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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.11.2021
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes von 5,5 % für unverzinsliche Darlehensverbindlichkeiten

FG Münster, Urteil vom 22.7.2021 – 10 K 1707/20 E,G, rkr.

ECLI:DE:FGMS:2021:0722.10K1707.20E.G.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2021-2668-1

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Abzinsung von Darlehensverbindlichkeiten.

Der Kläger betrieb seit dem Jahr 1994 unter der Firma „B“ einen Autohandel (Ankauf, Verkauf und Vermittlung von Kfz) in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Seinen Gewinn ermittelte der Kläger im Streitjahr durch Betriebsvermögensvergleich gem. §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Jahresabschluss zum 31.12.2016 waren u.a. sonstige Verbindlichkeiten i.H.v. insgesamt EUR 46.016,28 ausgewiesen. Hierbei handelte es sich laut Kontennachweis zur Bilanz um zwei Darlehensverbindlichkeiten zum Nennwert i.H.v. EUR 20.451,68 (Konto 1700, Darlehen „C“) sowie i.H.v. EUR 25.564,60 (Konto 1706, Darlehen „D“).

Nachdem der Kläger für das Streitjahr zunächst mit Bescheid vom 16.1.2018 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO) erklärungsgemäß veranlagt worden war, führte der Beklagte (Finanzamt --FA--) beim Kläger auf Grundlage einer Prüfungsanordnung vom 28.5.2018 eine Betriebsprüfung für Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 2014 bis 2016 durch. Hinsichtlich der beiden Darlehensverbindlichkeiten stellte der Prüfer fest, dass die beiden Darlehen bereits seit 1996 (betreffend das Darlehen „C“) bzw. 1998 (betreffend das Darlehen „D“) in den Bilanzen des Klägers passiviert und seinerzeit weder eine Verzinslichkeit noch der Zeitpunkt und die Modalitäten der Rückzahlung vereinbart worden waren. Da es sich damit um unverzinsliche Darlehen mit unbestimmter Laufzeit handle, müssten die Darlehensverbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bewertet werden. Unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Rechnungszinsfußes von 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG) und einer Darlehenslaufzeit von unbestimmter Dauer wandte das FA zur Berechnung des Bilanzansatzes einen Vervielfältiger von 0,503 auf den Nennwert der beiden Darlehensverbindlichkeiten an (unter Bezugnahme auf Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 26.2.[5.]2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 [BB 2005, 1327]). Hieraus ergab sich ein Bilanzansatz i.H.v. EUR 10.287,-- für das Darlehen „C“ (vgl. Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht vom 25.1.2019) und i.H.v. EUR 12.859,-- für das Darlehen „D“ (vgl. Anlage 2 zum Betriebsprüfungsbericht vom 25.1.2019). Die Differenzbeträge i.H.v. EUR 10.165,-- bzw. EUR 12.706,-- zu den bisherigen Bilanzansätzen behandelte die Betriebsprüfung gewinnwirksam. Die Erfassung des Vorgangs erfolge im letzten Prüfungszeitraum (d.h. im Streitjahr 2016), da lediglich für dieses Jahr Veranlagungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vorgelegen hätten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 25.1.2019 samt Anlagen zur Berechnung der Abzinsungen Bezug genommen.

Das FA folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ unter dem Datum vom 11.4.2019 entsprechende Änderungsbescheide zur Einkommensteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag 2016. Hierin erhöhte das FA die steuerpflichtigen Einkünfte des Klägers aus Gewebetrieb um den Abzinsungsbetrag i.H.v. EUR 22.871,-- (Einkünfte aus Gewerbebetrieb nunmehr EUR 68.870,--) und legte den erhöhten Gewinn aus Gewerbetrieb auch der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags zugrunde. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA jeweils auf. Die hiergegen mit Schreiben vom 29.4.2019 erhobenen Einsprüche des Klägers blieben erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 15.5.2020 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Während er im Rahmen des Einspruchsverfahrens unter anderem noch vortrug, jedenfalls das Darlehen „D“ sei – anders als das Darlehen „C“ – nicht unverzinslich vereinbart worden, da mit der Hingabe der Darlehensvaluta andere wirtschaftliche Vorteile für den Darlehensgeber (vergünstigte Einkaufsbedingungen verbunden mit Erlösen aus Pkw-Verkäufen) verbunden gewesen sein sollen, hält der Kläger hieran zur Begründung der vorliegenden Klage nicht mehr fest. Vielmehr stützt der Kläger seine Klage ausschließlich auf verfassungsrechtliche Einwände gegen die Höhe des für die Abzinsung gesetzlich vorgesehenen Zinssatzes von 5,5 %. So handle es sich zwar bei beiden Darlehen „C“ und „D“ um langfristige Darlehen, die dem Grunde nach nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG von der Abzinsung ausgenommen seien. Allerdings sei unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Nichtanwendung bzw. jedenfalls eine eingeschränkte Anwendung der Abzinsungsregelung geboten, da der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 die außergewöhnliche und verfestigte Entwicklung des Marktzinses seit mindestens 2012 nicht sehen konnte. Die Abzinsung von Verbindlichkeiten ziele darauf ab, den durch die Unverzinslichkeit entstehenden Vorteil auszugleichen. Der Gesetzgeber berücksichtige dabei, dass unverzinsliche Verbindlichkeiten „weniger belastend (…) als marktüblich verzinste Schulden“ seien (unter Hinweis auf BT-Drs. 14/23 vom 9.11.1998, S. 171 f.). Eine marktübliche Verzinsung werde aber durch verschiedene Einflussfaktoren geprägt. Maßgebend sei der Einfluss der EZB, der Bundesbank und der Kreditinstitute. Durch die Politik u.a. dieser Institute sei festzustellen, dass sich seit 2012 sowohl strukturell als auch nachhaltig ein niedriges Marktzinsniveau verfestigt habe, das nicht nur als typisch zyklische Zinsschwankung abgetan werden könne. Soweit der übliche Marktzins gegen null oder aktuell sogar unter null tendiere, seien die wirtschaftlichen Vorteile einer unverzinslichen Verbindlichkeit gegenüber einer marktüblich verzinsten Verbindlichkeit aufgehoben. Aus diesem Grund sei durch eine teleologische Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG eine Reduzierung der Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten – ggf. bis hin zu einer Abzinsung von null – geboten. Auch das Finanzgericht Hamburg habe mit seinem Beschluss vom 31.1.2019 (2 V 112/18) betreffend die Jahre 2013 und 2015 deutlich gemacht, dass es den Abzinsungsfaktor von 5,5 % aufgrund der Nullzinsphase für verfassungswidrig hält. Zudem habe der BFH mit Beschluss vom 25.4.2018 (IX B 21/18 [BB 2018, 1444 m. BB-Komm. Heinmüller]) zu den typisierenden Zinssätzen nach §§ 233a, 238 AO Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit für Verzinsungszeiträume ab 2015 geäußert.

