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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
23.05.2019
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Frage, ob und wie das steuerliche Einlagekonto bei einer Stiftung festzustellen ist

FG Münster, Urteil vom 16.1.20199 K 1107/17 F, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 21/19)

ECLI:DE:FGMS:2019:0116.9K1107.17F.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2019-1265-1

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Für rechtsfähige Stiftungen, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gewähren können, ist gem. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 1 KStG ein steuerliches Einlagekonto zu führen.

2. Das von den Stiftern auf Grundlage des Stiftungsgeschäfts aufgebrachte und in seinem Bestand zu erhaltende Stiftungskapital steht dem „Nennkapital“ i. S. d. § 27 Abs. 1 KStG gleich.

KStG § 27 Abs. 1, Abs. 7; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 9

Sachverhalt

Streitig ist, ob für die Klägerin – eine selbständige, nicht gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts – ein steuerliches Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr 2010 maßgebenden Fassung (KStG) zu führen ist und mit welchem Bestand dieses zum 31.12.2010 festzustellen ist..

Die Klägerin wurde durch notariell beurkundetes Stiftungsgeschäft vom 3.2.2010 durch die Stifter U 2 und U 1 errichtet. Der Stiftungszweck der Klägerin liegt gem. § 1 Abs. 1-3 ihrer Satzung in der finanziellen Unterstützung der Mitglieder der Stifterfamilie, bestehend aus den leiblichen ehelichen Abkömmlingen der Stifter. Weiterer Zweck ist die Fortführung der vom Stifter gegründeten Unternehmen als Familienunternehmen. Als Stiftungsvermögen, welches nach § 3 Abs. 3 der Satzung grundsätzlich in seinem Bestand zu erhalten ist, hat die Klägerin einen Barbetrag und Beteiligungen an der Unternehmensgruppe U 1 und U 2 einschließlich der zugehörigen Grundstücke und Bauten erhalten (lt. Anlage 1 zum Gründungsvertrag). Auf die Erträge des Stiftungsvermögens haben die Destinatäre nach dem Ableben des Stifters einen nach Maßgabe des § 4 der Satzung beschränkten Anspruch. Der Stiftungsvorstand soll sich gemäß § 5 Abs. 1 der Satzung aus mindestens fünf bis sieben Personen zusammensetzen; solange der Stifter U 1 dem Vorstand angehört, kann der Vorstand jedoch gegebenenfalls auch nur aus einer Person bestehen. Die weiteren Mitglieder des Vorstands werden vom Stifter benannt und können von diesem jederzeit abberufen werden; weiterhin kann er einen persönlichen Nachfolger bestimmen und diesen ebenfalls auf Lebenszeit in den Vorstand berufen (§ 5 Abs. 2 der Satzung). Nach dem Ausscheiden des Stifters aus dem Stiftungsvorstand soll die Destinatärsversammlung ein Mitglied des Stiftungsvorstands wählen (§ 8 Abs. 1 der Satzung). Wird die Stiftung unter den in § 10 Abs. 1 der Satzung näher bezeichneten Voraussetzungen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde aufgelöst, fällt das Vermögen an die Destinatäre der Stiftung (§ 10 Abs. 2 der Satzung). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung der Klägerin Bezug genommen.

Die Anerkennung der Klägerin als rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts durch die Bezirksregierung erfolgte am 17.2.2010. Die als Stiftungsvermögen vorgesehenen Gesellschaftsbeteiligungen und die zugehörigen Sonderbetriebsvermögen, wurden jeweils zu den steuerlichen Buchwerten auf die Klägerin übertragen.

In der Körperschaftsteuererklärung für 2010 erklärte die Klägerin einen Verlust i.H. von X €. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bezifferte die Klägerin den Bestand mit X € („Stiftungskapital lt. BilMoG Eröffnungsbilanz“ zum 1.1.2010 X € abzüglich „Gewinnrücklagen gem. BilMoG (Zuschreibung Anlagevermögen)“ X €).

Mit Körperschaftsteuerbescheid vom 29.11.2011 setzte der Beklagte die Körperschaft-steuer für 2010 erklärungsgemäß fest. Am selben Tag erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 KStG zum 31.12.2010. Abweichend von der Erklärung der Klägerin stellte der Beklagte den Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf 0,00 € fest. Beide Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Wegen geänderter Beteiligungseinkünfte erließ der Beklagte am 17.12.2013 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid. Den Bestand des steuerlichen Einlagekontos stellte er wie bisher auf 0,00 € fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er in beiden Bescheiden auf. Gegen diesen Feststellungsbescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch für Stiftungen ein steuerliches Einlagekonto festzustellen sei.

