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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
30.01.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Bildung einer Rückstellung für eine Rauchgasentstaubungsanlage

FG Münster,

Urteil vom 14.12.2011 - 10 K 1471/09 K, G, Rev. zugelassen

Volltext des Urteils:

// BB-ONLINE BBL2012-312-1

unter www.betriebs-berater.de

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)

1. Für die Bildung einer Rückstellung ist es bei rechtlich bereits entstandenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nicht erforderlich, dass die Verpflichtung unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb zum jeweiligen Bilanzstichtag einstellt.


2. Eine Rauchgasentstaubungsanlage stellt kein selbständiges Wirtschaftsgut dar, für das Anschaffungs-/Herstellungskosten entstehen.

Sachverhalt



 

Streitig ist, ob die Klägerin eine Rückstellung für
eine neue Rauchgasentstaubungsanlage einer Feuerungsanlage für Holzreste zur
Anpassung an die Grenzwerte der Technischen Anleitung Luft (TA Luft) bilden
durfte und ob der Bau der neuen Rauchgasentstaubungsanlage zu
Anschaffungskosten/Herstellungskosten führen würde.



 

Die Klägerin betreibt ein G-werk. In ihrer
Produktionsstätte unterhält die Klägerin zwei Feuerungsanlagen. Die Anlage mit
der Hersteller-Nummer ... kann als Brennstoff mit Holzresten und mit Heizöl
betrieben werden.



 

Zu dieser Feuerungsanlage stellte das Staatliche Amt
für Umwelt und Arbeitsschutz OWL mit Verfügung vom 1.7.2005 fest, dass beim
Betrieb mit Holzbrennstoffen die Feuerungsanlage die Abgasparameter der TA Luft
2002 zum Luftschadstoff „Holzstaub" überschritt. Die Grenzwerte waren
insoweit seit dem 1.10.2002 durch die TA Luft neu festgelegt worden.
Entsprechend Nr. 5.4.1.2.1 der TA Luft, die eine Anpassung der Altanlagen an
die neuen Grenzwerte spätestens acht Jahre nach Inkrafttreten der geänderten
Verordnung vorsah, wurde der Klägerin aufgegeben die Abgasparameter für
staubförmige Emissionen bis spätestens ab dem 1.10.2010 einzuhalten. Vorgegeben
wurde insoweit nur das Ziel, nicht jedoch die Einrichtung oder Maßnahme, mit
der das Ziel zu verwirklichen ist. Der Klägerin blieb die Wahl der aus ihrer
Sicht technisch und wirtschaftlich besten Lösung.



 

Für eine neue Rauchgasreinigungsanlage holte die
Klägerin das Angebot der T GmbH vom 14.2.2006 ein. Dies belief sich auf 863 000
Euro.



 

Zudem ließ die Klägerin von der U AG zu den
Heizkraftwerken die Konzeptstudie vom 14.9.2006 erstellen.



 

Die Aufgabe erstreckte sich darauf, die
Betriebsbedingungen des Biomasse-Heizkraftwerks zu untersuchen und Vorschläge
für ein optimales Kraft-Wärme-Kopplungs-System zu unterbreiten. Zudem war die
Entstaubungsanlage des Biomasse-Heizkraftwerks gegen ein anderes System, das
den Brennstoffeinsatz und die immissionsschutzrechtlichen Belange
berücksichtigt, einzuplanen.



 

Zur Rauchgasentstaubung des Biomasse-Heizkraftwerks
wurde ein Kiesbettfilter verwendet. In der Konzeptstudie wurde als mögliche
Lösung der Einsatz eines Elektrofilters oder eines Gewebefilters, der neben dem
Staub weitere Abscheidungen von Hologenverbindungen, Dioxinen etc. zu leisten
vermag, vorgestellt. In der Übersicht der Investitionskosten ist ein
Gewebefilter nebst zugehörigen Geräten mit Investitionskosten in Höhe von 1 750 000
EUR ausgewiesen. Zur Durchführung der Maßnahme der Rauchgasentstaubung ist
festgehalten, die vorhandene Entstaubungsanlage, die neben dem Kesselhaus
aufgestellt ist, müsse bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlage erhalten werden.
Die neue Anlage sei im Durchgang zwischen dem Gästehaus und einem weiteren
Gebäude zu errichten. Die Rauchgasentstaubungsanlage werde montiert und nach
Betriebsbereitschaft umgeschlossen.



