FG Hamburg: Zur Unentgeltlichkeit i. S. d. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG
FG Hamburg, Urteil vom 28.6.2023 – 5 K 28/22
ECLI:DE:FGHH:2023:0628.5K28.22.00
Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2024-817-1
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Die für die Übertragung eines Wirtschaftsguts zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG schädliche Entgeltlichkeit der Übertragung kann auch vorliegen, wenn der Übernehmer eine Verbindlichkeit des Übertragenden übernimmt. Erforderlich ist allerdings, dass der Übergeber die Vermögensübertragung von der Gewährung des in der Übernahme der Verbindlichkeiten liegenden Vorteils durch den Übernehmer abhängig macht und dadurch ein Entgelt erlangt (BFH, Urteil vom3. August 2022, IV R 16/19, BFH/NV 2023, 120).
2. Wird mit der Übertragung eines Wirtschaftsguts zugleich eine zur Finanzierung dieses Wirtschaftsguts eingegangene Verbindlichkeit des Übertragenden gegenüber dem Übernehmenden entnommen – ohne, dass diese Verbindlichkeit zivilrechtlich erlischt – liegt hierin kein Entgelt für die Übertragung des Wirtschaftsguts.
EStG § 6 Abs. 5 S. 1, S. 3 Nr. 2; GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. e, Nr. 7; AO § 42
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob durch die Übertragung eines Grundstücks der Klägerin an ihre Kommanditistin stille Reserven aufgedeckt worden sind.
Die Klägerin (zuvor firmierend unter Kommanditgesellschaft A GmbH & Co., HRA xxx-1 des Amtsgerichts Hamburg) ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke. Mit Dienstleistungsvertrag vom ... 1992 hat die Klägerin die B GmbH & Co. KG (im Folgenden B KG, HRA xxx-2 des Amtsgerichts Hamburg) insbesondere mit der Verwaltung der ihr gehörenden Grundstücke beauftragt.
Komplementärin der Klägerin mit einem Anteil von 0 % ist die C GmbH (zuvor firmierend unter D GmbH, HRB xxx-3 des Amtsgerichts Hamburg). Alleinige Kommanditistin mit einem Anteil von 100 % sowie Geschäftsführerin und zugleich alleinige Gesellschafterin der C GmbH ist E (...). Die Geschäftsführerin ist alleinvertretungsberechtigt und von der Beschränkung des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit.
Komplementärin der B KG ist die F GmbH (HRB xxx-4 des Amtsgerichts Hamburg). Kommanditisten der B KG sind E und G (letzterer als Gesamtrechtsnachfolger der H-GmbH, HRB xxx-5 des Amtsgerichts Hamburg).
Die Kommanditeinlage an der Klägerin von E wurde auf ... € festgesetzt. Zur Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung brachte E die ihr gehörenden Grundstücke XX-1, Hamburg, XX-2, ..., XX-3, Hamburg, XX-4, Hamburg, und XX-5, Hamburg, in die Gesellschaft ein. Die Übertragung erfolgte zu Buchwerten per 29. Februar 1992, wie sie sich aus der Bilanz der Einzelfirma I (deren alleinige Inhaberin E war) ergaben. Der über die ausbedungene Kommanditeinlage hinausgehende Wert der Einlage wurde E auf dem Gesellschafterkonto gutgeschrieben.
Nach dem Gesellschaftsvertrag werden ein Festkapitalkonto, ein Gesellschafterkonto und ein Verlustsonderkonto geführt. Auf dem Gesellschafterkonto (im Folgenden Gesellschafterverrechnungskonto) werden sämtliche Entnahmen und Einlagen sowie Gewinngutschriften, soweit sie nicht zur Deckung eines bestehenden Verlustsonderkontos erforderlich sind, verbucht. Das Konto wird nach der Zinsstaffelmethode im Soll und Haben mit 2 % p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz verzinst. Ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto wird nicht geführt. Im Übrigen wird auf den Gesellschaftsvertrag vom ... 1992 Bezug genommen (...). Die Zinsen werden als Aufwand bzw. Ertrag bei der Klägerin verbucht.
Mit Vertrag vom ... 2001 erwarb die Klägerin von der J ein ... m² großes Grundstück am ..., Hamburg (im Folgenden Grundstück). Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am ... 2001. Mit Vertrag vom ... 2002 stellte die K Bank (K) der Klägerin aus den Mitteln des KfW-Umweltprogramms ein Darlehn i.H.v. ... € zur Verfügung (im Folgenden Darlehn). Das Darlehn war mit 4,65 % zu verzinsen und mittels einer Grundschuld zugunsten der K besichert. Der Vertrag sah ein Recht auf vorzeitige außerplanmäßige Rückzahlung vor. Hierfür wurde von der Darlehnssumme bei Auszahlung eine Risikoprämie i.H.v. 2 % einbehalten. Regulär wäre die letzte Rate am 31. Dezember 2022 fällig gewesen. Das Darlehn wurde zur Finanzierung der Bebauung des Grundstücks verwendet. Daneben gewährte die K der Klägerin ein weiteres Darlehn i.H.v. ... €, welches ebenfalls für das Grundstück verwendet wurde (im Folgenden Darlehn 2). Auf dem Grundstück ließ die Klägerin ein Lagergebäude errichten, welches am 1. Mai 2003 bezugsfertig war und an die B KG vermietet wurde.
Im Jahr 2009 tilgte die Klägerin das Darlehn 2.
