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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
15.03.2013
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rentabilitätsminderung eines vermieteten Objekts AfaA rechtfertigt

FG Münster, Urteil vom 24.1.2013 – 11 K 4248/10 E, Rev. zugelassen

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2013-688-1 unter www.betriebs-berater.de

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS) Nicht jedweder eklatante Mietpreisverfall, der sich nach dem Auszug eines Mieters zeigt, begründet eine AfaA. Es bedarf weiterhin eines von außen unmittelbar auf das Objekt einwirkenden Ereignisses, das zu einer Nutzungseinschränkung führt.

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 7

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob im Jahr 2007 (Streitjahr) eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) bezogen auf eine Immobilie der Klägerin zulässig ist. Soweit die Klage zunächst auch die Einkommensteuer der Jahre 2008 und 2009 betroffen hat, ist das Verfahren durch Beschluss vom 11.1.2013 abgetrennt und von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden (11 K 182/13 E).

Die Klägerin erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die hieraus erklärten negativen Einkünften in Höhe von ... Euro resultieren unter anderem aus einer AfaA in Höhe von ... Euro in Bezug auf das Objekt „X.", das zum 31.12.2006 einen Buchwert von ... Euro besaß. Diese begründete die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 17.9.2008 (IX R 64/07) damit, dass bis zur Kündigung der Hauptmieterin im Jahr 2006 Mieten in Höhe von ... Euro/Jahr erzielt worden seien, aktuell hingegen - trotz intensiver Bemühungen und einjährigem Leerstand - lediglich noch ... Euro erwirtschaftet werden könnten.

Die Klägerin hatte das streitgegenständliche Teileigentum an dem Objekt „X." in N. im Jahr 1999 vom Konkursverwalter der O. GmbH zum Preis von insgesamt ... DM (brutto) erworben. Die O. GmbH hatte die Gewerbeeinheit errichtet und im Jahr 1996 fertiggestellt. Das Teileigentum der Klägerin besteht aus einer im Kellergeschoss gelegenen Gewerbeeinheit (Nr. ... - Nutzfläche 860m²) mit dem zugehörigen Miteigentumsanteil an der Straßenparzelle. Es ist von der Hofseite ebenerdig zu begehen und umfasst drei Ladenlokale sowie drei Garagen.

Mit dem Erwerb des Teileigentums hatte die Klägerin die bestehenden Mietverträge, unter anderem einen bereits Ende 1993 von der O. GmbH mit der Immobilienverwaltungsgesellschaft Z. Y., V. Y. u.a. geschlossenen Mietvertrag über das größte der drei Ladenlokale (Größe ca. 783 m², Verkaufsfläche ca. 602 m², Lager ca. 153 m², Sozialräume ca. 28 m²), in dem die Mieterin ein Discounthandelsgeschäft betrieb, übernommen. Gemäß Mietvertrag sollte die bauliche und technische Ausstattung entsprechend der dem Mietvertrag beigefügten Baubeschreibung hergestellt und gewährleistet werden. Der Mietvertrag sollte mit der Übergabe des bezugsfertigen Objektes beginnen [...] und am 30.6.2005 enden. Der Mieterin war allerdings ein Optionsrecht eingeräumt. Danach konnte sie durch einseitige Erklärung das Mietverhältnis sechsmal um je drei Jahre verlängern. [...]

Die beiden weiteren Mieter des Teileigentums nutzten Ladenlokale in einer Größe von insgesamt 114m².

Mit Schreiben vom 24.5.2004 teilte die Hauptmieterin der Klägerin mit, dass sie den Mietvertrag, der zum 30.6.2005 ende, bis zum 30.6.2006 verlängere und zugleich auf die noch bestehenden nachfolgenden Optionsrechte verzichte.

Der Beklagte berücksichtigte die AfaA für das Objekt bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 2007 im Einkommensteuerbescheid vom 8.9.2009 nicht. Vielmehr legte er der Besteuerung der Klägerin - neben weiteren Einkünften - lediglich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... Euro zugrunde. Er wies darauf hin, dass ein Ansatz einer AfaA allein aufgrund einer Ertragsminderung unzulässig sei.

