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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
02.11.2010
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Frankfurt: Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung im Enforcement-Verfahren

OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.8.2010 - WpÜG 3/10

Leitsätze

1. Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung einer Fehlerbekanntmachungsanordnung im Enforcement-Verfahren kann mit dem auch im konkreten Einzelfall anwendbaren Gesetzeszweck der zeitnahen Verfahrensdurchführung und Fehlerveröffentlichung begründet werden.

2. Die Fehlerveröffentlichung hat sich auf die inhaltlichen Vorgaben des § 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG zu beschränken, wobei der Fehlerfeststellung widersprechende, diese relativierende oder verharmlosende Darstellungen unzulässig sind. Hierzu zählt auch die Verwendung des Konjunktivs im Zusammenhang mit der Fehlerfeststellung und der Hinweis auf eingelegte Rechtsbehelfe.

Art. 19 Abs. 4 GG, § 17 a Abs. 2 GVG, § 80 VwG0, §§ 37 q Abs. 2, 37 t Abs. 2, 37 u WpHG, § 48 Abs. 4 WpÜG, § 17 Abs. 1 FinDAG, §§ 6, 7, 9, 11, 13 VwVG

Sachverhalt

I. Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, dessen Aktien an der Frankfurter Börse zum Handel zugelassen und im DAX 30 notiert sind.

Die Antragstellerin legte im Februar 2009 den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht ihrer Unternehmensgruppe für das Geschäftsjahr 2008 vor. Im Konzernlagebericht wird unter der Rubrik „Prognosebericht" ausgeführt:

„Das gesamte wirtschaftliche Umfeld ist derzeit nicht einschätzbar. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich die US-Immobilien- und Bankenkrise zu einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Dynamik dieser Entwicklung, verbunden mit der Komplexität und Vernetzung weltweiter Finanz- und Realmärkte, ist beispiellos. Die damit einhergehenden Unsicherheiten spiegeln sich in der Kurzlebigkeit aller während des abgelaufenen Jahres gegebenen wirtschaftlichen Voraussägen und in grotesken Fehleinschätzungen wider.

Diese besonderen Umstände erlauben uns derzeit keine quantitativen Prognosen. Auch qualitative Trendaussagen sind - angesichts der hohen Dynamik und geringen Beständigkeit solcher Einschätzungen - zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit dem durch die Lageberichterstattung vorgesehenen Planungshorizont vereinbar."

Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) beanstandete im Rahmen einer im April/Mai 2009 durchgeführten Anlassprüfung, dass der Prognosebericht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB, konkretisiert durch DRS 15, entspreche.

Nachdem die Antragstellerin sich mit dieser Fehlerfeststellung nicht einverstanden erklärt hatte, stellte die Antragsgegnerin nach Durchführung eines eigenen Prüfungsverfahrens mit Bescheid vom 01. September 2009 fest, dass der Lagebericht und der Konzernlagebericht für das Geschäftsjahr 2008 fehlerhaft seien; weil jeweils entgegen § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB bzw. § 315 Abs. 1

Satz 5 HGB die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft und des Konzerns nicht beurteilt und erläutert werde. Nach Anhörung der Antragstellerin ordnete die Antragsgegnerin mit weiterem Bescheid vom 14. Oktober 2009 die Bekanntmachung dieser mit Bescheid vom 01. September 2009 festgestellten Fehler an und lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Absehen von der Bekanntmachung der festgestellten Fehler ab. In der Veröffentlichungsanordnung wurde vorgegeben, dass die Veröffentlichung folgende Informationen enthalten müsse: ,;Veröffentlichung nach § 37 g Abs. 2 Satz 1 WpHG

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat festgestellt, dass der Lagebericht und der Konzernlagebericht der Merck KGaA für das Geschäftsjahr 2008 fehlerhaft sind:

Weder im Lagebericht noch im Konzernlagebericht der Merck KGaA wird die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft und des Konzerns beurteilt und erläutert.

