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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
28.10.2021
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Bildung von Rückstellungen für hinterzogene Steuerbeträge

FG Münster, Urteil vom 1.9.2021 – 13 K 863/18 K,G, rkr.

ECLI:DE:FGMS:2021:0901.13K863.18K.G.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2021-2607-1

Nicht Amtliche Leitsätze

1. Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine betriebliche veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten (auch dem Staat) voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen wird, und die ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag findet. Dies gilt auch für hinterzogene Steuern.

2. In zeitlicher Hinsicht darf die Rückstellung erst gebildet werden, wenn der Inhaber des gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Anspruchs von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder eine solche Kenntniserlangung unmittelbar bevorsteht.

EStG §§ 4 Abs. 5b, 5 Abs. 1; KStG § 10 Nr. 2; HGB § 249 Abs. 1 S. 1

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über den Ansatz von Steuerrückstellungen in den Streitjahren 2006 bis 2008 sowie über die Änderung des Ansatzes eines Firmenwerts.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.2000 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts R unter HRB 0000 eingetragene GmbH. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist Herr Q T. Unternehmensgegenstand ist […].

Die Klägerin reichte für die Streitjahre 2006 und 2007 weder Steuererklärungen noch Jahresabschlüsse beim Beklagten ein. Nach entsprechender Androhung setzte der Beklagte am 20.10.2008 für 2006 ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 2.000 € fest. Die Klägerin zahlte das Zwangsgeld. Nachdem sie die Steuererklärungen und Jahresabschlüsse für 2006 weiterhin nicht eingereicht hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 16.12.2008 die Körperschaftsteuer für 2006 auf 37.500 € fest unter Berücksichtigung eines Jahresüberschusses von 150.000 €. Den Gewerbesteuermessbetrag setzte er auf 8.025 € fest. Es handelte sich um eine Schätzung gemäß § 162 der Abgabenordnung – AO –. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Sie enthielten den Hinweis, dass die Schätzung die Klägerin nicht von ihrer Erklärungspflicht befreie.

Da die Klägerin weiterhin ihrer Erklärungspflicht für 2006 nicht nachkam, drohte der Beklagte am 3.3.2009 erneut ein Zwangsgeld für 2006 an, nun i.H.v. 16.000 €. Dagegen legte die frühere Rechtsanwältin der Klägerin, Frau RA, J, Einspruch ein. Für 2007 setzte der Beklagte nach entsprechender Androhung am 18.3.2009 ein Zwangsgeld i.H.v. 16.000 € fest, wogegen die Rechtsanwältin der Klägerin ebenfalls Einspruch einlegte. Sie trat daraufhin in Verhandlungen mit dem Beklagten über die Modalitäten der Veranlagung für 2006 und 2007 ein. Mit Schreiben vom 11.5.2009 erläuterte sie, dass die Klägerin ihre Liquidation vorbereite und nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sei, Bilanzen zu erstellen. Die bereits durchgeführte Schätzung für das Jahr 2006 entspreche aber den tatsächlichen Einnahmen und Umsätzen und werde anerkannt. Für die Folgejahre sollten Schätzungsbescheide in gleicher Höhe im Rahmen einer „tatsächlichen Verständigung“ ergehen, so die Rechtsanwältin. Ausweislich einer Gesprächsnotiz des Beklagten vom 12.5.2009 erzielte die Rechtsanwältin RA daraufhin mit einer Mitarbeiterin des Beklagten eine mündliche Verständigung dahingehend, dass „vorläufige Bilanzen“ eingereicht und ein Sicherheitszuschlag von 10 % vorgenommen werden sollten. Ein inzwischen am 11.5.2009 für 2006 festgesetztes Zwangsgeld i.H.v. 16.000 € sowie das für 2007 festgesetzte Zwangsgeld sollten dann aufgehoben werden.

Mit Schreiben vom 4.6.2009 reichte Frau Rechtsanwältin RA „vorläufige Bilanzen“ beim Beklagten ein, welche allerdings lediglich aus Excel-Berechnungen bestanden. Sie berechnete Jahresüberschüsse für 2006 und 2007 in der Form von Einnahmeüberschussrechnungen unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Die Berechnungen wiesen für 2006 einen Überschuss von 84.406,52 € und für 2007 von 137.695,31 € aus. Bei den Aufwendungen des Jahres 2006 waren „kalk-AFA“ i.H.v. 76.679,32 € enthalten, wobei die Zusammensetzung dieses Betrags nicht erläutert war. Der Beklagte erließ am 24.6.2009 gemäß § 164 Abs. 2 AO einen Änderungsbescheid für 2006, mit dem er die Körperschaftsteuer auf 25.049 € herabsetzte unter Berücksichtigung eines Jahresüberschusses von 95.000 €. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er zunächst bestehen. Ebenfalls am 24.6.2009 erließ er einen Erstbescheid für 2007 und setzte die Körperschaftsteuer auf 38.105 € fest unter Berücksichtigung eines Jahresüberschusses von 150.000 €. Auch dieser Bescheid erging im Wege der Schätzung gemäß § 162 AO und stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In den Erläuterungen beider Bescheide nahm der Beklagte Bezug auf die vorgelegten „betriebswirtschaftlichen Auswertungen“, wodurch die Schätzung unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlags vorgenommen worden sei. Die Verständigung sei in Absprache mit der Anwaltskanzlei RA getroffen worden.

Die Zwangsgeldfestsetzungen für 2006 und 2007 nahm der Beklagte mit Bescheiden vom 16.6.2009 zurück.

Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 29.7.2009 hob der Beklagte die Vorbehalte der Nachprüfung für die Jahre 2006 und 2007 auf.

Die Gewerbesteuermessbeträge setzte der Beklagte in entsprechender Weise fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er für die Streitjahre 2006 bis 2008 mit Bescheiden vom 24.7.2009 auf.