Gegen den Bescheid vom 8.9.2009 richtete sich der Einspruch der Klägerin vom 18.9.2009. Zur Begründung führte sie aus, das Objekt „X." sei ganz wesentlich auf die individuellen Bedürfnisse der Hauptmieterin zugeschnitten. Nach der Kündigung durch die Hauptmieterin sei es wegen des besonderen Zuschnitts der Immobilie nicht möglich gewesen, Nachmieter zu finden, die nur annähernd bereit gewesen wären, die zuvor vereinbarte Miete zu zahlen. Bis 2006 sei eine Jahresmiete von ca. ... Euro erzielbar gewesen, im Rahmen der Nachmietverhältnisse werde eine Jahresmiete von etwa ... Euro erzielt. Es sei mithin ganz offensichtlich, dass dem Grunde nach eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung des Objektes gegeben sei. Zur weiteren Einspruchsbegründung legte die Klägerin ein Verkehrswertgutachten des Herrn Dipl. Architekten F. K. vom 10.11.2009 vor, der einen Verkehrswert des Objektes zum 15.10.2009 von ... Euro ermittelt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 10.11.2009 Bezug genommen.

Die Klägerin vertrat nunmehr die Auffassung, dass sich unter Berücksichtigung des Gutachtens negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... Euro ergäben.

Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15.10.2010).

Ihre hiergegen gerichtete Klage vom 17.11.2010 begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass der Betrieb der Hauptmieterin auch für die zwei weiteren gewerblichen Mieter wesentliche Existenzgrundlage gewesen sei.

Mit der Schließung des Discounthandelsgeschäftes seien viele Kunden ausgeblieben. Mietminderungen und Kündigungen der anderen Mieter seien die Folge gewesen, so dass auch die Ertragslage hinsichtlich der beiden weiteren Mieteinheiten gelitten habe. Erst nach einjährigem Leerstand sei es gelungen, die Ladenlokale zu stark verschlechterten Konditionen neu zu vermieten. Aus dem Vergleich der Überschussrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 ergebe sich, dass die Mieteinnahmen von ... Euro auf ... Euro gesunken seien. Der Rückgang der Nettokaltmieten belaufe sich in Bezug auf die Hauptmieterin auf ca. 82,82 % (von ca. ... Euro auf ca. ... Euro). Bei den zwei anderen Mietern belaufe sich der Rückgang der Einnahmen auf rund 62,06 % (von ca. ... Euro auf ca. ... Euro).

Es liege - so die Klägerin - eine außergewöhnliche Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der streitgegenständlichen Immobilie mit einer dauerhaften Werteinbuße von ca. 75 % vor. Es sei eine wirtschaftliche Abnutzung eingetreten. Das Mietobjekt sei nach den Wünschen und Bedürfnissen der Hauptmieterin - und zwar nach dem Stand Anfang der 90iger Jahre - errichtet worden. Offensichtlich habe der Standort den wirtschaftlichen Interessen der Hauptmieterin Mitte 2000 nicht mehr genügt, und zwar in Bezug auf Größe der Mietfläche, Standort und Parkmöglichkeiten. Daher habe die Hauptmieterin den Vertrag gekündigt. Das Objekt sei mithin an vergleichbare Interessenten nicht mehr zu den alten Konditionen zu vermieten.

