auf ihr Einzelunternehmen verschmolzenen) Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen, stellt sich strukturell die Lage ein, dass ein einzelner Steuerpflichtiger (von außen) Vermögenswerte in den Bereich seines Einzelunternehmens überführt hat. „Von außen“ bzw. eine Einlage aus dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen: so bestand für den einzelunternehmerisch geschäftstätigen Kläger seinerseits keine rechtliche Verpflichtung, das im Rahmen der Verschmelzung in das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens eingegangene positive Eigenkapital der B… GmbH dort „stehen zu lassen“.
Von einem einlagengemäßen Zugang aus dem Privatvermögen ist vorliegend erst recht zu sprechen, nachdem im Zusammenhang mit der damaligen Verschmelzung der B… GmbH auf den Kläger bei ihm als früheren alleinigen Anteilseigner derselben ein Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 EStG zum Ansatz gekommen ist. Damit ist das vormals in der B… GmbH gebundene Betriebsvermögen gleichsam steuerlich entstrickt worden und rechnete nach Abzug dieser steuerlichen Belastung im verbliebenen Differenzbetrag zum Eigenvermögen des Klägers. Ohne es etwa als ihm frei verfügbares Privatvermögen zu behandeln, rechnete er es fortwährend dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens zu, was ohne Weiteres als Einlage(-nleistung) anzusehen ist.
Auf derselben Linie liegt, dass es ohne Weiteres als Einlage(-nleistung) anzusehen ist, dass der Kläger zuvor das (positive) Eigenkapital der später auf sein Einzelunternehmen verschmolzenen B… GmbH mit Mitteln aus seinem Privatvermögen aufgebracht hat. An diesem Charakter des Vermögenszugangs als Einlage(-nleistung) kann sich nichts dadurch ändern, dass der die Einlage(-nleistung) aufbringende Steuerpflichtige sie im Zusammenhang mit einer Verschmelzung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG, also einem davon bestimmten Verschmelzungsvorgang, dass eine natürliche Person als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernimmt, auf sein Einzelunternehmen übergehen lässt. Zwar kann nicht übersehen werden, dass die klägerische Einlagenleistung zunächst unmittelbar einen Wertzuwachs bei der von ihm personenverschiedenen, rechtlich verselbständigten anderen (Kapital-)Gesellschaft betroffen hatte. Gleichwohl relativiert für den Bereich eines Verschmelzungsvorgangs § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG diese formale Trennung einer (Kapital-)Gesellschaft von den sie tragenden Gesellschaftern, indem er die Möglichkeit der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ein Einzelunternehmen von der Alleingesellschafterstellung des übernehmenden Einzelunternehmers an der übernommenen Kapitalgesellschaft abhängig macht. Diese gesetzgeberische Regelung bzw. Wertung lässt sich nicht dadurch unterlaufen, dass hinsichtlich einer verschmelzungsbedingt übernommenen, im Eigenkapital der übernommenen Gesellschaft gebundenen Einlage(-nleistung) doch wieder eine formale Trennung von der übernommenen Kapitalgesellschaft und deren alleinigen Anteilseigner betont wird.
Macht der Beklagte dem gegenüber geltend, § 4 Abs. 4a EStG lasse sich grundsätzlich nicht auf Kapitalgesellschaften beziehen (Schallmoser, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Stand: Oktober 2022, § 4 EStG Rn. 1042), kommt die für diesen Ansatz angegebene Begründung, Kapitalgesellschaften wie hier die auf das Einzelunternehmen des Klägers verschmolzene B… GmbH verfügten überhaupt nicht über eine außerbetriebliche Privatsphäre, bei einem hier vorliegenden Verschmelzungsvorgang im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG aber nicht zum Tragen. Hat § 4 Abs. 4a EStG zum Hintergrund, es auszuschließen, Schuldzinsenbelastungen, die als Finanzierungsaufwand für die Anschaffung eines der persönlichen Lebensführung zuzählenden Gegenstandes erwachsen sind und deshalb wegen ihren privaten Veranlassungszusammenhangs an sich nicht betriebsausgabenabzugsfähig sind, dadurch zu betriebsausgabenabzugsfähigen Schuldzinsen eines der Sicherung der Liquidität des Unternehmens geschuldeten Darlehens werden zu lassen, dass ein zu privaten Zwecken benötigter Geldmittelbedarf zuvor dem Betriebsvermögen entnommen worden ist und weitere Finanzmittel für die Anschaffung von Betriebsgegenständen nunmehr verbunden mit der Begründung von Schuldzinsen kreditfinanziert aufgebracht werden müssen, können derartige Verlagerungen der Schuldzinsenentstehung vom privaten in den betrieblichen Bereich in der Tat bei Kapitalgesellschaften nicht eintreten, haben Kapitalgesellschaften wie hier die auf das Einzelunternehmen des Klägers verschmolzene B… GmbH überhaupt keine außerbetriebliche Privatsphäre.