Dies verstößt für den Lagebericht gegen § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB und für den Konzernlagebericht gegen § 315 Abs. 2 Satz 5 HGB. Dem Kapitalmarkt werden entscheidungserhebliche Informationen über die künftige Entwicklung, die wesentlichen Ziele und Strategien sowie die wesentlichen Prämissen, die den zukunftsbezogenen Aussagen zugrunde liegen, vorenthalten."

Sowohl gegen die Fehlerfeststellung als auch gegen die Veröffentlichungsanordnung hat, die Antragstellerin fristgerecht Widerspruch erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Die Anträge der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer beiden Widersprüche gegen die Fehlerfeststellung und Veröffentlichungsanordnung wies der Senat mit Beschluss vom 24. November 2009 (WpÜG 11 und 12/09), auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurück.

Daraufhin veröffentlichte die Antragstellerin unter dem Elektronischen Bundesanzeiger und in die ihr in der Veröffentlichungsanordnung aufgegebene Information mit der Abweichung, dass im Einleitungssatz abweichend im Konjunktiv formuliert wird:

„Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat mit Bescheid vom 01. September 2009 festgestellt, dass der Lagebericht und der Konzernlagebericht der Merck KGaA für das Geschäftsjahr 2008 fehlerhaft seien:" ....

Außerdem wird nach der Umschreibung des Fehlers der Absatz hinzugefügt:

„Die Merck KGaA hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt."

Die Antragsgegnerin sieht hierin keine ordnungsgemäße Erfüllung der Veröffentlichungsanordnung vom 14. Oktober 2009 und drohte der Antragstellerin nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 für den Fall, dass diese der Anordnung nicht in vollem Umfang unverzüglich - spätestens bis zum 12. Januar 2010 - nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 30.000,-- EUR unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung an. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin sei mit den Veröffentlichungen vom 08. Dezember 2009 der ihr durch die Veröffentlichungsanordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen. Bei dem eingangs gewählten Konjunktiv sowie dem angefügten Hinweis über die Widerspruchseinlegung handele es sich. umrelativierende Zusätze, die dem Gesetzeszweck zuwiderliefen. Der Kapitalmarkt solle der Fehlerveröffentlichung eindeutig und zweifelsfrei entnehmen können, dass ein Fehler in der Rechnungslegung aufgetreten sei, worin der Fehler bestehe und warum der Fehler festgestellt worden sei. Vorliegend werde durch die gewählten Formulierungen der Zweck der Fehlerveröffentlichung vereitelt, weil durch die Verwendung des Konjunktivs der Eindruck erweckt werde, dass die Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung allein die Auffassung der Antragsgegnerin widerspiegele, was durch den abschließenden Hinweis auf das Widerspruchsverfahren noch verstärkt werde. Damit werde die Fehlerfeststellung der Antragsgegnerin in Zweifel gezogen und im Kern die Aussage getroffen, dass möglicherweise kein Fehler vorliege. Der Hinweis auf das laufende Widerspruchsverfahren widerspreche der Absicht des Gesetzgebers, welcher mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Fehlerfeststellung und Veröffentlichungsanordnung der Information des Kapitalmarktes Vorrang vor dem Individualinteresse der betroffenen Unternehmen an der vorherigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen eingeräumt habe. Der alleinige Hinweis auf das laufende Widerspruchsverfahren sei auch irreführend, da gleichzeitig die gerichtliche Zurückweisung der Anträge der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche nicht erwähnt und damit eine unvollständige Darstellung des Verfahrensstandes gegeben werde, die eine selektive Wahrnehmung provozierten. Die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohung liege im überwiegenden öffentlichen Interesse; es könne nichthingenommen werden, dass für einen nicht absehbaren Zeitraum keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Veröffentlichung des festgestellten Fehlers erfolge. Dies ergebe sich insbesondere auch aus der Wertung des Gesetzgebers mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung der Fehlerveröffentlichung in § 37 t Abs. 2 WpHG. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Zwangsgeldandrohungsbescheides vom 21. Dezember 2009 Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragte zunächst bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit dort am 02. Februar 2010 eingegangenem Schriftsatz die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 11. Januar 2010 gegen die Zwangsgeldandrohung vom 21. Dezember 2009 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin rügte die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges und beantragte entsprechende Vorabentscheidung nach § 17 a Abs. 3 GVG unter Verweisung des Rechtsstreites an das zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main stellte mit Beschluss vom 04. Februar 2010 fest, dass der Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist und verwies den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Zur Begründung wurde ausgeführt, es handele sich zwar um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Durch die- ausdrückliche gesetzliche Regelung des § 37 u Abs. 1 und 2 WpHG i. V. m. § 48 Abs. 4 WpÜG sei jedoch eine abdrängende gesetzliche Sonderzuweisung begründet. Diese gelte nach dem Gesetzeszweck und wegen des bestehenden untrennbaren Zusammenhanges nicht nur für die ausdrücklich genannten, im Rahmen des 11. Abschnittes WpHG erlassenen Verfügungen der Antragsgegnerin, sondern auch für hierauf bezogene Zwangsmittelverfügungen.