Die Anforderungen an den Discounteinzelhandel hätten sich im Laufe der Zeit stark verändert. Aus einer durchgeführten Internetrecherche ergebe sich, dass Discounthandelsgeschäfte dieser Branche heute Grundstücke in einer Größe von 4.000m², einer Verkaufsfläche ab 1 100m² und mit ca. 100 Kundenparkplätzen suchten. Bereits im Jahr 2003 hätten Discounthandelsgeschäfte dieser Branche Grundstücke in einer Größe von 4 000m² bis 6 000m² und einer Nutzfläche von 800m² bis 1 200m² sowie 100 Kundenparkplätzen und guten Anlieferungsmöglichkeiten für 40t-LKW gesucht. Das Gesamtobjekt in „X." habe demgegenüber eine Größe von 2 673m², wovon auf den Miteigentumsanteil der Klägerin 570m² entfielen. Das Ladenlokal habe lediglich eine Größe von 744m² incl. Lager. Für die Klägerin stünden zudem nur 51 Parkplätze zur Verfügung. Dem Objekt fehle demnach die Grundstruktur, um darin einen Verbrauchermarkt zu betreiben. Andererseits sei es für kleinere Gewerbebetriebe zu groß. Aufgrund seiner baulichen Art könne es aber nicht in mehrere kleine Flächen aufgeteilt werden. Das jetzige Ladenlokal verfüge lediglich über zwei kleine Schaufenster. Eine angemessene Präsentation von Waren sei damit nicht möglich. Ein Umbau bzw. Einbau weiterer Fenster sei aufgrund der baulichen Struktur unmöglich. Es stehe fest, dass das Objekt der Klägerin im Jahr 2007 nicht mehr den Anforderungen von Discounthandelsgeschäften dieser Branche entsprochen habe und das Anforderungsprofil auch nicht durch Umbau oder Erweiterungen erreichbar gewesen sei.

Auch der Umstand, dass die Hauptmieterin nach mehr als zehn Jahren den Mietvertrag gekündigt habe, obwohl das Gebäude exakt ihren ursprünglich eigens definierten Bedürfnissen entsprochen habe, indiziere die mangelnde Eignung des Gebäudes nach den Anforderungen im Jahr 2006. Andere Gründe als die mangelnde Eignung des Standortes seien nicht ersichtlich. Die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Nutzungsfähigkeit des Objektes liege mithin nicht nur nahe, sondern stehe fest. Der gravierende Rückgang der Mieten um mehr als 75 % sei bei einer bloßen standortbedingten Rentabilitätsminderung nicht plausibel. Jedenfalls sei offenkundig, dass in der Stadt N. die Gewerbemieten nicht in diesem extremen Maß eingebrochen seien. Auch hieraus folge, dass die Rentabilitätsminderung aus den Besonderheiten des Gebäudes und nicht allein aus dem Standort resultiere.

Die Klägerin habe ein Jahr vergeblich versucht, einen vergleichbaren Mieter zu finden. Ihr sei es jedoch nicht einmal gelungen, eine kostendeckende Miete zu erreichen.

Als Erwerb aus der Insolvenzmasse sei der Kauf des Grundstückes nach den damaligen Wertverhältnissen ein „Schnäppchen" gewesen. Dass im Jahr 2002 der Bauantrag für die Erweiterung des in der Nähe befindlichen Einkaufszentrums „U." gestellt werden würde, sei im Zeitpunkt des Erwerbes für die Klägerin nicht absehbar gewesen. Das Einkaufszentrum „U." habe bereits seit 1974 existiert und seinerzeit keine Konkurrenz zum Standort „X." dargestellt. Die Hauptmieterin habe auch erst im Jahr 2004 mitgeteilt, dass das Mietverhältnis nur bis zum 30.6.2006 bestehen solle. Zum Zeitpunkt des Erwerbes sei für die Klägerin auch nicht absehbar gewesen, inwiefern sich die Anforderungen an Standorte für den Discounteinzelhandel dieser Branche verändern würden.

Das vom Beklagten vorgelegte Gutachten stehe dem nicht entgegen. Der Gutachter bestätige letztlich den von der Klägerin ermittelten Verkehrswert des Objektes. Er bestätige zudem, dass das Einkaufszentrum „U." bis zum Umbau 2002 ein notleidender Standort und damit keine Konkurrenz gewesen sei. Dementsprechend habe auch erst der komplette Umbau des Einkaufszentrums „U." im Jahr 2004 die Hauptmieterin veranlasst, den Standort zu wechseln.

