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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.08.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Auflösung von § 7g-Rücklagen bei Einbringung

 

FG Münster, Urteil vom 26.5.2011 - 3 K 1416/08 E, G, EZ, Rev. eingelegt (Az. BFH: X R 31/11)

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL2011-2095-1 unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze (des Kommentators):

1. Die Rücklage gem. § 7g EStG, die in Folge der Einbringung fortgeführt werden soll, muss zunächst für den einbringenden Betrieb in zulässiger Weise gebildet werden.

2. Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Ansparabschreibung gem. § 7g EStG vorliegen, sind einbringender und aufnehmender Betrieb nicht als Einheit, sondern als zwei selbständige Betriebe zu betrachten.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten, ob die im Einzelunternehmen des Klägers gebildete Rücklage gem. § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) im Streitjahr 2004 aufzulösen ist, weil der Kläger sein Einzelunternehmen zum 1.1.2005 in eine GmbH & Co. KG eingebracht hat.

Der Kläger ist Hörakustikmeister und Augenoptiker. In 2001 erwarb er die Zweigniederlassung L von der Hörgeräte G GmbH und führte dieses Geschäft zunächst als Einzelunternehmer. Zum 1.10.2003 eröffnete der Kläger eine weitere Filiale in E. Nach seiner Ausbildung zum Hörakustikmeister waren der Bruder des Klägers und Herr I als weitere Hörakustiker neben dem Kläger als leitende Angestellte in dem Betrieb tätig. Mit Gesellschaftsvertrag vom 21.12.2004 errichteten der Kläger, sein Bruder und Herr I die "Hörsysteme A GmbH & Co. KG" zum 1.1.2005. An der Gesellschaft sind der Kläger mit 51% und sein Bruder und Herr I mit jeweils 24,5% beteiligt. Seinen Gesellschaftsanteil erbrachte der Kläger durch Einbringung seines Einzelunternehmens, während die beiden anderen Gesellschafter Bareinlagen in Höhe von jeweils 93 875,00 Euro zu erbringen hatten. Zu den Einzelheiten, insbesondere auf die Regelung der Stimmrechte, wird auf die Kopie des Gesellschaftsvertrages [...] Bezug genommen.

In der Bilanz zum 31.12.2004 für das Einzelunternehmen bildete der Kläger eine Rücklage gem. § 7g EStG in Höhe von insgesamt 83 200,00 Euro, die sich in Höhe von 24 000,00 Euro auf Ladeneinrichtung, in Höhe von 10 000,00 Euro auf eine EDV-Anlage und Telefonanlage, in Höhe von 7 200,00 Euro auf Lampen und Deko, in Höhe von 2 000,00 Euro auf Lichtkästen und in Höhe von 40 000,00 Euro auf zwei Pkw bezog.

Für die Jahre 2002 bis 2004 führte der Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Nach Auffassung des Betriebsprüfers war die Bildung einer Rücklage gem. § 7g EStG für das Jahr 2004 zu versagen, da wegen der Einbringung des Einzelunternehmens in die neue GmbH & Co. KG das Einzelunternehmen des Klägers nicht mehr fortbestanden habe und die geplante Investition dort nicht mehr durchführbar gewesen sei. Darüber hinaus habe der Kläger die Investition nicht genau nach Gegenstand und Anschaffungskosten bezeichnet. Zu den Einzelheiten wird auf Textziffer 2.10.2 des Berichtsprüfungsberichts vom 30.7.2007 [...] hingewiesen.

Der Beklagte erließ am 13.8.2007 einen dementsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 [...]. Ebenso wurde die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags geändert. Außerdem hob der Beklagte wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen die Festsetzung über Eigenheimzulage ab dem Jahr 2004 auf.

Dagegen wandte sich der Kläger mit Einsprüchen vom 20. bzw. 28.08.2007. Er vertrat die Auffassung, aufgrund der Einbringung des Einzelunternehmens des Klägers zu Buchwerten in die GmbH & Co. KG sei auch die Rücklage gem. § 7g EStG nicht aufzulösen, sondern mit dem Buchwert fortzuführen. Dies ergebe sich aus §§ 12, 22 und 24 sowie 4 Abs. 2 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) und den dazu ergangenen Regelungen des Umwandlungssteuererlasses in Textziffern 22.05 und 22.06. Das von der Betriebsprüfung angeführte Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15.5.2003 (14 K 7166/01 E, EFG 2003, 1368) treffe nicht den Fall des Klägers. Denn im Gegensatz zu dem der finanzgerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt werde das Unternehmen des Klägers im Rahmen der GmbH & Co. KG unverändert fortgeführt. So hätten sich weder Name noch Betätigungsfeld noch Lieferanten und Arbeitnehmer geändert. Auch die bereits im Einzelunternehmen des Klägers faktisch auf drei Personen verteilte Geschäftsleitung bestehe in Form der Geschäftsführung durch die Gesellschafter im Rahmen der Verwaltungs-GmbH unverändert fort. Allein die Aufnahme weiterer Gesellschafter könne nicht ausschlaggebend sein, da sie der Einbringung in eine Personengesellschaft wesensimmanent sei. In Folge der Gründung der Personengesellschaft habe sich lediglich die Finanzierungsstruktur des Unternehmens geändert. Darüber hinaus verweist der Kläger auf die Ausführungen bei Patt (Ertragsteuerberater 2005, 299).