Dieser grundsätzliche Ansatz wird aber nicht der Besonderheit gerecht, dass hier eine Verschmelzung auf einen Einzelunternehmer und damit auf eine Person mit einem auch privaten Vermögensbereich in Rede steht. Insofern hat es bei dem grundsätzlichen Anknüpfungspunkt an das von dem Einzelunternehmer übernommene Kapitalkonto der auf ihn verschmolzenen Kapitalgesellschaft zu bleiben, da jenes Kapitalkonto die Summe aller maßgeblichen Gewinne, Verluste, Entnahmen und Einlagen seit der Gründung des Betriebs widerspiegelt und im Falle eines positiven Standes Entnahmepotenzial repräsentiert (Schallmoser, aaO., § 4 EStG Rn. 1080). Dabei kann die dort (Schallmoser, aaO., § 4 EStG Rn. 1080) unter „Im Falle der Veränderung der Unternehmensform durch Umwandlung“ aufgenommene Erklärung, im Falle des Übergangs von Betriebsvermögens bei der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (§§ 190 ff. UmwG) greife § 4 Abs. 4a EStG nicht ein, keine passgenaue und damit keine überzeugende Begründung für die hiesige Fallgestaltung liefern: zum einen geht es vorliegend nicht um einen Umwandlungsvorgang im Sinne eines Formwechsels (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 190 ff. UmwG), zum anderen nicht um eine Umwandlung auf eine Personengesellschaft. Unter diesen Umständen wird in der Literatur durchaus vertreten und nimmt auch der erkennende Senat an, dass lässt es sich nicht als feststehend bezeichnen, dass es im Falle der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein Personenunternehmen (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) durch Verschmelzung oder Formwechsel zu einer fiktiven Einlage kommt (Korn, in: Korn, EStG, Stand: Juni 2021, § 4 EStG Rn. 848.3; Mühlhausen, in: Deutsches Steuerrecht – DStR – 2013, 2496, 2500).
Hierfür streiten insbesondere auch Sinn und Zweck von § 4 Abs. 4a EStG, die danach eine einlagenbejahende Auslegung nahelegen. Durch § 4 Abs. 4a EStG soll die Verlagerung privater Schuldzinsen in den betrieblichen Bereich mittels Entnahme betrieblichen Kapitals zur Finanzierung privater Lebensbedürfnisse bzw. in der Folge der Deckung des betrieblichen Finanzierungsbedarfs durch Fremdkapital vermieden werden. Dieser Zielstellung entspricht es, die allein auf einer Strukturierungsentscheidung des Alleingesellschafters beruhende Überführung des Eigenkapitals einer Gesellschaft mbH in sein Einzelunternehmen unter Inkaufnahme der Besteuerung nach § 17 EStG als Einlage zu betrachten. Insoweit ist eben auch zu beachten, dass § 4 Abs. 4a EStG eine Einschränkung des Grundsatzes der unternehmerischen Finanzierungsfreiheit darstellt. Diese erscheint jedoch dann nicht geboten, wenn dem Betrieb tatsächlich Kapital von außen zugeführt wird, welches, wäre es im Betrieb selbst gebildet worden, als entnahmefähig anzusehen wäre.
Schließlich widerstreitet die Einlagenfiktion im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht der Annahme, in den Fällen eines Umwandlungsvorgangs im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG (Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf das Einzelunternehmen deren vormaligen Alleingesellschafters) liege in der Übernahme des positiven Eigenkapitals der übernommenen Gesellschaft durch den übernehmenden Einzelunterunternehmer eine im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG berücksichtigungsfähige Einlage(-nleistung). § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG lässt die Anteile an der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 17 EStG, die an dem steuerlichen Übertragungsstichtag nicht zu einem Betriebsvermögen eines Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft oder einer natürlichen Person gehören, für die Ermittlung des Gewinns als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers mit den Anschaffungskosten eingelegt gelten.