 

Am 21.8.2007 bestellte die Klägerin eine
entsprechende Rauchgasentstaubungsanlage zu einem Gesamtnettowert in Höhe von 1 800 000
Euro. Im Jahr 2008 wurde die Rauchgasfilteranlage bzw. Entstaubungsanlage
erneuert. Die neue Entstaubungsanlage wurde auf dem Dach eines zuvor
errichteten Maschinenhauses, in dem sich die Turbinenanlage zur Stromerzeugung
befindet, errichtet. Die Rauchgasentstaubungsanlage ist über Rohrleitungen mit
der Feuerungsanlage verbunden. Das Abgas der Feuerungsanlage wird zur
Einhaltung der Grenzwerte für Rauchpartikel durch die Rauchgasentstaubungsanlage
gereinigt.



 

Für die notwendigen Erneuerung der
Rauchgasfilteranlage bildete die Klägerin in der Bilanz zum 31.12.2005 gem. § 6
Abs. 3a Buchst. e) EStG eine abgezinste Rückstellung in Höhe von 696 000 Euro,
die sie in der Bilanz zum 31.12.2006 um 919 000 Euro erhöhte - abgezinste
Rückstellung zum 31.12.2006 in Höhe von 1 615 000 Euro.



 

Für die Veranlagungszeiträume 2003-2006 führte das FA
für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C eine Außenprüfung bei der Klägerin durch
- Prüfungsbericht vom 22.11.2007 -.



 

Der Prüfer vertrat die Auffassung, zur Erfüllung der
Verpflichtung, die Emissionswerte spätestens am 1.10.2010 einzuhalten, könne
eine Rückstellung nicht gebildet werden. Eine Rückstellungsbildung sei nur dann
zulässig, wenn die Erfüllung dieser Umweltverpflichtung durch den Betrieb in
der Vergangenheit begründet sei. Hieran fehle es. Dies entspreche der
Auffassung des BMF im Schreiben vom 27.9.1988 - IV B 2-S 2137 - 49/88. Zu dem
abweichenden Urteil des BFH vom 27.6.2001 - I R 45/97, BStBl. II 2003, 121, BB 2001,
1893, sei ein Nichtanwendungserlass vom 31.1.2003 - IV A 6 - S 2137 - 2/03, BStBl. I 2003,
125 ergangen.



 

Einer Rückstellungsbildung stehe des Weiteren
entgegen, dass der Bau der neuen Rauchgasentstaubungsanlage zu
Anschaffungskosten/Herstellungskosten führe. Entgegen der Auffassung der
Klägerin sei die Rauchgasentstaubungsanlage kein integraler Bestandteil der
Feuerungsanlage. Die Rauchgasentstaubungsanlage sei ein selbstständiges
Wirtschaftsgut, da es selbstständig bewertungsfähig und nicht mit einem anderen
Wirtschaftsgut derart verbunden sei, dass es nur einen Teil des anderen
Wirtschaftsgutes darstelle. Dies zeige sich unter anderem daran, dass bei der
Erweiterung und Erneuerung der Feuerungs- und Kesselanlage im Jahr 2001 die
damalige Rauchgasentstaubungsanlage nicht ersetzt worden sei. Auch die amtliche
AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Energie- und Wasserversorgung" weise
Rauchfilteranlagen und Rauchgasentschwefelungsanlagen als selbstständige
Wirtschaftsgüter aus.



 

Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und
erließ gemäß § 164 Abs. 2 AO die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 2005
und 2006 vom 28.3.2008 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2005 und 2006 vom
8.4.2008.



 

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren -
Einspruchsentscheidung vom 02.04.2009 - begehrt die Klägerin mit der Klage
weiterhin die Bildung der Rückstellungen.



 

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, ihr sei durch
die Ordnungsverfügung vom 1.7.2005 die Verpflichtung auferlegt worden, die
Grenzwerte durch ihre Anlage einzuhalten. Zur Erfüllung sei eine Frist bis zum
1.10.2010 gewährt worden. Zur Einhaltung der Grenzwerte habe die bestehende
Rauchgasentstaubungsanlage der Feuerungsanlage modernisiert werden müssen.
Diese Maßnahmen seien im Jahr 2008 verwirklicht worden. Neben der Erneuerung
der Rauchgasentstaubungsanlage sei die Turbinenanlage, die insoweit ein
selbständiges Wirtschaftsgut darstelle, ebenfalls erneuert worden.



 

Die Erneuerung der Rauchgasentstaubungsanlage habe
nicht zu Herstellungskosten geführt, sondern habe Erhaltungsaufwand verursacht.



 

Von Herstellungskosten könne nur ausgegangen werden,
wenn durch die Sanierung der Rauchgasentstaubungsanlage ein neues
Wirtschaftsgut entstanden oder ein bestehendes Wirtschaftsgut erweitert oder
wesentlich verbessert worden sei. An diesen Voraussetzungen fehle es.



