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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
17.07.2015
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Über 3000 qm große land- und forstwirtschaftliche Flächen unentgeltlich zu Buchwerten übertragbar

FG Münster, Urteil vom 24.4.2015 — 14 K 4172/12 E

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2015-1775-1

unter www.betriebs-berater.de

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens auf die nachfolgende Generation zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 3 des Einkommensteuer-gesetzes (EStG) erfolgen kann.

Die Klägerin war Eigentümerin eines ruhenden (verpachteten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in B. Mit notariellem Vertrag vom 30.01.2007 (UR-Nr. xyz/2007 des Notars J.T. aus M) übertrug die Klägerin ihr landwirtschaftliches Anwesen zum 31.12.2006 (= Besitzübergang, § 3 Abs. 1 des notariellen Vertrages) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Tochter und die zwei Enkelkinder (Kinder der vorverstorbenen anderen Tochter) wie folgt:

an J.L. (Tochter):                                            10,4092 ha

an U.H.:                                                          3,5093 ha (einschließlich Gebäudeflächen und Gebäude)

an B.H.:                                                          6,8131 ha

Als Altenteilsleistung erhielt die Klägerin ein lebenslanges Wohnrecht an näher bezeichneten Räumen auf der Hofstelle, Versorgung und Pflege in Tagen der Krankheit, monatliche Zahlung von insgesamt 600,00 Euro, die in entsprechender Anwendung des § 323 der Zivilprozessordnung abänderbar sein sollten, und ein standesgemäßes Begräbnis zugesichert (vgl. § 6 des notariellen Vertrages vom 30.01.2007).

Im nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 04.03.2009 erfasste der Beklagte antragsgemäß die Versorgungsleistungen mit 7.009,00 Euro als wiederkehrende Bezüge und setzte die Einkommensteuer für 2007 auf 50,00 Euro fest.

Mit Verfügung vom 04.01.2011 ordnete der Beklagte die steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin an, die sich auf die Umsatzsteuer und Einkommensteuer der Jahre 2006 bis 2008 sowie auf die Prüfung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für den Zeitraum 01.07.2006 bis 30.09.2009 erstreckte. Der Außenprüfer sah in der unentgeltlichen Übertragung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auf drei verschiedene Personen eine Betriebszerschlagung, die zur Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs geführt habe. Eine Fortführung der Buchwerte sei damit nicht möglich, die stillen Reserven seien aufzudecken. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E, StNr. …, PGPL-Nr. … vom 11.03.2011 verwiesen.

Aufgrund der Einwendungen der Klägerin gegen den Prüfungsbericht und den Stellungnahmen des amtlichen landwirtschaftlichen Sachverständigen – ALS – vom 30.05.2011 und des amtlichen Bausachverständigen – BSV – vom 04.07.2011, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, verringerte der Prüfer den ursprünglich von ihm ermittelten Aufgabegewinn von 206.623,00 Euro auf 166.330,00 Euro.

Im Einkommensteuerbescheid vom 06.08.2012, der weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, berücksichtigte der Beklagte lediglich einen Aufgabegewinn von 162.068,00 Euro und setzte die Einkommensteuer für 2007 auf 29.517,00 Euro fest. Zur Erläuterung der Berechnung dieses Aufgabegewinns wird auf die Anlage 7 zum Schreiben des Finanzamtes vom 15.06.2012 verwiesen.

Mit Einspruchsschreiben vom 02.09.2012 (Eingang beim Beklagten am 04.09.2012) führte die Klägerin aus, dass der Grund und Boden und die Gebäudeteile in größerem Umfang nicht der Besteuerung zu unterwerfen seien, da sie in den Vorjahren durch tatsächliche Nutzungsänderung zum notwenigen Privatvermögen geworden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 06.06.2012, 02.09.2012 und 06.10.2012 nebst der dazu eingereichten Anlagen und Plänen Bezug genommen.

Außerdem wandte sich die Einspruchsführerin gegen den Ansatz von 2,30 Euro je qm Ackerfläche und begehrte des Weiteren den Herstellungswert 1913 für die Scheune und den Stall mit 2,00 Euro je m³ zu berechnen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der dagegen am 05.12.2012 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Aufdeckung der stillen Reserven aufgrund der Betriebsübergabe an die nachfolgende Generation. Wie das Niedersächsische Finanzgericht im Urteil vom 02.07.2013 – 15 K 265/11 (EFG 2013, 1747) festgestellt habe, liege keine Betriebsaufgabe vor, wenn landwirtschaftliches Betriebsvermögen eines Verpachtungsbetriebes im Wege der Erbauseinandersetzung auf mehrere Miterben zu Alleineigentum übertragen werde und dabei jeder Erbe Flächen erhalte, die die für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderliche Mindestgröße überstiegen. In diesem Fall könnten die Übernehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens die Buchwerte gemäß § 6 Abs. 3 EStG fortführen.