Der Kläger beantragt --sinngemäß--,

den Einkommensteuerbescheid 2016 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2016 jeweils vom 11.4.2019 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2020 dahingehend zu ändern, dass keine gewinnerhöhende Abzinsung der Darlehensforderungen berücksichtigt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt es aus, grundsätzlich sei ein unverzinsliches Darlehen gemäß § 6 Abs.1 Nr. 3 EStG mit 5,5 % abzuzinsen. Dies gelte für alle Darlehen, für die kein Zinssatz vereinbart wurde. Dafür, dass eine Verzinslichkeit vorliegend auf vergünstigten Einkaufsbedingungen für den Darlehensgeber beruhten, verbunden mit Erlösen aus Pkw-Verkäufen, habe der Kläger eine schriftliche Bestätigung des Darlehensgebers über die Vereinbarung dieser Konditionen bzw. Nachweise zur tatsächlichen Durchführung dieser Vereinbarungen nicht vorgelegt. Im Übrigen obliege es der Verwaltung nicht, im Rahmen des Erlasses eines Verwaltungsakts die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen zu hinterfragen. Die Abzinsung der unverzinslichen Verbindlichkeiten mit 5,5 % entspreche der aktuellen Gesetzeslage des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, an die die Finanzverwaltung und auch das FA gebunden sei. Ob den Überlegungen des Klägers zur Verfassungsmäßigkeit des in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG normierten Zinssatzes bzw. zur teleologischen Reduktion der Vorschrift zu folgen sei, könne nur durch den Gesetzgeber überprüft und ggf. durch eine Gesetzesänderung umgesetzt werden. Derzeit sei eine solche Gesetzesänderung weder vorgesehen noch existiere eine Verwaltungsanweisung, nach der das bestehende Recht nicht angewendet werden solle. Schließlich habe es der Steuerpflichtige selbst in der Hand, durch die Vereinbarung eines nur sehr geringen Zinssatzes die Abzinsung der Verbindlichkeit zu vermeiden. Die derzeit zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Zinssätzen in Steuergesetzen anhängigen Verfahren vor dem BFH oder dem BVerfG beträfen sämtlich nicht die Verfassungsmäßigkeit des in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG festgelegten Zinssatzes.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze, sowie die dem Gericht vorliegenden Steuerakten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Unbegründetheit der Klage

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Einkommensteuer- sowie der Gewerbesteuermessbescheid 2016 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FA hat die in Rede stehenden Darlehensverbindlichkeiten dem Grunde und der Höhe nach zu Recht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zum Bilanzstichtag 31.12.2016 abgezinst und den Gewinn aus Gewerbebetrieb entsprechend erhöht (dazu unter 1.). Die vom Kläger hinsichtlich des Abzinsungszinssatzes von 5,5 % erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen teilt der erkennende Senat nicht (dazu unter 2.).

Darlehensverbindlichkeiten wurden dem Grunde und der Höhe nach zu Recht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zum Bilanzstichtag 31.12.2016 abgezinst und der Gewinn aus Gewerbebetrieb entsprechend erhöht

1. Ermittelt ein Steuerpflichtiger – wie vorliegend der Kläger – seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, muss er dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Dabei sind die steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung von Wirtschaftsgütern zu befolgen (§ 5 Abs. 6 EStG); sie gehen insoweit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung vor, so dass die Bewertung jenes Betriebsvermögens nach § 6 EStG vorzunehmen ist.

Abzinsungsgebot bei Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG …

a) Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung – abweichend von der handelsrechtlichen Bewertung nach § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) – unter sinngemäßer Anwendung von § 6 Abs.1 Nr. 2 EStG anzusetzen und grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen (Abzinsungsgebot). Das Abzinsungsgebot findet nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG allerdings keine Anwendung auf Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und auf Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

Die Abzinsung erfolgt grundsätzlich nach finanz- oder versicherungsmathematischen Grundsätzen. Der BFH erachtet es aber für rechtlich zulässig, den Abzinsungsbetrag – so wie es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen handhabt (vgl. BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 2 [BB 2005, 1327]) – nach §§ 12 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) zu ermitteln. Letzteres begegnet bereits deshalb keinen rechtlichen Bedenken, da unverzinsliche Kapitalforderungen und Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, auch für Zwecke des Bewertungsrechts gemäß § 12 Abs. 3 BewG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen sind (vgl. BFH-Urteil v. 22.5.2019 – X R 19/17, BStBl. II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]).