Der Beklagte führte ab dem 20.10.2011 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 durch. Mit Anordnung vom 9.7.2014 erweiterte er diese auf die Jahre 2005 und 2006.

Darüber hinaus führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C (im Folgenden: „STRAFA-FA“) im Jahr 2013 gegen den Geschäftsführer der Klägerin eine Fahndungsprüfung durch. Am 25.7.2013 durchsuchte das STRAFA-FA die Privaträume des Geschäftsführers und stellte Steuererklärungen und Bilanzen für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 als Beweismittel sicher, die durch die Steuerberatungsgesellschaft ST1 erstellt, aber nicht beim Beklagten eingereicht worden waren. Darüber hinaus wurden der Betriebsprüfung während der Prüfung Entwürfe für Bilanzen der Jahre 2008 und 2009 vorgelegt, die aber weder von der Gesellschafterversammlung beschlossen noch testiert worden waren. In diesen Bilanzen waren u.a. folgende Rückstellungen für Steuern enthalten:

 

 

31.12.2005

31.12.2006

31.12.2007

31.12.2008

Körperschaftsteuerrückstellung

8.258,00

184.387,97

413.726,61

448.011,68

Gewerbesteuerrückstellung

8.043,00

143.755,00

322.093,00

307.857,65

GewSt-Rückstellung § 4 Abs. 5b EStG

0,00

0,00

0,00

49.021,00

 

16.301,00

328.142,97

735.819,61

804.890,33

 

Dies entsprach der folgenden Erhöhung bzw. Verminderung der Rückstellungen:

 

 

31.12.2005

31.12.2006

31.12.2007

31.12.2008

Erhöhung KSt-Rückstellung

8.258,00

176.129,97

229.338,64

34.285,07

Erhöhung GewSt-Rückstellung

8.043,00

135.712,00

178.338,00

-14.235,35

GewSt-Rückstellung § 4 Abs. 5b EStG

0,00

0,00

0,00

49.021,00

 

16.301,00

311.841,97

407.676,64

69.070,72

 

Außerdem war in der vorgefundenen Bilanz zum 31.12.2006 ein Firmenwert aktiviert, der im Jahresabschluss 2006 mit 51.359 € abgeschrieben wurde.

Im Betriebsprüfungsbericht vom 16.11.2015 führten die Prüfer des Beklagten unter Tz. 2.3 aus, es bestehe Einvernehmen darüber, dass die vom STRAFA-FA sichergestellten und die der Betriebsprüfung vorgelegten Bilanzen und Steuererklärungen für die Jahre 2006 bis 2009 als Grundlage für die Besteuerung dienen sollten vorbehaltlich der übrigen Feststellungen der Betriebsprüfung. Unter Tz. 2.4 erklärten die Prüfer, die in den Bilanzentwürfen der Steuerberatungsgesellschaft enthaltenen Rückstellungen für hinterzogene Steuern seien erfolgswirksam aufzulösen, weil die Bildung von Rückstellungen für hinterzogene Steuern erstmalig in der Steuerbilanz des Wirtschaftsjahres zulässig sei, in dem mit der tatsächlichen Inanspruchnahme für diese Steuer zu rechnen sei. Dies sei das Jahr der Bekanntgabe des Strafverfahrens, hier das Jahr 2013. Dasselbe gelte für Hinterziehungszinsen. Es seien Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten i.H.v. 328.142,97 € für 2006, 407.676,64 € für 2007 und 69.070,72 € für 2008 erfolgswirksam aufzulösen. Ausweislich der Anlage 1 zum Prüfungsbericht erkannten die Prüfer dabei die zum 31.12.2005 gebildeten Steuerrückstellungen in Höhe von 16.301,00 € an. Die zum 31.12.2006 angesetzten Rückstellungen, die sich aus den zum 31.12.2005 gebildeten Rückstellungen zuzüglich der Erhöhung im Jahr 2006 i.H.v. 311.841,97 € zusammensetzten, kürzten sie aber in voller Höhe von 328.142,97 €. Der zum 31.12.2007 nicht anerkannte Betrag bestand nur aus den im Jahr 2007 neu gebildeten Rückstellungen i.H.v. 407.676,64 €. Der Betrag für 2008 setzte sich aus der von der Klägerin neu gebildeten Körperschaftsteuerrückstellung von 34.285,07 €, der zum 31.12.2008 herabgesetzten Gewerbesteuerrückstellung von ./. 14.235,35 und einer weiteren, unter Hinweis auf § 4 Abs. 5b EStG neu gebildeten Gewerbesteuerrückstellung von 49.021,00 € zusammen.

Unter Tz. 2.5 des Prüfungsberichts erklärten die Prüfer, die Vor-Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 habe in ihrem Prüfungsbericht vom 22.1.2008 einen im Veranlagungszeitraum 2004 aktivierten und in den Folgejahren abgeschriebenen Firmenwert beanstandet. Die Klägerin sei ihrer aus § 153 AO folgenden Verpflichtung, ihren auf den 31.12.2005 aufgestellten Jahresabschluss entsprechend zu ändern, nicht nachgekommen. Vielmehr habe sie die Beanstandung erst ab dem Jahr 2007 berücksichtigt. Auch für das Jahr 2006 habe sie Abschreibungen für Abnutzung – AfA – des Firmenwerts in Höhe von 51.359 € angesetzt. Diese seien nun gewinnwirksam zu mindern.

