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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.09.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Verspätete Jahresabschlussveröffentlichung: materielle Einwendungen gegen Ordnungsgeldfestsetzung

LG Bonn, Beschluss vom 24.6.2008 - 30 T 40/08

Leitsatz (des Kommentators)

Materielle Einwendungen gegen die Festsetzung eines Ordnungsgelds wegen verspäteter Einreichung von Jahresabschlussunterlagen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers müssen bereits im Einspruchsverfahren gegen die Ordnungsgeldandrohung geltend gemacht werden und nicht erst im nachfolgenden Beschwerdeverfahren.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2 500,00 Euro wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 12.2.2008, zugestellt am 15.2.2008, angedroht.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 21.5.2008 hat das Bundesamt das bezeichnete Ordnungsgeld unter Androhung eines erneuten Ordnungsgeldes festgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 29.5.2008, eingegangen am 2.6.2008, sofortige Beschwerde eingelegt und mit weiterem Schriftsatz vom 29.5.2006 zugleich Einspruch gegen die Androhung eines erneuten Ordnungsgeldes eingelegt.

Zur Begründung trägt die Beschwerdeführerin vor, dass das Bundesamt zu Unrecht vom 31.12.2006 als Abschlussstichtag ausgegangen sei. Da ihr Geschäftsjahr am 30.6 eines jeden Jahres ende, sei vielmehr der 30.6.2007 als Abschlussstichtag maßgeblich, so dass keine Verletzung der Veröffentlichungspflicht vorliege.

Das Bundesamt ist dem Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten.

Aus den Gründen

II. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Soweit die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Beschwerde darauf verweist, dass aufgrund des abweichenden Geschäftsjahres keine Veröffentlichungspflicht zum 31.12.2006 bestanden habe, ist dieses Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Denn aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin keinen Einspruch gegen die Ordnungsgeldandrohung eingelegt hat, ergibt sich aus der Bestandskraft der Androhung eine Beschränkung des Prüfungsumfangs gemäß § 139 Abs. 2 FGG. Nach dieser Regelung kann dann, wenn der Ordnungsgeldfestsetzung kein Einspruch vorausging [,] eine sofortige Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass die Verfügung, durch welche das Ordnungsgeld angedroht worden ist, nicht gerechtfertigt gewesen sei (vgl. zur Beschränkung des Prüfungsumfangs: Wenzel BB 2008, 769, 771; Stollenwerk/Krieg GmbHR 2008, 575, 580).

Die Regelung des § 139 Abs. 2 FGG findet im Beschwerdeverfahren Anwendung. Zwar verweist § 335 Abs. 2 S. 1 HGB nicht auf diese Vorschrift, jedoch gelten die dortigen Verweisungen nur für das Ordnungsgeldverfahren vor dem Bundesamt für Justiz, nicht jedoch für das Beschwerdeverfahren gemäß § 335 Abs. 4, Abs. 5 HGB. Dieses Rechtsmittelverfahren richtet sich vielmehr gemäß § 335 Abs. 4 HGB grundsätzlich nach den Vorschriften des FGG soweit sich nicht aus § 335 Abs. 5 HGB etwas anderes ergibt. Da in § 335 Abs. 5 HGB keine Einschränkung hinsichtlich der Regelung des § 139 Abs. 2 HGB geregelt ist, findet diese Vorschrift im Beschwerdeverfahren Anwendung. Zwar verweist § 139 Abs. 2 FGG auf eine Ordnungsgeldfestsetzung gemäß § 133 FGG, an dessen Stelle tritt jedoch für das Ordnungsgeldverfahren die entsprechende Regelung in § 335 Abs. 3 S. 4 HGB (vgl. zur Anwendbarkeit des § 139 Abs. 2 HGB: Wenzel, a. a. O; Stollenwerk/Krieg a. a. O.).

Durch die Regelung des § 139 Abs. 2 FGG kommt zum Ausdruck, dass die Prüfung der materiellen Voraussetzungen des Ordnungsgelda[n]spruchs allein dem Einspruchsverfahren vorbehalten ist, d. h. eine Erörterung, ob die der Androhung zugrundeliegende Verletzung der Offenlegungspflicht mit Recht oder zu Unrecht angenommen wurde, findet im Beschwerdeverfahren ohne vorangegangenen Einspruch nicht statt. Die sofortige Beschwerde ist selbst dann zu verwerfen, wenn das Beschwerdegericht erkennt, dass die vom Bundesamt erlassene Verfügung ungerechtfertigt ist. Die Nachprüfung durch das Beschwerdegericht beschränkt sich vielmehr darauf, ob Verfahrensfehler (z. B. Zustellungsmängel, mangelnde inhaltliche Bestimmtheit der Androhung) vorliegen, die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes angemessen ist, ein rechtzeitiger Einspruch nicht beachtet worden ist oder die Publikationspflicht vor der Festsetzung bereits erfüllt gewesen ist (vgl. allg. zu § 139: Keidel Rpfleger 1955, S. 134, 135; Jansen FGG § 139 Rz. 11 - 16; Bumiller/Winkler FGG 8.Aufl. § 139 Rz. 5; Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15.Aufl., § 139 Rz. 10; zum Ordnungsgeldbeschwerdeverfahren: Wenzel a. a. O.; Stollenwerk/Krieg a. a. O.).

Auf solche vom Beschwerdegericht zu berücksichtigenden Umstände stützt sich das Beschwerdevorbringen jedoch nicht. Vielmehr begründet die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde mit einer materiellen Einwendung, zu deren Geltendmachung allein das Einspruchsverfahren gegeben ist. Sonstige von Amts wegen zu berücksichtigende Fehler des Festsetzungsverfahren sind nicht ersichtlich.

Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Einwendung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist, bedarf auch unter Billigkeitsgesichtspunkten keiner Korrektur. Denn zum einen ist sie als „Versäumniswirkung" Folge der nicht von der Beschwerdeführerin genutzten Einspruchsmöglichkeit.

Zum anderen bietet sich zur Vermeidung von Härten, die sich durch die Beschränkung des Prüfungsumfangs des Beschwerdeverfahrens ergeben können, über § 136 FGG eine Ausgleichsmöglichkeit (vgl. zu diesem Korrektiv: Keidel Rpfleger 1955, S. 135). Nach dieser Vorschrift, die über die Verweisung des § 335 Abs. 2 HGB im Ordnungsgeldverfahren vor dem Bundesamt Anwendung findet, kann das Bundesamt dann, wenn ohne vorangegangenes Einspruchsverfahren eine Festsetzung erfolgt ist und nunmehr ein Einspruch gegen die wiederholte Androhungsverfügung erhoben und dieser für begründet erachtet wird, zugleich das zuvor festgesetzte Ordnungsgeld aufheben oder an dessen Stelle ein geringeres Ordnungsgeld festsetzen, sofern die Umstände es rechtfertigen.

Die formelle Rechtskraft der früheren Ordnungsgeldfestsetzung hindert die Änderung nicht. Die Änderung ist zulässig, gleich ob die Beschwerdefrist abgelaufen oder die sofortige Beschwerde - wie vorliegend - zurückgewiesen ist (vgl. Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15.Aufl., § 136 Rz. 3).

Insofern wird das Bundesamt zu prüfen haben, ob der mit Schriftsatz vom 29.5.2008 eingelegte Einspruch gegen die erneute Ordnungsgeldandrohung gemäß § 136 FGG eine Aufhebung/Abänderung der Ordnungsgeldfestsetzung rechtfertigt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).

Wert des Beschwerdegegenstands: 2 500,- Euro

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