Am 7. Februar 2012 überwies E ... € auf ein Konto der Klägerin mit dem Betreff "Umbuchung gem. Auftrag wegen Ablöse KFW". Die Zahlung wurde als Einlage auf dem Gesellschafterverrechnungskonto von E erfasst. Am 10. Februar 2012 tilgte die Klägerin außerplanmäßig die verbliebene Restschuld des Darlehns (... €) nebst Zinsen (... €) durch Überweisung i.H.v. ... € an die K.
Mit Vertrag vom ... 2012 entnahm E das Grundstück zum 1. September 2012. Der Vertrag sah in § 2 vor, dass die Entnahme unentgeltlich erfolgen solle. Auf den Vertrag sowie den entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung vom ... Juni 2012 wird Bezug genommen (...). E wurde am ... 2012 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin buchte das Grundstück mit einem Buchwert von ... € erfolgswirksam aus und rechnete diesen außerordentlichen Aufwand außerbilanziell wieder hinzu. Der Kapitalanteil (Festanteil) wurde nicht erhöht. In der Bilanz zum 31. Dezember 2012 ist das Gesellschafterverrechnungskonto von E mit einem Stand von ... € ausgewiesen. Im Einzelnen:
Stand 1. Januar 2012 ... €
Entnahmen - ... €
Einlagen ... €
Zinsen ... €
Stand 31. Dezember 2012 ... €
Das Grundstück wurde zum Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen der E bei der B KG überführt.
Am 25. September 2013 erklärte E zum Ausgleich der bilanziellen Überschuldung der Klägerin einen umfassenden Rangrücktritt über das Gesellschafterverrechnungskonto.
E erließ mit Vertrag vom ... 2017 eine Forderung gegenüber der Klägerin aus dem Gesellschafterverrechnungskonto i.H.v. ... €.
Am 10. April 2014 erließ der Beklagte erklärungsgemäß den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2012 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2012, jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 9. Mai 2017 führte der Beklagte vom 29. September 2017 bis zum 26. Juni 2019 eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, die Entnahme des Grundstücks sei als teilentgeltliche Übertragung einzuordnen, denn mit der Entnahme des Grundstücks sei zugleich die Verbindlichkeit i.H.v. ... € gegenüber E entnommen worden, was ein Entgelt für die Übertragung des Grundstücks darstelle. Zur Ermittlung des Verkehrswertes des Grundstücks bezog sich der Betriebsprüfer auf ein Kurzgutachten eines Bausachverständigen des Finanzamtes für Verkehrsteuern und Grundbesitz vom 29. April 2019. Hiernach betrug der Verkehrswert des Grundstücks zum 1. September 2019 ... €. Auf das Kurzgutachten wird Bezug genommen (...). Nach Auffassung des Betriebsprüfers sei bei der teilentgeltlichen Übertragung die sog. strenge Trennungstheorie anzuwenden, um die aufgedeckten stillen Reserven zu ermitteln. Hiernach sei der Übertragungsvorgang im Verhältnis des zu leistenden Entgelts zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsgutes in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Dabei komme es hinsichtlich des entgeltlichen Übertragungsanteils stets zu einer anteiligen Realisierung der stillen Reserven in Höhe des Unterschiedes zwischen Teilentgelt und anteiligem Buchwert. Der Betriebsprüfer ermittelte die aufzudeckenden stillen Reserven wie folgt:
Verkehrswerte in € Anteil in %
Bodenwert ... 40,40
bauliche Anlagen ... 59,60
Summe ...
Entgelte (Verbindlichkeit) gesamt ...
Anteil Entgelt Grund und Boden (40,40%) ...
Anteil Entgelt bauliche Anlagen (59,60%) ...
Ermittlung des Veräußerungsgewinns:
für Grund und Boden:
Anteil Entgelt Grund und Boden ...
Verkehrswert (Bodenwert) ...
Verhältnis = 39,48 %
Buchwert für Grund und Boden lt. Bilanz ...
anteiliger Buchwert ...
anteiliges Entgelt Grund und Boden ...
- anteiliger Buchwert Grund und Boden ...
anteiliger Veräußerungsgewinn Grund und Boden ...
für bauliche Anlagen
Anteil Entgelt bauliche Anlagen ...
Anteil Verkehrswert bauliche Anlagen ...
Verhältnis = 39,48%
Buchwert für bauliche Anlagen lt. Bilanz ...
anteiliger Buchwert ...
anteiliges Entgelt bauliche Anlagen ...
-anteiliger Buchwert bauliche Anlagen ...
anteiliger Veräußerungsgewinn bauliche Anlagen ...
Entsprechend dieser Feststellung erließ der Beklagte am 13. September 2019 Änderungsbescheide für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012.