Gegen diesen ihr am 15. Februar 2010 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin unter dem 22. Februar 2010 Beschwerde ein, weiche der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel mit Beschluss vom 18. April 2010, den Beteiligten zugestellt am 05. Mai 2010, zurückwies und die Akte an das zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Mainübersandte, wo sie am 02. Juni 2010 einging.

In der Sache macht die Antragstellerin geltend; die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zwangsgeldandrohung sei bereits formell rechtswidrig, weil das besondere Interesse nur pauschal und formelhaft ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall und damit nicht hinreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwG0 begründet worden sei. Darüber hinaus sei die Anordnung des Sofortvollzuges auch materiell rechtswidrig, weil die zu erzwingende Verpflichtung durch die Veröffentlichungen vom vollständig erfüllt sei. Sie habe die inhaltlichen Vorgaben der Bekanntmachungsanordnung in vollem Umfang eingehalten. Die Ersetzung von „fehlerhaft sind" durch den Konjunktiv „fehlerhaft seien" könne nicht beanstandet werden, da auch hiermit eindeutig die. Information über die Fehlerfeststellung veröffentlicht worden sei. Der Hinweis auf den Widerspruch enthalte nur eine zusätzliche Information zum Verfahrensstand. Insgesamt seien damit die Grenzen des der Antragstellerin eingeräumten Darstellungsspielraumes nicht überschritten. Die Verwendung des Konjunktives im einleitenden Satz vermittele den zutreffenden Eindruck, dass die zur Prüfung und Feststellung der Fehlerhaftigkeit zuständige Behörde den Fehler festgestellt habe, wohingegen die Antragstellerin nicht verpflichtet sei, sich der Fehlerfeststellung anzuschließen oder sie gar als eigene Auffassung wiederzugeben. Damit sei der Anforderung der Rechtsprechung des Senates genüge getan, dass die Kapitalmarktteilnehmer einer Veröffentlichung entnehmen können müssten, worin der Rechnungsfehler liege und weshalb die Rechnungslegung als fehlerhaft erachtet worden sei. Durch den Hinweis auf das laufende Rechtsmittelverfahren werde die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung nicht ausdrücklich in Frage gestellt. Dieser Hinweis sei auch durch die grundrechtlich geschützte Position der Antragstellerin auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten, denn anderenfalls werde faktisch endgültig eine nachteilige Publizität geschaffen, obwohl die Rechtmäßigkeit der Fehlerfeststellung im Widerspruchsverfahren noch zu prüfen sei. Eine spätere Veröffentlichung über ein Obsiegen in der Hauptsache und die damit verbundene Feststellung, dass die erste Veröffentlichung falsch gewesen sei, sei für den Kapitalmarkt aufgrund des zeitlichen Abstandes ohne Interesse. Der Hinweis auf das Widerspruchsverfahren sei sogar durch Sinn und Zweck des § 37 q WpHG geboten, da anderenfalls eine unrichtige Information des Kapitalmarktes erfolge, der dann von einer bestandskräftigen Fehlerfeststellung ausgehen würde. Insofern müsse zwischen dem gesetzlichen Ausschluss des Suspensiveffektes und der Frage der Bestandskraft der Bekanntmachungsanordnung unterschieden werden, was durch den Hinweis auf das Widerspruchsverfahren erfolge. Selbst wenn man die Zwangsgeldandrohung nicht als offensichtlich rechtswidrig ansehe, müsse die aufschiebende Wirkung des hiergegen gerichteten Widerspruchs wiederhergestellt werden, da es an dem erforderlichen überwiegenden öffentlichen Interesse für einen Sofortvollzug fehle. Dieses könne nämlich nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass in §§ 37 t Abs. 2 und 37 u Abs. 1 Satz 2 WpHG die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Beschwerde. gegen die