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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
02.03.2023
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Auflösung einer Rückstellung im Zusammenhang mit einem sog. Rücklagenmanagement

FG Münster, Urteil vom 14.12.2022 – 13 K 1414/19 K,F, rkr.

ECLI:DE:FGMS:2022:1214.13K1414.19K.F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2023-559-1

Leitsätze (des Kommentators)

1. Bei der Auflösung von Rückstellungen sind außerbilanzielle Korrekturen, z.B. infolge einer verdeckten Einlage, zu prüfen.

2. Eine verdeckte Einlage setzt die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Vermögen des Gesellschafters in das Vermögen der Gesellschaft voraus. Dazu muss der Gesellschafter den Vermögenswert, den er der Gesellschaft überträgt, zuvor innegehabt haben.

3. Hat der Gesellschafter tatsächlich keinen Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft und beruht die Rückstellungsbildung auf der zuvor theoretisch bestehenden Möglichkeit eines solchen Anspruchs, scheidet eine verdeckte Einlage aus.

KStG §§ 8 Abs. 3 S. 2 und 3, 10 Nr. 2, 27 Abs. 2 S. 1

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die steuerlichen Auswirkungen der Auflösung einer Rückstellung im Streitjahr 2011.

Die Klägerin ist eine im Jahre xx gegründete GmbH, ... . Die Klägerin bilanziert nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr (1.4. bis 31.3.).

Zum Zwecke der Mobilisierung von Körperschaftsteuerguthaben und der Vermeidung des Verlusts von Körperschaftsteuerguthaben durch den Systemwechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren beteiligte sich die Klägerin an einem „Rücklagenmanagement“. Zu diesem Zweck wurde von der Klägerin mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2000 eine Kapitalerhöhung von 1.500.000 DM auf 1.500.125 DM durchgeführt und die neue Stammeinlage von 125 DM als Vorzugsgeschäftsanteil gegen Zahlung eines Betrages von 7.400.125 DM (Stammeinlage 125 DM, Disagio 7.400.000 DM) an die B. GmbH & Co. KG („B. KG“) ausgegeben. Zugleich wurde der B. KG auf den Vorzugsgeschäftsanteil eine (inkongruente) Gewinnausschüttung aus dem Bilanzgewinn zum 31.3.2000 in Höhe eines Betrages von 6.906.250 DM zugesagt, die bis zum xx.xx.2000 zu erfolgen hatte.

Am xx.xx.2000 fassten die Gesellschafter der Klägerin einen Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.3.2000 und über die Ausschüttung des Betrages von 6.906.250 DM an die B. KG aus dem Bilanzgewinn zum 31.03.2000 in Höhe von ... DM. Der um Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.726.562 DM zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 94.960 DM verminderte Ausschüttungsbetrag wurde von der Klägerin am xx.xx.2000 auf ein Konto der B. KG überwiesen. Die Klägerin behandelte das von der B. KG im Zusammenhang mit dem Erwerb des Vorzugsgeschäftsanteils von 7.400.000 DM geleistete Disagio als Zugang zur Kapitalrücklage und die Ausschüttung in Höhe von 6.906.250 DM als Minderung der Kapitalrücklage. Per Saldo wurde die Kapitalrücklage im Jahresabschluss zum 31.03.2001 mithin durch die vorgenannten Geschäftsvorfälle um einen Betrag von 493.750 DM (252.450 €) erhöht.

Mit Schreiben vom xx.xx.2001 übersandte die Klägerin der B. KG eine Steuerbescheinigung über die im Jahr 2000 vorgenommene Ausschüttung in Höhe von 6.906.250 DM. Zudem reichte sie am xx.xx.2001 beim Beklagten eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung über Kapitalertragsteuer in Höhe von (25 % von 6.906.250 DM =) 1.726.562 DM zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 94.960 DM ein und führte die vorgenannten Beträge an den Beklagten ab.

In der Folgezeit fanden zwischen der Klägerin und der Finanzverwaltung Gespräche darüber statt, ob die nach dem vorstehend geschilderten Modell durchgeführte inkongruente Gewinnausschüttung der Klägerin an die B. KG steuerlich anzuerkennen sei. Die Klägerin folgte der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, wonach es sich bei der Entrichtung des Disagios in Höhe von 7.400.000 DM um eine Darlehensgewährung der B. KG an die Klägerin und bei der Überweisung des Ausschüttungsbetrages von 6.906.250 DM von der Klägerin an die B. KG um eine Darlehensrückzahlung gehandelt habe. Mit Schreiben vom xx.xx.2002 forderte die Klägerin die B. KG zur Rücksendung der von ihr am xx.xx.2001 erstellten Steuerbescheinigung über die Gewinnausschüttung in Höhe von 6.906.250 DM auf. Zugleich übersandte sie der B. KG vorsorglich eine korrigierte Steuerbescheinigung vom xx.xx.2002, in der weder ein Ausschüttungsbetrag noch anrechenbare Steuerbeträge ausgewiesen waren.

Ohne Beteiligung der B. KG schlossen der Beklagte und die Klägerin am xx.xx.2003 eine „tatsächliche Verständigung“, nach deren Ziffer 1 es sich bei dem von der B. KG entrichteten Disagio in Höhe von 7.400.000 DM um eine Darlehensgewährung und bei der Gewinnausschüttung in Höhe des Betrages von 6.906.250 DM um eine Darlehensrückzahlung handeln sollte. Nach Ziffer 4 der „tatsächlichen Verständigung“ sollte eine Erstattung der abgeführten Kapitalertragsteuer nach Rückforderung der der B. KG erteilten Steuerbescheinigung und nach Erteilung einer berichtigten Steuerbescheinigung an die Klägerin erfolgen, da die Sondervorschrift in § 44b Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG – der Regelung des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – vorgehe. Nach Ziffer 5 war die Behandlung des Vorgangs bei der B. KG nicht Gegenstand der Übereinkunft. Bei der Bewertung der Vorgänge als Darlehensgewährung und Darlehensrückzahlung sollte es nach dem weiteren Inhalt der Vereinbarung auch bleiben, falls in einem Rechtsbehelfsverfahren der B. KG entschieden werden sollte, dass nicht von einer Darlehensgewährung, sondern vom Erwerb eines Geschäftsanteils und von einer Gewinnausschüttung auszugehen sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung Bezug genommen.