Hiergegen legte die Klägerin am 15. Oktober 2019 Einspruch ein. Sie vertrat die Ansicht, es liege eine unentgeltliche Übertragung vor. Die Tilgung des Darlehns sei durch sie, die Klägerin, erfolgt. E habe ihr lediglich die Mittel zur Verfügung gestellt. Da jeder Unternehmer in der Entscheidung frei sei, ob er sein Unternehmen unter Einsatz von Eigenkapital oder Fremdkapital führe (vgl. Beschluss des Großen Senats vom 8. Dezember 1997, GrS 1-2/95, Bundessteuerblatt Teil II -BStBl II- 1998, 193), könne die Zuführung von Eigenmitteln, die zur Tilgung von Fremdmitteln verwendet würden, nicht in eine Gegenleistung für die zu einem späteren Zeitpunkt vereinbarte Übertragung des Grundstücks umgedeutet werden. Grund für die vorzeitige Tilgung sei die hohe Zinsbelastung gewesen. Bereits Ende 2011 seien Gespräche mit der Bank über eine vorzeitige Tilgung geführt worden. Die Klägerin habe Zinsen i.H.v. 4,65 % zahlen müssen. E haben hingegen über hohe Eigenmittel verfügt, für die sie Bankzinsen von unter 2 % erhalten habe. Dies habe sie veranlasst, die Klägerin mit mehr Eigenmitteln auszustatten, und habe zur Verminderung des Fremdkapitals bei der Klägerin geführt. Die Übertragung des Grundstücks aus dem Gesamthandsvermögen der Klägerin in das Sonderbetriebsvermögen der E bei der B KG sei erst ein halbes Jahr später und - nach dem ausdrücklichen Willen aller Beteiligten - unentgeltlich erfolgt. Die Übertragung sei in der Buchhaltung als Aufwand erfasst worden. Es sei weder das Gesellschafterverrechnungskonto noch das Kapitalkonto angesprochen worden. Mit der Entnahme des Grundstücks sei kein Fremdkapital entnommen worden, denn die Verbindlichkeit auf dem variablen Kapitalkonto stelle steuerlich Eigenkapital dar. Eine in der Gesamthandsbilanz gegenüber einem Gesellschafter ausgewiesene Verbindlichkeit stelle aus dem Zusammenspiel von Gesamthands- und Sonderbilanz gerade Eigenkapital dar. Eine "Zwangsentnahme" für Eigenkapital kenne das Steuerrecht nicht. Soweit E im Jahr 2017 auf die Rückzahlung des überwiegenden Teils ihres variablen Kapitalkontos zum Ausgleich des Sonderverlustkontos in der Gesamthandsbilanz verzichtet habe, stehe dies in keinem Zusammenhang zur Übertragung des Grundstücks im Jahr 2012. Der Verzicht sei notwendig geworden, weil durch die Entscheidung, neue Wohnungsbauten im Privatvermögen durchzuführen, festgestanden habe, dass die Gewinne der Grundstücksgesellschaft nicht ausreichen würden, um in absehbarer Zeit das Verlustsonderkonto auszugleichen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 4. März 2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zwar sei mit dem Entnahmevertrag vom ... 2012 die Unentgeltlichkeit vereinbart worden. Die tatsächliche Durchführung spreche aber für eine entgeltliche Übertragung. Auf etwaige unterlassene Buchungen komme es nicht an. E habe eine Einlage i.H.v. ... € erbracht, welche auf dem Gesellschafterverrechnungskonto gutgeschrieben worden sei. Dieses Gesellschafterverrechnungskonto sei nicht als Eigenkapital, sondern als Fremdkapital einzuordnen, da auf dem Verrechnungskonto keine Verluste gebucht, sondern hierfür das Verlustsonderkonto geführt werde (Bundesministerium der Finanzen -BMF-, Schreiben vom 30. Mai 1997, Bundessteuerblatt Teil I -BStBl I- 1997, 627, dort Nr. 4). Durch die Einlage sei damit eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber E entstanden. Diese Einlage sei auch verzinst worden. Vor der Rückzahlung des Darlehns sei dieses als betriebliche Schuld einzuordnen gewesen. Mit der Einlage sei lediglich eine Umschuldung erfolgt, denn die Tilgung sei aus Mitteln erfolgt, die E zur Verfügung gestellt habe. Bis zur Entnahme des Grundstücks stelle das Gesellschafterverrechnungskonto damit eine betriebliche Schuld der Klägerin dar. Durch Übertragung des Grundstücks komme es zugleich zur Übertragung der Verbindlichkeit (R 4.2 Abs. 15 Satz 1 der Einkommensteuerrichtlinien -EStR-), so dass die Übertragung entgeltlich erfolgt sei. Auch der zeitliche Abstand von einem halben Jahr zwischen Darlehnstilgung und Entnahmevertrag spreche nicht gegen eine einheitliche Betrachtung, da dieser zeitliche Abstand als gering einzuordnen sei; er spreche vielmehr für einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang der Vorgänge.
Hiergegen hat die Klägerin am 9. April 2020 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Die Übertragung des Grundstücks sei unentgeltlich erfolgt. Schon nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 11. Juli 2011 (BStBl I 2011, 713, Tz. 15) erfolge eine Übertragung unentgeltlich, wenn die Entnahme nicht zu einer Minderung der Gesellschafterrechte führe und demzufolge nur das gesamthänderisch gebundene Kapitalrücklagenkonto gemindert werde oder wenn - wie hier - die Entnahme als Aufwand gebucht werde. Eine Übernahme von Verbindlichkeiten habe im Zuge der Entnahme gerade nicht stattgefunden, E habe sie, die Klägerin, im Zuge der Entnahme nicht von der Verpflichtung aus dem Darlehnsvertrag befreit.
Die Grundsätze, wonach eine betriebliche Schuld mit dem finanzierten Wirtschaftsgut zwingend zusammen entnommen werde, seien nicht auf den hiesigen Fall übertragbar. Die Verbindlichkeit gegenüber E auf dem Gesellschafterverrechnungskonto sei steuerlich als Eigenkapital einzuordnen, weshalb bereits keine betriebliche Schuld anzunehmen sei. Zudem sei jedenfalls zivilrechtlich keine Übernahme der Verbindlichkeit eingetreten, so dass auch deshalb keine Entgeltlichkeit anzunehmen sei.