… ist im Streitfallin zeitlicher …

b) Das Abzinsungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist in zeitlicher Hinsicht auf die vorliegend in Rede stehenden Darlehensverbindlichkeiten anwendbar. Zwar wurde das Abzinsungsgebot für Verbindlichkeiten erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl. I 1999, 402) mit Wirkung für nach dem 31.12.1998 endende Wirtschaftsjahre eingeführt. Bei den vorliegend in Rede stehenden Darlehensverbindlichkeiten handelt es sich hingegen um bereits vor dem 1.1.2009 bestehende Altverbindlichkeiten. Nach den unbestrittenen Feststellungen der Betriebsprüfung sind die Darlehensverbindlichkeiten bereits seit 1996 (betreffend das Darlehen „C“) bzw. 1998 (betreffend das Darlehen „D“) in den Bilanzen des Klägers passiviert und damit bereits spätestens zu diesen Bilanzstichtagen begründet. Allerdings bestimmt § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch für Verbindlichkeiten gilt, die bereits zum Ende eines vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahres angesetzt worden sind (vgl. auch BFH-Urteil v. 25.8.2010 – I R 102/09, BStBl. II 2011, 169 [BB 2010, 3017 m. BB-Komm. van Kerkom]).

… und in sachlicher Hinsicht anwendbar

c) Auch in sachlicher Hinsicht sind die Voraussetzungen für das Abzinsungsgebot erfüllt. Bei beiden Darlehensverbindlichkeiten handelt es sich – was zwischen den Beteiligten (inzwischen) unstreitig ist – um langfristige und unverzinsliche Darlehen i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG, die somit nicht unter die Ausnahme vom Abzinsungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG fallen. Soweit der Kläger im Einspruchsverfahren noch die Auffassung vertreten hatte, jedenfalls das Darlehen „D“ sei – anders als das Darlehen „C“ – nicht unverzinslich vereinbart worden, da mit der Hingabe der Darlehensvaluta andere wirtschaftliche Vorteile für den Darlehensgeber (vergünstigte Einkaufsbedingungen verbunden mit Erlösen aus Pkw-Verkäufen) verbunden gewesen sein sollen (vgl. zur Verzinslichkeit, wenn die Verbindlichkeit mit anderen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden ist, das BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 14 [BB 2005, 1327]), hält der Kläger an dieser Begründung nicht mehr fest. Vielmehr hat der Kläger im Laufe des vorliegenden Klageverfahrens selbst klargestellt, dass die Unverzinslichkeit der beiden Darlehensverbindlichkeiten nicht streitig ist.

Zutreffende Abzinsung durch das FA …

d) Das FA hat die in Rede stehenden Darlehensverbindlichkeiten zutreffend mit einem Betrag i.H.v. EUR 10.165,-- (betreffend das Darlehen „C“) bzw. EUR 12.706,-- (betreffend das Darlehen „D“) abgezinst.

Steht am Bilanzstichtag der Rückzahlungszeitpunkt einer unverzinslichen Verbindlichkeit – wie vorliegend – nicht fest, ist vorrangig die Restlaufzeit zu schätzen (vgl. BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 6 [BB 2005, 1327]). Liegen auch für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte vor, kann hilfsweise § 13 Abs. 2 BewG angewendet werden (vgl. FG München, Urteil v. 20.6.2006 – 5 V 1675/06, nv., juris, rkr.; FG Münster, Urteil v. 9.7.2010 – 9 K 1213/09, EFG 2010, 2007, rkr.; BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 7 [BB 2005, 1327]). Danach ist der Bewertung das 9,3-fache des Jahreswerts einer Nutzung oder Leistung von unbestimmter Dauer zugrunde zu legen. Dieses Vorgehen erfordert eine Umrechnung auf eine fiktive Laufzeit. Für Tilgungsdarlehen ergibt sich daher eine Laufzeit von zwölf Jahren, zehn Monaten und zwölf Tagen; für Fälligkeitsdarlehen entspricht dies einem Vervielfältiger von 0,503 (vgl. BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 7 [BB 2005, 1327]).

… erstmals zum Bilanzstichtag auf den 31.12.2016

e) Die Abzinsung ist vorliegend zutreffend erstmals zum Bilanzstichtag auf den 31.12.2016 (und damit im Streitjahr) erfolgt.

Die gebotene Abzinsung ist im Streitfall – aufgrund des vorliegenden Bilanzierungsfehlers – in der Schlussbilanz zum 31.12.2016 als der ersten Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch berichtigt werden kann, erfolgt (vgl. BFH-Urteil v. 2.5.1984 – VIII R 239/82, BStBl. II 1984, 695 [BB 1984, 1926 Ls]). Eine Änderungsmöglichkeit, insbesondere nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, für die ebenfalls von der Betriebsprüfung umfassten Jahre 2014 und 2015 bestand nicht.