Am gleichen Tage reichte die Klägerin beim Beklagten eine berichtigte Kapitalertragsteuer-Anmeldung für das Jahr 2000 ein, die eine Gewinnausschüttung von 0 DM auswies, und zeigte dem Beklagten mit Schreiben vom xx.xx.2003 an, dass die B. KG die Steuerbescheinigung vom xx.xx.2001 nicht an die Klägerin zurückgesandt habe.

Da der Beklagte und die Klägerin auf der Grundlage der „tatsächlichen Verständigung“ vom xx.xx.2003 davon ausgingen, dass die Voraussetzungen für eine Rückzahlung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags an die Klägerin vorlagen, zahlte der Beklagte den Gesamtbetrag von (1.726.562 DM + 94.960 DM =) 1.821.522 DM (= 931.330 €) im Januar 2003 nach Verrechnung mit (sich aus der Nichtberücksichtigung der Gewinnausschüttung an die B. KG ergebenden) Körperschaftsteuer-Verbindlichkeiten für das Jahr 2000 an die Klägerin zurück. Diese leitete den Betrag nicht an die B. KG weiter, erfasste im Jahresabschluss zum 31.3.2003 jedoch erfolgsneutral eine Verbindlichkeit in Höhe des Betrages von 931.330 €.

Nachdem die Klägerin die vorgenannte Verbindlichkeit in den nachfolgenden Jahresabschlüssen zum 31.3.2004 bis 2006 in unveränderter Höhe ausgewiesen hatte, wandelte sie die Verbindlichkeit im Jahresabschluss zum 31.3.2007 erfolgsneutral in eine Kapitalrücklage um.

Mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2009 (UR-Nr. .../2009 des Notars C. in D.) verkaufte die B. KG ihren – zwischenzeitlich auf nominell 200 € aufgestockten – Geschäftsanteil zum Preis von 625 € an die E. GmbH. Neben der letztgenannten GmbH (bezeichnet als „Erwerber“) und der B. KG (bezeichnet als „Veräußerer“) war auch die Klägerin (bezeichnet als „Gesellschaft“) Partei des zivilrechtlichen Vertrags. Unter II. dieses Vertrages vereinbarten die Klägerin und die B. KG:

 „Der Veräußerer und die Gesellschaft erklären den Verzicht auf sämtliche gegenwärtig bestehenden wechselseitigen Forderungen, soweit ein Verzicht nicht bereits in der Vergangenheit erfolgt ist.“

Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn für das Streitjahr 2011 durch Bestandsvergleich gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG. Sie gab am 29.10.2012 eine Körperschaftsteuererklärung ab, die einen Jahresüberschuss von … € auswies, sowie eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der steuerlichen Einlagekontos, mit der sie die Höhe des steuerlichen Einlagekontos mit 1.183.780 € erklärte. Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheiden vom 14.12.2012 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und erließ die beantragten Feststellungen. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Später hob er mit Änderungsbescheiden vom 6.3.2014 den Vorbehalt der Nachprüfung sowohl im Körperschaftsteuer- als auch im Feststellungsbescheid gem. § 164 Abs. 3 AO auf. Der Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid enthielt lediglich zwischen den Beteiligten unstreitige Änderungen. Das steuerliche Einlagekonto stellte er im Änderungsbescheid vom 6.3.2014 mit 252.450 € fest.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ... („GKBP“) führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für das Jahr 2007 durch. Mit Bericht vom xx.3.2013 gelangte es zu dem Ergebnis, auf der Grundlage der „tatsächlichen Verständigung“ vom xx.xx.2003 sei vom Vorliegen eines Darlehensverhältnisses zwischen der Klägerin und der B. KG auszugehen. Dies habe zur Folge, dass bei der Klägerin nicht nur eine Verbindlichkeit in Höhe des vom Beklagten an die Klägerin erstatteten Betrages von 931.330 €, sondern auch eine Verbindlichkeit in Höhe des Betrages von 493.750 DM (= 252.450 €) zu erfassen gewesen sei. Da davon auszugehen sei, dass die Klägerin in Bezug auf die Verbindlichkeiten zum 31.12.2006 die Einrede der Verjährung erheben könne und Anhaltspunkte für eine Einlage der B. KG durch einen Verzicht auf ihre Forderungen nicht ersichtlich seien, seien diese Verbindlichkeiten zum 31.3.2007 unter Anpassung der Gewerbesteuer-Rückstellung erfolgswirksam aufzulösen.

Gegen den daraufhin ergangenen Körperschaftsteuerbescheid für 2007 führte die Klägerin ein finanzgerichtliches Klageverfahren. Mit rechtskräftigem Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K entschied der 9. Senat des Finanzgerichts – FG – Münster, die von der Klägerin passivierte Verbindlichkeit i.H.v. 931.330 € sei zum 31.3.2007 erfolgswirksam aufzulösen gewesen. Eine solche Verbindlichkeit habe in diesem Zeitpunkt weder gegenüber der B. KG noch gegenüber dem Beklagten bestanden. Aus den Vereinbarungen vom xx.xx.2000 betreffend die Beteiligung der B. KG an der Klägerin könne ein Darlehensverhältnis nicht entnommen werden, denn die Regelungen hätten eindeutig nicht die Gewährung eines Darlehens von der B. KG an die Klägerin vorgesehen, sondern eine Beteiligung der B. KG an der Klägerin und eine Gewinnausschüttung der Klägerin an die B. KG. Auch der Abschluss der „tatsächlichen Verständigung“ vom xx.xx.2003 habe nicht zum Entstehen eines Darlehensverhältnisses zwischen der Klägerin und der B. KG geführt, allein schon deshalb, weil die B. KG an dieser Vereinbarung nicht beteiligt gewesen sei. Auch gegenüber dem Beklagten habe zum 31.3.2007 keine Verbindlichkeit der Klägerin in Höhe von 931.330 € bestanden. Zwar sei nach der Erstattung der im Jahre 2001 abgeführten Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags i.H.v. insgesamt 931.330 € die Klägerin materiell-rechtlich wieder zur Abführung dieses Betrags verpflichtet gewesen. Da der Beklagte jedoch der von der Klägerin am xx.xx.2003 eingereichten berichtigten Kapitalertragsteuer-Anmeldung für 2000 durch die Auszahlung des Betrages von 931.330 € konkludent zugestimmt habe und aufgrund dessen zugleich ein von der materiell-rechtlich zutreffenden Rechtslage abweichender Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag für das Jahr 2000 in Höhe von 0 DM vorgelegen habe, habe die Klägerin keine Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten auszuweisen gehabt.