Ferner sei zur Ermittlung eines etwaigen Veräußerungsgewinns entgegen der Auffassung des Beklagten nicht die strenge sondern die modifizierte Trennungstheorie anzuwenden. In Abweichung zur strengen Trennungstheorie werde hierbei der gesamte Buchwert des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts vollständig dem entgeltlichen Teil der Übertragung zugeordnet. Hiernach sei also bei der Frage, ob die entgeltliche Übertragung auf Seiten des Übertragenden zu einer Gewinnrealisierung führe, zu prüfen, ob das anteilige Entgelt den gesamten Buchwert des Wirtschaftsguts übersteige. Unter Anwendung dieser Grundsätze sei keine Gewinnrealisierung anzunehmen, da das Teilentgelt sowohl beim Grund und Boden als auch bei den baulichen Anlagen den gesamten Buchwert nicht übersteige:
anteiliges Entgelt Grund und Boden ... €
gesamter Buchwert Grund und Boden ... €
anteiliges Entgelt bauliche Anlagen ... €
gesamter Buchwert bauliche Anlagen ... €
Soweit das Entgelt hinter dem Verkehrswert zurückbleibe, sei die Übertragung ohnehin unentgeltlich durchgeführt worden (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 19. September 2012, IV R 11/12, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2012, 1880, II. 1 b) Rn. 12). Der BFH habe sich für die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie ausgesprochen, unabhängig davon, ob eine Entnahme vorliege oder nicht, denn der BFH verweise darauf, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei unentgeltlichen Übertragungen ohne Entnahmecharakter lediglich klarstellende Bedeutung habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2012, jeweils vom 13. September 2019 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2020, dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € niedriger festgestellt bzw. angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertieft sein bisheriges Vorbringen.
Die Übertragung sei nicht unentgeltlich erfolgt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die strenge Trennungstheorie anzuwenden (BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2011, BStBl I 2011, 1279). Soweit der BFH im Urteil vom 19. September 2012 (IV R 11/12, BFH/NV 2012, 1880) die modifizierte Trennungstheorie angewandt habe, sei der hiesige Sachverhalt nicht mit dem vom BFH entschiedenen Fall vergleichbar. Im vom BFH zu entscheidenden Fall sei gerade keine Entnahme erfolgt, sondern es seien Grundstücke nebst Verbindlichkeiten vom Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen übertragen worden. Der BFH habe zudem die Frage, welche Rechtsfolge bei Entnahme des Differenzbetrags eintrete, offen gelassen.
Zudem stehe der Wortlaut "soweit" der Anwendung der modifizierten Trennungstheorie entgegen. Auch der X. Senat des BFH habe sich bei vorläufiger Betrachtung für die Anwendung der strengen Trennungstheorie ausgesprochen (BFH, Vorlagebeschluss an den Großen Senat vom 27. Oktober 2015, X R 28/12, BStBl II 2016, 81).
Das Gericht hat die Zeugin L als im Streitzeitraum beratende Steuerberaterin vernommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme sowie im Übrigen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2023 und des Erörterungstermins vom 27. Oktober 2022 Bezug genommen.
...
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angefochtenen Änderungsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
1. Es erweist sich als rechtswidrig, dass der Beklagte in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 und Gewerbesteuermessbetrag für 2012 Einkünfte der Klägerin in Höhe von ... € als laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt bzw. angesetzt hat. Stille Reserven wurden nicht aufgedeckt, denn die Übertragung des Grundstücks erfolgte unentgeltlich i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG.
a) Die Übertragung des Grundstücks erfolgte unentgeltlich, da die Klägerin keine Gegenleistung erhalten hat.
aa) (1) Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist - wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird - bei der Überführung der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG gilt § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG u.a. entsprechend, soweit - wie hier - ein Wirtschaftsgut aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen eines ihrer Mitunternehmer bei einer anderen Mitunternehmerschaft übertragen wird und die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschafterrechten erfolgt.
(2) Die Gewährung von Gesellschafterrechten setzt die erstmalige Einräumung eines Mitunternehmer-Anteils oder - bei bereits bestehender Mitunternehmer-Stellung - eine Erhöhung des Kapitalanteils voraus, nach dem sich die maßgebenden Gesellschaftsrechte, d. h. die Stimm- und Gewinnbezugsrechte, richten. Das ist regelmäßig der sog. feste Kapitalanteil, der i. d. R. auf dem Kapitalkonto I ausgewiesen wird (Ehmcke/Krumm in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 165. Lfg. Dezember 2022, § 6 Rn. 1334 i.V.m. 1323 f.).