 

Die Rauchgasentstaubungsanlage als Filteranlage sei
fest mit der Feuerungsanlage verbunden. Diese Verbindung sei auf Dauer
angelegt. Die Feuerungsanlage und die Filteranlage wiederum seien fest mit
einem Gebäude verbunden. In ihrer Ausgestaltung und Leistung sei die
Filteranlage auf die Feuerungsanlage ausgerichtet. Sie sei daher Bestandteil
der Feuerungsanlage und kein selbstständiges Wirtschaftsgut. Ohne die
Rauchgasentstaubungsanlage sei die Feuerungsanlage unvollständig. Gleiches
gelte im umgekehrten Zusammenhang. Der betriebliche Nutzen der Feuerungsanlage
bestehe in der Erzeugung von Dampfdruck, mit dem Maschinen in der Produktion
angetrieben und die Turbinenanlage betrieben werde. Die
Rauchgasentstaubungsanlage erfülle für sich gesehen keine eigene betriebliche
Funktion. Durch die Erneuerung der Rauchgasentstaubungsanlage könne die
bestehende Feuerungsanlage in ihrer bisherigen Leistung weiterbetrieben werden.
Mit der alten Rauchgasentstaubungsanlage hätte die Feuerungsanlage, um die
Grenzwerte einzuhalten, nur mit einer geringeren Leistung betrieben werden
müssen.



 

Der Ersatz der Rauchgasentstaubungsanlage habe auch
nicht die Feuerungsanlage insgesamt wesentlich erweitert oder wesentlich
verbessert. Die Feuerungsanlage sei durch die Sanierung der
Rauchgasentstaubungsanlage nur unwesentlich verändert worden. Es sei nur eine
Anpassung an den Stand der Technik erreicht worden. Der Funktionsumfang der
Rauchgasentstaubungsanlage und ihr Gebrauchswert hätten sich nicht geändert.



 

Der im Streitfall zu beurteilende Sachverhalt
entspreche der Entscheidung des BFH im BStBl. II 2003,121.



 

Die Rückstellung zum 31.12.2005 sei auf der
Grundlage des Angebotes der T GmbH über 853 000 Euro gebildet worden. Als
sich aus der Konzeptstudie vom 14.9.2006 der voraussichtliche Aufwand mit 1 750 000
Euro ergeben habe, sei zum 31.12.2006 der weitere Rückstellungsbetrag
bilanziert worden.



 

Die Klägerin beantragt,



 

1. die Körperschaftsteuerbescheide 2005 und 2006 vom
28.3.2008 und die Gewerbesteuermessbescheide 2005 und 2006 vom 8.4.2008 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 2.4.2009 dahin zu ändern, dass für 2005
eine zusätzliche Rückstellung in Höhe von 696 000 Euro und für 2006 in
Höhe von 919 000 Euro steuermindernd berücksichtigt wird;



 

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das
Vorverfahren für notwendig zu erklären.



 

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise
die Revision zuzulassen.



 

Der Beklagte trägt vor, aufgrund der
Ordnungsverfügung vom 1.7.2005 könne nach der Entscheidung des BFH vom
13.12.2007 - IV R 85/05, BStBl. II 2008, 516 noch keine Rückstellung gebildet
werden, da die Frist zur Erfüllung der Verpflichtung am maßgeblichen
Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen gewesen sei. Im Streitfall habe die
Verpflichtung erst bis zum 1.10.2010 erfüllt werden müssen.



 

Im Übrigen verweist der Beklagte auf seine
Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und die Darlegungen im
Prüfungsbericht.



 

Ergänzend trägt er vor, zu aktivierende
Herstellungskosten seien auch dann gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut über seinen
ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert werde, § 255 Abs. 2 S. 1
HGB. Aufgrund der verschärften Umweltgesetze sei eine deutliche Verringerung
der Schadstoffbelastung notwendig geworden. Dies sei nur durch eine neue
Filteranlage möglich gewesen. Damit entspreche die Filteranlage nicht nur dem
technischen Fortschritt, sondern beruhe auf den neuen gesetzlichen Regelungen
zur Luftreinhaltung, die eine erhebliche Leistungssteigerung der Anlage
fordern.



 

Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren
Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die
Gerichts- und die Steuerakten verwiesen.



 

Aus den Gründen



 

           
Begründetheit der Klage



 

II. 35 Die zulässige Klage ist begründet.



 

36 Die mit der Klage angegriffenen Bescheide sind
rechtswidrig und verletzen gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 FGO die Klägerin in ihren
Rechten, da zu Unrecht die für die Erneuerung der Rauchgasentstaubungsanlage
gebildeten Rückstellungen steuerlich nicht anerkannt wurden.