Der 9. Senat des FG Münster gab dennoch der Klage statt, da anstelle der Verbindlichkeit in Höhe von 931.330 € zum 31.3.2007 eine Rückstellung in gleicher Höhe in Ansatz zu bringen gewesen sei. Denn an diesem Bilanzstichtag habe noch eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür bestanden, dass die B. KG für den Fall, dass es wegen der von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen „tatsächlichen Verständigung“ nicht zur Anrechnung des Betrages von 931.330 € auf die von ihr geschuldeten Steuern kommen sollte, gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung gesellschaftsrechtlicher Treupflichten oder auf Herausgabe dieses Betrages nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – geltend machen würde. Denn die B. KG habe im Rahmen eines Meinungsaustausches gegenüber der Klägerin bereits in Vorjahren geäußert, aufgrund der von der Finanzverwaltung vorgeschlagenen Darlehenslösung könnte es zu Zahlungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber der B. KG kommen.

Am 31.3.2007 sei zudem noch nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt gewesen, ob es zu einer Anrechnung der Kapitalertragsteuer bei der Veranlagung der B. KG kommen würde; die Rechtslage sei zu diesem Zeitpunkt vielmehr unklar gewesen. In Bezug auf die sich aus dem „Rücklagenmanagement“ ergebenden Rechtsfragen sei durch das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28.6.2006 I R 97/05 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 214, 276 [BB 2006, 2620]) lediglich geklärt gewesen, dass es sich bei dem „Rücklagenmanagement“ nicht um eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO gehandelt habe und damit – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung – von einer Gewinnausschüttung der Klägerin und nicht von einer Darlehensgewährung auszugehen gewesen sei. Auch nach Ergehen des vorgenannten BFH-Urteils sei jedoch weiterhin unklar gewesen, ob die am xx.xx.2003 ausgestellte korrigierte Steuerbescheinigung einer Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die gegenüber der B. KG festgesetzte Körperschaftsteuer entgegen gestanden habe. Zudem sei bis zur Entscheidung des BFH vom 20.10.2011 I R 54/09 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 641) offen gewesen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rückzahlung der Kapitalertragsteuer an die ausschüttende Gesellschaft einer Anrechnung der Kapitalertragsteuerbeträge auf die Körperschaftsteuer der B. KG entgegengestanden habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K verwiesen.

Nach Ergehen dieses Urteils nahm der Beklagte die Bearbeitung der Veranlagung der Klägerin für das Jahr 2009 auf. Er ging davon aus, die vom FG Münster bei der Klägerin gebildete Rückstellung müsse im Jahr 2009 aufgelöst werden, da die B. KG gegenüber der Klägerin mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2009 auf „sämtliche gegenwärtig bestehenden wechselseitigen Forderungen“ verzichtet habe. Daher erließ er einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid für 2009 und einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auf den 31.3.2009, mit der er das steuerliche Einlagekonto mit 252.450 € und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital mit 0 € feststellte.

Gegen beide Bescheide führte die Klägerin vor dem erkennenden Senat erneut ein finanzgerichtliches Klageverfahren (Az. 13 K 2783/15 K,F). Mit ihrem Hauptantrag begehrte sie die Anerkennung der gebildeten Rückstellung im Körperschaftsteuerbescheid 2009. Hilfsweise beantragte sie, das zu versteuernde Einkommen um 931.330 € zu vermindern sowie unter Änderung des Feststellungsbescheids das steuerliche Einlagekonto um denselben Betrag zu erhöhen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F gab der erkennende Senat der Klage im Umfang des Hauptantrags statt. Über den Hilfsantrag entschied er nicht. Nach den Urteilsgründen war die Rückstellung i.H.v. 931.330 € im Jahr 2009 anzuerkennen. Denn am Bilanzstichtag 31.3.2009 habe noch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der B. KG bestanden, so der erkennende Senat. Bereits der 9. Senat des FG Münster habe im Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K ausgeführt, die B. KG könnte für den Fall, dass es wegen der von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen „tatsächlichen Verständigung“ nicht zur Anrechnung des Betrages von 931.330 € auf die von der B. KG geschuldeten Steuern kommen sollte, gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Diese Wahrscheinlichkeit habe im Jahr 2009 noch fortbestanden, da zum 31.3.2009 für die Klägerin noch nicht abschließend geklärt gewesen sei, ob die B. KG zu einer Anrechnung des Betrages von 931.330 € auf die von ihr geschuldeten Steuern berechtigt sein würde. Daher habe fortwährend die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die B. KG einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin geltend machen würde, da die Klägerin die Erstattung der Kapitalertragsteuer vom Beklagten erhalten und diese Erstattung nicht an die B. KG weitergeleitet habe. Die Rechtsfrage, ob die B. KG gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer berechtigt sein und ihr daher kein Schaden entstehen würde, sei nicht bereits durch den BFH-Beschluss vom 20.8.2007 I B 98/07 (BFH/NV 2007, 2276), sondern erst durch das BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 54/09 (BFH/NV 2011, 641) geklärt worden. Der BFH habe erst in diesem Urteil entschieden, dass eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer trotz Rückzahlung der Kapitalertragsteuer durch die Finanzverwaltung möglich sei, solange – wie im Streitfall – die zurückgezahlte Kapitalertragsteuer nicht an den Empfänger der Gewinnausschüttung weitergeleitet worden sei. Zudem sei, so der erkennende Senat, die Rückstellung zum 31.3.2009 auch nicht deshalb aufzulösen, weil die B. KG mit Vertrag vom xx.xx.2009 gegenüber der Klägerin auf „sämtliche gegenwärtig bestehenden wechselseitigen Forderungen“ verzichtet habe. Dieser Forderungsverzicht habe keine zukünftigen Forderungen umfasst. Eine eventuelle Schadensersatzforderung der B. KG gegenüber der Klägerin wäre jedoch aus der Sicht des Vertrags vom xx.xx.2009 erst in der Zukunft entstanden, da der Schaden im Vertragszeitpunkt noch nicht eingetreten sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F verwiesen.