Unter Tz. 2.12 des Prüfungsberichts erläuterten die Prüfer, für den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin würden seit mindestens 2004 Verrechnungskonten geführt, auf denen überwiegend private Aufwendungen des Gesellschafters erfasst würden. Mündliche oder schriftliche Vereinbarungen hierzu seien nicht getroffen worden. Es handele sich um verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 640.401 € im Jahr 2006, 744.411 € im Jahr 2007 und 25.795,57 € im Jahr 2008. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 16.11.2015 verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung seiner Prüfer an und erließ Änderungsbescheide für die Streitjahre. Mit Bescheiden vom 25.11.2015 setzte er die Körperschaftsteuer für 2006 auf 211.246 € und für 2007 auf 235.238 € fest. Dabei ging er von Steuerbilanzgewinnen von 199.388 € für 2006 und 193.322 € für 2007 sowie von verdeckten Gewinnausschüttungen von 640.401 € für 2006 und 744.411 € für 2007 aus. Die Gewerbesteuermessbeträge für 2006 bis 2008 setzte er mit Bescheiden vom 4.12.2015 entsprechend fest. Verfahrensrechtlich ergingen die Körperschaftsteuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die Gewerbesteuermessbescheide gem. § 35b des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –

Dagegen legte die Klägerin, vertreten durch die Steuerberater ST2, V, mit Schreiben vom 21.12.2015 Einspruch ein. Sie begehrte, die Steuerrückstellungen sowie die AfA für den Firmenwert anzuerkennen. Im weiteren Einspruchsverfahren wurde sie auch von ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Diese rügten mit Schreiben vom 29.7.2016, die angefochtenen Bescheide seien in verfahrensrechtlich nicht ordnungsgemäßer Weise ergangen, da die Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Vorbescheide gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorgelegen hätten. Der Beklagte habe gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil sich die Klägerin, vertreten durch Frau Rechtsanwältin RA, und der Beklagte im Veranlagungsverfahren über die Modalitäten der Besteuerung geeinigt hätten. Darauf habe sich der Beklagte durch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auch eingelassen. Der Erlass späterer Änderungsbescheide sei treuwidrig.

Während des Einspruchsverfahrens schlossen die Beteiligten am 23.11.2017 eine tatsächliche Verständigung, welche die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen nach Tz. 2.12 des Prüfungsberichts vom 16.11.2015 modifizierte. Daraufhin erließ der Beklagte gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO weitere Änderungsbescheide. Die Körperschaftsteuer setzte er mit Bescheiden vom 16.1.2018 auf 191.246 € für 2006 und auf 215.238 € für 2007 herab. Dabei legte er Steuerbilanzgewinne von (unverändert) 199.388 € für 2006 und 193.322 € für 2007 und verdeckte Gewinnausschüttungen von nunmehr 560.401 € für 2006 und 664.411 € für 2007 zugrunde. Die Gewerbesteuermessbeträge setzte er mit Bescheiden vom 19.1.2018 auf 39.025 € für 2006, 44.275 € für 2007 und 9.621 € für 2008 fest.

Mit Einspruchsentscheidung vom 6.3.2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Dies begründete er hinsichtlich der Nichtanerkennung der Steuerrückstellungen damit, Rückstellungen für Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung könnten erst dann gebildet werden, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Inanspruchnahme rechnen müsse. Dies sei frühestens der Fall, wenn die Steuerfahndung mit der aufdeckungsorientierten Maßnahme beginne oder der Prüfer eine bestimmte Sachbehandlung beanstande. Solange die Tat hingegen nicht entdeckt sei, müsse der Steuerpflichtige nicht ernsthaft mit einer Inanspruchnahme rechnen und könne auch keine Rückstellung bilden. Im Streitfall sei dieser Zeitpunkt erst durch die Durchsuchung vom 25.7.2013 eingetreten. Es handle sich im Streitfall auch um eine Steuerhinterziehung, da die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine Steuererklärungen eingereicht habe. Von dieser Pflicht sei sie nicht aufgrund der vorgelegten Excel-Berechnungen und der darauffolgenden Schätzungsbescheide entbunden worden. Eine für beide Seiten rechtsverbindliche Einigung hätte nämlich nur in der Form einer tatsächlichen Verständigung erfolgen können, die vorliegend nicht abgeschlossen worden sei. Es sei auch davon auszugehen, dass bei dem Geschäftsführer der Klägerin der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt sei. Herr Q T sei seit mehr als 40 Jahren im Bereich des … tätig, so dass ihm die Abgabepflichten für Steuererklärungen bei einer GmbH bekannt gewesen sein mussten.

Hinsichtlich der AfA für den Firmenwert erklärte der Beklagte, in den bei der Durchsuchung vorgefunden Jahresabschlüssen sei die streitige AfA gebucht gewesen. Die Betriebsprüfer hätten im Wege der Schätzung gemäß § 162 AO die vorgefundenen Jahresabschlüsse den Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt, jedoch die von ihnen festgestellten fehlerhaften Buchungen korrigiert. Daher habe die Buchung der AfA für den Firmenwert rückgängig gemacht werden müssen.

Die Klägerin hat am 20.3.2018 Klage erhoben. Sie begehrt, die vom Beklagten i.H.v. 328.142,97 € für 2006, 407.676,64 € für 2007 und 69.070,72 € für 2008 aufgelösten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrückstellungen sowie die AfA für den Firmenwert i.H.v. 51.359 € für 2006 anzuerkennen. Die Auflösungsbeträge für die Steuerrückstellungen setzten sich wie folgt zusammen:

 

 

2006

2007

2008

Rückstellung für 2005

16.301,00

-

-

Körperschaftsteuerrückstellung

176.129,97

229.338,64

-

Gewerbesteuerrückstellung

135.712,00

178.338,00

69.070,72

 

328.142,97

407.676,64

69.070,72

 

Die Klägerin ist der Auffassung, Steuerrückstellungen für hinterzogene Steuern könnten nur dann erst im Jahr der Bekanntgabe des Strafverfahrens angesetzt werden, wenn zuvor falsche Steuererklärungen aktiv abgegeben worden seien. Denn in diesem Fall gehe der Täter davon aus, dass die Tat unentdeckt bleibe, so dass er nicht mit der Entstehung der Steuern rechne und folglich keine Rückstellungen bilden könne. Im vorliegenden Fall seien jedoch keine Steuererklärungen abgegeben worden. In dem Zeitpunkt, als die bei der Durchsuchung vorgefundenen Jahresabschlüsse aufgestellt worden seien, habe sie – die Klägerin – fest damit gerechnet, dass noch Steuernachforderungen entstünden. Für diese erwarteten Steuernachforderungen habe sie die Rückstellungen rechtmäßigerweise gebildet. Eine Steuerhinterziehung sei zu keinem Zeitpunkt erwogen worden.