 

37 Für die Erneuerung der Rauchgasentstaubungsanlage war
gemäß § 8 Abs. 1 KStG, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 249 Abs.1 S. 1 HGB in
den Streitjahren 2005 und 2006 zu Recht eine Rückstellung von der Klägerin
gebildet worden. Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt die
Rauchgasentstaubungsanlage auch kein selbstständiges Wirtschaftsgut dar, für
das Anschaffungs-/Herstellungskosten entstanden sind.



 

           
Voraussetzungen für die Bildung einer
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten



 

38 1. Nach § 8 Abs. 1 KStG, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m.
§ 249 Abs.1 S. 1 HGB sind u. a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
zu bilden.



 

39 Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für
ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH



 

40 a) das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen
Verbindlichkeit oder



 

41 b) die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen
Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach ?deren Höhe zudem ungewiss
sein kann?,



 

42 c) ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor
dem Bilanzstichtag sowie



 

43 e) dass der Schuldner ernsthaft mit seiner
Inanspruchnahme rechnen muss (BFH-Urteil v. 19.10.2005 - XI R 64/04, BStBl. II
2006, 371, BB 2006, 543; v. 25.4.2006 - VIII R 40/04, BStBl. II 2006, 749, BB 2006,
2295; v. 19.7.2011 - X R 26/10, DB 2011, 2350, BB 2011, 2863; v. 8.9.2011 - IV
R 5/09, DStR 2011, 2186, BB 2011, 3119).



 

           
Voraussetzungen für die Bildung einer
Rückstellung für eine aufgrund öffentlich-rechtlicher
Bestimmungen begründete Verpflichtung



 

44 Die Bildung einer Rückstellung für eine aufgrund
öffentlich-rechtlicher Bestimmungen begründete Verpflichtung setzt voraus, dass
die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist und die
Verpflichtung auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums
abzielt. Ist eine behördliche Verfügung ergangen oder eine entsprechende
verwaltungsrechtliche Vereinbarung abgeschlossen, liegen diese Voraussetzungen
in der Regel vor. Ausnahmsweise kann sich eine solche Verpflichtung unmittelbar
aus dem konkreten Gesetzesbefehl einer Gesetzesvorschrift ergeben. Zudem ist
für die Rückstellung aufgrund einer sich aus öffentlichem Recht ergebenden
Verpflichtung erforderlich, dass an die Pflichtverletzung Sanktionen geknüpft
sind, die den Steuerpflichtigen zur Erfüllung der Verpflichtung zwingen
(BFH-Urteile v. 25.3.2004 - IV R 35/02, BStBl. II 2006, 644, BB 2004, 1620; v.
27.6.2001 - I R 45/97, BStBl. II 2003, 121, BB 2001, 1893).



 

           
Unterschiedliche Auffassungen zu dem Punkt,
ob wirtschaftliche Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag auch dann gegeben sein
muss, wenn rechtliche Verpflichtung bereits besteht



 

45 Unterschiedliche Auffassungen bestehen zu den genannten
Voraussetzungen dahin, ob die wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung in
der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch dann gegeben sein muss, wenn die
Verbindlichkeit dem Grunde nach rechtlich bereits besteht und sie nur der Höhe
nach ungewiss ist.



 

           
I. Senat: Nur bei rechtlih erst künftig
entstehenden Verpflichtungen ist wirtschaftliche Verursachung vor
dem Bilanzstichtag erforderlich



 

46 Nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BFH ist nur
bei rechtlich erst künftig entstehenden Verpflichtungen für die
Rückstellungsbildung die wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag
erforderlich (BFH-Urteile v. 27.6.2001 - I R 45/97, BStBl. II 2003, 121, BB 2001,
1893; v. 5.6.2002 - I R 96/00, BStBl. II 2005, 736, BB 2002, 2430; Buciek in
Blümich EStG § 5 Rz. 799b; Tiedchen in Hermann/Heuer/Raupach EStG § 5 Rz. 510;
Plewka/Schmidt in Lademann EStG § 5 Rz. 1212; Frotscher in Frotscher EStG § 5
Rz. 343, 352). Zur Begründung wird für diese Auffassung im Wesentlichen
angeführt, es bestehe kein Sachgrund, der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten
anders als gewisse Verbindlichkeiten zu behandeln. Das Imparitätsgebot des §
252 Abs. 1 Nr. 4 HGB und das Gebot des zutreffenden und vollständigen
Vermögensausweises des § 242 Abs. 1 i. V. m. § 246 Abs. 1 HGB würden den
Ausweis aller vorhersehbaren und konkretisierten Risiken bereits mit ihrer
Entstehung verlangen.