Durch die Abzinsung entstehender Gewinn ist nicht im Wege der Bilanzänderung wiederum um Rücklagen zu mindern

f) Schließlich ist der durch die Abzinsung entstehende Gewinn im Streitjahr nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 52 Abs. 16 Satz 8 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 im Wege der Bilanzänderung wiederum um Rücklagen zu mindern. Demnach kann zwar für einen Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ergibt, in Höhe von neun Zehnteln eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden neun Wirtschaftsjahren jeweils mit einem Neuntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum). Allerdings kann das Wahlrecht des § 52 Abs. 16 Satz 8 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 nur mit der Maßgabe für bereits zum Ende eines vor dem 1.1.1999 endenden Wirtschaftsjahres bestehende Altverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden, dass die Höhe der zulässigen Rücklage um ein Zehntel für jedes Jahr abzuschmelzen ist, in dem das Abzinsungsgebot nicht befolgt wurde und demnach die Vergünstigung der Übergangsregelung auch nicht in Anspruch genommen werden konnte. Hierbei geht das Gesetz ersichtlich davon aus, dass nach Ablauf von zehn Jahren die sich aus der Abzinsung von Altverbindlichkeiten ergebenden Härten von den Steuerpflichtigen hinzunehmen sind (vgl. BFH-Urteil v. 25.8.2010 – I R 102/09, BStBl. II 2011, 169 [BB 2010, 3017 m. BB-Komm. van Kerkom]). Dies führt bei der vorliegend zu beurteilenden erstmaligen Abzinsung von Altverbindlichkeiten im Jahr 2016 dazu, dass nach vollständigem Ablauf des Auflösungszeitraums von zehn Jahren die Bildung einer gewinnmindernden Rücklage in vollem Umfang ausscheidet.

Die vom Kläger hinsichtlich des Abzinsungszinssatzes von 5,5 % erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen teilt der erkennende Senat nicht

2. Die vom Kläger hinsichtlich des Abzinsungszinssatzes von 5,5 % erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen teilt der erkennende Senat nicht. Weder ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG daher verfassungskonform auszulegen bzw. – wie der Kläger geltend macht – aufgrund der verfassungsrechtlichen Einwendungen teleologisch zu reduzieren noch war das vorliegende Klageverfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist.

Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz

a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschlüsse vom 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BStBl. II 2017, 1082 [BB 2017, 1173 Ls]; vom 7.5.2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377; vom 6.7.2010 - 2 BvL 13/09, BStBl. II 2011, 318 [BB-Entscheidungsreport Lühn, BB 2010, 2157]). Für das Steuerrecht wird dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zugestanden. Dies gilt für die Auswahl des Steuergegenstands und auch für die Bestimmung des Steuersatzes (BVerfG-Beschlüsse vom 4.12.2002 – 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 und vom 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 [BB 1995, 2]). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird im Steuerrecht – insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts – vor allem durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt (vgl. BVerfG-Urteil vom 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73; BVerfG-Beschluss vom 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss (vgl. BVerfG-Beschluss vom 2[9].5.1990 – 1 BvL20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60; BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 [BB 1998, 2508]; BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210).

Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen – um praktikabel zu sein – Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Das BVerfG erkennt daher in ständiger Rechtsprechung Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse als besondere sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte grundsätzlich an (BVerfG-Beschlüsse vom 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1; vom 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 [BB-Entscheidungsreport Lühn, BB 2010, 2157]; BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210). Grundsätzlich darf dabei die wirtschaftlich ungleiche Wirkung typisierender steuerrechtlicher Regelungen auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (BVerfG-Beschlüsse vom 4.7.2012 – 2 BvC 1/11, 2 BvC 2/11, BVerfGE 132, 39; vom 17.[7.]5.2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377; vgl. zudem BFH-Urteil vom 9.11.2017 – III R 10/16, BStBl. II 2018, 255 [BB 2018, 609]).

Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. BVerfG-Urteile vom 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73; vom 9.12.200[8] – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG-Urteil vom 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99, BVerfGE 110, 274; BVerfG-Beschluss vom 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164;vgl.. auch BFH-Urteil vom 22.5.2019 – X R 19/17, BStBl. II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]). Der neueren Rechtsprechung des BVerfG lässt sich insoweit eine Unterscheidung zwischen temporären („Wann“ der Besteuerung“) und endgültigen Steuereffekten („Ob“ der Besteuerung) entnehmen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 [BB 2009, 1408 m. BB-Komm. Schlotter]; vgl. auch BFH-Urteil vom 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512). Demnach lässt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Berücksichtigung gewinnmindernden Aufwands nicht mit Hilfe des Maßstabs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder des objektiven Nettoprinzips bestimmen. Dies werde durch den Vergleich mit der für die Überschusseinkünfte geltenden Regelung bestätigt. Dort, wie auch für die Gewinnermittlung durch Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, komme es nach § 11 EStG, im Gegensatz zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG, grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zu- und Abflusses von Einnahmen und Ausgaben an. Zwar könne sich der Unterschied zwischen den maßgeblichen Zeitpunkten der steuerlichen Berücksichtigung des Aufwands durch die Jährlichkeit der progressiven Einkommensbesteuerung unterschiedlich auf die steuerliche Belastung auswirken. Hierbei handle es sich jedoch lediglich um Nebeneffekte, die keine relevante Abweichung von einer verfassungsrechtlich gebotenen Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und auch keine Durchbrechung des (einfachgesetzlichen) objektiven Nettoprinzips bewirken würden. Solche steuergesetzlichen Entscheidungen mit lediglich temporären Belastungseffekten verletzten daher lediglich dann den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sich kein sachlicher Grund finden lässt, die einfachgesetzliche Vorschrift also als willkürlich zu bewerten ist (vgl. zum Ganzen BVerfG-Beschluss vom 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 [BB 2009, 1408 m. BB-Komm. Schlotter]).

