R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
26.07.2019
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Zum Ansatz eines Entnahmegewinns im Sonderbetriebsvermögen

FG Düsseldorf, Urteil vom 2.5.201911 K 1232/15 F

ECLI:DE:FGD:2019:0502.11K1232.15F.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2019-1776-1

Nicht Amtlicher Leitsatz

Die Beteiligung an der Komplementär-GmbH kann, wenn sie über einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb verfügt, auch bei einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft dem steuerlichen Privatvermögen statt dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen sein.

EStG § 4 Abs. 1 S. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um den Ansatz eines Entnahmegewinns im Sonderbetriebsvermögen II des seinerzeitigen Kommanditisten C.

Die Klägerin ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom    2001 gegründete GmbH und Co. KG. Bei ihrer Gründung war C der einzige Kommanditist. Er erbrachte seine Kapitaleinlage durch Einbringung von Teileigentum an vier Läden und zehn Wohnungen auf den Grundstücken B in Z-Stadt zu Buchwerten. Die Geschäftstätigkeit der Klägerin beschränkte sich auf die Vermietung der eingebrachten Objekte. Eigene Arbeitnehmer beschäftigte die Klägerin nicht; die anfallenden Arbeiten erledigten die Angestellten der Komplementärin. Für diese Arbeiten verbuchte die Klägerin im Streitjahr 2002 einen Aufwand i.H.v. 18.406 € als Verwaltungsvergütung.

C ist am 00.00.2010 verstorben, Gesamtrechtsnachfolgerin wurde die C-Stiftung.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages und den Eintragungen im Handelsregister erfolgte die Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin ausschließlich durch eine Komplementär-GmbH. Von der Gründung der Klägerin bis einschließlich Dezember 2002 war dies die D GmbH (nachfolgend: GmbH). Zum 1.1.2003 wurde sie von der A Hausverwaltung GmbH (nachfolgend: A) als Komplementärin abgelöst.

Die GmbH war überdies an weiteren Immobiliengesellschaften beteiligt, die im Jahr 2003 noch als Gesellschaften bürgerlichen Rechts firmierten und die zum 31.12.2003 in Kommanditgesellschaften umgewandelt wurden:

•E GbR seit 1994

•F GbR seit 1999

•G GbR seit 1999

•H GbR seit 2002

•A GbR seit 2001

•I GbR seit 2002

Neben der GmbH waren J sowie C (bei der E KG und der A D KG ohne dessen Ehefrau) beteiligt. Die von diesen Gesellschaften erzielten Einkünfte wurden – zwischen den Beteiligten unstreitig – wegen des Vorliegens sog. „Zebragesellschaften“ sowohl vor als auch nach den Umwandlungen in Kommanditgesellschaften als solche aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 des Einkommensteuergesetzes – EStG – behandelt.

Die GmbH war in den Streitjahren ferner zu 80 % an der C D GbR (nachfolgend: D GbR) beteiligt. Weiterer Gesellschafter war C. Auch die Einkünfte aus den Vermietungsobjekten dieser Gesellschaft wurden im Streitjahr 2002 als solche aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Im Zuge einer Außenprüfung für die Jahre 2000-2002 behandelte die Betriebsprüfung die Einkünfte wegen des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung zwischen der D GbR und der K GmbH aufgrund einer Grundstücksüberlassung als gewerbesteuerpflichtig. Hierüber kam es zu einem Rechtsstreit, der vor dem Senat unter dem Az. 11 K 1193/13 G anhängig war. Im Zuge dieses Verfahrens verständigten sich Beteiligten tatsächlich darauf, dass für die Zeiträume vom 1.1.2001 bis zum 30.9.2001 und vom 1.11.2002 bis zum 31.12.2002 eine Betriebsaufspaltung bestand. Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 16.4.2015 in der Sache Az. 11 K 1193/13 G wird Bezug genommen.