Am 25.03.2014, am 13.11.2014 und am 11.12.2014 erließ der Beklagte zeitgleich mit geänderten Körperschaftsteuerbescheiden jeweils „geänderte“ Feststellungsbescheide zum 31.12.2010, die unverändert einen Bestand des steuerlichen Einlagekontos von 0,00 € feststellten.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin eine berichtigte Berechnung des steuerlichen Einlagewerts vor, nach welcher die eingebrachten Beteiligungen mit ihrem steuerlichen Buchwert von insgesamt X € anzusetzen seien. In dieser Aufstellung setzte die Klägerin die übertragenen Beteiligungen und Wirtschaftsgüter jeweils mit ihren steuerlichen Buchwerten zum 01.01.2010 an. Diese Buchwerte erhöhte sie um die im Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 17.2.2010 angefallenen steuerlichen Gewinne bzw. minderte diese um die entsprechenden Verluste, wobei sie den Jahresgewinn/-verlust jeweils zeitanteilig aufteilte. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Klägerin vorgelegte Berechnung Bezug genommen (s. Gerichtsakte Bl. 61ff.).

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.03.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er verblieb bei seiner Auffassung, dass für Stiftungen kein steuerliches Einlagekonto zu führen sei, da es an dem hierzu notwendigen gesellschaftsrechtlichen Verhältnis zwischen Stifter und Stiftung fehle. Die Klägerin falle nicht unter den Tatbestand des § 27 Abs. 1 KStG. Zwar bestimme § 27 Abs. 7 KStG, dass ein steuerliches Einlagekonto auch für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen zu führen sei, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewähren können. Auch hieraus ergebe sich jedoch kein Anspruch der Klägerin auf Führung eines steuerlichen Einlagekontos, da die Stifter bzw. die Destinatäre keine gesellschafterähnlichen Anteilseigner seien und ihnen mithin auch keine „Beteiligungserträge“ zufließen könnten. Die Stiftung sei eine Vermögensmasse, die keine einer kapitalmäßigen Beteiligung entsprechenden Mitgliedschaftsrechte gewähre.

Die Klägerin hat dagegen Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens hat der Beklagte den angefochtenen Feststellungsbescheid mit Datum vom 13.6.2018 (zeitgleich mit einem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2010) erneut „geändert“ und den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2010 unverändert mit 0,00 € festgestellt.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ergebe sich vorliegend aus § 27 Abs. 7 KStG. Der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil vom 3.11.2010 (Az. I R 98/09, BStBl. II 2011, 417) entschieden, dass Leistungen einer Familienstiftung an ihre Destinatäre als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG der Einkommensteuer unterliegen könnten. Obwohl die Destinatäre keine vermögensrechtliche Beteiligung an der Stiftung hielten, seien Vermögensübertragungen an sie steuerlich wie Gewinnausschüttungen zu behandeln, soweit ihnen nicht im weitesten Sinne eine Gegenleistung gegenüberstehe. Da § 27 Abs. 7 KStG bestimme, dass die Vorschriften zum steuerlichen Einlagekonto sinngemäß für Körperschaften und Personenvereinigungen gelten, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gewähren könnten, sei es konsequent und sachlich geboten, auch für Stiftungen ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Dabei müsse im Bestand des steuerlichen Einlagekontos auch das eingelegte Stiftungskapital erfasst werden, und zwar nicht zuletzt zwecks Vermeidung von Nachweisschwierigkeiten in späteren Jahren über die Höhe des vom Stifter zur Verfügung gestellten Vermögens. Die Klägerin hat eine berichtigte Berechnung vorgelegt, nach welcher die eingelegten Beteiligungen und sonstigen Wirtschaftsgüter einen steuerlichen Buchwert von X EUR aufweisen (Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll). Die Differenz zu der zuvor vorgelegten Berechnung sei darauf zurückzuführen, dass hier das im Sonderbetriebsvermögen befindliche Grundstück, auf dem sich die Zentralverwaltung der Unternehmensgruppe befindet, versehentlich nicht berücksichtigt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 17.12.2013 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 S. 3 KStG zum 31.12.2010 – in Gestalt der nachfolgenden Änderungsbescheide, der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2017 sowie des letzten Änderungsbescheides vom 13.06.2018 – dergestalt zu ändern, dass das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2010 auf X € festgestellt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, § 27 Abs. 7 KStG erweitere die Führung eines steuerlichen Einlagekontos bereits nach seinem Wortlaut nur auf „andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder 10 des Einkommensteuergesetzes erbringen könnten“ und erwähne Vermögensmassen, zu denen die Stiftungen zählten, gerade nicht. Es könne auch nicht von einem gesetzgeberischen Versehen ausgegangen werden, denn in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG würden die Vermögensmassen ausdrücklich erwähnt. Dies lasse nur den Rückschluss auf eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zu, zwischen dem persönlichen Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG und dem des § 27 Abs. 7 KStG zu differenzieren. Dies erscheine auch sachgerecht, weil weder dem Stifter noch den Destinatären eine vermögensmäßige Beteiligung an der Stiftung zustünde, die Zuwendung des Stifters an die Stiftung sich deshalb als eine Zuwendung an eine dritte Person darstelle und deshalb nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) als Schenkung zu beurteilen sei. Allerdings sei die im Streitfall erfolgte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf 0,00 € unter Zugrundelegung seiner, des Beklagten, Rechtsauffassung rechtsfehlerhaft. Die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos hätte vielmehr richtigerweise gänzlich unterbleiben müssen. Da die Voraussetzungen der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung nicht erfüllt seien, sei ihm die gebotene Aufhebung des zu Unrecht ergangenen Feststellungsbescheides jedoch nicht möglich. Die von der Klägerin vorgelegte berichtigte Berechnung der steuerlichen Buchwerte erkenne er an und stelle sie ausdrücklich unstreitig.