Willkürverbot wird nicht überschritten

b) Die hiernach zugrunde zu legenden verfassungsrechtlichen Grenzen – insbesondere das Willkürverbot – werden nach Auffassung des Senats durch § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht überschritten.

Abzinsungsverbot führt zu temporärer Gewinnverschiebung – verfassungsrechtliche Beurteilung hat sich am Maßstab der Willkürkontrolle zu orientieren

aa) Das Gebot der Abzinsung von Verbindlichkeiten beruht auf der sachgerechten, typisierenden Vorstellung, dass eine erst in der Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht (vgl. BFH-Beschluss vom 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177). Der durch die Unverzinslichkeit hervorgerufene Minderaufwand wird kapitalisiert und als Ertrag vorweggenommen; gegenläufig entsteht in den folgenden Jahren aufgrund der sich stetig verkürzenden Restlaufzeit jeweils ein Aufzinsungsaufwand, bis zum Rückzahlungszeitpunkt der Nominalwert der Verbindlichkeit erreicht ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.5.2019 X R 19/17, BFHE 265, 95, BStBl II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl. 2021, § 6 EStG Rn. 149). § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG bewirkt somit im Ergebnis lediglich eine temporäre Gewinnverschiebung. Die verfassungsrechtliche Beurteilung für eine solche temporäre Gewinnverschiebung hat sich – als nicht relevante Abweichung vom verfassungsrechtlichen Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit – am Maßstab der Willkürkontrolle zu orientieren.

BFH hält die Einführung der steuerrechtlichen Abzinsung von Verbindlichkeiten für verfassungsrechtlich unbedenklich

bb) Der BFH hält die Einführung der steuerrechtlichen Abzinsung von Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ebenso wie diejenige von Rückstellungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG dem Grunde nach für verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH-Beschluss vom 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177; BFH-Urteile vom 27.1.2010 – I R 35/09, BStBl. II 2010, 478 [BB 2010, 950 m. BB-Komm. Ortmann-Babel]; vom 5.5.2011 – IV R 32/07, BStBl. II 2012, 98 [BB 2011, 1965 m. BB-Komm. Schulze-Osterloh]; vom 13.7.2017 – VI R 62/15, BStBl. II 2018, 15 [BB 2017, 2864 m. BB-Komm. Greco]; vom 22.5.2019 – X R 19/17, BStBl. II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]). Demnach ist eine Abzinsung von Darlehen für Zwecke der Besteuerung als solche weder sachwidrig noch unverhältnismäßig; sie diene vielmehr der Verteilung des Zinsaufwands nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Zuordnung. Soweit im Einzelfall bei im Zeitablauf wechselnden Steuersätzen der zunächst entstehende Abzinsungsgewinn ggf. nicht vollständig durch den später anfallenden Aufzinsungsverlust ausgeglichen werde, beruhe dieser Effekt auf dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundsatz der Abschnittsbesteuerung (vgl. BFH-Beschluss vom 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177). Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an.

Was die Höhe des Abzinsungszinssatzes von 5,5 % betrifft, vertritt der BFH für das Jahr 2010, dass sich in diesem Jahr noch kein strukturell niedriges Marktzinsniveau verfestigt hat, aufgrund dessen der Gesetzgeber unter Berücksichtigung einer angemessenen Beobachtungsphase nicht weiterhin berechtigt gewesen wäre, im Interesse der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung am statisch-typisierenden Zinssatz von 5,5 % festzuhalten (vgl. BFH-Urteil vom 22.5.2019 X R 19/17, BFHE 265, 95, BStBl II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]). Dies hat der BFH im Wesentlichen daraus hergeleitet, dass der Fremdkapitalmarktzinssatz im Dezember 2010 ausweislich des Monatsberichtes der Deutschen Bundesbank für März 2011 nach den im dortigen Streitfall einschlägigen Parametern (Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften bis EUR 1 Mio. bei mehr als fünfjähriger Laufzeit/Neugeschäft) noch zwischen 3,81 % und 3,86 % gelegen und sich demzufolge – im Gegensatz zum Zinsniveau im Dezember 2018 (1,85 %) – noch nicht als dramatischer Abfall zum gesetzlichen Zinssatz dargestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 22.5.2019 X R 19/17, BFHE 265, 95, BStBl. II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]). Zudem sei zu berücksichtigen gewesen, dass der betreffende Rückzahlungsanspruch nicht besichert gewesen sei und der von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung vom 18.11.2009 ermittelte Abzinsungssatz für die im Urteilsfall maßgebliche Laufzeit von 34 bis 35 Jahren im Dezember 2010 noch bei ca. 5,10 % gelegen habe (Dezember 2018: 2,51 %), so dass ein nach wie vor durchaus realitätsgerechtes Vergleichsbild zum gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % gezeichnet worden sei (vgl. BFH-Urteil vom 22.5.2019 X R 19/17, BFHE 265, 95, BStBl II 2019, 795 [BB 2019, 2804 m. BB-Komm. Mihm]).