Mit einem in den Niederlanden geschlossenen notariellen Vertrag vom 24.12.2002 schenkte C seinem Sohn L und seiner Tochter M jeweils einen Anteil von ca. 25,01 % (87.550/350.000 €) an der GmbH. Seine Beteiligung an dieser verringerte sich dadurch auf 33,91 %.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung beurteilte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung    diesen Vorgang als Entnahme von C aus dessen Sonderbereich bei der Klägerin.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung halte die GmbH zwar selber vermietete Grundstücke und sei an weiteren Personengesellschaften beteiligt, die ihrerseits Grundstücke vermieteten, jedoch sei die GmbH aufgrund der tatsächlichen Geschäftsbeziehungen über ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung als Komplementärin und ihre Geschäftsführertätigkeit hinaus auch wirtschaftlich mit der Klägerin eng verflochten. Denn die GmbH habe über die Haftung und Geschäftsführung hinaus auch die Hausverwaltung und Buchführung für die Klägerin übernommen. Letztere verfüge weder über eigene Geschäftsräume noch eigenes Personal. Überdies handele es sich bei der Klägerin um eine zweigliedrige KG, bei der die Beteiligung an der Komplementär-GmbH stets eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstelle.

Den – auch der Höhe nach zwischen den Beteiligten streitigen – Entnahmegewinn setzte die Betriebsprüfung i.H.v. 13.019.900 € an.

Auf Grundlage des Betriebsprüfungsberichts vom 7.5.2010 erließ der Beklagte am 28.7.2010 einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2002.

Gegen diesen Feststellungsbescheid legte die Klägerin durch Schreiben vom 17.8.2010 Einspruch ein.

Während des Einspruchsverfahrens ergingen aus nicht streitgegenständlichen Gründen Änderungsbescheide für 2002 vom 24.8.2010 und 28.8.2014.

Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin durch Einspruchsentscheidung vom 24.3.2015 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat durch Schreiben vom 21.4.2015 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass der Anteil an der GmbH nicht zum Sonderbetriebsvermögen II gehöre, da die Geschäftstätigkeit der GmbH sich nicht nur auf die Geschäftsführung bei der Klägerin beschränkt habe und der daneben bestehende eigene Geschäftsbetrieb nicht von untergeordneter Bedeutung gewesen sei. Die GmbH sei ein selbständiges, unabhängiges Unternehmen, das bereits zehn Jahre vor Gründung der Klägerin am Geschäftsleben teilgenommen habe. Zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin sei die GmbH an verschiedenen Personen- und Kapitalgesellschaften beteiligt gewesen. Das Beteiligungsvolumen betrage bis zum Jahresabschluss 2001 ca. 22 Millionen €. Darüber hinaus habe die GmbH auch eigenen Grundbesitz verwaltet und sich mit Hausbau und der Anlage von Kapitalvermögen beschäftigt. Die Bilanzsumme zum 31.12.2001 habe ca. 45,9 Millionen € betragen. Auch die seitens der Betriebsprüfung zitierte Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 6.11.2008 (Aktenzeichen S 2242-21-ST 12-33) sei nicht einschlägig; eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, ob Anteile an der Komplementär-GmbH Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin darstellten, sei nicht erfolgt.

Nicht der Geschäftsbetrieb der GmbH, sondern der der Klägerin sei von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen. Dies lasse sich bereits daran ablesen, dass die Bilanzsumme der Klägerin zum 31.12.2001 ca. 195.000 € betragen habe.

Auch die Argumentation der Betriebsprüfung, die bestehende Geschäftsbeziehung der Klägerin mit der GmbH rechtfertige die Qualifizierung als Sonderbetriebsvermögen, sei unzutreffend. Dies lasse sich nicht daraus ableiten, dass die GmbH für die Klägerin die Buchführung und die Hausverwaltung erledigt habe. Diese Tätigkeiten habe die GmbH im Rahmen ihrer Geschäftsführung erledigt und nicht gesondert abgerechnet. Sie habe über ihre Geschäftsführungstätigkeit hinaus keine Geschäftsbeziehung zur Klägerin unterhalten. Selbst wenn diese Leistungen aber abgerechnet worden wären, seien sie von geringer Bedeutung. Bei der Übernahme der Hausverwaltung und der Buchführung handele es sich nicht um wesentliche wirtschaftliche Funktionen der KG. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen zur Kapitalgesellschaft, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestünden, reiche selbst dann nicht aus, wenn diese Beziehungen besonders intensiv seien (BFH Urteil vom 28.6.2006 XI R 31/05 [BB 2006, 2339], Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2007, 378).