In dem vom Berichterstatter des Senats am 24.1.2020 durchgeführten Erörterungstermin hat die Klägerin weiter erklärt, sie habe niemals die Absicht gehabt, die fraglichen Steuern dauerhaft nicht zu zahlen. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Steuern festgesetzt werden müssten. Es habe sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft bestanden, die dann fälligen Steuern zu zahlen.

Sämtliche Jahresabschlüsse und Steuererklärungen, von denen im Betriebsprüfungsbericht die Rede sei, hätten lediglich im Entwurf vorgelegen. Keiner dieser Jahresabschlüsse sei von der Gesellschafterversammlung beschlossen gewesen. Die Abschlüsse seien auch nicht vom Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet worden. Dieser habe nicht gewusst, dass es diese Abschlüsse überhaupt gegeben habe. Der seinerzeit tätige Steuerberater, der die im Rahmen der Durchsuchung gefundenen Jahresabschlüsse erstellt habe, habe eigentlich gar nicht mehr tätig werden sollen, sondern lediglich Frau Rechtsanwältin RA. Die Steuerberatungsgesellschaft ST1 habe keinen Auftrag mehr gehabt. Die gefundenen Jahresabschlüsse seien von Mitarbeitern auf einen Safe im Keller gelegt worden. Auf den Safe seien sie gelegt worden, weil die Mitarbeiter keinen Schlüssel zu dem Safe gehabt hätten. Davon, dass die Abschlüsse auf den Safe gelegt worden seien, habe der Geschäftsführer der Klägerin nichts gewusst.

Allerdings habe der Geschäftsführer der Klägerin bereits im Jahr 2012 einen anderen Berater mit der Erstellung von Jahresabschlüssen beauftragt, und zwar Herrn ST3 in D. Hintergrund sei gewesen, dass der mit der Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2009 betraute Betriebsprüfer die Auffassung vertreten habe, dass die in Excel gefertigten Abschlüsse nicht genügen würden. Er habe daher angeregt, von Grund auf neue Jahresabschlüsse zu erstellen. Dies habe Herr ST3 durchführen sollen. Er habe die Abschlüsse dann zu der Rechtsanwältin RA geschickt. Diese habe die Abschlüsse per Einschreiben am 13.11.2012 dem Finanzamt überreicht. Dort seien sie aber offensichtlich nicht weiter bearbeitet worden.

Weiter sei zu berücksichtigen, dass Frau Rechtsanwältin RA sich mit dem Finanzamt „geeinigt“ habe, dass die Bescheide auf der Grundlage der Excel-Tabellen ergehen könnten. Sodann sei auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass hiermit alles seine Ordnungsmäßigkeit habe. Vor diesem Hintergrund fehle zumindest der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung.

Hilfsweise müssten nach Auffassung der Klägerin zumindest diejenigen Steuerrückstellungen anerkannt werden, die sich auf Nachzahlungen bezögen, die durch die ursprünglichen Schätzungsbescheide auf der Grundlage der Excel-Tabellen entstanden seien.

In Bezug auf die AfA für den Firmenwert trägt die Klägerin vor, es treffe zu, dass die Aktivierung des Firmenwerts im Veranlagungszeitraum 2004 rückgängig zu machen sei. Den entsprechenden Ausführungen aus dem Bericht der Vorbetriebsprüfung vom 22.1.2008 sei zuzustimmen. Sie – die Klägerin – habe diese Änderung aber erst ab dem Abschluss 2007 berücksichtigt, da dies der erste Abschluss nach dem Prüfungsbericht vom 22.1.2008 gewesen sei. Für das frühere Jahr 2006 bestehe keine Pflicht zur Berücksichtigung. Der Beklagte könne sich dabei auch nicht auf eine Änderungspflicht gemäß § 153 AO berufen. Eine Änderungspflicht gemäß § 153 AO bestehe für das Jahr 2006 bereits deshalb nicht, weil weder ein Jahresabschluss noch eine Steuererklärung abgegeben worden sei. Darüber hinaus habe die Klägerin auch nicht erkannt, dass die Ansätze in den Jahresabschlüssen unrichtig gewesen seien.

Eine Rückgängigmachung der AfA für den Firmenwert komme auch deshalb nicht in Betracht, da insoweit die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorlägen. Bei der Frage, ob die AfA anzusetzen sei, handele es sich um die rechtliche Wertung, wie der Firmenwert zu buchen und abzuschreiben sei. Daher seien keine Tatsachen nachträglich bekannt geworden, sondern nur eine rechtliche Wertung.

Die Klägerin beantragt,

              die Körperschaftsteuerbescheide für 2006 und 2007 vom 16.1.2018 sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 2006 bis 2008 vom 19.1.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.3.2018 in der Weise zu ändern, dass Steuerrückstellungen i.H.v. 328.142,97 € für 2006, 407.676,64 € für 2007 und 69.070,72 € für 2008 sowie die AfA für den Firmenwert i.H.v. 51.359 € für 2006 anerkannt werden,

hilfsweise,

              die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

                            die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben nicht mit nachzuzahlenden Steuerforderungen gerechnet habe. Sie sei nämlich ihrer Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nachgekommen. Die Steuererklärungen seien vielmehr erst bei der Durchsuchungsmaßnahme beim Geschäftsführer der Klägerin aufgefunden worden. Ohne diese Maßnahme bzw. ohne die Betriebsprüfung wäre es bei den auf der Grundlage der Excel-Berechnungen durchgeführten Schätzungen verblieben.

Einer Rückgängigmachung der AfA für den Firmenwert stehe nicht § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO entgegen. Die AfA für den Firmenwert sei im ursprünglichen Schätzungsbescheid für 2006 nicht berücksichtigt worden. Es habe sich daher um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache gehandelt.