Der Rechtsstreit ist am 16.01.2019 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf den vorhergehenden telefonischen Hinweis des Berichterstatters vom 14.01.2019 und auf  das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Klägerin ist darin zu folgen, dass für sie grundsätzlich ein steuerliches Einlagekonto gem. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 KStG festzustellen ist (dazu nachfolgend Gliederungspunkt I.). Jedoch erweist sich der angefochtene Feststellungsbescheid – entgegen der Auffassung der Klägerin – als rechtmäßig, da der Beklagte den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2010 zutreffend auf 0,00 € festgestellt hat. Die Gesellschaftsbeteiligungen, die die Stifter bei Errichtung der Klägerin auf diese übertragen haben, und die entsprechend dem Stiftungsgeschäft geleistete Barzuwendung sind in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG als Leistungen in das mit dem Nennkapital einer Kapitalgesellschaft vergleichbare Stiftungskapital der Klägerin anzusehen und können daher – wie Nennkapital – nicht bei Feststellung des steuerlichen Einlagekontos berücksichtigt werden (dazu nachfolgend Gliederungspunkt II.).

I.

Für die Klägerin ist der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2010 festzustellen. Zwar ist die für Kapitalgesellschaften geltende Regelung des § 27 Abs. 1 KStG nicht unmittelbar anwendbar; jedoch fällt die Klägerin unter § 27 Abs. 7 KStG, dem zufolge die Regelungen des § 27 Abs. 1 bis 6 KStG sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte gelten, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können.

1.

Für rechtsfähige Stiftungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gewähren können, ist gemäß § 27 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 KStG ein steuerliches Einlagekonto zu führen und dessen Bestand nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 KStG festzustellen.

a.

Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften haben die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 KStG), dessen Bestand unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres gesondert festzustellen ist (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG). Für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG erbringen können, gelten nach § 27 Abs. 7 KStG die Abs. 1 bis 6 dieser Norm sinngemäß. Zu den Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen u.a. Gewinnanteile aus Aktien, sowie aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und an Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaften. § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG betrifft Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nr. 1 gehören; Nr. 1 Satz 2, 3 und Nr. 2 gelten entsprechend. Satz 1 ist auf Leistungen von vergleichbaren Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anwendbar. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG betrifft näher bezeichnete Leistungen von Betrieben gewerblicher Art.

b.

Rechtsfähige Stiftungen zählen nicht zu den Kapitalgesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, sondern zu den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG. Dementsprechend kommt die Führung eines steuerlichen Einlagekontos für sie nur unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 7 KStG in Betracht.

aa.