Aber selbst wenn man davon ausginge, dass durch die Übertragung das land- und fortwirtschaftliche Betriebsvermögen auf drei verschiedene Personen eine Aufdeckung der stillen Reserven notwendig werde, betrage der Aufgabegewinn lediglich 103.800,00 Euro und die für 2007 festzusetzende Einkommensteuer 10.633,00 Euro. Durch die in den Jahren vor 2007 erfolgten Umbauten und Umnutzungen der verschiedenen Gebäudeteile der Hofstelle seien größere Teile des Stallgebäudes, der Scheune, der Anbauten und der Garage zu notwendigem Privatvermögen geworden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klagebegründungsschrift vom 03.12.2012 nebst beigefügter Anlagen und Pläne sowie auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 22.11.2013 Bezug genommen. Darüber hinaus seien die Verkehrswerte der landwirtschaftlichen Grundstücke – wie schon zur Einspruchsbegründung ausgeführt – niedriger. Auf die Berechnung des Entnahmegewinns für die land- und forstwirtschaftliche Hofstelle, die die Klägerin mit der Klagebegründung vorgelegt hat, wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 06.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2012 die Einkommensteuer für 2007 (wie zuvor) auf 50,00 Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Da der ruhende land- und forstwirtschaftliche Betrieb nicht als Ganzes unentgeltlich auf eine Person übertragen worden sei, liege eine sogenannte Betriebszerschlagung vor, die zu einer Betriebsaufgabe und damit Aufdeckung der im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven führe. Diese seien auch in zutreffender Höhe ermittelt und bei Veranlagung für 2007 der Besteuerung der Klägerin zugrunde gelegt worden.

Soweit die Klägerin in den verschiedenen Schriftsätzen ihres Prozessvertreters vortrage, dass – jeweils weitere – Gebäudeteile der Hofstelle des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in den Jahren vor 2007 faktisch entnommen worden seien und damit zu notwendigem Privatvermögen gehörten, könne dem nicht gefolgt werden.

Ursprünglich sei der land- und forstwirtschaftliche Betrieb von dem Landwirt J.T. (Jahrgang 1917) geführt worden. Ab dem 01.01.1982 sei er zunächst im Ganzen an seine – inzwischen verstorbene – Tochter N.H. verpachtet worden. Nach seinem Tod im Jahre 2001 sei die Klägerin Eigentümerin des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes geworden.

In der Annahme, dass die Einkünfte der Eheleute J.T. und C.T. in den Jahren der Betriebsverpachtung den steuerlichen Grundfreibetrag nicht überstiegen, sei der Fall beim Finanzamt als sogenannter Überwachungsfall behandelt worden. Lediglich für die Jahre 1988, 1994, 1997 und 2001 seien Einkommensteuererklärungen angefordert und eingereicht worden. Mit der Einkommensteuererklärung für 1997 sei mittels der gesonderten Anlage W die Entnahme des Wohnhauses zum 01.01.1997 erklärt worden. Ansonsten habe es in den Erklärungen und jeweils eingereichten Gewinnermittlungsunterlagen keinerlei Angaben bzgl. der Entnahme von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen gegeben. Zwar verkenne er, der Beklagte, nicht, dass es im Laufe der Jahre zu einer privaten Mitbenutzung der Gebäude auf der Hofstelle gekommen sein kann. Mit den offenbar meist nur mündlich getroffenen Absprachen zu den Nutzungsüberlassungsmodalitäten könnten aber keine Verhältnisse begründet werden, die den Schluss rechtfertigten, dass Gebäudeteile samt des dazugehörigen Grund und Bodens irreversibel dem Betriebsvermögen entnommen worden seien. Insoweit hätte es an der Klägerin gelegen, eindeutige Entnahmeerklärungen gegenüber dem Finanzamt abzugeben.

Der Berichterstatter hat die Sache am 26.02.2015 erörtert. Der Senat hat am 24.04.2015 mündlich verhandelt. Auf die Protokolle wird verwiesen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet, da – auch wenn der Übertragungsvorgang im Streitjahr der Besteuerung zu unterwerfen sein sollte – die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 30.01.2007 land- und forstwirtschaftliche Teilbetriebe unentgeltlich auf ihre Tochter und Enkelkinder übertragen hat, § 6 Abs. 3 EStG.