Nach Ergehen dieses Urteils nahm der Beklagte die Bearbeitung der Veranlagung der Klägerin für das Jahr 2011 (das Streitjahr) auf. Er ging davon aus, die Rückstellung in Höhe von 931.330 € sei nunmehr zum Bilanzstichtag 31.3.2011 erfolgswirksam aufzulösen. Mit Änderungsbescheid vom 8.6.2018 setzte er gemäß § 174 Abs. 4 AO die Körperschaftsteuer für 2011 auf ... € fest. Dabei legte er einen Steuerbilanzgewinn von ... € zugrunde. Zudem erließ der Beklagte am 8.6.2018 einen Änderungsbescheid gemäß § 174 Abs. 4 AO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.3.2011, mit dem er das steuerliche Einlagekonto mit ... € und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital zum 31.3.2011 mit ... € feststellte. Diese Beträge waren gegenüber dem Vorbescheid vom 6.3.2014 unverändert.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 5.7.2018 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9.4.2019 als unbegründet zurückwies.

Daraufhin hat die Klägerin am 2.5.2019 die vorliegende Klage erhoben. Sie begehrt eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2011 und des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.3.2011.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gegenüber der B. KG i.H.v. 931.330 € sei vom Beklagten zwar zu Recht zum Bilanzstichtag 31.3.2011 aufgelöst worden. Dies müsse jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten erfolgsneutral erfolgen.

Die Auflösung der Rückstellung beruhe nämlich auf einer verdeckten Einlage des ehemaligen Gesellschafters der Klägerin, der B. KG. Die verdeckte Einlage habe zur Folge, dass die gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellung außerbilanziell in Abzug zu bringen sei (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG). Die B. KG habe aufgrund des BFH-Urteils vom 20.10.2010 I R 54/09 konkludent auf ihre Forderung verzichtet. Dieser Verzicht stelle einen einlagefähigen Vermögensvorteil dar, da er zum Wegfall der Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten geführt habe. Dabei sei auch der Verzicht auf eine ungewisse Verbindlichkeit einlagefähig. Die Zuwendung sei durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Die B. KG habe die Klägerin von einem zuvor möglicherweise bestehenden Anspruch auf Weiterleitung der Kapitalertragsteuer befreit, nachdem der BFH mit Urteil vom 20.10.2010 I R 54/09 insofern die Rechtslage geklärt habe, dass die B. KG die Kapitalertragsteuer habe anrechnen können. Der mögliche Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer stelle einen Vorgang auf der Ebene zwischen Gesellschaft und Gesellschafter dar, da er die Besteuerung einer Ausschüttung und damit die Gewinnverwendung betreffe. Hierbei sei auf das Jahr 2003 abzustellen, also auf den Zeitpunkt der Erstattung der Kapitalertragsteuer durch das Finanzamt. Denn das Finanzamt habe die Kapitalertragsteuer erstattet, die auf eine Gewinnausschüttung gezahlt worden sei. In diesem Zeitpunkt sei der vermeintliche Anspruch der B. KG auf Weiterleitung entstanden. Weil auf das Jahr 2003 abzustellen sei, sei es auch unerheblich, dass die B. KG im Zeitpunkt der Auflösung der Rückstellung nicht mehr Gesellschafterin der Klägerin gewesen sei. Auch ausgeschiedene Gesellschafter könnten verdeckte Einlagen leisten, wenn – wie hier – die Grundlagen für die Zuwendung in der Zeit der Gesellschafterstellung gelegt worden seien. Schließlich sei die mögliche Forderung der B. KG im Zeitpunkt der verdeckten Einlage auch voll werthaltig gewesen, ihr Teilwert habe dem Nominalwert entsprochen.

Selbst wenn keine verdeckte Einlage vorliege, sei die gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellung gleichwohl gemäß § 10 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG außerbilanziell in Abzug zu bringen. § 10 Nr. 2 KStG sehe ein Abzugsverbot für Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern vor. Der Regelungsumfang dieser Vorschrift erstrecke sich zwar nicht auf die Kapitalertragsteuer, da es sich bei der Kapitalertragsteuer um eine Steuer des Gesellschafters und nicht der Gesellschaft handele (BFH-Urteil vom 22.1.1997 I R 64/96, BStBl II 1997, 548 [BB 1997, 1625]). In diesem Zusammenhang sei jedoch § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG zu berücksichtigen. Demnach sei es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt werde. Vorgänge der Gewinnverwendung dürften also keinen Einfluss auf die Gewinnermittlung der Gesellschaft haben. Gewinnausschüttungen und die damit zusammenhängende Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer gehörten aber zur Gewinnverwendung. Dasselbe müsse auch für die Rückerstattung der abgeführten Kapitalertragsteuer gelten. Dieser Vorgang müsse ebenso wie die Ausschüttung ergebnisneutral sein. Auch der Umstand, dass die erstattete Kapitalertragsteuer nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht an die B. KG weitergeleitet worden sei, könne nicht dazu führen, dass der steuerneutrale Vorgang steuerpflichtig werde.

Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung werde auch anhand einer Kontrollüberlegung deutlich: Hätte im Zeitpunkt der Erstattung der Kapitalertragsteuer bereits festgestanden, dass diese nicht an die Gesellschafterin weiterzuleiten gewesen wäre, so wäre der Vorgang wie die Rückzahlung einer Gewinnausschüttung erfolgsneutral zu verbuchen gewesen. Denn da durch die Abführung von Kapitalertragsteuer kein Aufwand entstehe, sei auch deren Erstattung nicht ertragswirksam. Nichts anderes könne im Ergebnis gelten, wenn der „Umweg“ der Bildung einer Verbindlichkeit bzw. Rückstellung und deren Auflösung gewählt werde.

Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Jahr 2003 deshalb eine Verbindlichkeit eingebucht habe, weil sie mit dem Beklagten am xx.xx.2003 eine „tatsächliche Verständigung“ darüber abgeschlossen hatte, dass ein Darlehen vorgelegen habe. Die Einbuchung einer Darlehensverbindlichkeit erfolge aber erfolgsneutral. Ebenso sei die Umbuchung in die Rückstellung aufgrund des Urteils vom 10.9.2014 9 K 896/11 K erfolgsneutral erfolgt. Dasselbe müsse auch für die Auflösung der Rückstellung im Jahr 2011 gelten.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid für 2011 vom 8.6.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.4.2019 in der Weise zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um 931.330 € vermindert wird, und

den Beklagten zu verpflichten, unter Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.3.2011 vom 8.6.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.4.2019 die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos um 931.330 € zu erhöhen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten i.H.v. 931.330 € habe – zwischen den Beteiligten unstreitig – im Streitjahr 2011 erfolgswirksam aufgelöst werden müssen. Eine außerbilanzielle Korrektur dieses Betrags komme jedoch nicht in Betracht.