§ 27 Abs. 7 KStG erfasst allenfalls solche unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaftssteuersubjekte, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder 10 EStG erbringen können. Leistungen einer Stiftung, die Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar sind und zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen, liegen nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, zumindest dann vor, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann. Insoweit spielt es keine Rolle, ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt sind. Dies folgt schon daraus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausdrücklich Leistungen von „Vermögensmassen“ aufführt, demnach auch selbständige Stiftungen, obwohl bei diesen eine Beteiligung der Leistungsempfänger am Vermögen nicht möglich ist und auch Mitgliedschaftsrechte nicht bestehen. Ob die Destinatäre rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehaben, ist unbeachtlich. Ausschlaggebend ist, ob ihre Stellung wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht (BFH-Urteile vom 3.11.2010 – I R 98/09, BStBl. II 2011, 417, Rn. 11ff., 17; vgl. auch BFH-Urteil vom 28.2.2018 – VIII R 30/15, BFH/NV 2018, 857).

bb.

Kann eine rechtsfähige Stiftung unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze und der konkreten Ausgestaltung ihrer Satzung Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erbringen, so ist für eine solche Stiftung gemäß § 27 Abs. 7 KStG auch ein steuerliches Einlagekonto zu führen.

Der Umstand, dass § 27 Abs. 7 KStG nach seinem Wortlaut die sinngemäße Geltung der vorangehenden Absätze des § 27 KStG lediglich für Körperschaften und Personenvereinigungen, nicht jedoch ausdrücklich auch für Vermögensmassen anordnet, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Nach Auffassung des Senats ist davon auszugehen, dass die Verengung des Anwendungsbereichs des § 27 Abs. 7 KStG auf Körperschaften und Personenvereinigungen – unter Außerachtlassung der Vermögensmassen – auf einem gesetzgeberischen Versehen beruht und die Lücke im Wortlaut der Norm durch teleologische Extension zu schließen ist.

Bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut heraus ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen auch die systematische Auslegung gehört. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind; Ziel jeder Auslegung ist danach die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BFH-Urteil vom 4.12.2014 – IV R 53/11, BStBl II 2015, 483). Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde, das durch die beabsichtigte Auslegung zu vermeiden oder doch entscheidend zu mindern wäre, ohne andere Wertungswidersprüche hervorzurufen (BFH-Urteil vom 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl II 2013, 742) oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangen (BFH-Urteil vom 4.12.2014 – IV R 53/11, BStBl II 2015, 483). Eine teleologische Reduktion bzw. die teleologische Extension einer Norm sind dabei umso unbedenklicher, wenn es nicht um die Schaffung neuer oder die Ausweitung bestehender Steuertatbestände geht, sondern um die rechtfortbildende Interpretation einer Steuernorm zugunsten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 17.5.2006 – X R 43/03, BStBl II 2006, 868).

Bezogen auf den Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG ist zunächst festzuhalten, dass dieser nicht nur – wie dargelegt – Stiftungen als Vermögensmassen nicht erfasst, sondern gleichermaßen (zumindest) auch keine Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die ihrerseits ebenfalls nicht zu den in § 27 Abs. 7 KStG lediglich aufgeführten Körperschaften und Personenvereinigungen zählen (vgl. auch Wystrcil, Die Besteuerung von Destinatärleistungen privatnütziger Stiftungen, 2014, S. 151). Der Wortlaut der Norm erweist sich damit – wenngleich in einem anderen Zusammenhang – im Abgleich mit dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 9, 10 EStG als lückenhaft, denn auch für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist sowohl nach der BFH-Rechtsprechung wie nach der Verwaltungsauffassung ein Einlagekonto zu führen (vgl. zu Letzterem BFH-Urteile vom 21.8.2007 – I R 78/06, BStBl II 2008, 317; vom 11.9.2013 – I R 77/11, BStBl II 2015, 161; Bundesministerium der Finanzen – BMF – vom 9.1.2015 Rn. 42, BStBl I 2015, 111).

Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes (vgl. Bundestags-Drucksache – BT-Drs. – 14/6882, S. 38; BT-Drs. 16/2710, S. 32) ergeben sich keine eindeutigen Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber bewusst die „Vermögensmassen“ vom Anwendungsbereich des § 27 Abs. 7 KStG ausschließen wollte (Wystrcil, Die Besteuerung von Destinatärleistungen privatnütziger Stiftungen, 2014, S. 151; Orth, DB 1472, 1473).