Feststellungs- und Bekanntmachungsanordnung ausgeschlossen sei, denn diese Vorschriften gälten gerade nicht für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung. Es gebe im Übrigen keinen Grundsatz, nach dem die für den Verwaltungsakt angeordnete sofortige Vollziehung immer zugleich zum überwiegenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der zugehörigen Vollstreckungsmaßnahmen führe. Bei der Interessenabwägung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sie mit der erfolgten Veröffentlichung, den Kapitalmarkt bereits über die Fehlerfeststellung informiert habe. Eine sofortige zwangsweise Durchsetzung der nochmaligen Veröffentlichung in der von der Antragsgegnerin geforderten Form bewirke demgegenüber eine nachteilige Publizität zu ihren Lasten, die sich nachträglich - im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache - faktisch nicht mehr rückgängig machen lasse. Wegen der damit verbundenen Schaffung vollendeter Tatsachen durch die sofortige Vollziehung überwiege grundsätzlich das private Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Anderenfalls sei ein effektiver präventiver Rechtschutz nicht gegeben, weil es die Antragsgegnerin in der Hand hätte, ohne Rücksicht auf den Rechtsschutz in der Hauptsache die Veröffentlichung immer mit hoheitlichen Zwangsmaßnahmen in der von ihr vorgegebenen Form durchzusetzen.

Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung entgegen und macht geltend, sie sehe die Veröffentlichungspflicht der Antragstellerin durch die am erfolgten inhaltsgleichen Mitteilungen nach wie vor nicht als erfüllt an, weil durch die Verwendung des Konjunktives und des Hinweises auf die Widerspruchseinlegung der Inhalt relativiert und damit der Zweck der Fehlerveröffentlichung nicht mehr gewährleistet werde. Unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung der Zwangsgeldandrohung macht sie geltend, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei in formeller Hinsicht zwar knapp, aber ausreichend begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zwangsgeldandrohung könne vorliegend nicht losgelöst von dem zu vollziehenden Grundverwaltungsakt gesehen werden. Die durch die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges des Grundverwaltungsakts zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung liefe leer, wenn nicht auch die Möglichkeit zu deren unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung gegeben wäre. Die Grenze des dem Unternehmen eingeräumten , Darstellungsspielraumes werde hier überschritten, da die Aussagekraft der Veröffentlichung entgegen dem Gesetzeszweck deutlich abgeschwächt werde. Letztlich vermittele der. isolierte Hinweis auf die Widerspruchseinlegung auch ein unzutreffendes Bild des Verfahrensstandes, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass der Senat zuvor bereits die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes abgelehnt und hierbei festgestellt habe, dass bei summarischer Überprüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fehlerfeststellung und Bekanntmachungsanordnung bestünden. Es bestehe ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Zwangsgeldandrohung, um das Beschleunigungsgebot im Enforcement-Verfahren wirksam umsetzen zu können. Die im Gesetz vorgesehene zügige Verfahrensabwicklung liefe leer, wenn die Zwangsgeldandrohung wegen der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches nicht zeitnah umgesetzt werden könnte. Letztlich führe auch die bereits erfolgte Mitteilung mit dem relativierenden Inhalt nicht zu einem Wegfall des besonderen Veröffentlichungsinteresses, dem insbesondere auch wegen der negativen Beispielswirkung nur durch eine zeitnahe Korrektur genüge getan werden könne.