Aus dieser mit § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG einhergehenden Einlagenfiktion kann gleichwohl nicht zurückgeschlossen werden, diese besondere Gleichstellungsregelung müsse zum Hintergrund haben, dass es sich nach allgemeinen Begriffsverständnis verbieten sollte, in der Übernahme des positiven Eigenkapitals der übernommenen Gesellschaft durch den übernehmenden Einzelunterunternehmer eine § 4 Abs. 4a EStG zuzuzählende Einlage(-nleistung) zu sehen. Denn ausweislich auch der gesetzesamtlichen Überschrift von § 5 UmwStG („Besteuerung der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft“), der seinerseits in den zweiten, mit Vermögensübergang bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person und Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft überschriebenen Teil des UmwStG (§§ 3 ff.) eingebettet ist, kann der Einlagenfiktion nach § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nur die Eigenheit einer Gewinnermittlungs- bzw. Wertansatzvorschrift betreffend den Vermögensübergang (selbst) bei Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person zugeschrieben werden. Darauf deutet zunächst der auf die steuerliche Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft abgestellte Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hin. Gilt laut § 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG für die Bewertung von Pensionsrückstellungen § 6a EStG, legt darüber hinaus diese Weiterverweisung auf § 6a EStG nahe, dass den § 3 ff. UmwStG keine allumspannende Begriffsfestlegung über ihren (engeren) eigenen Regelungsbereich hinaus zukommt.
Diese eingeschränkte Geltungsreichweite von § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG entspricht nicht zuletzt dem eigenen Dafürhalten des Beklagten. So beruft er sich gegenüber dem für sein Klagebegehren auf § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG abhebenden Kläger darauf, § 5 Abs. 2 UmwStG lasse sich nur auf die Berücksichtigung der Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses im Rahmen der Besteuerung des übernehmenden Personenunternehmens bzw. des Anteilseigners beziehen bzw. § 5 Abs. 2 UmwStG könne auf die nach- bzw. andersgelagerte Frage der Entstehung von Überentnahmen im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG nicht durchschlagen.
Im Gegenteil legt die Einlagenfiktion im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nahe, der Übernahme des positiven Eigenkapitals der übernommenen Gesellschaft in den Fällen der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf das Einzelunternehmen deren vormaligen Alleingesellschafters im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG eine im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG berücksichtigungsfähige Einlage(-nleistung) zuzumessen. So bringt § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die Übernahme der Anteile an der übertragenden Körperschaft mit einem Einlagenvorgang zusammen, indem er auf einem (anderweitig geregelten, vorausgesetzten) Einlagenbegriff aufbaut. Lautet sein Regelungsgehalt ansonsten auf eine Gewinnermittlungs- bzw. Wertansatzvorschrift, ist dieser Gesetzesvorschrift ein § 4 Abs. 4a EStG bzw. dem in § 4 Abs. 4a EStG in Bezug genommen Einlagenbegriff verdrängender/über-lagernder Inhalt nicht zu entnehmen. Vielmehr hat es dabei zu verbleiben, die mit § 5 Abs. 2 Satz 1 UmwStG implementierte Fiktion bloß damit zu verbinden, dass zur Ermittlung des Buchwertes eine Einlage auf den steuerlichen Übertragungsstichtag festzulegen war, da eine Beteiligung im Sinne von § 17 EStG grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gehört und deshalb ein Buchwert nicht vorhanden ist (Schrameyer, in: UmwSt-Gesetz, 2020, § 5 UmwStG Rn. 12); ansonsten wird die Fiktionswirkung damit verstanden, dass sie eine lediglich außerbilanzielle Wirkung entfalten solle (Werneburg, in: Menner/Bilitweski, UmwStG, 5. Aufl 2019, § 5 UmwStG Rn. 48).
Die Nebenentscheidungen leiten sich betreffend die Steuerneufestsetzungen aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO, kostenbezogen aus § 135 Abs. 1 FGO, hinsichtlich der Zuziehungsausspruchs aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO und schließlich bezüglich der vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO – ab.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Zu der maßgeblichen Streitfrage, ob in den Fällen der Umwandlung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG, das heißt [d.h.] der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf einen Einzelunternehmer als deren (vormaligen) Alleingesellschafter, die Übernahme des positiven Eigenkapitals der übernommenen Kapitalgesellschaft auf Seiten des übernehmenden Einzelunternehmers eine im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG berücksichtigungsfähige Einlage(-nleistung) nach sich zieht, liegt bisher soweit ersichtlich keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Gleichermaßen fehlt es an einstimmigen klaren Kommentierungen hierzu.