Des Weiteren spricht der Zweck des § 27 Abs. 7 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 3 EStG dagegen, Vermögensmassen, die Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG vermitteln, vom Anwendungsbereich dieser Normen auszuschließen. Diese sollen verhindern, dass die Rückzahlung von Einlagen besteuert wird, und dafür ist grundsätzlich die Führung eines Einlagekontos erforderlich (vgl. – wenngleich zu Betrieben gewerblicher Art – BFH-Urteil vom 21.8.2007 – I R 78/06, BStBl II 2008, 317). Dies gilt grundsätzlich auch für durch Stiftungen erbrachte Leistungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, denn diese Norm bezieht nicht nur in ihrem Satz 1, Halbsatz 1 Vermögensmassen ein, sondern verweist in ihrem Satz 1, Halbsatz 2 auch uneingeschränkt (und damit auch für die Vermögensmassen) auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, dessen Anwendung jedoch       – wie dargelegt – grundsätzlich die Führung eines steuerlichen Einlagekontos voraussetzt. Zwar ließe sich der letztgenannten Folgerung entgegenhalten, dass nicht § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG den Anwendungsbereich des steuerlichen Einlagekontos bestimme, sondern umgekehrt § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gerade nur dann Anwendung finden könne, wenn sich aus der Regelung des § 27 KStG ergebe, dass ein steuerliches Einlagekonto zu führen sei. In einem anderen Zusammenhang (d.h. betreffend die Einlagenrückgewähr durch eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft) hat der BFH jedoch auch nicht steuerbare Kapitalrückzahlung außerhalb des § 27 KStG zugelassen (BFH-Urteile vom 20.10.2010 I R 117/08, BFH/NV 2011, 669; vom 13.7.2016 – VIII R 47/13, BFH/NV 2016, 1831), und dies spricht für die Annahme, dass Kapitalrückzahlungen grundsätzlich nicht zu den Kapitalerträgen zählen und für Inlandsfälle deshalb ein steuerliches Einlagekonto zu führen ist, wenn derartige Kapitalrückzahlungen in Betracht kommen.

Soweit das beklagte Finanzamt geltend macht, dass die Anwendung des § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 KStG deshalb ausscheide, weil zwischen einer Stiftung und ihren Destinatären keine gesellschafterähnliche Beziehung bestehe und damit weder Einlagen noch Kapitalrückzahlungen vorlägen, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist zutreffend, dass sich die Rechtsbeziehung der Klägerin zu ihren Destinatären grundlegend von der Rechtsbeziehung einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern unterscheidet. Jedoch setzt § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG lediglich die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der betreffenden Leistungen mit Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 EStG voraus; er verlangt nicht, dass die Rechtsbeziehung der Stiftung und zu ihren Destinatären auch im Übrigen einer gesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehung vergleichbar sein muss. Entsprechend muss dann aber auch davon ausgegangen werden, dass mit Einlagen wirtschaftlich vergleichbare Leistungen in eine Stiftung möglich sind (sei es durch den Stifter oder die Destinatäre) und für solche ein steuerliches Einlagekonto zu führen ist (im Ergebnis ebenso: Bauschatz in: Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 27 Rn. 131; Berninghaus in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 27 KStG, Rn. 145; Krämer in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 27 KStG Rn. 29; Mössner in: Mössner/Seeger, KStG, 3. Aufl., 2017, § 27 Rz. 258; Oellerich in: Blümich, § 27 KStG Rn. 75; Stimpel in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, § 27 KStG, Rn. 44; Wystrcil, Die Besteuerung von Destinatärleistungen privatnütziger Stiftungen, 2014, S. 148 ff.; Orth, DB 2017, 1472, 1473 f.; Kraft, DStR 2016, 2825, 2830; von Oertzen/Fritz BB 2014, 87; a.A.: Landesamt für Steuern Niedersachsen, Erlass vom 17.12.2018, S 2836-1-St 241).

2.

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hat die Klägerin gem. § 27 Abs. 1, 7 KStG ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Sie ist als rechtsfähige Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) und nicht von der Körperschaftsteuer befreit. Außerdem erbringt sie Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, weil ihre Zahlungen an die Destinatäre mit Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind.