Der Streitfall entspreche dem vom BFH (Urteil vom 17.9.2008 - IX R 64/07) entschiedenen Fall, nicht aber dem vom FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 4.6.2009 - 1 K 61/08, EFG 2009, 1453) zugrundeliegenden Sachverhalt. Anders als in dem vom FG entschiedenen Fall gehe es im Streitfall nicht um eine hypothetische oder zukünftig befürchtete Minderung der Rentabilität des Objektes, sondern um eine tatsächlich eingetretene Minderung des erzielbaren Mietzinses, die zum Wegfall der Rentabilität des Objektes führe.

Die AfaA sei auch zutreffender Weise im Streitjahr vorgenommen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sei nicht das Jahr der Kündigung maßgeblich, sondern das Jahr, in dem sich endgültig herausstelle, dass eine zweckentsprechende Vermietung als Verbrauchermarkt oder zu vergleichbaren Zwecken nicht möglich sei. Vorliegend habe erst im Jahr 2007 - nach einer erfolglosen Mietersuche - festgestanden, dass eine Vermietung in der bisherigen Art und Weise wegen der entfallenen Marktgängigkeit des Objektes ausgeschlossen sei. Zu bedenken sei fernerhin, dass die Klägerin während des Bestehens des Mietverhältnisses mit der ursprünglichen Hauptmieterin keine AfaA erhalten hätte, denn die bloße Befürchtung des Wegfalls der Rentabilität reiche für eine AfaA nicht aus. Folglich könne erst der konkrete Wegfall der Rentabilität die AfaA begründen.

Die AfaA in Höhe von insgesamt ... Euro sei - entsprechend den Flächengrößen - zu 83,75 % dem von der Hauptmieterin genutzten Bereich zuzuordnen und zu 16,22 % den weiteren Ladenlokalen.

Die Klägerin beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 8.9.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2010 zu ändern und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Abschreibung in Höhe von ... Euro niedriger festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Auffassung fest.

Ergänzend verweist er auf die gutachterliche Stellungnahme des Bausachverständigen L. vom 20.4.2012. Diese bestätige zwar, dass der Verkehrswert des Objektes der Klägerin Mitte/Ende 2006 rund ... Euro betragen habe. Es ergebe sich aber auch, dass die Geschäftslage des Objektes bereits ab Beginn der Vermietung mäßig gewesen sei. Die von der Hauptmieterin gezahlte Miete - dies sei von Anfang an klar gewesen - sei nicht nachhaltig erzielbar gewesen. Zu berücksichtigen sei insoweit insbesondere, dass der Bauantrag für die Erweiterung des Einkaufszentrums „U." bereits im Jahr 2002 gestellt worden sei. Im Mai 2004 habe die Hauptmieterin mitgeteilt, dass der Mietvertrag zum 30. Juni 2006 ende. Diese Entwicklung sei langfristig absehbar gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Entwicklung des Gewerbeobjektes - insbesondere auch mit Blick auf die Verhältnisse im Umfeld - wird auf die gutachterliche Stellungnahme vom 20.4.2012 verwiesen.

Die Klägerin - so der Beklagte - habe beim Kauf des Objektes offenbar Chancen gesehen, die nicht zu realisieren gewesen seien. Es handele sich um eine Fehlinvestition, deren Folgen sich auf der privaten Vermögensebene abspielten. Dementsprechend habe der Sachverständige ausgeführt, dass durch den großen Unterschied des Verkehrswertes zum höheren Sachwert deutlich werde, dass die getätigte Investition in diese Lage und dieses Objekt durch die wirtschaftliche Nutzung nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

Aus den Gründen

  • Unbegründetheit der Klage

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 8.9.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2010 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn der Beklagte hat die Anerkennung der streitigen AfaA zu Recht versagt.