 

           
Andere Senate: Verpflichtung muss
wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht sein



 

47 Andere Senate fordern auch bei dieser
Sachverhaltskonstellation für die Rückstellungsbildung, dass die Verpflichtung
wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht ist, d. h. der Tatbestand, an
den die Verpflichtung anknüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist (BFH-Urteile
v. 19.10.1993 - VIII R 14/92, BStBl. II 1993, 891, BB 1994, 37; v. 19.8.1998 -
XI R 8/96, BStBl. II 1999, 18, BB 1998, 2632; v. 19.8.2002 - VIII R 30/01,
BStBl. II 2003, 131, BB 2003, 43; Weber-Grellet in Schmidt EStG 30. Aufl. 2011
§ 5 Rz. 384 m. w. N.; BMF v. 21.01.2003, BStBl. I 2003, 125). Zur Begründung
wird auf das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 letzter Halbsatz HGB)
abgehoben. Die zwar rechtlich entstandene, aber nicht vor dem Bilanzstichtag
wirtschaftlich verursachte Verbindlichkeit stelle noch keine echte
wirtschaftliche Belastung dar. Eine Rückstellung könne erst dann auch zeitlich
ausgewiesen werden, wenn eine wirtschaftliche Belastung eingetreten sei
(Weber-Grellet, DB 2002, 2180).



 

           
Wirtschaftliche Verursachung



 

48 Wirtschaftlich verursacht ist eine auf öffentlichem
Recht beruhende ungewisse Verbindlichkeit, wenn sie mit dem betrieblichen
Geschehen des Wirtschaftsjahres derart verknüpft ist, dass sie wirtschaftlich
als Aufwand dem jeweiligen Wirtschaftsjahr zuzuordnen ist. Dazu müssen die
wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung im Wirtschaftsjahr erfüllt
sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich
unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen. Zudem muss die Verbindlichkeit
nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Als im
Wesentlichen vergangenheitsorientiert in diesem Sinne ist die Verbindlichkeit
anzusehen, wenn alle wesentlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für das
Entstehen der Verbindlichkeit im Wirtschaftsjahr erfüllt sind, insbesondere die
Verpflichtung unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine
Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb zum jeweiligen Bilanzstichtag
beendet (BFH-Urteil v. 8.9.2011 - IV R 5/09, DStR 2011, 2186, BB 2011, 3119, m.
w. N.).



 

           
Verpflichtung im Streitfall ist nicht
vergangenheitsbezogen



 

49 Entsprechend diesen Grundsätzen ist die Verpflichtung
der Klägerin zur Einhaltung der Grenzwerte der Staubemissionen durch Umrüstung
oder Erneuerung der Filteranlage nicht vergangenheitsbezogen. Die Verpflichtung
ist zwar durch die behördliche Verfügung rechtlich entstanden. Zu ihrer
Erfüllung war jedoch ein Zeitraum bis zum 1.10.2010 eingeräumt, innerhalb
dessen die Klägerin ihren Betrieb einstellen und so der Verpflichtung entgehen
konnte. Daher ist im Streitfall die dargestellte Streitfrage zur
Rückstellungsbildung zu entscheiden.



 

           
Senat schließt sich der Auffassung des I.
Senats an ...



 

50 Der Senat hält das Gebot, voraussehbare und
konkretisierte Risiken bilanziell auszuweisen, soweit sie entstanden sind, und
das Gebot der Vollständigkeit des bilanziellen Ausweises für die dargelegte
Streitfrage für maßgebend. Er schließt sich insoweit der Auffassung des 1.
Senats des BFH an. Entsprechend diesen Grundsätzen bestand zum Bilanzstichtag
31.12.2005 eine rechtlich bereits entstandene Verpflichtung, mit der
Feuerungsanlage die Grenzwerte zu den Staubpartikeln in den Abgasen
einzuhalten. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung war durch die behördliche
Regelung eine Frist bis zum 1.10.2010 eingeräumt.



 

           
... aber Verpflichtung zur
Einhaltung der Grenzwerte beruht hier nicht unmittelbar auf einer gesetzlichen
Regelung, sondern auf einem Verwaltungsakt mit entsprechender Erfüllungsfrist



 

51 Der vorliegende Sachverhalt entspricht in seiner
Grundkonstellation dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BFH vom 27.6.2001 -
I R 45/97, BStBl. II 2003, 121, BB 2001, 1893, zu Grunde liegt. Von der vom
Beklagten herangezogenen Entscheidung des BFH vom 13.12.2007 - IV R 85/05,
BStBl. II 2008, 516, BB 2008, 1110, weicht der zu entscheidende Sachverhalt
insoweit ab, als die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte nicht
unmittelbar nur auf einer gesetzlichen Regelung, sondern durch einen
Verwaltungsakt mit entsprechender Erfüllungsfrist festgelegt wurde.