Der Stiftungszweck der Klägerin liegt gem. § 1 Abs. 1-3 ihrer Satzung in der finanziellen Unterstützung der Mitglieder der Stifterfamilie; weiterer Zweck ist die Fortführung der vom Stifter gegründeten Unternehmen als Familienunternehmen. Die Anspruchsberechtigten sind zwar nicht unmittelbar an dem Vermögen der Klägerin beteiligt; sie sind jedoch ausschließliche Nutznießer der Erträge des Stiftungsvermögens, und zwar nach einer von vornherein festgelegten Quote (vgl. § 4 Abs. 3 bis 6 der Satzung). Ähnlich einem Gesellschafter, der die Früchte aus dem hingegebenen Kapital erhält, sind die anspruchsberechtigten Familienmitglieder Begünstigte der Früchte aus dem hingegebenen Stiftungskapital. Wird die Stiftung durch Beschluss des Stiftungsvorstands aufgelöst, fällt das Stiftungsvermögen an die Abkömmlinge der Stifter zurück (§ 10 Abs. 2 der Satzung). .

Die Destinatäre der Stiftung verfügen des Weiteren zumindest zu Lebzeiten des Stifters über einen ausreichenden Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch des Vermögens.

Zunächst ist/war der Stifter U 1 alleiniger Vorstand der Klägerin, wobei er diese Funktion auf Lebenszeit wahrnimmt. Der Stifter kann weitere Vorstandsmitglieder ernennen und jederzeit abberufen; weiterhin kann er einen Nachfolger benennen, der dem Stiftungsvorstand ebenfalls als einziges Mitglied auf Lebenszeit angehört. Während der Lebzeit des Stifters U 1 und damit auch im Streitjahr 2010 hat dieser mithin faktisch das Alleinbestimmungsrecht über die wirtschaftlichen Geschicke der Stiftung, so dass eine ausreichende Einflussmöglichkeit der Nachkommen der Stifter als Destinatäre bzw. einer diesen nahestehenden Person (dem Stifter als ihrem Vater) auf die Entscheidungsfindung der Klägerin gegeben ist. Außerdem erscheinen auch Zuwendungen oder Kapitalrückzahlungen an den Stifter selbst (als Mitglied der satzungsgemäß begünstigten Stifterfamilie) nicht von vornherein ausgeschlossen.

II.

Das beklagte Finanzamt hat den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zutreffend auf 0,00 € festgestellt. Denn gemäß § 27 Abs. 1 KStG sind im steuerlichen Einlagekonto nur diejenigen Einlagen auszuweisen, die nicht in das Nennkapital geleistet werden, und im Rahmen der im Streitfall gebotenen (nur) entsprechenden Anwendung des § 27 Abs. 1 KStG (§ 27 Abs. 7 KStG) steht das von den Stiftern auf Grundlage des Stiftungsgeschäfts aufgebrachte und in seinem Bestand zu erhaltende Stiftungskapital einem „Nennkapital“ i.S. des § 27 Abs. 1 KStG gleich.

1.

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin als Stiftung über kein „Nennkapital“ im üblichen Wortsinne verfügt.

Grundsätzlich weisen allein die Kapitalgesellschaften, die unmittelbar in den Geltungsbereich des § 27 Abs. 1 KStG fallen, ein solches Nennkapital auf (z.B. das Stammkapital bei der GmbH, vgl. § 5 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG); das Grundkapital bei der Aktiengesellschaft, vgl. § 6 des Aktiengesetzes (AktG); ansonsten auch als gezeichnetes Kapital bzw. nominelles Kapital bezeichnet). Es handelt sich beim Nennkapital um einen festen Betrag, der in der Satzung der jeweiligen Kapitalgesellschaft festgelegt wird und der die Anteile der Gesellschafter an der jeweiligen Kapitalgesellschaft verkörpert. Die Gesellschafter sind verpflichtet, bei Gründung der Gesellschaft eine Bareinlage in mindestens der Höhe ihrer Beteiligung am Nennkapital zu leisten; im Falle der Sachgründung ist eine entsprechend werthaltige Sacheinlage zu leisten. Das Nennkapital darf an die Gesellschafter/Aktionäre nicht ausgezahlt werden (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG). Kapitalherabsetzungen unterliegen besonderen Verfahrensvorschriften.