 

  1. I.              In § 3 Abs. 1 des  notariellen Vertrages vom 30.01.2007 haben die Vertragsbeteiligten als Zeitpunkt des Besitzüberganges den 31.12.2006 vereinbart. Nach der Rechtsprechung des I. Senates des Bundesfinanzhofes (BFH) (Urteil vom 24.01.1979 – I R 202/75, BStBl II 1979, 581) wäre diese Rückbeziehung mit steuerlicher Wirkung ausnahmsweise zulässig, weil es sich um einen kurzen Zeitraum handelt und mit dieser Gestaltung keine steuerlichen Vorteile erstrebt werden. Der IV. Senat des BFH (Urteil vom 20.10.2011 – IV R 35/08, BFH/NV 2012, 377) hält eine Rückbeziehung, das heißt den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Zeitpunkt des Gefahrüberganges nicht für möglich, da der Erwerbe vor Abschluss des notariellen Übertragungsvertrages gerade nicht in der Lage ist, den Veräußerer von der Einwirkung auf das übertragene Grundstück auszuschließen.

 

Der Senat lässt diese Rechtsfrage unentschieden, da die Klage auch dann erfolgreich ist (dazu II.), wenn die Übertragung im Streitzeitraum steuerlich zu berücksichtigen ist.

  1. II.             Zu Unrecht meint der Beklagte, dass die Klägerin durch die im notariellen Vertrag vom 30.01.2007 vereinbarten Übertragungen ihren ruhenden landwirtschaftlichen Betrieb zerschlagen habe, so dass § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar sei und eine einheitliche Betriebsaufgabe (§§ 14, 16 Abs. 3 EStG) vorliege.

 

1. Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einen Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (Mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG. Der Rechtsnachfolger ist nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG an diese Werte gebunden. „Vorschriften über die Gewinnermittlung“ sind Vorschriften über die laufende Gewinnermittlung (BFH-Urteil vom 23.04.1971 – IV 201/65, BStBl. II 1971, 686).

 

a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit gewisser Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebes, der – für sich betrachtet – alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist und als solcher allein lebensfähig ist (z. B. BFH-Urteil vom 24.04.1969 – IV R 202/68, BStBl. II 1969, 397). Lebensfähig ist ein Teil des Gesamtunternehmens, wenn von ihm aus seiner Natur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausgeübt werden kann; für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, kommt es entscheidend auf die Verhältnisse beim Betriebsinhaber vor der Betriebsaufgabe an (BFH-Urteil vom 26.10.1989 – IV R 25/88, BStBl. II 1990, 373 [BB 1990, 761]).

 

b) Allerdings hat der BFH eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG bei Übertragungsvorgängen im Sinne dieser Norm dann in Betracht gezogen, wenn die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der entsprechenden Sachgesamtheit und damit die Einkünfteerzielung des betreffenden Einzelunternehmens oder der Personen-gesellschaft durch Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgütern in einer Weise berühren würde, dass es wirtschaftlich einer Zerschlagung des Betriebs gleich käme und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe käme. In dieser Situation würde der Zweck des § 6 Abs. 3 EStG, die Existenz der übertragenen Sachgesamtheit als Wirtschaftseinheit zu sichern, verfehlt.

 

Allein der Umstand, dass ein bislang funktional wesentliches Wirtschaftsgut aus den Betrieb ausscheidet, ohne dass es diesem künftigen auf veränderter Rechtsgrundlage (z. B. Miete oder Pacht) weiter zum Wirtschaften zur Verfügung steht, rechtfertige hingegen noch nicht zwingend die Annahme, dass künftig keine funktionsfähige Sachgesamtheit mehr bestehe. Vielmehr könne dies sogar umgekehrt den Schluss rechtfertigen, dass das betreffende Wirtschaftsgut für die Funktionsfähigkeit der Sachgesamtheit – wie etwa bei einem im Rahmen der Generationennachfolge hinsichtlich des Unternehmenszwecks neu ausgerichteten Betriebes – nicht mehr von wesentlicher Bedeutung sei (BFH-Urteil vom 02.08.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053 [BB-Entscheidungsreport Bünning, BB 2012, 2811]).