 

           
Im Streitfall bestand eine
rechtlich entstandene Verpflichtung, zu deren Erfüllung der Zeitraum bis zum
1.10.2010 zur Verfügung stand



 

52 Die Anlage der Klägerin entsprach seit der Änderung der
TA Luft und ihrer Grenzwerte, die die unbestimmten Rechtsbegriffe des BImSchG
auslegen, nicht mehr den Anforderungen des BImSchG an eine mit Holz betriebene
Feuerungsanlage. Die TA Luft ist eine auf der Grundlage des § 48 BImSchG
erlassene normkonkretisierende Vorschrift zur Sicherung eines gleichmäßigen und
berechenbaren Gesetzesvollzugs (BVerwG v. 21.6.2001 - 7 C 21/00, BVerwGE 114,
342). Die Regelungen der TA Luft sind insoweit bindende Vorgaben und zwar auch
zu den Anpassungsfristen.



 

53 Bei der Klägerin hat die Überprüfung des
Heizkraftwerkes durch das Umweltamt die Beanstandung ergeben, dass die
Grenzwerte zu den Staubemissionen nicht eingehalten wurden. Auf der Grundlage
des § 17 Abs. 1 BImSchG erließ daraufhin das Umweltamt die Ordnungsverfügung
vom 1.7.2005, die die Klägerin verpflichtete, den rechtswidrigen Zustand zu
beseitigen. Aus Gründen der Selbstbindung der Verwaltung durch die
Verwaltungsvorschrift der TA Luft wurde für die Erfüllung der Verpflichtung
eine Frist bis zum 1.10.2010 gewährt.



 

54 Im Streitfall bestand daher für die Klägerin durch die
Verfügung eine rechtlich entstandene Verpflichtung, zu deren Erfüllung der
Zeitraum bis zum 1.10.2010 zur Verfügung stand.



 

           
Ansatz und Höhe der Rückstellung sind nicht
zu beanstanden



 

55 Dieser vor dem Bilanzstichtag 31.12.2005 entstandenen
Verpflichtung hat die Klägerin durch den Ausweis der nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a
Buchst. e) EStG bemessenen Rückstellung zum 31.12.2005 in Höhe von 696 000
Euro Rechnung getragen. Die Bildung der Rückstellung in dieser Höhe entsprach
ihrem damaligen Kenntnisstand aufgrund des Angebotes der T GmbH über 863 000
Euro. Zum 31.12.2006 hat sie aufgrund ihrer neu gewonnenen zusätzlichen
Kenntnisse zum Kostenrahmen die Rückstellung entsprechend erhöht. Die Höhe der
gebildeten Rückstellung ist nach den Erkenntnissen zu den anfallenden Kosten
nicht zu beanstanden.



 

           
Rückstellungsbildung ist auch nicht gem.
§ 5 Abs. 4b EStG ausgeschlossen ...



 

56 2. Die Bildung der Rückstellung ist auch nicht gem. § 5
Abs. 4b EStG ausgeschlossen, da die Kosten der Rauchgasentstaubungsanlage keine
Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines selbstständigen Wirtschaftsguts
oder einer Sachgesamtheit, sondern Erhaltungsaufwendungen sind. Die
Rauchgasentstaubungsanlage ist kein selbstständig zu bewertendes
Wirtschaftsgut; sie ist vielmehr ein unselbstständiger Bestandteil der
Sachgesamtheit der Holz-Feuerungsanlage mit Filteranlage.



 

           
... wonachRückstellungen unzulässig sind, wenn
die künftigen Aufwendungen steuerrechtlich als Anschaffungs- oder Herstellungskosten
zu aktivieren sind



 

57 Nach § 5 Abs. 4b EStG sind Rückstellungen für ungewisse
Verbindlichkeiten nicht zulässig, wenn die künftigen Aufwendungen
steuerrechtlich als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind.



 

           
Selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut



 

58 Grundsätzlich ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. §
252 Abs. 1 Nr. 3 HGB in der Steuerbilanz jedes selbstständige Wirtschaftsgut
einzeln zu bilanzieren und zu bewerten. Ein im steuerlichen Sinne selbstständig
bewertbares Wirtschaftsgut liegt vor, wenn es nach der Verkehrsanschauung
selbstständig bewertet werden kann und wenn es in einem eigenen,
selbstständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht.