Es liege keine verdeckte Einlage im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG vor. Zwar sei der Wegfall eines Passivpostens grundsätzlich einlagefähig. Im Streitfall habe die B. KG der Klägerin jedoch nichts zugewandt. Es fehle an einer Zuwendung, weil die B. KG nicht auf mögliche Ansprüche verzichtet habe, und zwar weder ausdrücklich noch konkludent. Es fehle bei der B. KG auch an einem Willen zur Vermögenszuführung an die Klägerin. Die Rückstellung sei lediglich deswegen aufzulösen gewesen, weil der BFH der B. KG einen Anspruch auf Anrechnung von Kapitalertragsteuer zugestanden habe. Im Übrigen liege eine verdeckte Einlage auch deshalb nicht vor, weil sie von einem ehemaligen Gesellschafter nur dann bewirkt werden könne, wenn die Leistung bereits im Zeitraum der Gesellschafterstellung erbracht worden sei und lediglich der Zufluss nach dem Ausscheiden erfolge. Im Streitfall sei der vermeintliche Verzicht aber erst nach dem Ausscheiden der B. KG aus der Klägerin erfolgt. Zudem könne sich die Klägerin nicht auf eine verdeckte Einlage berufen, weil diese mit dem Teilwert zu bewerten wäre, der Teilwert aber 0 € betrüge. Die ungewisse Verbindlichkeit, für welche die Rückstellung gebildet worden sei, habe nämlich rechtlich nicht existiert. Im Zeitpunkt der Auflösung der Rückstellung hätte ein gedachter Erwerber dem Anspruch keinen Wert beigemessen. Schließlich stehe das Korrespondenzprinzip gemäß § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG einer Gewinnminderung bei der Klägerin entgegen. Die Gewinnminderung bei der Klägerin setze voraus, dass die B. KG zuvor einen Ertrag erfasst habe. Bei der B. KG sei es jedoch nicht zu einer Einkommenserhöhung gekommen.

Zudem liege entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine geänderte Gewinnverwendung vor, sondern der fragliche Ertrag resultiere aus der Auflösung einer Rückstellung. Ebenso sei auch im Jahr 2007 die zuvor gebildete Verbindlichkeit erfolgswirksam aufgelöst worden durch das Urteil des FG Münster vom 10.9.2014 9 K 896/11 K. Daher könne sich die Klägerin auch nicht auf § 10 Nr. 2 KStG berufen. Der im Streitjahr realisierte Ertrag von 931.330 € resultiere aus der Auflösung einer Rückstellung, nicht aus der Erstattung von Kapitalertragsteuer. Der Begriff der Steuern im Sinne von § 10 Nr. 2 KStG sei nach der Rechtsprechung eng auszulegen (BFH-Urteil vom 24.10.2018 I R 78/16, BStBl II 2019, 570 [BB 2019, 999]).

Nichts anderes könne sich aus der von der Klägerin im Jahr 2003 angenommenen und entsprechend verbuchten „Darlehenslösung“ ergeben. An der Vereinbarung der „Darlehenslösung“ durch die „tatsächliche Verständigung“ vom xx.xx.2003 sei die B. KG nämlich nicht beteiligt gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die B. KG der Klägerin ein Darlehen hätte gewähren wollen. Vielmehr sei die B. KG die Klägerin des vom BFH mit Urteil vom 28.6.2006 I R 97/05 (BFHE 214, 276 [BB 2006, 2620]) entschiedenen Rechtsstreits gewesen und habe sich erfolgreich gegen die Annahme eines Darlehens gewehrt. Dementsprechend habe die B. KG auch nicht auf eine Darlehensforderung oder eine andere gegen die Klägerin bestehende Forderung verzichtet.

Der Senat hat am 14.12.2022 eine mündliche Verhandlung, der Berichterstatter des Senats am 18.8.2021 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin begehrte Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos konnte nur durch eine Verpflichtungsklage erreicht werden

I. Der Senat hat das Begehren der Klägerin, den Körperschaftsteuerbescheid 2011 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.3.2011 zu ändern, als eine Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1, 1. Alt. der Finanzgerichtsordnung – FGO –) gegen den Körperschaftsteuerbescheid und als eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alt FGO) hinsichtlich des Feststellungsbescheids ausgelegt. In dieser Weise hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch ihre Klageanträge gestellt.

Die Klägerin kann nämlich ihr Klagebegehren hinsichtlich des Feststellungsbescheids nur mit der Verpflichtungsklage erreichen. Da der Feststellungsbescheid vom 8.6.2018 gegenüber dem Vorbescheid vom 6.3.2014 hinsichtlich des steuerlichen Einlagekontos keine Änderung enthielt, konnte die von der Klägerin begehrte Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos nur durch eine Verpflichtungsklage erreicht werden.

Unbegründetheit der Anfechtungsklage gegen den KSt-Bescheid für 2011

II. Die Anfechtungsklage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2011 ist unbegründet.

Der Körperschaftsteuerbescheid für 2011 vom 8.6.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.4.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht das zu versteuernde Einkommen um 931.330 € erhöht und denselben Betrag nicht außerbilanziell abgezogen.

Angefochtener KSt-Bescheid ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen zu beanstanden

1. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid für 2011 vom 8.6.2018 ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Änderung gem. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO lagen vor.

Gem. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können, wenn auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt gem. § 174 Abs. 4 Satz 2 AO auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird.

Der erkennende Senat hat mit rechtskräftigem Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F den Körperschaftsteuerbescheid 2009 in der Weise geändert, dass die Rückstellung i.H.v. 931.330 € im Jahr 2009 weiterhin anzuerkennen und der vom Beklagten angesetzte Gewinn aus der Auflösung der Rückstellung rückgängig zu machen war. Damit hat das Gericht zugunsten der Klägerin einen Steuerbescheid geändert, der aufgrund irriger Beurteilung des der Rückstellung zugrunde liegenden Sachverhalts ergangen war. Daraus konnte der Beklagte nachträglich durch Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2011 die richtigen steuerlichen Folgerungen gem. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ziehen.

Voraussetzungen für die Beibehaltung der Rückstellung lagen nicht mehr vor

2. Der Beklagte hat zu Recht das zu versteuernde Einkommen um 931.330 € erhöht. Die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Rückstellung i.H.v. 931.330 € lagen – wie zu Recht unter den Beteiligten unstreitig ist – nicht mehr vor.