Aus den Gründen

II. Die Eröffnung des ordentlichen Rechtsweges und die Zuständigkeit des Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenates ergibt sich nicht nur aus der Bindungswirkung des § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG, sondern ist auch sachlich begründet, da die gesetzliche Sonderzuweisung nach § 37 u WpHG i. V. m. § 48 Abs. 4 WpÜG wegen des untrennbaren Zusammenhanges nicht nur die dort ausdrücklich genannten Verfügungen der Antragsgegnerin erfasst, sondern auch die zu deren Durchsetzung bestimmten Verwaltungsakte im behördlichen Vollstreckungsverfahren.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen die Zwangsgeldandrohung führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zwangsgeldandrohung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwG0 formell und materiell rechtmäßig ist und auch die nach § 80 Abs. 5 VwG0 gebotene Abwägung des öffentlichen und des privaten Interesses unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht zu rechtfertigen vermag.

Die Anordnung des Sofortvollzuges genügt zunächst den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz VwGO. Hiernach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Dadurch soll der Adressat des Verwaltungsaktes als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips in die Lage versetzt werden, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels abzuschätzen; zusätzlich soll auch eine Selbstkontrolle der Behörde hinsichtlich der maßgeblichen Erwägungen für den Sofortvollzug sichergestellt werden. Dabei sind an die Begründung der sofortigen Vollziehung keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen, wenngleich allein formelhafte Begründungen nicht ausreichend sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 80, Rn. 84 ff. m. w. N.). Der diesbezügliche Hinweis der Antragsgegnerin, dass es im Hinblick auf die in § 37 t Abs. 2 WpHG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertung nicht hingenommen werden könne, dass für den nicht überschaubaren Zeitraum des Widerspruchsverfahrens keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Fehlerveröffentlichung durch die Antragstellerin erfolge, ist zwar knapp, aber ausreichend. Wie der Senat bereits mehrfach betont hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Juni 2007 - WpÜG 1/07 - DB 2007, 1913 = BB 2007, 2060 = ZIP 2007, 1,804 = AG 2007, 675 = NZG 2007, 795 und vom 22. Januar 2009 - WpÜG 1 + 3/08 = DB 2009, 333 = ZIP 2009, 368 = AG 2009, 328) kann das Enforcement-Verfahren die ihm vom Gesetzgeber beigemessenen Ziele der präventiven Verhinderung unzutreffender Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen und der umgehenden Information des Kapitalmarktes über festgestellte diesbezügliche Unregelmäßigkeiten nur dann erreichen, wenn die als einzige Sanktion für den Regelfall vorgesehene Fehlerbekanntmachung als zentrales Durchsetzungselement zeitnah erfolgt. Deshalb hat der Gesetzgeber in bewusster Abkehr vom allgemeinen Grundsatz der aufschiebenden Wirkung die Interessen des Kapitalmarktes an einer Information bereits im Regelfall höher eingeschätzt als das wohl stets gegebene und auch nachvollziehbare Interesse des jeweils betroffenen geprüften Unternehmens an der Geheimhaltung einer festgestellten Fehlerhaftigkeit seiner Rechnungslegung und deshalb als gesetzliche Regel die