  • Nicht feststellbar, Voraussetzungen für eine AfaA gegeben waren

Der Senat kann nicht feststellen, dass die Voraussetzungen für eine AfaA im Streitjahr 2007 gegeben waren.

  • Abziehbarkeit von AfaA als Werbungskosten

Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 7 Halbs. 1 EStG (und § 7 Abs. 4 S. 3 EStG) können Absetzungen für eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung von Gebäuden als Werbungskosten abgezogen werden.

  • Voraussetzungen für eine AfaA: Beeinträchtigung der Substanz oder zumindest der Nutzungsmöglichkeiten des Wirtschaftsgutes

Grundsätzlich erforderlich für die Annahme einer außergewöhnlichen Abnutzung ist eine Beeinträchtigung der Substanz oder zumindest der Nutzungsmöglichkeiten des Wirtschaftsgutes. Ein von außen kommendes Ereignis muss unmittelbar körperlich auf das Wirtschaftsgut einwirken (vgl. Kulosa in Schmidt EStG § 7 Rdnr 121 unter Verweis auf BFH IV R 45/05, BStBl. II 2009, 449), die Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts muss durch Einwirken im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung eingeschränkt werden (vgl. BFH Urteil vom 17.9.2008 - IX R 64/07, BStBl. II 2009, 301).

  • Baumängel oder Rentabilitätsmängel aufgrund von Überangebot rechtfertigen keine AfaA

Baumängel und Rentabilitätsminderungen, die z. B. aufgrund eines entsprechenden Überangebotes eintreten, rechtfertigen grundsätzlich keine AfaA (vgl. Kulosa in Schmidt EStG Rdnr. 123; FG Schleswig-Holstein Urteil vom 4.6.2009 - 1 K 61/08, EFG 2009, 1453).

  • AfaA kommt in Betracht, wenn sich nach Beendigung des Mietverhältnisses eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit heraustellt

Vom Vorliegen einer außergewöhnlichen Verminderung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit oder Verwendungsmöglichkeit eines Gebäudes kann auch nicht allein schon deshalb ausgegangen werden, weil es auf die besonderen Bedürfnisse des Mieters zugeschnitten ist und bei einer Vermietung an einen Dritten möglicherweise nicht die gleiche Miete erzielbar ist. Dieser Umstand bewirkt während der Zeit der Vermietung an den Mieter weder eine Substanzeinbuße noch eine Minderung der nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzungsmöglichkeiten der Gebäude. Jedoch kommt eine Absetzung für außerordentliche wirtschaftliche Abnutzung in Betracht, wenn sich bei Beendigung des Mietverhältnisses herausstellt, dass das Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nur eingeschränkt an Dritte vermietbar ist (BFH Urteil vom 17.9.2008 - IX R 64/07, BStBl. II 2009, 301, vgl. auch BFH Urteil vom 28.10.1980 - VIII R 34/76, BStB II 1981, 161). Der objektive Zusammenhang, in dem die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Vermietungstätigkeit steht, darf aber nicht durch die Verknüpfung mit der nicht einkommensteuerbaren Grundstücksveräußerung überlagert werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige das Objekt zwar nicht mehr selbst nutzen kann, es mit einer Veräußerung aber noch sinnvoll verwendet (BFH Urteil vom 17.9.2008 - IX R 64/07, BStBl. II 2009, 301).

  • Senat kann im Streitfall nicht feststellen, ob AfaA gerechtfertigt ist

Bei Anwendungen dieser Grundsätze auf den Streitfall kann der Senat nicht feststellen, dass eine AfaA wegen einer außergewöhnlichen Verminderung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit oder Verwendungsmöglichkeit des Objektes „X." gerechtfertigt ist.