Die Klägerin als Stiftung verfügt über kein solches beziffertes Nennkapital. Zwar muss auch das Stiftungsgeschäft gem. § 81 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), durch welches die Stiftung errichtet wird, Regelungen über das Vermögen der Stiftung enthalten (s. § 81 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BGB). Wird die Stiftung als rechtfähig anerkannt, so ist der Stifter gemäß § 82 BGB verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäft zugesagte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Weder die Regelungen in § 81 BGB zum Stiftungsgeschäft bzw. in § 85 BGB zur Stiftungsverfassung noch das Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW) vom 15.02.2005 (GV.NRW.2005, 52) in der Fassung vom 09.02.2010 (GV.NRW.2010, 112) sehen jedoch vor, dass ein beziffertes Nennkapital festgelegt wird. Hierzu besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil es sich bei der rechtsfähigen Stiftung um eine rechtlich verselbständigte Vermögensmasse handelt, an der keine betragsmäßig festzulegenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen können. Allerdings ist das Stiftungskapital regelmäßig – wie auch hier bei der Klägerin – dazu bestimmt, der Stiftung auf Dauer zu dienen. So regelt § 4 Abs. 2 StiftG NRW „Grundsätze“ (im 2. Abschnitt „Verwaltung der Stiftung“): „Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist oder der Wille der Stifterin oder des Stifters auf andere Weise nicht verwirklicht werden kann, ist das Stiftungsvermögen ungeschmälert zu erhalten. Vermögensumschichtungen sind nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung zulässig.“ In Verbindung mit der Satzung der Klägerin wurde mithin ein in der Anlage zum Stiftungsgeschäft konkret bezeichnetes Vermögen in die Stiftung eingebracht und dieses Vermögen war – vorbehaltlich etwaiger Umschichtungen – in seinem Bestand auch zu erhalten. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des StiftG NRW („Satzungsänderung, Zusammenschluss, Selbstauflösung“) können die zuständigen Stiftungsorgane, soweit die Satzung es nicht ausschließt, wesentliche Änderungen des Stiftungszwecks, wesentliche Änderungen, die die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks berühren, den Zusammenschluss der Stiftung mit einer anderen oder die Auflösung der Stiftung beschließen, sofern eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Derartige Beschlüsse bedürfen jedoch der Genehmigung der Stiftungsbehörde (§ 5 Abs. 2 Satz 3 des StiftG NRW).

2.

Im Rahmen der nach § 27 Abs. 7 KStG nur entsprechenden Anwendung des § 27 Abs. 1 KStG ist das in seinem Bestand zu erhaltende Stiftungskapital trotz der bestehenden Unterschiede zum Nennkapital von Kapitalgesellschaften dem „Nennkapital“ i.S. des § 27 Abs. 1 KStG gleichzustellen.

Rechnung zu tragen ist der Besonderheit, dass viele Körperschaftsteuersubjekte über kein Nennkapital verfügen. Eine rechtlich und wirtschaftlich vergleichbare Größe ist deshalb für Zwecke des § 27 KStG wie Nennkapital zu behandeln (Stimpel in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 27 Rn. 200). Dies gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls für solches Stiftungskapital, welches zur Verwirklichung des Stiftungszwecks dauerhaft in seinem Bestand zu erhalten ist, mögen auch Umschichtungen zulässig sein (im Ergebnis ebenso: von Oertzen/Friz, BB 2014, 87, 89; Orth, DB 17, 1472, 1476 f.; Wystrcil, Die Besteuerung von Destinatärleistungen, 2014, S. 154 ff.). Denn ungeachtet der vorstehend angeführten Unterschiede ist das Stiftungskapital mit dem Nennkapital i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG insoweit funktionell vergleichbar, als es sich jeweils um dasjenige Vermögen handelt, welches der Kapitalgesellschaft bzw. der Stiftung dauerhaft von ihren Gründern zur Erreichung ihrer jeweiligen Zwecke zur Verfügung gestellt wird. Dieses Stiftungskapital ist auch konkret festzulegen, mag es auch – anders als das Nennkapital von Kapitalgesellschaften oder das nach § 9 Abs. 2 der Eigenbetriebsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (EigVO NRW) vom 16.11.2004 in der Betriebssatzung festzusetzende Stammkapital von Eigenbetrieben der Gemeinde – im Stiftungsgeschäft und in der Satzung nicht zwingend zu beziffern sein (s. zur Rechnungslegung bezogen auf das Streitjahr 2010 auch IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Rechnungslegung von Stiftungen – IDW RS HFA 5 –, Stand 25.2.2000, Wpg 2000, 391).