sofortige Vollziehbarkeit der Maßnahmen der Bafin im Enforcement-Verfahren angeordnet. Die Erreichung dieses Gesetzeszweckes würde vereitelt, wenn der Sofortvollzug auf den jeweiligen Grundverwaltungsakt beschränkt bliebe, den Rechtsbehelfen in einem etwa notwendigen Verwaltungsvollstreckungsverfahren aber als Regelfall aufschiebende Wirkung beigemessen würde. Denn die mit der Regelung der §§ 37 t Abs. 2, 37 u Abs. 1 Satz 2 WpHG bezweckte zügige Durchführung des gesamten Enforcement-Verfahrens würde hierdurch vereitelt. Bei der fehlenden ausdrücklichen Erstreckung des gesetzlichen Sofortvollzuges auf etwa notwendige behördliche Zwangsmaßnahmen handelt es sich nicht um eine bewusste Maßnahme des Gesetzgebers, sondern um ein offensichtliches Versehen. Dem bereits aus der Intention des Gesetzes folgenden und auch im behördlichen Vollstreckungsverfahren gegebenen besonderen Interesse an der beschleunigten Umsetzung der Verfügungen der BaFin nach dem 11. Abschnitt des WpHG darf deshalb durch die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung von Zwangsmitteln und deren Androhung unter Verweisung auf diesen auch im Einzelfall geltenden Gesetzeszweck Geltung verschafft werden.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch materiell rechtmäßig. Insbesondere bestehen an der Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Zwangsgeldandrohung keine ernstlichen Zweifel. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) i. V. m. §§-7 Abs. 1, 6 Abs. 1, 9, 11 Abs. 1 und 13 VwVG, wonach die Antragsgegnerin die innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse getroffenen Verfügungen mit Zwangsmitteln nach den Bestimmungen des VwVG durchsetzen und dabei Zwangsgelder bis zur Höhe von 250.000,-- EUR androhen und festsetzen kann.

Der kraft Gesetzes gemäß § 37 t Abs. 2 WpHG sofort vollziehbaren und auf 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG gestützten Bekanntmachungsanordnung vom 14. Oktober 2009 ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin durch die unter dem erfolgten Veröffentlichungen der Antragstellerin im Elektronischen Bundesanzeiger und nicht ordnungsgemäß Folge geleistet worden.

Die Fehlerveröffentlichung ist das einzige und zentrale Durchsetzungselement des Enforcement-Verfahrens. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf vertraut, dass diese Sanktion wegen ihrer für die Unternehmen negativen Wirkung in der Öffentlichkeit zur Erreichung des Gesetzeszweckes der präventiven Verhinderung unzutreffender Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen und der Information des Kapitalmarktes überfestgestellte diesbezügliche Unregelmäßigkeiten ausreicht (vgl. Begründung RegE, BT-Drucks. 15/3421 S. 18; Assmann/Schneider/Hönsch, WpHG, 5. Aufl., Vor § 37 n, Rn. 5; Gahlen/Schäfer BB 2006, 1609/1621 f.). Zu veröffentlichen ist nach § 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG der festgestellte Fehler samt den wesentlichen Teilen der Begründung der Fehlerfeststellung. Der Kapitalmarkt soll der Veröffentlichung unzweifelhaft entnehmen können, worin der Fehler liegt und weshalb die Rechnungslegung für fehlerhaft erachtet wurde (vgl. Assmann/Schneider/Hönsch; a.a.O., § 37 q Rn. 15). Hierbei ist die Antragsgegnerin befugt, inhaltliche Vorgaben bezüglich der vorzunehmenden Veröffentlichung zu treffen, wobei allerdings die Vorgabe eines konkreten und absolut verbindlichen Wortlautes für die gesamte vorzunehmende Veröffentlichung von der Ermächtigungsgrundlage des § 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht gedeckt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2007, a.a.O.).