  • Rentabilitätseinbußen sind vornehmlich auf andere Umstände zurückzuführen

Zwar erzielt die Klägerin nach dem Auszug der Hauptmieterin im Jahr 2006 unstreitig nur noch deutlich geminderte Mieterträge aus dem Objekt „X.". Die insoweit offenbare Rentabilitätseinbuße allein rechtfertigt jedoch keine AfaA, denn sie resultiert nicht daraus, dass das Objekt der Klägerin wegen einer auf die bisherige Hauptmieterin ausgerichteten Gestaltung nach deren Auszug nur noch eingeschränkt an Dritte vermietbar ist. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung des Mietobjektes seinerzeit durch die Hauptmieterin (mit-)bestimmt wurde, kann der Senat nicht feststellen, dass sich für die Klägerin allein oder doch vornehmlich aufgrund dieses Umstandes nach dem Auszug der Hauptmieterin nur noch eine sehr eingeschränkte Vermietbarkeit des Objektes ergibt. Vielmehr sind die Schwierigkeiten der Klägerin, das Objekt nach dem Auszug der Hauptmieterin erneut zum ursprünglichen Mietpreis zu vermieten, vornehmlich auf verschiedene andere Umstände zurückzuführen.

  • Lage des Objekts

Einen ganz maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des erzielbaren Mietzinses hat die Lage des streitigen Objektes. Negativ wirkt sich dessen Ansiedlung im Kreuzungsbereich einer Hauptdurchfahrtsstraße aus. Nachteilig ist ebenso die unübersichtliche Zufahrtssituation und die Ansiedlung der Mietflächen im Hof- und Kellerbereich.

  • Positive Entwicklung des nahe gelegenen Einkaufszentrums

Hinzu kommt, dass sich der Standort des Objektes durch die positive Entwicklung des nahe gelegenen Einkaufszentrums „U." deutlich verschlechtert hat. Die Tatsache, dass in unmittelbarer Nachbarschaft attraktive Mietflächen für gewerbliche Mieter entstanden sind, hat im Streitfall ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Ertragsmöglichkeiten des Streitobjektes gehabt. Ähnlich wie im Falle eines Überangebotes wirkt sich dieser Umstand zwar negativ auf den Wert des Objektes aus. Eine bloße Wertänderung genügt hingegen - anders als in den Fällen einer Teilwertabschreibung - zur Begründung einer AfaA nicht (vgl. Kulosa in Schmidt EStG § 7 Rdnr 121). Erforderlich ist insoweit ein von außen kommendes Ereignis, das unmittelbar körperlich auf das Wirtschaftsgut einwirkt und dessen Nutzungsmöglichkeiten einschränkt (vgl. Kulosa in Schmidt EStG § 7 Rdnr 121).

  • Ungenügende Erfüllung der aktuellen Anforderungen an ein Discounthandelsgeschäft ergibt keine eine AfaA rechtfertigende Nutzungseinschränkung

Soweit sich der Mietpreisverfall auch daraus erklärt, dass das Objekt der Klägerin den aktuellen Anforderungen von Discounthandelsgeschäften dieser Branche an Standorte, Grundstücksgrößen und Parkmöglichkeiten etc. nicht mehr entspricht und wohl schon im Streitjahr 2007 nicht mehr entsprochen hat, ergibt sich auch hieraus keine eine AfaA rechtfertigende Nutzungseinschränkung. Dies folgt zum einen daraus, dass auch dieser Umstand kein unmittelbar körperlich auf das Objekt einwirkendes Ereignis darstellt. Zum anderen betrifft diese Einschätzung nur die Branche in der die Hauptmieterin tätig ist. Sie lässt daher keinen Schluss darauf zu, inwieweit sich Nutzungsbeschränkungen durch andere Branchen ergeben. Zudem ist es ganz typisch, dass sich Anforderungen an Mietobjekte im Laufe der Jahre ändern, und zwar in allen Branchen. Hierin liegt kein außergewöhnliches Ereignis. Jedes Objekt ist in seiner Gestaltung an den Bedürfnissen eines bestimmten Kundenkreises ausgerichtet, denn keine Immobilie ist für jeden Mieter geeignet. Daher besteht für einen Vermieter stets das Problem, dass seine Immobilie im Laufe der Jahre den veränderten allgemeinen Anforderungen des Mietermarktes nicht mehr entspricht und somit der erzielbare Mietpreis - und damit der Wert der Immobilie - sinkt. Auch hieraus folgt jedoch keine Nutzungseinschränkung des Objektes, die sich aus der konkreten Ausgestaltung des Objektes im Rahmen des vorausgehenden Mietverhältnisses ergibt und eine AfaA rechtfertigt.