Es komme hinzu, dass die Klägerin lediglich ein einziges Grundstück mit mehreren Eigentumswohnungen verwalte. Dem in diesem Zusammenhang anfallenden Verwaltungs- und Buchführungsaufwand komme ebenfalls geringfügige Bedeutung zu. Aufgrund der erheblichen anderweitigen geschäftlichen Tätigkeiten der GmbH sei selbst bei bestehender wirtschaftlicher Verflechtung mit der Klägerin der Schluss auf den Einsatz der Anteile in deren Interesse nicht mehr gerechtfertigt (BFH Urteil vom 7.7.1992 VIII R 2/87 [BB 1992, 1821], BStBl. II 1993, 328).

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 28.07.2010 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 24.08.2010 und 28.08.2014 sowie der Einspruchsentscheidung vom 24.03.2015 dahingehend zu ändern, dass bei den als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassenden Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage, ggf. einschließlich nachträglicher Einkünfte ein Entnahmegewinn in Höhe von 13.019.900 € entfällt.

Der Beklagte beantragt,

              die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

              die Revision zuzulassen.

Zur Begründung trägt er vor, dass die Beteiligung an der GmbH durch den seinerzeit beherrschenden Gesellschafter C dazu geführt habe, dass Sonderbetriebsvermögen II vorgelegen habe. Mit dem Einfluss aus der GmbH C allein seinen geschäftlichen Willen bei der Klägerin durchsetzen können. Er habe diese Machtposition bei der GmbH zielgerichtet in den Dienst der Klägerin gestellt, um über alle wirtschaftlichen Belange bestimmen zu können.

Die Anteile des C an der GmbH seien schon wegen der Begründung der Beteiligung notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin (Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 17.6.2014 S 2242-2014/0003-St 114, zitiert nach juris unter II. 3.).

Die GmbH habe als Mittel gedient, die Klägerin zu gründen und darin die Rolle der Komplementärin zu übernehmen. Gleichzeitig sei es darum gegangen, eine gewerblich geprägte Personengesellschaft zu gründen, um Grundstücke aus einem ruhenden Gewerbebetrieb des C ohne Aufdeckung von stillen Reserven in das Betriebsvermögen der Klägerin zu überführen. Zudem sei die Grundstücks- und Hausverwaltung bzw. Vermietung der in die Klägerin eingebrachten Grundstücksobjekte B in Z-Stadt vorgenommen worden. Die GmbH habe des Weiteren die Bücher der Klägerin geführt. Die Klägerin sei nicht mit eigenem Personal ausgestattet gewesen und habe wesentliche eigene Aufgaben wie die Hausverwaltung und Buchführung nicht selbst erbringen können. Aus Sicht der Klägerin seien diese Aufgaben von wesentlicher Bedeutung gewesen. Die Geschäftstätigkeit der Klägerin sei auf die Vermietung der eingebrachten Objekte beschränkt gewesen. Der Betrieb einer Hausverwaltung sei damit zwingend erforderlich gewesen, um ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können.

Es komme nicht darauf an, dass aus Sicht der GmbH die Beteiligung an der Klägerin und die Geschäftsbeziehung zu dieser angesichts des eigenen umfangreichen Geschäftsbetriebs von untergeordneter Bedeutung gewesen seien. Dieser Geschäftsbetrieb bestehe zudem nicht aus einer originär gewerblichen Tätigkeit, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 der Abgabenordnung begründen könne.