Dem betroffenen Unternehmen verbleibt damit zwar ein Darstellungsspielraum, dessen Umfang jedoch durch den Sinn und Zweck der Fehlerveröffentlichung begrenzt wird. Insbesondere sind der Fehlerfeststellung widersprechende oder diese relativierende und verharmlosende Darstellungen nicht zulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2007,. a.a.O.; Fuchs/Zimmermann, WpHG, § 37 q Rn. 4; Assmann/Schneider/Hönsch, WpHG, 5. Aufl., § 37 q Rn. 19 ; Boxberger, DStR 2007, 1362/1365). Die Fehlerveröffentlichung hat sich auf die inhaltlichen Vorgaben des § 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG zu beschränken, da entgegen dem Gesetzeszweck der Informationsgehalt für die Teilnehmer des Kapitalmarktes durch zusätzliche Angaben verwässert und damit eingeschränkt würde.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei der von ihr eingangs gewählten Formulierung im Konjunktiv, wonach die Antragsgegnerin mit dem näher bezeichneten Bescheid festgestellt hat, dass der Lagebericht und der Konzernlagebericht der Antragstellerin für das Geschäftsjahr 2008 fehlerhaft seien und den abschließenden Hinweis auf die Einlegung des Widerspruches gegen diesen Fehlerfeststellungsbescheid um eine dem Gesetzeszweck der Fehlerveröffentlichung widersprechende relativierende Darstellung bzw. einen unzulässigen Zusatz.

Nach der Systematik des Enforcement-Verfahrens ist wegen des in §§ 37 t Abs. 2 und 37 u Abs. 1 Satz 2 WpHG angeordneten Sofortvollzuges im Regelfall die Veröffentlichung des von der DPR im Einvernehmen mit dem Unternehmen oder von der BaFin durch Verwaltungsakt festgestellten Fehlers bereits vor dem Abschluss etwaiger Widerspruchs- oder Beschwerdeverfahren, mit denen die Fehlerfeststellung und die Veröffentlichungsanordnung angefochten werden können, ausdrücklich vorgesehen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung im Interesse einer zügigen Information des Kapitalmarktes und der Erreichung der beabsichtigten präventiven Wirkung auf andere der Bilanzkontrolle unterliegende Unternehmen bewusst in Kauf genommen, dass eine Fehlerfeststellung zu veröffentlichen ist, obwohl die Möglichkeit besteht, dass später im Rahmen eines Widerspruchs- oder Beschwerdeverfahrens festgestellt wird, dass der bereits veröffentlichte Fehler tatsächlich nicht gegeben ist. Gleichwohl wird in § 37 q Abs. 2 Satz 1 WpHG als Inhalt der Bekanntmachung nur der festgestellte Fehler und seine wesentliche Begründung vorgegeben, nicht jedoch Angaben darüber, ob das Unternehmen die Fehlerfeststellung in der ersten Stufe des Enforcement-Verfahrens durch die DPR oder durch Verwaltungsakt in der zweiten Stufe durch die BaFin akzeptiert hat, ob eine Fehlerfeststellung der BaFin bereits in Bestandskraft erwachsen ist oder ob das betroffene Unternehmen hiergegen Widerspruch und/oder nachfolgend Beschwerde eingelegt und gegebenenfalls im Vorfeld einen Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtschutz gestellt bzw. wie das Gericht hierüber befunden hat. Derartige zusätzliche Angaben über den prozessualen Verfahrensstand würden den Informationsgehalt der Fehlerveröffentlichung entgegen dem Gesetzeszweck einschränken und relativieren. Die Zulässigkeit derartiger Angaben hätte zudem zur Folge, dass zum Zwecke einer inhaltlich jeweils zutreffenden Information des Kapitalmarktes je nach Verfahrensfortschritt und Ausgang weitere nachfolgende Veröffentlichungen in Erwägung gezogen werden müssten. All dies belegt, dass derartige Zusätze über den Verfahrensstand mit dem Zweck der Fehlerveröffentlichung nicht in Einklang zu. bringen sind und zu unterbleiben haben.