(3) Die Übertragung erfolgt unentgeltlich, wenn derjenige, der das Wirtschaftsgut überträgt, hierfür keine Gegenleistung erhält (Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. L 36, Stand Februar 2023; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Auflage 2023, § 6 Rn. 230; Kulosa in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 6 Rn. 782). Eine Gegenleistung ist grundsätzlich sowohl die Hingabe von Aktiva als auch die Übernahme von Verbindlichkeiten (Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. L 36, Stand Februar 2023; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Auflage 2023, § 6 Rn. 230; vgl. bspw. BFH, Urteil vom 3. August 2022, IV R 16/19, BFH/NV 2023, 120). Erforderlich ist allerdings, dass der Übergeber die Vermögensübertragung von der Gewährung des in der Übernahme der Verbindlichkeiten liegenden Vorteils durch den Übernehmer abhängig macht und dadurch ein Entgelt erlangt (BFH, Urteil vom 3. August 2022, IV R 16/19, BFH/NV 2023, 120, unter Verweis auf BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. Juli 1990, GrS 4-6/89, BStBl II 1990, 847, unter C.II.3.b, juris Rn. 84). Es kann im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob der Vermögensempfänger den zur Ablösung der Verpflichtung erforderlichen Betrag an den Übergeber zahlt oder ob er die Verpflichtung vom Übergeber übernimmt (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 5. Juli 1990, GrS 4-6/89, BStBl II 1990, 847, unter C.II.3.b, juris Rn. 84). Allein der Umstand, dass zwischen der Übertragung eines Wirtschaftsguts und der Übernahme einer Verbindlichkeit ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, kann nicht ohne weiteres den Schluss auf das Bestehen einer Vereinbarung, nach der die Übertragung des Wirtschaftsguts nur gegen Übernahme der Verbindlichkeit erfolgen soll, begründen (BFH, Urteil vom 3. August 2022, IV R 16/19, BFH/NV 2023, 120).
Eine teilentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn die Gegenleistung den Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts unterschreitet (Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Auflage 2023, § 6 Rn. 230).
Korn/Strahl gehen davon aus, dass eine Gegenleistung nur anzunehmen ist, wenn Verbindlichkeiten tatsächlich übernommen werden, nicht aber, wenn diese zurückbehalten werden (Korn/Strahl in Korn, EStG, Stand September 2022, § 6 Rn. 498.1). Auch Ley (Die Unternehmensbesteuerung -Ubg- 2010, 767) und Böhme/Forster (Betriebs-Berater -BB- 2003, 1979) sind der Auffassung, dass Verbindlichkeiten zurückbehalten werden können. Ley (Ubg 2010, 767) schlägt als Gestaltungsmöglichkeit zudem vor, eine Schuld zunächst mittels einer Einlage zu tilgen und dann das Wirtschaftsgut zu übertragen. Für den Fall der Einbringung eines finanzierten Wirtschaftsguts schlagen Böhme/Forster (BB 2003, 1979) vor, zunächst die Schuld zu tilgen, sodann das unbelastete Wirtschaftsgut zu übertragen und den entsprechenden Geldbetrag im Anschluss zu entnehmen. Im Anschluss solle die übernehmende Gesellschaft, falls notwendig, ein Darlehn zur Liquiditätssteigerung aufnehmen.
Auch in der Rechtsprechung wird ein Zurückbehalten einer Verbindlichkeit für möglich erachtet. So hat der BFH in einem Fall, in dem ein Mitunternehmer einer Kommanditgesellschaft (-KG- 1) ein fremdfinanziertes Grundstück zunächst der KG 1 zur Nutzung überließ (und das Grundstück nebst Verbindlichkeit sich damit im Sonderbetriebsvermögen befanden) und dieses Grundstück dann in das Gesamthandsvermögen einer weiteren KG (KG 2) einlegte und die Verbindlichkeit dabei zurückbehielt, diesen Rückbehalt nicht beanstandet (BFH, Beschluss vom 27. April 2017, IV B 53/16, BFH/NV 2017, 1032).
bb) Nach den allgemeinen Grundsätzen der Feststellungslast trägt im Regelfall die Finanzbehörde die Feststellungslast für die Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Steueranspruch geltend machen zu können, der in Anspruch genommene Steuerpflichtige dagegen für Tatsachen, die Steuerbefreiungen und -ermäßigungen begründen oder einen Steueranspruch aufheben oder einschränken. Ausnahmen von dieser Grundregel sind möglich (BFH, Urteil vom 7. Juli 1983, VII R 43/80, BStBl II 1983, 760 m. w. N.).
cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen trägt die Klägerin die Feststellungslast dafür, dass das Grundstück unentgeltlich übertragen wurde, denn § 6 Abs. 5 EStG lässt zugunsten der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der allgemeinen Bewertungsnorm des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu, nach der Entnahmen mit dem Teilwert anzusetzen sind.
Dieser Nachweis ist der Klägerin gelungen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass die Übertragung des Grundstücks unentgeltlich erfolgte. Die Klägerin hat kein Entgelt erlangt (1). Jedenfalls aber hat die Klägerin die Übertragung des Grundstücks nicht von einer Gegenleistung abhängig gemacht (2). Die Übertragung des Grundstücks zum Buchwert kann nicht unter Verweis auf einen etwaigen Gesamtplan im Sinne der sog. Gesamtplanrechtsprechung des BFH versagt werden (3).
(1) Die Klägerin hat keine Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks erhalten. Weder durch die Überweisung von E am 7. Februar 2012 (a) noch bei Entnahme des Grundstücks (b) hat die Klägerin ein Entgelt erlangt.
a) Die Zahlung der E am 7. Februar 2012 an die Klägerin stellt keine Gegenleistung für die spätere Grundstücksübertragung, sondern eine vermögensneutrale Darlehnsgewährung dar.
Die Klägerin erfasste die Zahlung von E auf dem Gesellschafterverrechnungskonto. Dieses ist nach der Ausgestaltung im Gesellschaftsvertrag ein Darlehnskonto, so dass nunmehr eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber E begründet wurde. Das Gesellschafterverrechnungskonto ist als Fremdkapital einzuordnen.