Hinzuweisen sei auch darauf, dass den Kindern von C erst nach dem im Jahr 2009 neu gefassten Gesellschaftsvertrag der GmbH kein Stimmrecht mehr zugestanden habe.

Überdies könne die Beteiligung an der GmbH auch nach Auffassung der Finanzverwaltung gegebenenfalls im Sonderbetriebsvermögen der D GbR zu erfassen sein. Soweit das Sonderbetriebsvermögen dort zwischenzeitlich entfallen sei, komme es jedenfalls nicht zu einem Entnahmegewinn bei der Klägerin, da bereits vor einem Zugang im Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin die stillen Reserven aufgedeckt worden seien.

Für weitere Einzelheiten zum Sach- und Streitstand nimmt der Senat auf die Protokolle zur mündlichen Verhandlung vom 2.5.2019 und zum Erörterungstermin vom 19.7.2018, die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug.

Aus den Gründen

 

I. Entgegen den Ausführungen im Protokoll geht der Senat aufgrund der gebotenen Auslegung der Klageschrift davon aus, dass nicht A selbst Klägerin geworden ist, sondern die Klage als gesetzliche Vertreterin der Klägerin erhoben hat. Die Klägerin ist Trägerin des Klagerechts und zugleich Prozessstandschafterin für die übrigen im Rubrum genannten Gesellschaften. § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihren Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet (BFH Urteil vom 29.11.2012 IV R 37/10, Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2013, 910). Neben der Klägerin kommt der C Stiftung als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen C ein eigenes Klagerecht gem. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO zu, da es um eine Feststellung aus ihrem Sonderbereich geht. Da der auch insoweit bevollmächtigte Prozessvertreter diese Gesellschaft bereits in der Klageschrift benannt hat, legt der Senat die Klageschrift dahingehend aus, dass auch die Stiftung von ihrem Klagerecht Gebrauch gemacht hat. Gegen eine entsprechende Berichtigung des Rubrums zur Berücksichtigung dieser Umstände haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf Befragen des Gerichts keine Bedenken geäußert. Einer Beiladung der C Stiftung gem. § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO bedarf es daher nicht.

 

II. Die Klage ist begründet.

Der Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 28.7.2010 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 24.8.2010 und 28.8.2014 sowie der Einspruchsentscheidung vom 24.3.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

Der Beklagte hat zu Unrecht eine Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen der Klägerin angenommen. Die von C an seine Kinder verschenkten GmbH-Anteile waren kein Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin.

Zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 1 EStG neben dem Gesamthandseigentum auch bestimmte Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören. Das ist der Fall, wenn sie geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen (BFH Urteil vom 16.4.2015 IV R 1/12 [BB 2015, 2094], BStBl. II 2015, 105 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

 

1. Sonderbetriebsvermögen I liegt vor, wenn ein Mitunternehmer der Personengesellschaft Wirtschaftsgüter überlässt, die die Gesellschaft zur Nutzung oder sonst zum Einsatz im Rahmen des von ihr betriebenen Gewerbes einsetzt. Nur mittelbar günstige Wirkungen auf den Betrieb der Personengesellschaft genügen für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen I nicht (Desens/Blischke in Kirchof/Söhn/Mellinghoff EStG/KStG § 15 EStG F 325; BFH Urteil vom 27.6.2006 VIII R 31/04 [BB 2006, 2407], BStBl. II 2006, 874). Sonderbetriebsvermögen I lag in Bezug auf den GmbH-Anteil des C nicht vor. C hat seine Beteiligung an der GmbH als solche nicht der Klägerin zur Nutzung überlassen. Vielmehr wurden die Mitarbeiter der GmbH für die Klägerin tätig. Solche mittelbaren Vorteile sind für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen I nicht ausreichend.

 

2. Derartige wirtschaftliche Vorteile können allenfalls die Annahme von Sonderbetriebsvermögen II begründen. Dies betrifft Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören und ausschließlich der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen. Diese sind dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft als sog. Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen. Notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn der Mitunternehmer die ihm gehörenden Wirtschaftsgüter zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung einsetzt. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein (BFH Urteil vom 23.2.2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112). Dies setzt nach Auffassung des Senats stets voraus, dass der Steuerpflichtige diese Beteiligung im Interesse der Mitunternehmerschaft hält.