Der Senat hat am 1.9.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf die Gewinnerhöhung aus der Auflösung der Steuerrückstellung für 2005 im Jahr 2006 übereinstimmend erklärt, dass die hierauf zurückzuführende Gewinnerhöhung in Höhe 16.301 € rückgängig zu machen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen.

Aus den Gründen

Teilweise Begründetheit der Klage

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Klägerin begehrt die Aufhebung der Gewinnerhöhungen aus der Auflösung der Steuerrückstellungen

I. Der Senat legt den Antrag der Klägerin rechtsschutzgewährend in der Weise aus, dass die Klägerin – abweichend vom Wortlaut des gestellten Antrages – nicht den Ansatz von Steuerrückstellungen i.H.v. 328.142,97 € (2006), 407.676,64 € (2007) bzw. 69.070,72 € (2008) begehrt, sondern das Rückgängigmachen der gewinnerhöhenden Auflösung der Rückstellungen in Höhe der vorgenannten Beträge. Unter Berücksichtigung der nach Durchführung der Betriebsprüfung vom Beklagten vorgenommenen Änderungen und des gesamten Vorbringens der Klägerin im Klageverfahren bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin tatsächlich die Aufhebung der Gewinnerhöhungen aus der Auflösung der Steuerrückstellungen begehrt.

Teilweise Rechtswidrigkeit der Bescheide

II. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2006 vom 16.1.2018 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2006 vom 19.1.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.3.2018 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –), als der Beklagte die zum 31.12.2005 gebildete Steuerrückstellung i.H.v. 16.301 € dem Einkommen hinzugerechnet hat. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2007 vom 16.1.2018 und die Gewerbesteuermessbescheide für 2007 und 2008 vom 19.1.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.3.2018 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht Steuerrückstellungen i.H.v. 311.841,97 € für 2006, 407.676,64 € für 2007 und 69.070,72 € für 2008 sowie die AfA für den Firmenwert i.H.v. 51.359 € für 2006 nicht anerkannt.

Für 2006 erfasste Gewinnerhöhung ist rückgängig zu machen

1. Die vom Beklagten für das Jahr 2006 erfasste Gewinnerhöhung i.H.v. 16.301 € ist rückgängig zu machen.

Diese Gewinnerhöhung resultiert aus der Auflösung der zum 31.12.2005 von der Klägerin gebildeten Steuerrückstellungen. Die Betriebsprüfer des Beklagten hatten diese Rückstellungen ausweislich der Anlage 1 zum Prüfungsbericht vom 16.11.2015 anerkannt. Die Steuerrückstellungen sind zum 31.12.2006 fortzuführen und weiterhin anzuerkennen, da nicht feststellbar ist, dass die Steuern, für welche die Rückstellungen im Jahr 2005 gebildet worden waren, im Jahr 2006 gezahlt worden sind und die Rückstellungen hätten aufgelöst werden müssen. Zwischen den Beteiligten besteht insofern Einvernehmen, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt haben.

Die Gewinnerhöhung ist auch in der vollen Höhe von 16.301 € – ohne Gegenrechnung etwa eines Betrags nach § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) – rückgängig zu machen, da sie in dieser Höhe von den Betriebsprüfern tatsächlich erfasst worden war.

Beklagter hat die von der Klägerin gewinnmindernd erfassten Rückstellungsbeträge zu Recht gewinnerhöhend erfasst – …

2. Der Beklagte hat die von der Klägerin gewinnmindernd erfassten Rückstellungsbeträge i.H.v. 311.841,97 € für 2006, 407.676,64 € für 2007 und 69.070,72 € für 2008 zu Recht gewinnerhöhend erfasst.

… die Körperschaftsteuerrückstellungen deshalb, weil die Rückstellungsbeträge gem. § 10 Nr. 2 KStG außerbilanziell hinzuzurechnen waren

a) Die i.H.v. 176.129,97 € zum 31.12.2006, i.H.v. 229.338,64 € zum 31.12.2007 und i.H.v. 34.285,07 € zum 31.12.2008 neu gebildeten Körperschaftsteuerrückstellungen waren bereits deshalb gewinnerhöhend zu erfassen, weil die Rückstellungsbeträge gem. § 10 Nr. 2 KStG außerbilanziell hinzuzurechnen waren.

Gem. § 10 Nr. 2 KStG sind die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern nicht abziehbar. Zu den Steuern vom Einkommen gehört auch die Körperschaftsteuer (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 22.1.1997 I R 64/96, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 182, 530, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1997, 548, Rz. 10 [BB 1997, 1625]). Die genannte Vorschrift war im gesamten Streitzeitraum anwendbar.

Von dem Abzugsverbot sind nicht nur tatsächliche Steuerzahlungen, sondern auch Rückstellungen für die in § 10 Nr. 2 KStG aufgeführten Steuern und Nebenleistungen erfasst (Pfirrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10 KStG Rz. 40). Als Rechtsfolge des § 10 Nr. 2 KStG sind sie außerhalb der Bilanz dem Gewinn wieder hinzuzurechnen (Pfirrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10 KStG Rz. 41; Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 10 KStG Rz. 38).

…die Gewerbesteuerrrückstellung, weil der Rückstellungsbetrag gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5b EStG außerbilanziell hinzuzurechnen war

b) Die i.H.v. 49.021 € zum 31.12.2008 neu gebildete Gewerbesteuerrückstellung war bereits deshalb gewinnerhöhend zu erfassen, weil der Rückstellungsbetrag gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5b des Einkommensteuergesetzes – EStG – außerbilanziell hinzuzurechnen war.

Gem. § 4 Abs. 5b EStG in der im Streitjahr 2008 nach dem Gesetz vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) anwendbaren Fassung sind die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben. Gem. § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG in der im Streitjahr 2008 anwendbaren Fassung gilt § 4 Abs. 5b EStG erstmals für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31.12.2007 enden.