 

Auch die Abfindung weichender Erben mit Grundstücken eines Betriebes – die im damaligen Streitfall 21,6 % der Gesamtfläche des Betriebes ausmachten – im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung des Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG unschädlich, wenn (im Übrigen) alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen Erwerber übertragen werden (BFH-Urteil vom 09.05.1996 – IV R 77/95, BStBl. II 1996, 476, zu der § 6 Abs. 3 EStG entsprechenden Vorgängerregelung in § 7 Abs. 1 der Einkommensteuerdurch-führungsverordnung [BB 1996, 2447]).

 

Für den Fall einer im notariellen Testament angeordneten Teilungsanordnung bzgl. eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, nach welchem das eine Kind 3,1994 ha und das andere 1,0189 ha des Betriebes erhielten, hat zudem das Niedersächsische Finanzgericht mit seinem Urteil in EFG 2013, 1747, dem sich der Senat anschließt, für Recht erkannt, dass eine Buchwertfortführung bei Übertragung von verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen auf zwei Kinder  ohne Aufdeckung der stillen Reserven möglich ist, weil die übertragenen Wirtschaftsgüter im entschiedenen Fall bei jedem der Kinder nach der Realteilung einen selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb darstellen. Denn beide Kinder erhielten land- und forstwirtschaftliche Flächen von mehr als 3.000 qm.

 

c) Bei Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze ist § 6 Abs. 3 EStG auf die Übertragungen des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens durch Frau B.T. anzuwenden.

 

Mit Abschluss des notariellen Vertrages hat die Klägerin – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf drei Personen sondern vielmehr drei land- und forstwirtschaftliche Teilbetriebe auf je eine Person übertragen. Die Übernehmer haben diese Teilbetriebe als ruhende land- und forstwirtschaftliche Betriebe fortgeführt.

 

Die übertragenen land- und forstwirtschaftlichen Teilbetriebe waren bereits zuvor in der Person der Klägerin vorhanden. Denn nach der Rechtsprechung des BFH stellen, wenn – wie hier – die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ruht, Flächen von mehr als 3.000 qm selbständige Teilbetriebe dar. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb ist nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weder eine Hofstelle noch eine Mindestgröße oder ein voller Besatz an landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und / oder -mitteln erforderlich (BFH-Urteil vom 18.03.1999 – IV R 65/98, BStBl. II 1999, 398, m. w. N. [BB 1999, 1204 Ls]). Als Faustregel für eine Mindestgröße, unter der kein land- und forstwirtschaftlicher (Teil-) Betrieb möglich ist, wird von der Finanzverwaltung und im Einzelfall in der Rechtsprechung eine Größe von 3.000 qm genannt (BFH-Urteil vom 05.05.2011 – IV R 48/08, BStBl. II 2011, 792, m. w. N.).

 

Die von der Tochter J.L. (10,4092 ha) und den Enkeln U.H. (3,5093 ha) bzw. B.H. (6,8131 ha) übernommenen verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Flächen betragen in ihrer jeweiligen Größe deutlich mehr als 3.000 qm und stellen daher auch nach der Übertragung land- und forstwirtschaftliche Betriebe dar.

 

Eine solche Auslegung des § 6 Abs. 3 EStG wird auch dem Normzweck gerecht. Denn der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm die Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben im Rahmen der Generationsfolge, bei der regelmäßig keine Liquidität beim Übertragenden anfällt, erfassen, da die Besteuerung der stillen Reserven bei der nachfolgenden Generation sichergestellt ist. Von einer vergleichbaren am Gesetzeszweck orientierten Auslegung geht auch die Finanzverwaltung aus, wie sie im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28.02.2006, BStBl. I 2006, 228 zum Ausdruck gebracht wird. Nach Ziffer IV 2 dieses BFM-Schreibens  kann das Verpächterwahlrecht auch dann fortgeführt werden, wenn ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Wege der Realteilung mit Einzelwirtschaftsgütern geteilt wird, sofern die erhaltenen Wirtschaftsgüter bei dem Realteiler nach der Realteilung einen selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb – wie hier – darstellen.

 

Die Übertragung erfolgte auch unentgeltlich im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG, da sie lediglich entgegen der Höhe nach abänderbarer (§ 332 ZPO) Versorgungsleitungen erfolgte (BFH-Beschluss vom 15.07.1991 – GrS 1/90, BStBl II 1992, 78 [BB 1991, 2349 Ls]; Schmidt/Wacker, EStG, § 16, Rz. 45 ff., m. w. N. zur Rechtsprechung).

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 ZPO.

 

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

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