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 10.04.2008 als unbegründet zurück. Zweck der Regelung des § 7g EStG sei, kleineren und mittleren Betrieben durch Liquiditätsstärkung Finanzierungserleichterungen zu verschaffen. Aus diesem Grund müsse zwischen den geplanten und den später durchgeführten Investitionen ein Finanzierungszusammenhang bestehen. Deshalb sei es erforderlich, dass die gebildete Ansparabschreibung zu einer noch durchführbaren, objektiv möglichen Investition in Beziehung stehe. Dies sei jedoch bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft nicht der Fall. Denn unabhängig von der fakultativ gem. § 24 UmwStG möglichen Buchwertfortführung bleibe es dabei, dass der Einbringungsvorgang ein entgeltlicher sei. Der ursprüngliche Betrieb bleibe nicht wie bei einer unter zwingender Fortführung der Buchwerte erfolgten unentgeltlichen Übertragung bestehen. In Folge dessen sei bei einer Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft der für die Gewährung der Ansparabschreibung gem. § 7g EStG erforderliche Finanzierungszusammenhang durchbrochen und die Rücklage im Einzelunternehmen des Klägers zwingend aufzulösen. Darüber hinaus sei es durch die Gründung der Gesellschaft auch zu wesentlichen Strukturveränderungen gekommen, da nicht mehr der Kläger allein die Geschicke des Unternehmens bestimme, sondern nur noch entsprechend der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Stimmregelungen zusammen mit seinen Mitgesellschaftern.

Mit seiner Klage vom 17.05.2008 verfolgt der Kläger sein Begehren, die Auflösung der Rücklage gem. § 7g EStG mit den entsprechenden Folgewirkungen für die Gewerbesteuermessbetrags- und Eigenheimzulagefestsetzung rückgängig zu machen, weiter. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungs-verfahren.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 13.08.2007 sowie den Gewerbe-steuermessbescheid 2004 vom 24.08.2007 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10.4.2008 zu ändern und die Ansparrücklage in Höhe von 83 200,00 Euro gewinnmindernd zu berücksichtigen und den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage ab 2004 vom 13.8.2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Aus den Gründen

            Unbegründetheit der Klage

18 Die zulässige Klage ist nicht begründet.

            Bildung einer Rücklage gem. § 7g EStG zu Lasten des Gewinns des Streitjahres 2004 war nicht zulässig

19 Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 2004, Gewerbesteuermessbetrag 2004 und Eigenheimzulage ab 2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Bildung einer Rücklage gem. § 7g EStG zu Lasten des Gewinns des Streitjahres 2004 war nicht zulässig.

            Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage gemäß. § 7g Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 6 EStG

20 Gem. § 7g Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich oder durch Überschussrechnung ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden bzw. Betriebsausgaben in der entsprechenden Höhe berücksichtigen. Die Ansparrücklage darf dabei 40% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes nicht überschreiten, das voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt wird.

            Zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition muss ein "Finanzierungszusammenhang" bestehen

21 Der Tatbestand des § 7g Abs. 3 EStG stellt auf eine künftige Anschaffung ab und verwendet den Begriff der Ansparabschreibung. Diese hat den Zweck, die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe dadurch zu verbessern, dass deren Liquidität gestärkt wird (BT Drucks 10/336, 13, 25/26; BT Drucks 11/257, 8). Mit Hilfe der Rücklage, die zu einer Steuerstundung führt, sollen Mittel angespart werden können, um dem Unternehmen die Finanzierung der Investition zu erleichtern (BT Drucks 12/4487, 33). Die Rücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG bewirkt die Vorverlagerung des Abschreibungspotentials und fördert die Innenfinanzierung, indem der Kreditbedarf verringert wird (vgl. Lamprecht in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, § 7g EStG, Rz H1). Der durch die Vorverlagerung des Aufwands eintretende Stundungseffekt erhöht die Liquidität des Steuerpflichtigen und seinen finanziellen Spielraum. Während der Steuerstundung können die liquiden Mittel produktiv verwendet oder zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt werden. Dieser Zweck verlangt in zeitlicher Hinsicht, dass die Rücklage die ihr zugedachte Funktion der Finanzierungserleichterung erfüllen kann. Zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition muss ein "Finanzierungszusammenhang" bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 14.8.2001 XI R 18/01, BFH/NV 2002, 181). Die Rücklage muss sich daher auf eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition beziehen. Andernfalls handelt es sich nicht um eine voraussichtliche Investition im Sinne des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG (BFH-Urteil vom 12.12.2001 XI R 13/00, BStBl. II 2002, 387).