Trotz des Wortlauts des § 4 Abs. 5b EStG, dem zufolge Gewerbesteuer und Nebenleistungen „keine Betriebsausgaben" sind, handelt es sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Die Wirkungsweise des § 4 Abs. 5b EStG ist dahin zu verstehen, dass dadurch ein steuerliches Abzugsverbot für die Betriebsausgabe Gewerbesteuer angeordnet wird (BFH-Urteile vom 16.1.2014 I R 21/12, BFHE 244, 347, BStBl II 2014, 531, Rz. 10 [BB 2014, 1765 m. BB-Komm. Zöller]; vom 10.9.2015 IV R 8/13, BFHE 251, 25, BStBl II 2015, 1046, Rz. 17 [BB 2015, 2911]).

Von dem Abzugsverbot sind – ebenso wie im Anwendungsbereich des § 10 Nr. 2 KStG – auch Rückstellungen erfasst, so dass zuvor gebildete Rückstellungen außerhalb der Bilanz dem Gewinn wieder hinzuzurechnen sind (Loschelder in Schmidt, EStG, 40. Auflage, § 4 Rz. 618).

Der Beklagte hat die zum 31.12.2008 neu gebildete Körperschaftsteuerrückstellung (34.285,07 €) und die neu gebildete Gewerbesteuerrückstellung (49.021 €, zusammen 83.306,07 €) in nicht zu beanstandender Weise i.H.v. lediglich 69.070,72 € gewinnerhöhend erfasst. Dabei hat er die von der Klägerin angesetzte Verminderung der Gewerbesteuerrückstellung i.H.v. 14.235,35 € zum 31.12.2008 berücksichtigt. Dies begegnet keinen Bedenken, da der Beklagte die zum 31.12.2007 gebildete Gewerbesteuerrückstellung, auf welche sich die Herabsetzung im Jahr 2008 bezieht, nicht anerkannt hat. Daher ist auch die Herabsetzung im Jahr 2008 entsprechend gegenzurechnen.

Im Übrigen lagen die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung für Gewerbesteuern nicht vor

c) Im Übrigen lagen die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung für Gewerbesteuern i.H.v. 135.712 € zum 31.12.2006 und i.H.v. 178.338 € zum 31.12.2007 nicht vor.

Eine Rückstellung ist erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige aufgrund eines hinreichend konkreten Sachverhalts ernsthaft mit einer quantifizierbaren Steuernachforderung rechnen muss

aa) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Kläger in seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Auf diesen Grundsätzen beruht u.a. die Vorschrift des § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB –. Danach sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden (BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 15 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]).

Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine betrieblich veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen wird, und die ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag findet (BFH-Urteilevom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, Rz. 29 [BB 2006, 765]; vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 16 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]).

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dürfen sowohl Rückstellungen wegen zivilrechtlicher Schadensersatzverpflichtungen als auch wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen erst gebildet werden, wenn derjenige, der Inhaber des gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Anspruchs ist, von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder eine solche Kenntniserlangung unmittelbar bevorsteht, so dass eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme reicht es nicht schon aus, dass es einen Gläubiger gibt; vielmehr muss dieser auch seinen Anspruch kennen. Aus dem Vorsichtsprinzip folgt lediglich, dass nicht nur die bestehende Kenntnis, sondern auch eine unmittelbar bevorstehende Kenntniserlangung des Gläubigers die Bildung einer Rückstellung rechtfertigt (BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 17 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]; BFH-Urteil vom 19.10.1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891 [BB 1994, 37], betr. öffentlich-rechtliche Verpflichtungen; BFH-Urteil vom 25.4.2006 VIII R 40/04, BFHE 213, 364, BStBl II 2006, 749 [BB 2006, 2295 m. BB-Komm. Hommel], betr. zivilrechtliche Schadensersatzverpflichtungen).

Bei Verpflichtungen, die aus Straftaten resultieren, entsteht die Verbindlichkeit nach den maßgebenden zivil- oder öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zwar bereits mit Begehung der Tat. Solange der Steuerpflichtige aber davon ausgehen kann, dass die Tat unentdeckt bleibt, stellt die Verbindlichkeit für ihn keine wirtschaftliche Belastung dar (BFH-Urteile vom 3.7.1991 X R 163, 164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802, Rz. 19 [BB 1991, 1827]; vom 2.10.1992 III R 54/91, BFHE 169, 423, BStBl II 1993, 153, Rz. 11 [BB 1993, 181]); es fehlt an der hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme (BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 18 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]). Ob eine Inanspruchnahme aus der ungewissen Verbindlichkeit zu erwarten ist, richtet sich nach den Verhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags unter Berücksichtigung der bis zur Bilanzaufstellung – oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bilanz im ordnungsgemäßen Geschäftsgang (§ 243 Abs. 3 HGB) aufzustellen gewesen wäre – bekannt werdenden wertaufhellenden Umstände (BFH-Urteil vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 19 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]).

Diese allgemein für die Bildung von Rückstellungen geltenden Grundsätze des Handels- und Steuerbilanzrechts werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch auf Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen aus von ihm hinterzogenen Steuern angewendet. Folglich darf für Bilanzstichtage, die – vorbehaltlich einer etwaigen Wertaufhellung bis zur Bilanzaufstellung – vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem die Aufdeckung der Tat unmittelbar bevorsteht, keine Rückstellung gebildet werden. Für die Rückstellungsbildung reicht es weder aus, dass der Steuerpflichtige selbst von der Steuerhinterziehung Kenntnis hat, noch dass nach allgemeiner Erfahrung im Anschluss an Außen- und Fahndungsprüfungen häufig mit der Festsetzung von Mehrsteuern zu rechnen ist. Eine Rückstellung ist vielmehr erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige aufgrund eines hinreichend konkreten Sachverhalts ernsthaft mit einer quantifizierbaren Steuernachforderung rechnen muss, also frühestens dann, wenn der Prüfer eine bestimmte Sachbehandlung beanstandet hat, was in der Rechtsprechung mit dem Begriff der „aufdeckungsorientierten Maßnahme“ bezeichnet wird (BFH-Urteile vom 16.2.1996 I R 73/95, BFHE 180, 110, BStBl II 1996, 592, Rz. 16 [BB 1996, 1323]; vom 27.11.2001 VIII R 36/00, BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731, Rz. 17 [BB 2002, 1359 m. BB-Komm. Schulze-Osterloh]; vom 22.8.2012 X R 23/10, BFHE 238, 173, BStBl 2013, 76, Rz. 20 [BB 2012, 2747 m. BB-Komm. von Glasenapp]).