(aa) Führt eine Personengesellschaft für ihre Gesellschafter mehrere Konten, ist anhand des Gesellschaftsvertrags zu ermitteln, ob es sich um Eigenkapitalkonten handelt oder die Konten Forderungen bzw. Schulden ausweisen. Die Abgrenzung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital der Gesellschaft richtet sich danach, ob der auf einem Konto gebuchte Betrag für Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet oder nicht (Heuermann in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Stand Februar 2023, § 15a EStG Rn. 88). Ob eine solche Haftung besteht, kann daran festgemacht werden, ob Verlustanteile des Gesellschafters mit einem solchen Konto zu verrechnen sind. Eine nur bei Ausscheiden des Gesellschafters oder Liquidation der Gesellschaft stattfindende Verlustverrechnung reicht aus, um ein Konto als Eigenkapital der Gesellschaft zu qualifizieren, wenn gewisse Entnahmebeschränkungen bestehen (BFH, Urteil vom 16. Oktober 2008, IV R 98/06, BStBl II 2009, 272).
(bb) Nach § 120 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) ist für Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und Komplementäre einer KG ein einziges variables Kapitalkonto zu bilden, dessen Bestand dem Kapitalanteil entspricht (erste Einlage plus Gewinnanteile minus Entnahmen und Verluste). Für Kommanditisten sieht das Gesetz zwei Gesellschafterkonten vor. Auch der Kommanditist hat ein bewegliches Kapitalkonto i.S.d. § 120 HGB. Sein Kapitalanteil ist jedoch durch § 167 Abs. 2 HGB auf den Betrag der vertraglich festgesetzten Einlage (Haft- und ggf. Pflichteinlage) beschränkt. Soweit er seine Einlage erbracht hat, werden daher weitere Gewinne einem zweiten Konto gutgeschrieben. Dieses Konto weist eine jederzeit fällige Forderung des Kommanditisten gegen die Gesellschaft aus. Das gilt unabhängig davon, ob die Entnahmen beschränkt sind. Dieses zweite Konto ist zu unterscheiden von dem nachstehend beschriebenen variablen "Kapitalkonto II", das nach der Vertragspraxis üblich ist, weil das Einlagekonto (Kapitalkonto I) als festes Konto geführt werden soll (hierzu insgesamt umfassend: BFH, Urteil vom 16. Oktober 2008, IV R 98/06, BStBl II 2009, 272).
(cc) In der Praxis gibt es unterschiedliche Kontenmodelle. Beim sog. Zwei-Konten-Modell wird ein festes Konto (Kapitalkonto I) geführt, auf dem die vereinbarte Einlage verbucht wird. Daneben wird ein variables Konto geführt. Auf ihm werden Gewinnanteile, Verluste und Entnahmen gebucht. Das führt bei Kommanditisten dazu, dass entgegen § 167 Abs. 2 HGB Gewinne aus den Vorjahren mit Verlusten verrechnet werden. Bei diesem Konto handelt es sich um ein Kapitalkonto. Das versteht sich für den persönlich haftenden Gesellschafter von selbst, gilt aber wegen der Möglichkeit, dass Vorjahresgewinne durch Verluste aufgezehrt werden, auch für Kommanditisten (Ley, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2009, 613).
Beim sog. Drei-Konten-Modell wird ein drittes Konto (Darlehenskonto) eingerichtet, das die entnahmefähigen Gewinnanteile aufnimmt und zur Verbuchung sonstiger Einlagen sowie von Entnahmen dient (Ley, DStR, 2009, 613), da beim Kommanditisten die "Haftung" stehen gelassener Gewinne durch spätere Verluste eigentlich der Konzeption dieser Gesellschaftsform widerspricht. Das Kapitalkonto II erfasst dagegen nur die nicht entnahmefähigen Gewinne sowie die Verluste; es ist ein Unterkonto zum Kapitalkonto I und hat daher Eigenkapitalcharakter. Dagegen weist das (passivische) Darlehenskonto eine unentziehbare Forderung des Kommanditisten aus (Wüllenkemper, BB 1991, 1904).
(dd) Das hier in Rede stehende Gesellschafterverrechnungskonto im Drei-Konten-Modell ist hiernach als Fremdkapital einzuordnen. Dagegen spricht nicht, dass der Gesellschaftsvertrag insoweit keine Bestimmungen zu Tilgungs- oder Rückzahlungsmodalitäten sowie zur Gestellung von Sicherheiten enthält. Solche Kriterien mögen im Einzelfall für den Darlehenscharakter des Kontos sprechen (BFH, Urteil vom 4. Mai 2000, I R 16/99, BStBl II 2001, 171). Der Umkehrschluss, dass es sich bei Fehlen solcher Bestimmungen um ein Kapitalkonto handelt, ist jedoch nicht zulässig, wenn feststeht, dass das Kontenguthaben jederzeit entnahmefähig ist (BFH, Urteil vom 16. Oktober 2008, IV R 98/06, BStBl II 2009, 272). Vielmehr sollte das Gesellschafterverrechnungskonto gerade alle laufenden Entnahmen und Einlagen aufnehmen und eine Verzinsung war vorgesehen. Gewinne wurden nur erfasst, soweit sie nicht auf dem Verlustkonto gutzuschreiben waren.