Im Streitfall war die Beteiligung von C an der GmbH geeignet, zur Begründung (a) und zur Stärkung (b) seiner Stellung als Kommanditist bei der Klägerin zu dienen. Einer Zuordnung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin steht jedoch entgegen, dass die Beteiligung an der GmbH nicht im Interesse der Klägerin gehalten wurde. Diese verfügte über einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht untergeordneter Bedeutung (c).

 

a) Der Senat geht davon aus, dass C über die Beteiligung an der GmbH auch seine Beteiligung als Kommanditist der Klägerin begründet hat. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei der Klägerin um eine zweigliedrige GmbH & Co. KG handelte. Die Beteiligung bei der Klägerin war ohne die GmbH als weitere Gesellschafterin nicht möglich. Es ist nicht zu erkennen, dass diese Beteiligung an der GmbH darüber hinaus „ausschließlich“ der Begründung der Mitunternehmerstellung bei der Klägerin diente. C war bereits vor Gründung der Klägerin Mehrheitsgesellschafter der GmbH. Über diese hielt er umfangreichen Grundbesitz (teilweise über weitere gewerblich entprägte Personengesellschaften).

 

b) Die Beteiligung an der GmbH stärkte die Beteiligung von C als Mitunternehmer bei der Klägerin.

Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist (a), als auch dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird (b) (FG Münster Urteil vom 27.11.2002 7 K 556/99 F, zitiert nach juris; BFH Urteil vom 1.2.2001 IV R 3/00 [BB 2001, 978 Ls], BStBl. II 2001, 520).

aa) Ein wirtschaftlicher Vorteil der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft für das Unternehmen der Personengesellschaft erfordert zunächst, dass zwischen dem Unternehmen der Personengesellschaft und demjenigen der Kapitalgesellschaft eine enge wirtschaftliche Verflechtung besteht. Des Weiteren muss der Mitunternehmer der Personengesellschaft – gegebenenfalls zusammen mit anderen Mitunternehmern – die Kapitalgesellschaft beherrschen (BFH Urteil vom 16.4.2015 IV R 1/12 [BB 2015, 2094], BStBl. II 2015, 1180; BFH Urteil vom 23.1.2001 VIII R 12/99 [BB 2001, 814], BStBl. II 2001, 825). Die Annahme von Sonderbetriebsvermögen scheidet jedoch dann aus, wenn die Kapitalgesellschaft zur Personengesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen (BFH Urteil vom 28.6.2006 XI R 31/05 [BB 2006, 2339], BStBl. II 2007, 378).

Ein wirtschaftlicher Vorteil für das Unternehmen der Klägerin lag vor. Diese hatte kein eigenes Personal. Durch die Mitarbeiter der GmbH wurden zugunsten der Klägerin sämtliche erforderliche Arbeiten durchgeführt. Dies betraf etwa die Geschäftsführertätigkeit, die Hausverwaltung oder die Buchführung. Vergleichbare Arbeiten zu vergleichbaren Konditionen hat die GmbH für fremde Dritte nicht ausgeführt. Sie verwaltete eigenen Grundbesitz bzw. den verbundener Zebragesellschaften. C war auch beherrschender Gesellschafter der GmbH, bis er deren Anteile teilweise an seine Kinder verschenkte.

 

bb) Eine Stärkung der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters kann zur Annahme von Sonderbetriebsvermögen II führen, wenn sich der Kommanditist einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH beteiligt. Die Zuordnung der Anteile an der Komplementär-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II setzt zunächst voraus, dass diese Beteiligung die Stellung des Kommanditisten als Mitunternehmer bei der GmbH & Co. KG stärkt. Dieser kann durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der Komplementär-GmbH die Möglichkeiten seiner Einflussnahme auf die GmbH & Co. KG erweitern. Denn als Kommanditist ist er grundsätzlich von der Führung der Geschäfte bei der GmbH & Co. KG ausgeschlossen. Über die Beteiligung als Anteilseigner der geschäftsführenden GmbH eröffnet sich die Möglichkeit, einen besonderen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG auszuüben und diese mitzubestimmen (BFH Urteil vom 23.2.2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112).