3. Der vorgenannten Auslegung steht nicht entgegen, dass es bei der für steuerliche Zwecke gebotenen Bezifferung des „Nennkapitals“ nicht nur zu Bewertungs- und späteren Nachweisproblemen, sondern auch zu Abweichungen zwischen der zivilrechtlichen und der steuerlichen Bewertung dieses „Nennkapitals“ kommen kann.

a.

Wenn wie im vorliegenden Fall Betriebsvermögen (nämlich Mitunternehmeranteile und die dazugehörigen Sonderbetriebsvermögen) auf die Stiftung übertragen worden sind, erscheint es nach Auffassung des Senats sachgerecht, zur Ermittlung des „steuerlichen Nennkapitals“ der Stiftung i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG ebenfalls die steuerlich maßgebenden Werte im Zeitpunkt der jeweiligen Übertragung zugrunde zu legen. Dadurch mögen sich zwar unterschiedliche Wertansätze für die zivilrechtliche Pflicht zur Erhaltung des Stiftungskapitals in seinem Bestand und dem steuerlichen „Nennkapital“ i.S. des § 27 Abs. 7 KStG ergeben können. Dies erscheint dem Senat jedoch zulässig und geboten, weil der alleinige Zweck der Bestimmung des steuerlichen „Nennkapitals“ darin besteht, sicherzustellen, dass zugeführtes Kapital (mit dem damaligen steuerlichen Wertansatz) später zurückgezahlt werden kann, ohne dass dies zu Kapitalerträgen führt.

b.

Der Senat verkennt nicht, dass die von ihm vertretende Auffassung für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung mit einem zusätzlichen Dokumentationsaufwand verbunden ist. Falls man die Auffassung vertreten würde, dass Stiftungen über kein Nennkapital i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG verfügten und sämtliche Einlagen daher unmittelbar dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben wären, stünde der steuerlich maßgebliche Einlagewert durch die jährliche Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG verbindlich fest. Unter Zugrundelegung der Auffassung des Senats ist hingegen der Bestand des „steuerlichen Nennkapitals“ der Stiftungen über den Lauf der Jahre außerhalb der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gesondert festzuhalten. Denn aus der Satzung der Klägerin lässt sich kein konkreter Betrag für das letztlich steuerlich maßgebende  Nennkapital entnehmen. Eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Nennkapitals von Stiftungen durch entsprechenden Feststellungsbescheid ist in §§ 27, 28 KStG nicht vorgesehen. Falls zwischen einer seit langem bestehenden Stiftung und der Finanzverwaltung Streit über den Bestand des steuerlichen Nennkapitals entsprechend § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG besteht, müssten daher gegebenenfalls Sachverhalte geprüft werden, die Jahre oder sogar Jahrzehnte zurückliegen.

Dieser Nachteil ist jedoch im Interesse der steuerlichen Gleichbehandlung von Stiftungen und Kapitalgesellschaften hinzunehmen. Die vom Senat vorgenommene Unterscheidung zwischen dem steuerlichen Nennkapital der Stiftung und deren steuerlichem Einlagekonto kann im Hinblick auf die in § 27 KStG vorgesehene Verwendungsreihenfolge von Bedeutung sein und sich insbesondere dann steuerlich auswirken, wenn die Stiftung ihr Errichtungs- und/oder Zustiftungskapital (mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsbehörde) herabsetzt und teilweise auf die Destinatäre überträgt. Wenn die Einlagen der Stifter unmittelbar dem steuerlichen Einlagekonto gutgeschrieben worden wären, müssten die Leistungen an die Destinatäre gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG vorrangig aus dem vorhandenen ausschüttbaren Gewinn vorgenommen werden und wären für die Destinatäre, soweit ein solcher ausschüttbarer Gewinn vorhanden ist, steuerpflichtig. Wenn jedoch davon ausgegangen wird, dass Stiftungen über ein „steuerliches Nennkapital“ i.S. der §§ 27, 28 KStG verfügen, unterliegt die Rückzahlung aus diesem Nennkapital (soweit es nicht aus der Umwandlung von Rücklagen stammt) bei den Destinatären nach allgemeinen Grundsätzen bzw. nach § 28 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 3, § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG nicht der Einkommensbesteuerung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage, ob eine rechtsfähige Stiftung ein steuerliches Einlagekonto führen muss und in diesem Zusammenhang über ein dem Nennkapital vergleichbares Vermögen verfügt, war bislang nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung.

 

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