            Ansparrücklage kann nicht mehr gebildet werden, wenn die Vornahme der Investition wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht mehr realisiert werden konnte

22 Unter Berücksichtigung dieser Zielrichtung des § 7g EStG geht der BFH (Urteile vom 13.5.2004 IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400 und vom 17.11.2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848) davon aus, dass der Steuerpflichtige eine Ansparrücklage nicht mehr bilden kann, wenn die Vornahme der vom Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag bzw. am Ende des betreffenden Wirtschaftsjahres geplanten Investitionen im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes nicht mehr realisiert werden konnte.

            Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hält darüber hinaus die Bildung einer Ansparrücklage nicht mehr für möglich, wenn die Investitionen aufgrund einer Einbringung des Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft nicht mehr durchführbar sind

23 Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hält darüber hinaus die Bildung einer Ansparrücklage gem. § 7g. Abs. 3 EStG für künftige Investitionen in einem Einzelunternehmen nicht mehr für möglich, wenn die Investitionen aufgrund einer Einbringung des Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft nicht mehr durchführbar sind (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 28.8.2002 14 K 387/01, EFG 2003, 218; Finanzgericht Münster, Urteil vom 25.2.2009 7 K 5021/07 E, G, EFG 2009, 1005 sowie Urteil vom 15.5. 2003 14 K 7166/01 E, EFG 2003, 1368).

            Auch im vorliegenden Fall konnte dr Kläger zum Zeitpunkt der Bildung der Ansparabschreibung in seiner Gewinnermittlung die von ihm geplanten Investitionen in seinem Einzelunternehmen nicht mehr ausführen

24 Auch im vorliegenden Fall war die Durchführung der vom Kläger zum Bilanzstichtag geplanten Investitionen in seinem Einzelunternehmen im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses auf den 31.12.2004 im Laufe des ersten Halbjahres 2005 und der anschließenden Einreichung beim Beklagten in der Folge objektiv nicht mehr möglich. Denn bereits durch Gesellschaftsvertrag vom 21.12.2004 hatte der Kläger sein Einzelunternehmen zum 1.1.2005 in die neue GmbH & Co. KG eingebracht. Diese Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH & Co. KG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat auch für den vorliegenden Fall anschließt, ein tauschähnlicher Vorgang und damit als Betriebsveräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren (vgl. BFH-Urteile vom 7.7.1998 VIII R 5/96, BStBl. II 1999, 209 und vom 21.6.1994 VIII R 5/92, BStBl. II 1994, 856). Der Kläger konnte daher zum Zeitpunkt der Bildung der Ansparabschreibung in seiner Gewinnermittlung die von ihm geplanten Investitionen in seinem Einzelunternehmen nicht mehr ausführen.

            Beim eingebrachten und beim aufnehmenden Betrieb handelt es sich weiter um zwei selbständige Betriebe

25 Der Senat verkennt zwar in diesem Zusammenhang nicht, dass die GmbH & Co. KG gem. § 24 UmwStG in die Rechtsposition des Einzelunternehmens eintritt und den Betrieb des Klägers als dessen Rechtsnachfolgerin auch tatsächlich im Wesentlichen unverändert fortführt (vgl. insoweit für den Fall der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft BFH-Urteil vom 19.5.2010 I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.6.2003 3 K 2328/02, EFG 2003, 1560) Das bedeutet jedoch nicht, dass für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparabschreibung gem. § 7g EStG zum 31.12.2004 (und damit der Einbringung in die Personengesellschaft um eine juristische Sekunde vorgelagert) vorliegen, der eingebrachte und der aufnehmende Betrieb als Einheit betrachtet werden dürften; es handelt sich vielmehr weiter um zwei selbständige Betriebe. Deshalb teilt der Senat in diesem Zusammenhang die Auffassung des Finanzgerichts Münster im Urteil vom 25.2.2009, wonach die Rücklage gem. § 7g EStG, die in Folge der Einbringung fortgeführt werden soll, zunächst für den einbringenden Betrieb in zulässiger Weise gebildet werden muss. Das ist jedoch, wie dargestellt, im vorliegenden Fall nicht der Fall.

            Kostenentscheidung

26 Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

            Revision zugelassen

27 Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren X R 21/09 und das Urteil des FG Niedersachsen vom 25.3.2009 (2 K 273/06, EFG 2009, 1478) gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

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