Deshalb waren die Voraussetzungen für die Bildung der Gewerbesteuerrückstellungen nicht erfüllt

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, waren die Voraussetzungen für die Bildung der Gewerbesteuerrückstellungen nicht erfüllt.

Die Klägerin musste mit einer Inanspruchnahme für ungewisse Gewerbesteuerverbindlichkeiten nach den Verhältnissen an den maßgeblichen Bilanzstichtagen 31.12.2006 und 31.12.2007 sowie im Wertaufhellungszeitraum bereits deshalb nicht rechnen, weil sie im ordnungsgemäßen Geschäftsgang (§ 243 Abs. 3 HGB) keine Steuererklärungen und Jahresabschlüsse erstellt und dem Beklagten eingereicht hat. Gemäß § 243 Abs. 3 HGB ist der Jahresabschluss innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen. Die Klägerin hat aber für die Streitjahre keine Jahresabschlüsse aufgestellt. Bei den am 25.7.2013 vom STRAFA-FA vorgefundenen Steuererklärungen und Bilanzen handelte es sich lediglich um Entwürfe, die weder von der Gesellschafterversammlung beschlossen noch vom Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet worden waren, wie die Klägerin in dem am 24.1.2020 durchgeführten Erörterungstermin erklärt hat. Auch die mit Schreiben vom 4.6.2009 eingereichten Excel-Berechnungen stellten keine Jahresabschlüsse dar, da sie nicht gemäß § 243 Abs. 1 HGB nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aufgestellt waren. Ebenso sind in den angeblich per Einschreiben am 13.11.2012 dem Finanzamt überreichten Abschlüssen keine Jahresabschlüsse im vorgenannten Sinne zu erblicken, da diese Abschlüsse nicht aktenkundig und von der Klägerin auch nicht im weiteren Verfahren vorgelegt worden sind. Mangels Aufstellung von Jahresabschlüssen konnte die Klägerin auch nicht mit der Entstehung von Steuernachforderungen rechnen.

Darüber hinaus fehlt es in den Streitjahren auch deshalb an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für Gewerbesteuern, weil die Klägerin durch die Nichtabgabe der Steuererklärungen den Tatbestand einer Steuerstraftat verwirklicht hat. Die verzögerte Steuerfestsetzung aufgrund einer Nichtabgabe oder verzögerten Abgabe von Steuererklärungen stellt nämlich eine Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 AO dar (Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 370 Rz. 89). Steuern sind gem. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO bereits dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Der Eintritt eines endgültigen Vermögensverlustes beim Fiskus ist nicht erforderlich (Bundesgerichtshof – BGH –, Urteil vom 26.10.2016 1 StR 172/16, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht – wistra – 2017, 196). Daher kann im Streitfall nach der zitierten Rechtsprechung des BFH die Gewerbesteuerrückstellung erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden, der auf die „aufdeckungsorientierte Maßnahme“, im vorliegenden Fall die Durchsuchungsmaßnahme vom 25.7.2013, folgt.

Dass die Klägerin im Streitfall nicht mit der Inanspruchnahme für die fraglichen Gewerbesteuern zu den Bilanzstichtagen 31.12.2006 und 31.12.2007 rechnete, zeigt sich auch daran, dass sie im Jahr 2009 ihre Rechtsanwältin RA in Verhandlungen mit dem Beklagten über die Modalitäten der Veranlagung für 2006 und 2007 eintreten ließ. Mit Schreiben vom 11.5.2009 strebte sie eine „tatsächliche Verständigung“ an. Ausweislich der Gesprächsnotiz vom 12.5.2009 erzielte sie eine Einigung mit einer Mitarbeiterin des Beklagten, dass unter Berücksichtigung von Excel-Berechnungen Schätzungsbescheide ergehen sollten. Tatsächlich erließ der Beklagte vor diesem Hintergrund die Gewerbesteuermessbescheide vom 24.7.2009. Dass die Klägerin hiermit das Ziel einer endgültigen Veranlagung ohne Entstehung von Steuernachforderungen verfolgte, hat sie auch im Einspruchs- und Klageverfahren verdeutlicht. Hier trug sie vor, sie habe sich im Veranlagungsverfahren im Jahr 2009, vertreten durch Frau Rechtsanwältin RA, über die Modalitäten der Besteuerung mit dem Beklagten geeinigt. Darauf habe sich der Beklagte durch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auch eingelassen. Aufgrund dieses Vortrags bestätigt die Klägerin selbst, dass sie mit einer Steuernachforderung nicht mehr rechnete.

Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg vortragen, Steuerrückstellungen für hinterzogenen Steuern könnten nur dann erst im Jahr der Bekanntgabe des Strafverfahrens angesetzt werden, wenn zuvor falsche Steuererklärungen aktiv abgegeben worden seien. Maßgeblich für die Frage, ob Steuerrückstellungen gebildet werden können, ist nach der zitierten Rechtsprechung des BFH nicht, ob Steuererklärungen „aktiv“ abgegeben worden sind oder nicht, sondern ob die Klägerin mit einer Inanspruchnahme für ungewisse Steuerverbindlichkeiten rechnen musste. Dies ist im Streitfall aufgrund der beschriebenen Umstände nicht der Fall. Dementsprechend kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe fest damit gerechnet, dass noch Steuernachforderungen entstünden. Denn da die Klägerin durch Ihre Rechtsanwältin RA mit Schreiben vom 11.5.2009 eine „tatsächliche Verständigung“ angestrebt und sich im Einspruchsverfahren auf deren Abschluss berufen hat, hat sich die Erwartung von Steuernachforderungen jedenfalls nicht im äußeren Verhalten der Klägerin widergespiegelt. Für die Frage, ob sie mit einer Inanspruchnahme rechnete, ist jedoch auf die äußeren Umstände und nicht auf eventuelle innere Vorbehalte abzustellen.