  • Argument, dem Objekt fehle die Grundstruktur, um darin einen Verbrauchermarkt zu betreiben, greift nicht

Der Auffassung der Klägerin, dem Objekt fehle die Grundstruktur, um darin einen Verbrauchermarkt zu betreiben, folgt der Senat in Bezug auf das Streitjahr nicht. Schließlich hat die Hauptmieterin in dem Objekt über Jahre bis Mitte 2006 einen entsprechenden Markt betrieben und sich im Jahr 2004 lediglich für einen aus ihrer Sicht attraktiveren Standort entschieden. Hieraus folgt weder, dass die Nutzung des Objektes durch ein Discounthandelsgeschäft dieser Branche, noch durch andere Branchen ausgeschlossen oder eingeschränkt war.

  • Dies gilt auch mit Blick auf die Tatsache, dass die Klägerin keine durchgreifenden Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt hat

Dies gilt auch mit Blick auf die Tatsache, dass die Klägerin keine durchgreifenden Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt hat, die zu einer Aufwertung des Objektes und damit zugleich zu einer besseren Vermietbarkeit bzw. einem höheren Mietzins hätten führen können. Der Umstand, dass entsprechende Maßnahmen baulich eventuell unmöglich oder aber aufgrund der Tatsache, dass es sich um Teileigentum handelt, nur schwer durchsetzbar gewesen wären, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist nicht substantiiert dargelegt, dass dies der Fall war. Zum anderen handelt es sich um Umstände, die dem Objekt unabhängig von der Nutzung durch die Hauptmieterin innewohnen und dessen Rentabilität - nicht aber dessen Nutzbarkeit - von Beginn an beeinflusst haben.

  • Eingeschränkte Nutzbarkeit des Objektes wegen der Ausrichtung auf die Hauptmieterin ist nicht feststellbar

Hiernach ergibt sich, dass die Ertragseinbuße der Klägerin durch verschiedene Faktoren bedingt ist, die ihren Ursprung teilweise im Objekt selbst bzw. dessen Standort haben und bereits beim Erwerb des Objektes durch die Klägerin vorhanden waren, die aber teilweise auch aus Marktentwicklungen in der .................-branche und Veränderungen im Umfeld des Objektes resultieren. Dass sich eine eingeschränkte Nutzbarkeit des Objektes wegen der Ausrichtung auf die Hauptmieterin ergeben haben, ist demgegenüber nicht feststellbar.

  • Kein Widerspruch zum BFH-Urteil IX R 65/07

Die Entscheidung des Senates steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH, insbesondere nicht zu der Entscheidung vom 17.9.2008 (IX R 65/07, BStBl. II 2009, 301). Die Klägerin konnte - anders als in dem vom BFH im Jahr 2008 entschiedenen Fall - das Objekt auch nach dem Auszug der Hauptmieterin ab September 2007 erneut vermieten, wenngleich auch unstreitig zu einem deutlich niedrigeren Mietpreis. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass sie die Immobilie durch eine Veräußerung nicht mehr sinnvoll verwendet werden konnte. Zudem spricht der BFH auch in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass eine AfaA in Betracht kommt, wenn das Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nur eingeschränkt an Dritte vermietbar ist. Hieran fehlt es - wie dargelegt - im Streitfall.