Die grundgesetzlich geschützte Position des jeweiligen Unternehmens auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG wird dadurch nicht in Frage gestellt, weil diesem die Anfechtung der Fehlerfeststellung und einer nachfolgenden Bekanntmachungsanordnung im Widerspruchsverfahren und gegebenenfalls sodann im gerichtlichen Beschwerdeverfahren einschließlich der Möglichkeit der Beantragung diesbezüglichen einstweiligen Rechtsschutzes offensteht und es dem Unternehmen unbenommen ist, nach rechtskräftigem Verfahrensabschlusseine nach der Fehlerveröffentlichung erfolgte Aufhebung oder Einschränkung der Fehlerfeststellung bekannt zu machen. Auch wenn hierdurch die vorherige Veröffentlichung und deren eventuelle Auswirkungen wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufes möglicherweise nicht vollständig beseitigt werden können, liegt hierin keine unzulässige Schaffung vollendeter Tatsachen(so aber Favoccia/Stilz NZG 2010, 125/128).

Auch die Verwendung des Konjunktivs in der einleitenden Formulierung ist nicht nur geeignet, sondern aus der Sicht der Antragstellerin wohl auch bewusst dazu eingesetzt worden, den Fehler, über den der Kapitalmarkt nach dem Willen des Gesetzgebers umgehend nach seiner Feststellung informiert werden soll, in unzulässiger Weise zu relativieren. Demgegenüber wird dem berechtigten Interesse des von der Fehlerfeststellung betroffenen Unternehmens, sich der Fehlerfeststellung inhaltlich nicht anschließen oder diese gar als eigene Auffassung wiedergeben zu müssen, bereits dadurch Rechnung getragen, dass die Fehlerfeststellung in der Bekanntmachung deutlich als Inhalt eines Verwaltungsaktes der Antragsgegnerin gekennzeichnet wird.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, durch die sofortige zwangsweise Durchsetzung einer nochmaligen Veröffentlichung in der von der Antragsgegnerin geforderten Form werde eine nachteilige Publizität zu ihren Lasten geschaffen, muss sie sich darauf verweisen lassen, dass es ihr frei steht, die neue Veröffentlichung als Korrektur derjenigen vom 08. Dezember 2009 kenntlich zu machen und sie das Risiko einer weiteren Veröffentlichung durch die von ihr gewählten Abschwächungen selbst geschaffen hat.

Auch im übrigen lässt die Zwangsgeldandrohung Rechtsfehler nicht erkennen; insbesondere erweist sich die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes im Hinblick auf den in § 17 Abs. 1 FinDAG vorgegebenen Rahmen und die Bedeutung der Angelegenheit nicht als unverhältnismäßig.

Unabhängig von einer nicht feststellbaren Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung ist eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches auch nach der Abwägung des öffentlichen Interesses an der umgehenden Durchsetzung einer korrekten Veröffentlichung mit dem privaten Interesse der Antragstellerin an einer Zurückstellung der Veröffentlichung bis zum Abschluss einer Entscheidung in der Hauptsache nicht geboten. Der hier von der Bekanntmachungsanordnung betroffene Fehler des vollständigen Verzichtes auf eine Prognoseberichterstattung ist auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch von besonderer generalpräventiver Bedeutung. Denn wie der Senat bereits in seinem vorausgegangenen Beschluss vom 24. November 2009 (WpÜG 11 und 12/09) ausgeführt hat, könnte unabhängig von dem seinerzeit von der Antragstellerin zur Begründung herangezogenen Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise der vollständige Verzicht auf die Prognoseberichterstattung von anderen Gesellschaften mach in sonstigen Fällen einer auf eine Branche oder auch einzeln Unternehmen beschränkte Krisensituation als Vorbild herangezogen werden. Hierdurch wird zusätzlich bestätigt, dass über die gesetzgeberische Wertung der §§ 37 t Abs. 2 und 37 u Abs. 1 Satz 2 WpHG hinaus vorliegend das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der bisher von der Antragstellerin freiwillig nicht vollständig befolgten Bekanntmachungsanordnung überwiegt.

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