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches – HGB – sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung entweder – erstens – das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder – zweitens – die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit (BFH-Urteile vom 20.8.2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60 [StB 2008, 432 Ls.]; vom 27.1.2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614 [BB-Entscheidungsreport Abele, BB 2010, 1017]; vom 6.2.2013 I R 62/11, BStBl II 2013, 954 [BB 2013, 1520 m. BB-Komm. Oser]). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen; dieser muss ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (BFH-Urteil vom 6.2.2013 I R 62/11, BStBl II 2013, 954 m.w.N. [BB 2013, 1520 m. BB-Komm. Oser]).

Zum Bilanzstichtag 31.3.2011 war es ausgeschlossen, dass künftig eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der B. KG entstehen könnte. Demgegenüber bestand an den vorausgehenden Bilanzstichtagen die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verbindlichkeitsentstehung, weil – wie der 9. Senat des FG Münster im Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K und der erkennende Senat im Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F ausgeführt haben – nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die B. KG gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen könnte, wenn es wegen der von der Klägerin mit dem Beklagten abgeschlossenen „tatsächlichen Verständigung“ nicht zur Anrechnung des Betrages von 931.330 € auf die von der B. KG geschuldeten Steuern kommen sollte. Diese zuvor bestehende Wahrscheinlichkeit war durch das BFH-Urteil vom 20.10.2010 I R 54/09 (BFH/NV 2011, 641) jedoch ausgeräumt. Da die B. KG den genannten Kapitalertragsteuerbetrag nach der BFH-Entscheidung anrechnen konnte, kam eine Geltendmachung von Schadensersatz durch die B. KG nicht mehr in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Rückstellung waren demnach zum 31.3.2011 entfallen.

Es lag keine verdeckte Einlage vor

3. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Betrag von 931.330 € außerbilanziell vom Einkommen abzuziehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lag keine verdeckte Einlage vor.

Voraussetzungen für das Vorliegen einer verdeckten Einlage …

a) Gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG erhöhen verdeckte Einlagen das Einkommen nicht. Unter einer verdeckten Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten zu verstehen (BFH-Urteile vom 27.11.2019 I R 40/19 (I R 14/16), BFHE 268, 1, Rz. 32 [BB 2020, 2528, RIW 2020, 713]; vom 27.5.2009 I R 53/08, BFHE 226, 500, Rz. 14 m.w.N. [BB 2010, 304 m. BB-Komm. Koch]). Das Erbringen von Einlagen vollzieht sich im Vermögensbereich des Empfängers entweder durch Vermehrung der Aktiva oder durch Verminderung der Passiva (BFH-Urteil vom 26.11.1980 I R 52/77, BFHE 132, 72, BStBl II 1981, 181, Rz. 28; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz. 1279). Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis wurzelt bzw. durch dieses veranlasst ist, ist aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen (BFH-Urteil vom 13.7.2022 I R 52/20, BFHE nn, Rz. 23 [BB 2022, 2966 Ls.]). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte (z.B. BFH-Urteile vom 13.7.2022 I R 52/20, BFHE nn, Rz. 23 [BB 2022, 2966 Ls.];vom 7.5.2014 X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736, Rz 19 [BB 2014, 2480 m. BB-Komm. Harlacher]; vom 15.10.1997 I R 80/96, BFH/NV 1998, 624).

Hat sich die verdeckte Einlage bilanziell einkommenserhöhend ausgewirkt, ist sie nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG außerhalb der Bilanz zu kürzen, um eine Erfolgsneutralität herzustellen (zur Notwendigkeit der Erfolgsneutralität: BFH-Urteil vom 26.11.1980 I R 52/77, BFHE 132, 72, BStBl II 1981, 181, Rz. 28 [BB 1981, 414]).

… liegen im Streitfall nicht vor

b)  Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt im Streitfall keine verdeckte Einlage vor.

Voraussetzungen für eine Rückstellung waren bis zum 31.3.2011 entfallen

aa) Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass es bei der Klägerin zu einer Verminderung der Passiva gekommen ist, weil die Rückstellung in Höhe von 931.330 € zum Bilanzstichtag 31.3.2011 nicht mehr angesetzt werden konnte. Wie oben unter II.2. beschrieben, waren die Voraussetzungen für eine Rückstellung zum 31.3.2011 entfallen.

Es gibt keine Zuwendung der B. KG an die Klägerin

bb) Es fehlt aber an einer Zuwendung der B. KG an die Klägerin.

Zwar erfordert eine verdeckte Einlage keine Absicht der Vermögenszuwendung (Rengers in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 KStG Rz. 176). Der Begriff der Zuwendung im Sinne der vorstehend zitierten BFH-Rechtsprechung zur verdeckten Einlage setzt aber voraus, dass ein Wirtschaftsgut aus dem Vermögen des Gesellschafters in das Vermögen der Gesellschaft überführt wird. Ein Wirtschaftsgut kann in den Betrieb einer Kapitalgesellschaft nur dann eingelegt werden, wenn es zuvor dem Vermögen des Gesellschafters oder dem Vermögen eines Dritten angehörte und dieser das Wirtschaftsgut im Auftrag und für Rechnung des Gesellschafters dem Vermögen der Gesellschaft zuführt (BFH-Urteil vom 19.5.1993 I R 34/92, BFHE 171, 286, BStBl II 1993, 804, Rz. 13 [BB 1993, 1702]; Rengers in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 KStG Rz. 180a). Der BFH leitet diese Voraussetzung aus § 8 Abs. 1 und 2 KStG, § 5 Abs. 6 EStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 8, 1. Halbsatz EStG ab. Demnach sind Einlagen alle Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. Der Begriff „zuführen“ setzte begrifflich voraus, dass der Gesellschafter einen Vermögenswert, den er der Gesellschaft überträgt, zuvor innehabe, so der BFH (BFH-Urteil vom 19.5.1993 I R 34/92, BFHE 171, 286, BStBl II 1993, 804, Rz. 14 [BB 1993, 1702]).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, weil die B. KG aufgrund der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer zu keinem Zeitpunkt einen zivilrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin auf Ausgleich einer fehlenden Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer hatte. Daher hatte sie in ihrem Vermögen zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch, den sie der Klägerin durch Verzicht zugeführt hätte.