Das Finanzgericht Münster hat sich in seinem Beschluss vom 5.5.2021 (13 V 505/21, n.v., juris [BB 2021, 1583 m. BB-Komm. Kubik]; Beschwerde eingelegt, Az. des BFH: XI B 44/21 (AdV)) der vorstehenden Auffassung auch für das Jahr 2013 angeschlossen. Demnach sei der statisch-typisierende Zinssatz von 5,5 %, welcher der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG zu Grunde liegt, jedenfalls im Streitjahr 2013 für Verbindlichkeiten mit den im Streitfall einschlägigen Parametern (nicht besicherter Kredit von bis zu EUR 1 Mio. an eine nichtfinanzielle Kapitalgesellschaft bei einer auf der Grundlage von § 13 Abs. 2 BewG anzunehmenden Laufzeit von 12 Jahren und 10 Monaten) – jedenfalls noch – nicht willkürlich gewählt. Bei einem Fremdkapitalmarktzinssatz von 2,74 % und einem Abzinsungssatz von 4,76 % habe noch kein so verfestigtes strukturell niedriges Marktzinsniveau vorgelegen, dass das Festhalten des Gesetzgebers am statisch-typisierenden Zinssatz von 5,5 % unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten und Verwaltungsvereinfachungsgründen als Verstoß gegen das Willkürverbot anzusehen sei. Dies gelte für die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG umso mehr, als diese lediglich zu einer temporären Gewinnverschiebung und allenfalls in geringem Umfang zu einer endgültigen steuerlichen Belastung führe.

Statisch-typisierender Rechnungszinssatz von 5,5 % ist auch für das vorliegende Streitjahr 2016 nicht verfassungsrechtlich willkürlich gewählt

cc) Der erkennende Senat hält den statisch-typisierenden Rechnungszinssatz von 5,5 % auch für das vorliegende Streitjahr 2016 nicht für verfassungsrechtlich willkürlich gewählt.

Rahmen der Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis wurde nicht unzulässig überschritten

(1) Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Fremdkapitalmarktzinssatz im Dezember 2016 ausweislich des Monatsberichts der Deutschen Bundesbank für März 2017 nach den dort für den Streitfall einschlägigen Parametern – Kredite an wirtschaftlich selbständige Privatperson bei über fünfjähriger Laufzeit – bei 1,76 % (vgl. Statistischer Teil, S. 45) und der Abzinsungszinssatz gem. § 253 Abs. 2 HGB bei ca. 3,12 % (siehe den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Abzinsungssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB für eine Restlaufzeit von 13 Jahren) lag und damit weiter gesunken sowie ein im Verhältnis zu den Vorjahren vergleichsweise niedriges Niveau angenommen hat.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Fremdkapitalmarktzinssatz sowie der Abzinsungszinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB im Vergleich zu dem statisch-typisierenden Zinssatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG von 5,5 % ein verfestigt strukturell niedriges Zinsniveau eingenommen haben, darf nämlich nicht ausschließlich auf die für den jeweiligen Streitfall maßgeblichen Vergleichsparameter (hier Kredite an wirtschaftlich selbständige Privatperson bei über fünfjähriger Laufzeit) abgestellt werden. Denn der Gesetzgeber hat im Rahmen von § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG von seiner – dem Grunde nach verfassungsrechtlich anerkannten – Typisierungs-und Pauschalierungsbefugnis in der Weise Gebrauch gemacht, dass sämtliche betrieblichen Verbindlichkeiten abzuzinsen sind, die unverzinslich sind und deren Laufzeit mindestens zwölf Monate beträgt. Fällt eine betriebliche Verbindlichkeit demnach unter das Abzinsungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, unterscheidet der Gesetzgeber im Hinblick auf die Höhe der Abzinsung nicht mehr nach der konkreten Laufzeit der Verbindlichkeit (solange mindestens zwölf Monate) sowie nach der Rechtsform des Darlehensschuldners (Einzelunternehmen, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft). Demnach müssen sämtliche von der Deutschen Bundesbank in den jeweiligen Monatsberichten veröffentlichten Konstellationen, die betriebliche Kredite betreffen, in die Beurteilung einbezogen werden. Hieraus ergibt sich, dass der Fremdkapitalmarktzinssatz auch im Dezember 2016 in unterschiedlichen Konstellationen noch 2,45 % (Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften mit einer Ursprungslaufzeit von über fünf Jahren), 2,71 % (Kredite an wirtschaftlich selbständige Privatpersonen mit einer Laufzeit von über einem bis fünf Jahren) oder 3,71 % (Revolvierende Kredite und Überziehungskredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften) betragen hat. Auch der Abzinsungszinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB betrug zum 31.12.2016 etwa bei Krediten mit einer Restlaufzeit von 20 bis 22 Jahren einen Höchststand von 3,36 %.

Darüber hinaus müssen auch weitere Faktoren, die im Einzelfall Einfluss auf die Höhe der Zinssätze auf dem Fremdkapitalmarkt haben können, in den veröffentlichten Monatsberichten der Deutschen Bundesbank aber keine Berücksichtigung finden, in die Beurteilung einfließen. Hierzu zählen etwa die Bonität des Schuldners sowie die (fehlende) Besicherung des Darlehens. Auch diese Aspekte – ebenso, wie den Umstand, dass bestimmte Unternehmen unter gegebenen Umständen auf dem Fremdkapitalmarkt überhaupt keine Kredite oder jedenfalls keine Kredite in dieser Größenordnung mehr erhalten würden – darf der Gesetzgeber im Rahmen seiner Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis zulässigerweise berücksichtigen und dadurch ggf. einen im Vergleich zum Fremdkapitalmarktzinssatz höheren statisch-typisierenden Abzinsungszinssatz festlegen.

Vor diesem Hintergrund erscheint ein statisch-typisierender Zinssatz von 5,5 %, wie er in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorgesehen ist, im Streitjahr 2016 nicht willkürlich überhöht.