 

59 Werden bewegliche Sachen miteinander verbunden,
entscheidet sich, ob jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter oder
unselbstständige Teile eines verbundenen Wirtschaftsguts vorliegen danach, ob
die einzelnen Güter weiterhin ihre selbstständige Bewertbarkeit behalten.
Maßgebende Kriterien für diese Entscheidung sind, ob ein gemeinsamer Zweck der
mehreren Güter vorliegt, der Grad der Festigkeit der Verbindung der Güter, der
Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer
beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Von einem
einheitlichen Wirtschaftsgut ist regelmäßig auszugehen, wenn nach dem äußeren
Erscheinungsbild der einzelne Gegenstand für sich allein betrachtet
unvollständig erscheint oder ein Gegenstand ohne den anderen ein negatives
Gepräge erhält (BFH v. 9.8.2001 - III R 30/00, BStBl. II 2001, 841, BB 2002,
818; v. 14.4.2011 - IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696, BB 2011, 1648). Die
aufeinander abgestimmte Nutzung zweier Gegenstände steht der selbstständigen
Bewertbarkeit des hinzugefügten Gegenstands nicht entgegen. Die eigenständige
Nutzbarkeit eines Gegenstandes ist nicht Voraussetzung für seine selbstständige
Bewertbarkeit (BFH v. 5.9.2002 - III R 8/99, BStBl. II 2002, 877, BB 2002, 2430).
Die Verbindung schließt eine selbstständige Bewertbarkeit der Gegenstände aber
dann aus, wenn die Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung durch
den Steuerpflichtigen in seinem Betrieb hinaus technisch miteinander verbunden
und aufeinander abgestimmt sind, so dass durch die Abtrennung für den einzelnen
Gegenstand oder die Sachgesamtheit, aus der er herausgetrennt wurde, die
Nutzbarkeit für den Betrieb verloren geht. Die in einen betrieblichen
Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter sind dann als technisch
aufeinander abgestimmt anzusehen, wenn zusätzlich zu einem betrieblichen Zusammenhang
die naturwissenschaftlichen oder technischen Eigenschaften der Güter auf einen
gemeinsamen Einsatz angelegt sind. Dies ist anzunehmen, wenn dem einen
Gegenstand ohne den anderen bzw. ohne andere Gegenstände der gleichen Art schon
aus rein technischen Gründen allein keine Nutzbarkeit zukommt (BFH v. 9.8.2001 -
III R 30/00, BStBl. II 2001, 841, BB 2002, 818; v. 14.4.2011 - IV R 46/09,
BStBl. II 2011, 696, BB 2011, 1648). Die selbstständige Bewertbarkeit eines
Wirtschaftsgutes kann auch dadurch untergehen, dass es fest und auf längere
Dauer mit anderen Gegenständen verbunden wird und nur in dieser technischen
Verbundenheit seinen bestimmungsgemäßen Zweck erfüllen kann wie zum Beispiel
Badewanne und Armaturen (BFH v. 9.8.2001 - III R 30/00, BStBl. II 2001, 841, BB
2002, 818).



 

           
Feuerungsanlage und die
Rauchgasentstaubungsanlage sind ein einheitliches Wirtschaftsgut



 

60 In Anwendung dieser Grundsätze bilden die
Feuerungsanlage und die Rauchgasentstaubungsanlage eine Sachgesamtheit und ein
einheitliches Wirtschaftsgut.



 

61 Die Feuerungsanlage und die mit ihr verbundene
Filteranlage dienen dem gemeinsamen betrieblichen Zweck, durch die Verfeuerung
der in der Produktion anfallenden Holzabfälle und des zusätzlich hinzu
erworbenen Altholzes den für die Produktion notwendigen Dampf sowie über die
Turbine zusätzlich Strom zu erzeugen. Ohne die Feuerungsanlage und den
erzeugten Dampf ist die Produktion nicht möglich. Die Feuerungsanlage kann
entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit den benötigten Dampf nur erzeugen und ihre
betriebliche Funktion erfüllen, wenn sie wegen der Regelungen des
Bundesimmissionsschutzgesetzes und der Bundesimmissionsschutzverordnung
genehmigt ist und während des Betriebs die vorgegebenen Grenzwerte, u. a. zu
den Staubemissionen, einhält. Die Feuerungsanlage benötigt daher für ihren
Betrieb eine entsprechende Filteranlage; ohne eine solche ist der Betrieb
untersagt und verletzt



 

62 geltendes Umweltrecht.



 

63 Beide Wirtschaftsgüter erfüllen damit einen gemeinsamen
betrieblichen Zweck. Sie sind zur Erfüllung über Verschraubungen und
Rohrverbindungen fest miteinander verbunden. Diese Verbindung ist vorgesehen
und bleibt bestehen, bis entweder die Gesamtanlage oder die Feuerungsanlage
oder die Filteranlage als auswechselbare Teile der Gesamtanlage technisch
verbraucht sind wie zum Beispiel bei einem Kraftfahrzeug und dem zugehörigen
Katalysator.