Einwand der Klägerin greift nicht

d) Die Klägerin kann nicht mit Erfolg einwenden, hilfsweise müssten zumindest diejenigen Steuerrückstellungen anerkannt werden, die sich auf Nachzahlungen bezögen, die durch die ursprünglichen Schätzungsbescheide auf der Grundlage der mit Schreiben vom 4.6.2009 eingereichten Excel-Tabellen entstanden seien.

Diese Excel-Berechnungen sind nämlich nicht Grundlage der Steuerfestsetzung in den angefochtenen Bescheiden geworden. Im Übrigen sind die Excel-Berechnungen wie beschrieben nicht nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung gemäß § 243 Abs. 1 HGB entstanden, so dass auf ihrer Grundlage Steuerrückstellungen nicht berechnet werden können.

Auch der Ansatz der AfA für den Firmenwert wurde zu Recht gewinnerhöhend erfasst

3. Der Beklagte hat auch den Ansatz der AfA für den Firmenwert i.H.v. 51.359 € für 2006 zu Recht gewinnerhöhend erfasst.

Gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen). Die Absetzung bemisst sich gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG gilt als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts eines Gewerbebetriebs ein Zeitraum von 15 Jahren.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Aktivierung des Firmenwerts im Veranlagungszeitraum 2004 rückgängig zu machen ist. Die Klägerin hat den entsprechenden Ausführungen aus dem Bericht der Vorbetriebsprüfung vom 22.1.2008 ausdrücklich zugestimmt.

Dementsprechend kann im Streitjahr 2006 eine AfA nicht angesetzt werden, da es an einem abschreibungsfähigen Wirtschaftsgut i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG fehlt.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Hinweis der Klägerin, der Beklagte könne sich nicht auf eine Änderungspflicht gemäß § 153 AO berufen. Der Beklagte hat sich für das Jahr 2006 im Betriebsprüfungsbericht vom 16.11.2015 unter Tz. 2.5 nämlich nicht auf eine solche Pflicht berufen, sondern lediglich für das Jahr 2005.

Angefochtene Bescheide sind verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden

4. Die angefochtenen Bescheide sind verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Bescheide vom 24.7.2009 und 29.7.2009, mit denen der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden war, lagen vor.

Änderung gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO

a) Eine Möglichkeit der Änderung der bestandskräftigen Bescheide ergab sich aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).

Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen aus: Wird ein für das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres maßgebender Wertansatz korrigiert, der sich auf die Höhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt, so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich der Veranlagung für die Folgejahre dar (BFH-Urteile vom 30.6.2005 IV R 11/14, BFHE 210, 196, BStBl II 2005, 809; vom 19.8.1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18 [BB 2000, 656]; BFH-Beschluss vom 14.12.2011 IV B 83/10, BFH/NV 2012, 702; ebenso Loschelder in Schmidt, EStG, 40. Auflage, § 4 Rz. 288; differenzierend Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 38 f)

Im Streitfall stellt die Korrektur des Bilanzansatzes des Firmenwerts zum 31.12.2005 ein rückwirkendes Ereignis in Bezug auf den Ansatz der AfA zum 31.12.2006 dar.

Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO

b) Die Möglichkeit einer Änderung der bestandskräftigen Bescheide ergab sich zudem aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

Eine Tatsache wird nachträglich bekannt, wenn sie das Finanzamt im Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung des Eingabewertbogens für den Erlass des ursprünglichen Steuerbescheids noch nicht kannte (BFH-Urteile vom 18.3.1987 II R 226/84, BFHE 149, 141, BStBl II 1987, 416 [BB 1987, 1241]; vom 18.5.2010 X R 49/08, BFH/NV 2010, 1022, Rz. 24). Maßgebend hierfür ist die Kenntnis der zur Bearbeitung des Steuerfalls organisatorisch berufenen Dienststelle (BFH-Urteile vom 23.3.1983 I R 182/82, BFHE 138, 313, BStBl II 1983, 548; vom 18.5.2010 X R 49/08, BFH/NV 2010, 1022, Rz. 24).

Im Streitfall wurde nachträglich bekannt, dass die Klägerin in den am 25.7.2013 beschlagnahmten Jahresabschlüssen einen Firmenwert angesetzt und hierfür AfA gebildet hatte. Dies war bei Ergehen der ursprünglichen, bestandskräftigen Bescheide vom 24.7.2009 und 29.7.2009 dem Beklagten noch nicht bekannt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist also nicht auf die Rechtsfrage, wie der Firmenwert zu buchen und abzuschreiben sei, sondern auf die Frage seines tatsächlichen Ansatzes abzustellen. Die erforderliche Auflösung der angesetzten AfA führte auch zu einer höheren Steuer im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Darüber hinaus wurde auch der Umstand, dass die Klägerin in den am 25.7.2013 beschlagnahmten Jahresabschlüssen Steuerrückstellungen gebildet hatte, erst nach Ergehen der ursprünglichen Bescheide vom 24.7.2009 und 29.7.2009 bekannt. Die auch insofern erforderliche Auflösung der Rückstellungen führte zu einer höheren Steuer im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Weitere Entscheidungen

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen.

Die Entscheidung, dass der Beklagte die festzusetzenden Beträge zu errechnen und mitzuteilen habe, folgt aus § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 FGO.

 

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