  • Nicht jedweder Mietpreisverfall nach dem Auszug eines Mieters begründet eine AfaA

Dementsprechend versteht der Senat die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes auch nicht dahin, dass jedweder eklatante Mietpreisverfall, der sich nach dem Auszug eines Mieters zeigt, eine AfaA begründet. Vielmehr bedarf es weiterhin eines von außen unmittelbar auf das Objekt einwirkenden Ereignisses, das zu einer Nutzungseinschränkung führt. Mithin rechtfertigt auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht jeder Umstand, der Einfluss auf das wertmäßige Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung hat, eine AfaA.

Aus den gleichen Erwägungen sind die Darlegungen der Klägerin auch nicht geeignet festzustellen, dass hinsichtlich der zwei weiteren Ladenlokale eine AfaA gerechtfertigt ist. Der Verweis auf den Auszug der Hauptmieterin genügt insoweit nicht.

  • Selbst wenn die Klägerin dem Grunde nach zur Vornahme einer AfaA berechtigt wäre, wäre keine AfaA im Streitjahr vorzunehmen

Doch selbst wenn die Klägerin - wie sie meint - dem Grunde nach zur Vornahme einer AfaA berechtigt wäre, so wäre die Klage gleichwohl unbegründet. Denn der Senat kann nicht feststellen, dass eine etwaige AfaA tatsächlich (erst) im Streitjahr vorzunehmen wäre.

  • Zeitraum für die AfaA: Jahr, in dem sich endgültig herausstellt, dass eine dem bisherigen Zweck entsprechende Vermietung nicht möglich ist

Die AfaA ist grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem der gesetzliche Tatbestand infolge einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen Abnutzung erfüllt ist, spätestens aber in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Steuerpflichtige die außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung entdeckt hat (BFH Urteil vom 13.3.1998 - VI R 27/97, BStBl. II 1998, 443, BB 1998, 1774 m. Anm. von Bornhaupt). Die Höhe der Absetzung bestimmt sich nach dem Verhältnis der Verminderung der Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts zur normalen Nutzbarkeit (Kulosa in Schmidt EStG § 7 Rdnr. 125).

  • Spätestens im Jahr 2006 dürfte die Klägerin eine - nach ihrer Auffassung bestehende - verminderte Nutzbarkeit des Objektes erkannt haben

Im Streitfall hatte die Hauptmieterin bereits im Jahr 2004 angekündigt, das Mietverhältnis zum 30.6.2006 beenden zu wollen. Wäre darin tatsächlich - wie die Klägerin meint - ein eine AfaA begründendes Ereignis zu sehen, so kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin die Minderung der Nutzbarkeit ihres Objektes erst im Jahr 2007 erkannt hat. Der zeitliche Ablauf der Ereignisse steht einer solchen Annahme entgegen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin sich nicht erst nach dem Auszug der Hauptmieterin im Jahr 2006, sondern unmittelbar nach der Mitteilung der Hauptmieterin, sie werde den Mietvertrag nur bis Mitte 2006 verlängern, um etwaige Nachmieter bemüht hat. Bei der Neuvermarktung des Objektes ab dem Jahr 2004 muss der Klägerin - ihre Argumentation als zutreffend unterstellt - sehr schnell klar geworden sein, dass sie keinen Nachmieter bzw. einen solchen nur zu einem ganz erheblich herabgesetzten Mietpreis würde finden können. Spätestens im Jahr 2006 dürfte die Klägerin eine - nach ihrer Auffassung bestehende - verminderte Nutzbarkeit des Objektes erkannt haben.

  • Eine AfaA wäre auch im Jahr 2006 nicht ausgeschlossen gewesen

Eine AfaA wäre - anders als die Klägerin meint - auch im Jahr 2006 nicht etwa deshalb ausgeschlossen gewesen, weil das Mietverhältnis mit der Hauptmieterin zunächst noch bestand, denn das Mietverhältnis endete bereits Mitte 2006.

  • Kostenentscheidung und Zulassung der Revision

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine durch verschiedene Faktoren bedingte erhebliche Rentabilitätsminderung eines Mietobjektes eine AfaA rechtfertigen kann.

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