(b) Eine Gegenleistung erfolgte auch nicht durch eine von der Beklagtenseite angenommene Entnahme der Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber E bei Entnahme des Grundstücks. Denn tatsächlich ist die Klägerin nicht von dieser Verbindlichkeit befreit worden.
(aa) Ob Schulden der Erwerbsphäre zuzuordnen sind, ist anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehnsmittel zu beurteilen. Entscheidend ist, ob bei wertender Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments" ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Eine betriebliche Schuld behält diese Eigenschaft in der Regel bis zu ihrem Erlöschen bei (BFH, Urteil vom 7. Mai 1965, VI 217/64 U, Bundessteuerblatt Teil III -BStBl III- 1965, 445). Aufgrund des steuerrechtlichen Zurechnungszusammenhangs zwischen finanziertem Gegenstand und Kreditaufnahme ist in der Rechtsprechung des BFH jedoch anerkannt, dass eine Betriebsschuld in das Privatvermögen überführt wird, wenn der Steuerpflichtige mit dem Darlehen ein betrieblichen Zwecken dienendes Wirtschaftsgut erwirbt und dieses zu einem späteren Zeitpunkt dem Betrieb entnimmt (BFH, Urteile vom 24. August 1956, III 218/54 S, BStBl III 1956, 325; vom 7. Mai 1965, VI 217/64 U, BStBl III 1965, 445). Ein Darlehen, das zur Ablösung eines Kredits aufgenommen wurde, ist daher nur insoweit als Betriebsschuld passivierbar, als die getilgte Kreditschuld dem Betriebsvermögen zuzurechnen war (BFH, Urteil vom 24. August 1956, III 218/54 S, BStBl III 1956, 32). Soll eine Betriebsschuld aus privaten Mitteln getilgt werden, sind diese zuvor als Einlage dem Betriebsvermögen zuzuführen (BFH, Urteil vom 7. Mai 1965, VI 217/64 U, BStBl III 1965, 445; vgl. insgesamt zur Entnahme und damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten: BFH, Beschluss des Großen Senats vom 4. Juli 1990, GrS-2 3/88, BStBl II 1990, 817 unter C., II, 3, b) und d) m.w.N.). In einer späteren Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass für den Fall, dass ein Gesellschafter (z.B. durch Entnahme) der Personengesellschaft liquide Mittel entzieht, die sie später benötigt und sich dann durch ein Darlehen beschafft, das Darlehen betrieblich veranlasst ist, es sei denn, Entnahme und Darlehensaufnahme sind zusammenhängende Vorgänge (BFH, Urteil vom 5. März 1991, VIII R 93/84, BStBl II 1991, 516).
(bb) Ausgehend hiervon ist die Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber E zunächst als betriebliche Schuld einzuordnen, denn sie löste die Verbindlichkeit gegenüber der K ab, welche der Bebauung des betrieblich genutzten Grundstücks diente.
Insoweit ist nach den obigen Grundsätzen, denen der Senat sich anschließt, mit der Entnahme des Grundstücks steuerlich auch die Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber E in das Privatvermögen überführt worden. Da die Verbindlichkeit zivilrechtlich aber bestehen bleibt, ist sie in das Privatvermögen der Klägerin übergegangen (vgl. zum Privatvermögen von Personengesellschaften: BFH, Urteil vom 9. Mai 1996, IV R 64/93, BStBl II 1996, 642). Ein Übergang in das (Privat-) Vermögen von E mit der Folge eines Erlöschens der Verbindlichkeit durch Konfusion (vgl. dazu Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 23. April 2009, IX ZR 19/08, Der Betrieb -DB- 2009, 1234) hat nicht stattgefunden. Zivilrechtlich hat E auch keinen Verzicht auf ihre Forderung gegenüber der Klägerin erklärt. Auch aus den glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugin L ergeben sich keine Hinweise auf einen im Jahr 2012 erklärten Verzicht. Damit ist die Verbindlichkeit der Klägerin nicht erloschen, ein Vermögenszuwachs ist bei ihr nicht entstanden. Soweit E erst fünf Jahre später im Jahr 2017 einen umfassenden Verzicht auf ihre Forderung aus dem Gesellschafterverrechnungskonto gegenüber der Klägerin erklärt hat, zeigt dies gerade, dass zuvor die Klägerin und E vom Fortbestehen der Verbindlichkeit ausgingen. Der im Jahr 2017 erklärte Verzicht kann schon mangels zeitlichem Zusammenhang nicht als ein Entgelt für die Übertragung im Jahr 2012 angesehen werden.
(2) Selbst wenn man einen Vermögensvorteil auf Seiten der Klägerin annähme, so hat die Klägerin die Übertragung des Grundstücks jedenfalls nicht von einem Entgelt abhängig gemacht.
(a) Aus dem Entnahmevertrag ergibt sich gerade keine Abhängigkeit der Übertragung von einem Entgelt. In § 2 des Entnahmevertrags wurde ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Übertragung des Grundstücks geregelt. Die Klägerin und E haben nicht vereinbart, dass die Klägerin aus ihrer Verbindlichkeit gegenüber E aus dem Gesellschafterverrechnungskonto nicht mehr verpflichtet sein soll.
(b) Auch aus den Angaben der Zeugin L ergibt sich nicht, dass die Klägerin die Übertragung des Grundstücks auf E davon abhängig gemacht hätte, dass diese auf ihre Forderung gegenüber der Klägerin verzichtet und damit zugleich die Verbindlichkeit der Klägerin ihr gegenüber gleichsam "übernimmt".