 

64 Die verbundenen Wirtschaftsgüter sind auch technisch
insofern aufeinander abgestimmt, als die Größe und die Leistungsfähigkeit der
Filteranlage nach der Leistungsfähigkeit und dem Schadstoffausstoß der
Feuerungsanlage dimensioniert technisch ausgerichtet ist. Ohne die zugehörige
Filteranlage erscheint die Feuerungsanlage unvollständig und verliert ihre
Nutzbarkeit für den Betrieb; sie ist umweltrechtlich nicht betriebsfertig. Im
Rahmen der durch die Umweltgesetze vorgegebenen Rahmenbedingungen ist eine
betriebliche oder industrielle Feuerungsanlage ohne zugehörige Filteranlage
nicht zu betreiben. Ohne eine solche Filteranlage wäre eine Feuerungsanlage
unvollständig.



 

           
Auch kein anderes Ergebnis aus der von
der Finanzverwaltung erstellten AfA-Tabelle Energie- und Wasserversorgung vom
1.1.1989 ableitbar



 

65 Ein anderes Ergebnis ist entgegen der Auffassung des
Beklagten auch nicht aus der von der Finanzverwaltung erstellten AfA-Tabelle
Energie- und Wasserversorgung vom 1.1.1989 abzuleiten. In der Tabelle sind für
die Frage der Nutzungsdauer u. a. Rauchfilteranlagen und
Rauchgasentschwefelungsanlagen als selbstständige Wirtschaftsgüter aufgeführt.
Daraus lässt sich nicht zwingend ableiten, dass solche Wirtschaftsgüter stets
und unabhängig von ihrer Verbindung und Funktion mit anderen Wirtschaftsgütern
als selbstständige Wirtschaftsgüter zu bewerten sind.



 

66 Durch die Erneuerung der Filteranlage ist die
Gesamt-Feuerungsanlage an den Stand der Technik und die erhöhten
Umweltanforderungen angepasst worden. Dies hat nicht zu Herstellungskosten
sondern zu Erhaltungsaufwendungen geführt.



 

67 Nach § 255 Abs. 2 HGB sind Herstellungskosten die
Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von
Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts, seine Erweiterung oder für
eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung
entstehen. Abzustellen ist insbesondere darauf, ob die Maßnahme zu einer
höherwertigen, umfangreicheren oder verlängerten Nutzbarkeit des
Wirtschaftsgutes führt (BFH v. 25.9.2007 - IX R 28/07, BStBl. II 2008, 218, BB 2008,
318). Eine wesentliche Verbesserung einer Betriebsanlage in diesem Sinne liegt
vor, wenn nach objektiven Maßstäben der Gebrauchswert des Wirtschaftsgutes
deutlich erhöht wird (Kulosa in Schmidt EStG, 30. Aufl. 2011, § 6 Rz. 187, 188;
Ehmcke in Blümich EStG § 6 Rz. 403). Allein die Verringerung der
Emissionswerte, die die Betriebsanlage in den zeitgemäßen umweltrechtlich
geforderten Zustand versetzt, führt nicht zu einer höherwertigen Nutzbarkeit
(BFH v. 27.6.2001 - I R 45/97, BStBl. II 2003, 121, BB 2001, 1893).



 

68 Eine wesentliche Verbesserung der Feuerungsanlage oder
eine höhere Leistungsfähigkeit ist durch den Einbau der neuen Filteranlage
nicht eingetreten. Im Vergleich mit der alten Kiesfilteranlage werden durch die
neue Filteranlage die Staubpartikel der Abluft in größerem Umfang aufgefangen
und damit die erhöhten Umweltauflagen erfüllt. Die Leistung der Feuerungsanlage
für den Betrieb in Form von Dampf wird dadurch gegenüber dem vorherigen Zustand
nicht gesteigert. Die Anlage wurde insoweit nur den geänderten umweltrechtlich
festgelegten Anforderungen angepasst. Eine solche Maßnahme führt zu sofort
gemäß § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben abzugsfähigen
Erhaltungsaufwendungen.



 

           
Kostenentscheidung



 

69 Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.



 

           
Revision



 

70 Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO
zuzulassen, da für Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten zur Frage
des Erfordernisses der wirtschaftlichen Verursachung vor dem Bilanzstichtag bei
rechtlich bereits entstandenen Verbindlichkeiten in der Rechtsprechung des BFH
unterschiedliche Auffassungen bestehen.



 

           
Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit



 

71 Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
beruht auf § 709 Zivilprozessordnung.




 

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