Begriff „Zins“ bzw. „Zinssatz“ wird im Steuerrecht mit unterschiedlicher Zwecksetzung verwendet

(2) Darüber hinaus kommt in der vorliegenden Konstellation der Abzinsung von Verbindlichkeiten dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass der Begriff „Zins“ bzw. „Zinssatz“ im Steuerrecht mit unterschiedlicher Zwecksetzung verwendet wird. Die in Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25.4.2018 – IX B 21/18, BStBl. II 2018, 415 [BB 2018, 1444 m. BB-Komm. Heinmüller] und vom 3.9.2018 – VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279) und Literatur (vgl. etwa Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 238 AO Rz. 2, 156. EL (April 2019). m.w.N.) erhobenen schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel an der gesetzlichen Zinssatzhöhe gem. § 238 Abs.1 Satz 1 AO können nicht auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des Abzinsungszinssatzes gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG übertragen werden.

Bedenken zur zur Verfassungswidrigkeit der Zinssatzhöhe beim klassischen Zins …

(i) Beim klassischen Zins handelt es sich um laufzeitabhängiges Entgelt für die Nutzungsüberlassung von Kapital (vgl. etwa BFH-Urteil vom 20.5.1987 – II R 44/84, BStBl. II 1988, 229 [BB 1987, 2221]). Zinsen in diesem Sinn sind etwa die Zinsen nach §§ 233a, 234, 235, 236 und 237 AO.

Zur Höhe des gem. § 238 Abs.1 Satz 1 AO im Rahmen von §§ 233a bis 237 AO geltenden Zinssatzes von 0,5 % pro Monat, d.h. 6 % pro Jahr, hat der BFH in einem Aussetzungsverfahren für Verzinsungszeiträume ab April 2015 (betreffend Nachzahlungszinsen i.S.v. § 233a AO) schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, da der gesetzlich typisierte Zinssatz angesichts der zu dieser Zeit bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße überschreite (vgl. BFH-Beschluss vom 25.4.2018 – IX B 21/18, BStBl. II 2018, 415 [BB 2018, 1444 m. BB-Komm. Heinmüller]). In seinem Beschluss vom 3.9.2018 hat der BFH die verfassungsrechtlichen Zweifel an der gesetzlichen Zinssatzhöhe gem. §238 Abs. 1 Satz 1 AO auch für Verzinsungszeiträume bereits ab 2012 (betreffend Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 1 AO) angenommen (vgl. BFH-Beschluss vom 3.9.2018 – VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279).

… sind auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des Abzinsungszinssatzes nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht übertragbar

(ii) Die Bedenken zur Verfassungswidrigkeit der Zinssatzhöhe nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO unter Beurteilung am Maßstab des Marktzinsniveaus (hierzu bereits kritisch Rüsken in Klein, AO, 15. Aufl., 2020, § 238 Rz. 1) sind auf die vorliegende verfassungsrechtliche Beurteilung des Abzinsungszinssatzes nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht übertragbar (a.A. jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes FG Hamburg, Beschluss vom 31.1.2019 – 2 V 112/18, EFG 2019, 525).

Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht ist es, den Nutzungsvorteil wenigstens z.T. abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem im angefochtenen Steuerbescheid konkretisierten materiellen Recht "an sich" dem Steuergläubiger zusteht. Diesem Ziel wird Rechnung getragen, wenn für den Steuerpflichtigen zumindest die Möglichkeit besteht, die zu zahlenden Zinsen durch Anlage der nicht gezahlten Steuerbeträge oder durch die Ersparnis von Aufwendungen auch tatsächlich zu erzielen. Diese Möglichkeit ist aber wegen der strukturellen Niedrigzinsphase im typischen Fall für die in Rede stehenden Zeiträume nahezu ausgeschlossen. Der Zweck der Verzinsung ist daher nicht oder kaum erreichbar und trägt damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 25.4.2018 – IX B 21/18, BStBl. II 2018, 415 [BB 2018, 1444 m. BB-Komm. Heinmüller]).

Die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG dient hingegen nicht der Verteilung effektiven Zinsaufwands (vgl. Groh, DB 2007, 2275, 2276). Der Abzinsungszinssatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 AO dient vielmehr als interne Rechengröße der Bewertung einer langfristigen und unverzinslichen betrieblichen Verbindlichkeit mit dem niedrigeren Teilwert. Entsprechend geht es um die zutreffende, d.h. periodengerechte Erfassung der wirtschaftlichen Belastung des Unternehmens mit der entsprechenden Darlehensverbindlichkeit. Der Minderaufwand infolge der Zinslosigkeit wird kapitalisiert und als Ertrag vorweggenommen.