Bei dieser Betrachtung berücksichtigt der Senat auch, dass nach Aktenlage die B. KG keinen Anspruch gegen die Klägerin aktiviert hatte, auf den sie verzichtet hätte und der bei ihr zu einer Erhöhung der – nach der Anteilsveräußerung ggf. nachträglichen – Anschaffungskosten der Anteile an der Klägerin geführt hätte. Es ist nach Aktenlage auch nicht ersichtlich, dass bei der Veräußerung der Anteile an der Klägerin von der B. KG an die E. GmbH mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2009 die eventuelle zukünftige Entstehung eines Anspruchs gegen die Klägerin sich auf den Veräußerungspreis ausgewirkt hätte. Die Klägerin hat hierzu nichts Gegenteiliges vorgetragen. Auch hieraus ist erkennbar, dass die B. KG in ihrem Betriebsvermögen kein Wirtschaftsgut hatte, welches sie der Klägerin zugeführt hat.

Darüber hinaus ist die Verminderung der Passiva auch nicht der B. KG zuzurechnen

cc) Zudem ist die beschriebene Verminderung der Passiva auch nicht der B. KG zuzurechnen. Sie hat – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht auf einen Anspruch verzichtet.

Aufgrund des Ergehens des BFH-Urteils vom 20.10.2010 I R 54/09 (BFH/NV 2011, 641) hat die B. KG weder ausdrücklich noch konkludent auf ihre Forderung verzichtet. Das genannte BFH-Urteil hat vielmehr lediglich – wie bereits beschrieben – dazu geführt, dass die B. KG den streitigen Kapitalertragsteuerbetrag gegenüber der Finanzverwaltung anrechnen und somit keinen Schadensersatz gegenüber der Klägerin geltend machen konnte. Die Ursache für die Auflösung der Rückstellung lag mithin nicht darin, dass die B. KG willentlich und veranlasst durch ihre ehemalige Gesellschafterstellung bei der Klägerin auf möglicherweise noch bestehende Ansprüche gegen die Klägerin verzichtet hat, sondern darin, dass die zuvor bestehende theoretische Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs der B. KG gegen die Klägerin und damit die Wahrscheinlichkeit ihrer Inanspruchnahme nach Ergehen des vorgenannten BFH-Urteils entfallen war. Hierin ist weder ein ausdrücklicher noch ein konkludenter Verzicht der B. KG auf eine Forderung zu erblicken.

Klägerin kann sich zur Begründung einer Zuwendung von der B. KG an die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei auf das Jahr 2003 abzustellen

dd) Die Klägerin kann sich zur Begründung einer Zuwendung von der B. KG an die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei auf das Jahr 2003 abzustellen, den Zeitpunkt der Erstattung der Kapitalertragsteuer durch das Finanzamt, da die B. KG in diesem Zeitpunkt, in dem der vermeintliche Anspruch der B. KG auf Weiterleitung der Kapitalertragsteuer entstanden sei, noch Gesellschafterin der Klägerin gewesen sei.

Bei dieser Argumentation übersieht die Klägerin zum einen, dass der streitgegenständliche Ertrag, deren Ausgleich außerhalb der Bilanz sie begehrt, auf die Auflösung der Rückstellung und nicht auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer zurückzuführen ist. Zum anderen ändert auch die Bezugnahme auf das Jahr 2003 nichts daran, dass aus den vorstehend genannten Gründen nicht von einer Zuwendung der B. KG an die Klägerin ausgegangen werden kann.

Eine außerbilanzielle Kürzung des Einkommens kommt nicht gem. § 10 Nr. 2 KStG in Betracht…

4. Eine außerbilanzielle Kürzung des Einkommens um 931.330 € kommt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gemäß § 10 Nr. 2 KStG in Betracht.

Nach dem 1. Halbsatz dieser Vorschrift sind nicht abziehbar auch die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen oder verdeckte Gewinnausschüttungen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und 7 oder Abs. 7 EStG gilt. Umgekehrt ist die Erstattung der in § 10 Nr. 1, 1. Halbsatz KStG genannten Steuern nicht steuerbar. Hat die Erstattung den Gewinn erhöht, so ist das Einkommen außerbilanziell zu korrigieren (BFH-Urteil vom 30.1.2013 I R 54/11, BFHE 240, 246, BStBl II 2013, 1048, Rz. 19 [BB 2013, 1391 m. BB-Komm. Mische]; Pfirrmann in Gosch, KStG, 4. Auflage, § 10 KStG Rz. 61).

Unabhängig von der Frage, ob die Kapitalertragsteuer zu den Steuern vom Einkommen der Klägerin gehört (verneinend: BFH-Urteil vom 22.1.1997 I R 64/96, BFHE 182, 530, BStBl II 1997, 548 [BB 1997, 1625]), kommt eine Anwendung dieser Vorschrift im Streitfall schon deshalb nicht in Betracht, weil der streitgegenständliche Ertrag, welchen die Klägerin im Wege einer außerbilanziellen Kürzung des Einkommens auszugleichen begehrt, auf die Auflösung der Rückstellung und nicht auf die Rückzahlung von Kapitalertragsteuer zurückzuführen ist.

Denn der streitgegenständliche Ertrag entstand – wie oben ausgeführt – dadurch, dass zum Bilanzstichtag 31.3.2011 erkennbar war, dass künftig eine Schadensersatzverbindlichkeit der Klägerin gegenüber der B. KG nicht entstehen könnte. Der erkennende Senat hatte im Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F ebenso wie der 9. Senat des FG Münster im Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K ausgeführt, dass zu früheren Bilanzstichtagen nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die B. KG gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen könnte. Diese Wahrscheinlichkeit war zum Bilanzstichtag 31.3.2011 entfallen, sodass der streitgegenständliche Ertrag durch Auflösung der Rückstellung entstand.

… und auch nicht gem. § 8 Abs. 3 S. 1 KStG

5. Eine außerbilanzielle Kürzung des Einkommens um 931.330 € kommt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG in Betracht.

Nach dieser Vorschrift ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.

Streitig ist ein Vorgang der Einkommensermittlung und nicht der Einkommensverteilung

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend jedoch nicht ein Vorgang auf der Ebene der Einkommensverteilung streitig, sondern auf der Ebene der Einkommensermittlung. Der streitgegenständliche Ertrag, welchen die Klägerin im Wege einer außerbilanziellen Kürzung des Einkommens auszugleichen begehrt, beruht auf der Auflösung der Rückstellung. Dies ist ein Vorgang der Einkommensermittlung.