(c) Zudem liegt kein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang vor, der den Schluss auf das Bestehen einer Vereinbarung, nach der die Übertragung des Wirtschaftsguts nur gegen Übernahme der Verbindlichkeit erfolgen soll, begründen könnte. Darüber hinaus fehlt es an - nach der Rechtsprechung aber erforderlichen - weiteren Elementen, die einen solchen Schluss rechtfertigen könnten.
(aa) Es kann dahinstehen, ob ein zeitlicher Zusammenhang angesichts der Verhandlungen über die Darlehnsrückzahlung Ende des Jahres 2011, der Überweisung am 7. Februar 2012 und dem Vorliegen des Entwurfs des Entnahmevertrags bei Fassung des entsprechenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung am ... Juni 2012 anzunehmen ist. Denn jedenfalls genügt ein allein zeitlicher Zusammenhand nach der Rechtsprechung gerade nicht.
(bb) Ein sachlicher Zusammenhang besteht nicht.
Für die Überweisung des zur Ablösung des Bankdarlehns erforderlichen Betrags liegt ein eigener Sachgrund vor. Nachdem bereits Ende 2011 über die Rückzahlung des Darlehns mit der K verhandelt worden war, wie die Zeugin bestätigte, stellte E der Klägerin am 7. Februar 2012 den zur Tilgung des Kredites bei der K erforderlichen Betrag zur Verfügung, um für die Klägerin die Zinslast zu verringern und zugleich für sich selbst eine - im Vergleich zum allgemeinen Kapitalmarkt - bessere Verzinsung zu erreichen. Dies ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin L. Dies wird auch objektiv bestätigt, denn insoweit wurde angesichts des mit der K vereinbarten Zinssatzes von 4,65 % und der gegenüber E zu leistenden niedrigeren Verzinsung (Zinssatz 2 % über dem Basiszinssatz bei einem Basiszinssatz von 0,12 % im Jahr 2012 (vgl. https://www.bundesbank.de/de/bundesbank/organisation/agb-und-regelungen/basiszinssatz-607820, zuletzt abgerufen am 5. Juni 2023) die bisherige Fremdfinanzierung beendet und durch eine "günstigere" ersetzt.
Auch für die Entnahme des Grundstücks liegt ein eigenständiger Sachgrund vor. Nach den glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugin L war Hintergrund der Entnahme der bis dahin doppelte Anfall von Gewerbesteuer bei der Klägerin einerseits und bei der B KG durch die Neufassung der Regelung des § 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) andererseits, was nach ihren Angaben bei Erstellung der Steuererklärungen Anfang des Jahres 2012 aufgefallen war. Diese Überlegung stellt aber gerade einen wirtschaftlich beachtlichen Grund dar. Denn bis zur Unternehmensteuerreform 2008 (Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007, Bundesgesetzblatt Teil I -BGBl I- 2007, 1912) unterblieb die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für unbewegliches Vermögen nach § 8 Nr. 7 GewStG a.F. grundsätzlich, wenn sie beim Vermieter der Gewerbesteuer unterlagen (vgl. bspw. Hofmeister in Blümich, EStG - KStG - GewStG, 98. Auflage 2008, § 8 GewStG Rn. 601).
(3) Die Übertragung des Grundstücks zum Buchwert kann nicht unter Verweis auf einen etwaigen Gesamtplan im Sinne der sog. Gesamtplanrechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Beschluss vom 19. Januar 2011, X B 43/10, BFH/NV 2011, 636) versagt werden.
(a) Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Rechtsfigur des Gesamtplans lediglich um einen speziellen Anwendungsfall des § 42 der Abgabenordnung (-AO-; vgl. BFH, Beschluss vom 19. Januar 2011, X B 43/10, BFH/NV 2011, 636) oder um eine davon unabhängige eigenständige steuerrechtliche Würdigung mehrerer wirtschaftlich zusammenhängender Sachverhalte anhand des Normzwecks handelt (so zuletzt BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014, IV R 57/11, BStBl II 2015, 536). Ein steuerschädlicher Gesamtplan im Sinne der Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.
(b) Ein Gesamtplan im Sinne der Rechtsprechung des BFH ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans "künstlich" zergliedert wird und den einzelnen Teilakten dabei nur insoweit Bedeutung zukommt, als sie die Erreichung des Endzustandes fördern (Stöber in Gosch, AO/FGO, Stand Mai 2023, § 42 AO Rn. 86). Dementsprechend ist ein Gesamtplan zu verneinen, wenn wirtschaftliche Gründe für die einzelnen Teilschritte vorliegen und es dem Steuerpflichtigen gerade auf die Konsequenzen dieser Teilschritte ankommt (vgl. BFH, Urteil vom 9. November 2000, IV R 60/99, BStBl II 2001, 101).
(c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein Gesamtplan vorliegend nicht gegeben. Die einzelnen Teilschritte haben eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung (vgl. 1.a.cc.(2).(c).(bb).). Zu beachten ist zudem, dass die stillen Reserven im Ergebnis steuerverstrickt bleiben.
b) Die von den Beteiligten zudem erörterte Frage, ob bei teilentgeltlicher Übertragung im konkreten Fall stille Reserven nach der strengen oder der modifizierten Trennungstheorie zu ermitteln sind, kann damit im hiesigen Verfahren unentschieden bleiben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155 Satz 1, 151 Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.