Der Schuldner einer unverzinslichen Darlehensverbindlichkeit ist bei Begründung der Verbindlichkeit bzw. bis zu deren Fälligkeit aber nicht nur in Höhe eines gedachten fremdüblichen Nominalzinses wirtschaftlich weniger belastet als der Schuldner einer verzinsten Darlehensverbindlichkeit. Beglichen wird die Darlehensschuld zuzüglich etwaiger Zinsen nämlich nicht dadurch, dass das Unternehmen bei Begründung der Verbindlichkeit oder in der Zeit bis zu deren Fälligkeit einen entsprechenden Betrag verzinslich anlegt, um daraus die Verbindlichkeit bei Fälligkeit bedienen zu können. Bei einem ungesicherten und endfälligen Bankkredit wirtschaftet das Unternehmen während der tilgungsfreien Zeit operativ mit dem Kredit, denn im unternehmerischen Bereich ist das zur Verfügung stehende Kapital für die eigenen unternehmerischen Zwecke frei. Erst bei (End-)Fälligkeit der Verbindlichkeit werden diese aus dem operativen Ergebnis der künftigen Jahre der Rückzahlung beglichen. Maßgeblich für die Beurteilung einer realitätsgerechten Abzinsung ist demzufolge der Zins, der dem durchschnittlichen zukünftigen operativen Ergebnis des Unternehmens entspricht und nicht der Zins, den das Unternehmen bei Aufnahme eines entsprechenden – ungesicherten – Darlehens zahlen müsste (so auch Weckerle, DB 2017, 1284). So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 6a EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes vom 30.6.1960 – der hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Abzinsungshöhe mit § 6 Abs.1 Nr. 3 Satz 1 EStG vergleichbar ist –, der Rechnungszinsfuß „wird einerseits in der Regel mindestens der Rendite entsprechen, die das Unternehmen auf länger Sicht mit dem durch die Pensionsrückstellung gebundenen Kapital erwirtschaften kann“ (vgl. BT-Drs. 3/1811, S. 9). Ähnlich heißt es in der Begründung zum Zweiten Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz --2. HStruktG--) vom 22.12.1981. Auch dort heißt es, dass der Rechnungszinsfuß von 6 % im Rahmen der Renditeerwartung liege, „die die pensionsverpflichteten Unternehmen auf längere Sicht mit dem durch die Pensionsrückstellung gebundenen Kapital erwirtschaften können“ (vgl. BT-Drs. 9/795, S. 66).

Das zinsmäßige Pendant des operativen Ergebnisses ist die Gesamtkapitalrentabilität. Die Gesamtkapitalrentabilität ist der Gewinn in Bezug auf das eingesetzte Gesamtkapital und errechnet sich aus dem Gewinn vor Zinsen in Relation zum Gesamtkapital. Die Gesamtkapitalrendite betrug ausweislich der Statistischen Sonderveröffentlichung 5 der Deutschen Bundesbank, Hochgerechnete Angaben aus den Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen, in den Jahren 1997 bis 2016 im Durchschnitt aller deutschen Unternehmen zwischen 5,6 % und 8,4 %. Die Gesamtkapitalrentabilität für das Jahr 2016 betrug 6,5 % (abrufbar unter https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Publikationen/Statistiken/Statistische_Sonderveroeffentlichungen/Statso_5/statistische_sonderveroeffentlichungen_5.html).

Vor diesem Hintergrund ist ein statischer Abzinsungszinssatz i.H.v. 5,5 % nicht als willkürlich einzustufen.

Steuerpflichtiger kann eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG in aller Regel durch entsprechende Gestaltungen selbst vermeiden

(3) Schließlich kommt hinzu, dass der Steuerpflichtige eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG in aller Regel durch entsprechende Gestaltungen selbst vermeiden kann. Gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 EStG findet eine Abzinsung nicht statt bei Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt sowie bei Verbindlichkeiten, die verzinslich sind. Eine Abzinsung lässt sich daher zum einen durch sog. Kettendarlehen vermeiden, d.h. für weniger als zwölf Monate gewährte Darlehen, deren Laufzeit später wiederholt verlängert wird (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 40. Aufl., 2021, § 6 Rz. 460). Zudem unterbleibt eine Abzinsung bereits bei der Vereinbarung eines Zinssatzes nahe 0 %, solange der Zinssatz gerade über 0 % liegt (vgl. BMF-Schreiben vom 26.5.2005 – IV B 2-S 2175-7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 13 [BB 2005, 1327]; Korn/Strahl in Korn, EStG, § 6 Rz. 368, 129. EL (April 2019). Der Annahme einer Verzinslichkeit steht hierbei nicht entgegen, wenn die Zinsen zwar vereinbart, aber nicht ausgezahlt, sondern ihrerseits als Darlehen stehen gelassen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 26.9.[6.].2009 – I B 57/09, BFH/NV 2009, 1804 [BB 2009, 2083 m. BB-Komm. Ortmann-Babel]). Die Möglichkeiten zur Vermeidung einer Abzinsung sind bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zugunsten des Fiskus zu berücksichtigen (vgl. insoweit zur Vermeidung von Nachzahlungszinsen BFH-Urteil vom 9.11.2017 – III R 10/16, BStBl. II 2018, 255 [BB 2018, 609]; vgl. zur Vermeidung der mit der Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG EStG verbundenen Nachteile BVerfG-Beschluss vom 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1; zur Möglichkeit, Zinszahlungen auf Kartellbußen zu vermeiden, BVerfG-Beschluss vom 19.12.2012 – 1 BvL 18/11, BVerfGE 133, 1).

Kostentscheidung

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Zulässigkeit der Revision

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 FGO zuzulassen. Die Rechtssache besitzt aufgrund der in der Literatur und der vom FG Hamburg in seinem Beschluss vom 31.1.2019 (2 V 112/18, EFG, 525) geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes von 5,5 % in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG grundsätzliche Bedeutung und erscheint aufgrund der hiervon abweichenden Auffassungen des FG Münster in seinem Beschluss vom 5.5.2021 (13 V 505/21, n.v., juris [BB 2021, 1583 m. BB-Komm. Kubik]) sowie des erkennenden Senats in der vorliegenden Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen finanzgerichtlichen Rechtsprechung erforderlich.

 

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