Als Vorgang auf der Ebene der Einkommensverteilung kommt lediglich die Gewinnausschüttung der Klägerin in Betracht, die am xx.xx.2000 auf ein Konto der B. KG überwiesen wurde. Bei der Auflösung der Rückstellung, deren steuerliche Folgen vorliegend streitig sind, handelt es sich jedoch nicht um die Rückgängigmachung dieser Gewinnausschüttung. Selbst wenn man der Anknüpfung an die historisch früheren Geschehnisse folgen wollte, mit welcher die Klägerin argumentiert, führt dies also nicht dazu, dass der vorliegend streitige Ertrag einen Vorgang auf der Ebene der Einkommensverteilung darstellen würde.

Auch die übrige Argumentation der Klägerin greift nicht

b) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass – wenn im Zeitpunkt der Erstattung der Kapitalertragsteuer bereits festgestanden hätte – diese nicht an die Gesellschafterin weiterzuleiten gewesen wäre, der Vorgang wie die Rückzahlung einer Gewinnausschüttung erfolgsneutral zu verbuchen gewesen wäre. Denn da durch die Abführung von Kapitalertragsteuer kein Aufwand entstehe, so die Klägerin, sei auch deren Erstattung nicht ertragswirksam; nichts anderes könne im Ergebnis gelten, wenn der „Umweg“ der Bildung einer Verbindlichkeit bzw. Rückstellung und deren Auflösung gewählt werde.

Bei dieser Argumentation übersieht die Klägerin, dass der fragliche Ertrag, deren Ausgleich sie begehrt, nicht durch die Erstattung der Kapitalertragsteuer entstanden ist, sondern durch die Auflösung einer Rückstellung.

Im Übrigen könnte sich der Senat unter Zugrundelegung der von der Klägerin genannten Hypothese deren Rechtsauffassung nicht anschließen. Denn die Klägerin lässt unberücksichtigt, dass der Rückzahlung der Kapitalertragsteuer von der Finanzverwaltung an die Klägerin tatsächlich keine Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung zugrunde gelegen hat, sondern lediglich eine unzutreffende rechtliche Beurteilung des Ausschüttungsvorgangs aufgrund der sog. „tatsächlichen Verständigung“. Erstattet in einem solchen Fall die Finanzverwaltung an die Gesellschaft Kapitalertragsteuer, welche für einen Gewinnbezug der Gesellschafterin gezahlt worden, von der Gesellschaft aber nicht an die Gesellschafterin weiterzuleiten ist, weil diese aufgrund der Gewinnausschüttung zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer berechtigt ist, so ist nicht ersichtlich, warum die sich hieraus bei der Klägerin ergebende Vermögensmehrung nicht zu einer Erhöhung des Unterschiedsbetrages gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG führen soll. Davon ist im Übrigen auch der 9. Senat des Finanzgerichts Münster ausgegangen, denn er hat – mit für die Klägerin und den Beklagten bindender Wirkung (§ 110 Abs. 1 Nr. 1 FGO) – in seinem Urteil vom 10.9.2014 9 K 896/11 K bereits ausgeführt (siehe unter I.2. der Urteilsgründe), dass die vor der Umbuchung in die Kapitalrücklage ausgewiesene Verbindlichkeit in Höhe von 931.330 € erfolgswirksam aufzulösen war.

Verpflichtungsklage ist ebenfalls unbegründet

III. Die Verpflichtungsklage auf Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.3.2011 ist ebenfalls unbegründet.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31.3.2011 vom 8.6.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.4.2019 zu ändern und das steuerliche Einlagekonto um 931.330 € zu erhöhen. Die Klägerin ist hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO).

Bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen war der Erlass des begehrten Änderungsbescheids nicht möglich

1. Der Beklagte war bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, den begehrten Änderungsbescheid zu erlassen.

Denn in dem Vorbescheid, im Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 6.3.2014, war der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 Satz 1 AO aufgehoben worden. Der Bescheid war bestandskräftig geworden. Für seine Änderung wäre eine Änderungsvorschrift erforderlich, die im Streitfall nicht vorliegt. Insbesondere kommt eine Änderung gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht in Betracht.

Denn im Streitfall ist der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.3.2009 nicht vom erkennenden Senat geändert worden. Er hat mit rechtskräftigem Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F lediglich den Körperschaftsteuerbescheid 2009 geändert (s.o. unter II.1.), nicht aber den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auf den 31.3.2009. Dieser Bescheid war im Urteil vom 24.1.2018 13 K 2783/15 K,F lediglich Gegenstand des Hilfsantrags, über den das FG Münster nicht mehr entscheiden musste. Daher ist nicht im Sinne des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ein Feststellungsbescheid aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts zugunsten der Klägerin ergangen bzw. geändert worden, dessen Irrtum nachträglich im Streitjahr 2011 korrigiert werden könnte.

Beklagter hat es auch in der Sache zu Recht abgelehnt, das steuerliche Einlagekonto zu erhöhen

2. Im Übrigen hat es der Beklagte auch in der Sache zu Recht abgelehnt, das steuerliche Einlagekonto um 931.330 € zu erhöhen.

Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG wird der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos gesondert festgestellt. Für den Begriff des steuerlichen Einlagekontos enthält § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG eine Legaldefinition. Demnach hat die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekontos) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben.

Von § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG umfasst sind sämtliche Einlagen, die nicht in das Nennkapital der Kapitalgesellschaft geleistet worden sind (Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Auflage, § 27 Rz. 38). Beispiele für Einlagen sind etwa verdeckte Einlagen, auch bei Rückzahlung von verdeckten Gewinnausschüttungen, oder Einlagen aufgrund von Forderungsverzichten, soweit die Forderung, auf die verzichtet wurde, werthaltig war (Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Auflage, § 27 Rz. 38; Oellerich in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 27 KStG Rz. 21). Unerheblich ist, ob die Einlage durch Vermehrung der Aktiva oder Verminderung der Passiva, in offener oder verdeckter Form geleistet wird (Oellerich in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 27 KStG Rz. 21).

Wie oben unter II.3. beschrieben, hat die B. KG im Streitjahr keine verdeckte Einlage in das Vermögen der Klägerin geleistet.

Kostenentscheidung und Nichtzulassung der Revision

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO. Der Senat hat die gefestigte Rechtsprechung des BFH auf den Einzelfall angewandt.

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