Nach diesen Maßstäben war die Beteiligung an der GmbH grundsätzlich geeignet, die Stellung von C als Mitunternehmer zu stärken. Bis zur schenkweisen Anteilsübertragung an seine Kinder im Dezember 2002 war er als Kommanditist über seine Mehrheitsbeteiligung in der Lage, bei der Klägerin Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob diese Stärkung der Mitunternehmerstellung wirtschaftlich ein eigenständiges Gewicht hatte, da C über seine Mehrheitsbeteiligung als Kommanditist der Klägerin bereits über weitreichende Einflussmöglichkeiten verfügte.

 

c) Die Beteiligung an der GmbH ist dennoch kein Sonderbetriebsvermögen II, da C die Beteiligung nicht im Interesse der Klägerin gehalten hat.

Selbst besonders intensive Geschäftsbeziehungen zwischen einer Mitunternehmerschaft und einer durch einen Mitunternehmer gehaltenen Kapitalgesellschaft reichen für sich allein nicht aus, um über eine Stärkung der Mitunternehmerstellung oder durch Verschaffung eines wirtschaftlichen Vorteils notwendiges Sonderbetriebsvermögen zu begründen. Es ist zusätzlich erforderlich, dass der Gesellschafter seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in erster Linie im geschäftlichen Interesse der Personengesellschaft hält. Das ist nur der Fall, wenn der Gesichtspunkt der privaten Vermögensanlage daneben keine bedeutsame Rolle spielt. Daran fehlt es, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. In diesen Fällen übt der Mitunternehmer die Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft regelmäßig nicht im wirtschaftlichen Interesse der Personengesellschaft aus (BFH Urteil vom 23.2.2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112). Beide Gesellschaften stehen dann mit ihren Tätigkeitsbereichen gleichrangig nebeneinander (BFH-Urteil vom 7.7.1992 VIII R 2/87 [BB 1992, 1821], BStBl. II 1993, 328; FG Münster Urteil vom 21.9.2016 7 K 2314/13 F, zitiert nach juris). Dies muss nach Auffassung des Senats ebenfalls gelten, wenn – wie im Streitfall – die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft auch dazu dient, die Beteiligung an einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft zu ermöglichen. Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die Beteiligung des Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH bei einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft wegen der Begründung dieser Gesellschaft stets dazu führt, dass die GmbH-Beteiligung notwendiges Sonderbetriebsvermögen ist (Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 17.6.2014 S 2242-2014/0003-St 114, zitiert nach juris unter II. 3.). Auch bei einer zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft spielt der Gesichtspunkt einer anderweitigen Vermögensanlage durch die Beteiligung an der GmbH nur dann keine Rolle, wenn die GmbH keinen eigenen Geschäftsbetrieb in nennenswertem Umfang führt (BFH Urteil vom 18.6.2015 IV R 5/12 [BB 2015, 2672 m. BB-Komm. Kleinmanns], BStBl. II 2015, 935). Für eine zweigliedrige GmbH & Co. KG kann nichts anderes gelten.

C hat die Beteiligung an der GmbH nicht im Interesse der Klägerin gehalten, da diese über einen eigenen Geschäftsbetrieb von erheblichem Umfang verfügte. Dies zeigt sich bereits daran, dass die GmbH im Jahr 2002 Umsatzerlöse von 1.669.293 € erwirtschaftet hat, in der die Beteiligungserlöse der Klägerin i.H.v. 36.098 € bereits enthalten sind. Überdies verfügte die GmbH über acht Arbeitskräfte, die den erheblichen Grundbesitz und die verschiedenen Unternehmensbeteiligungen der GmbH verwalteten. Auf das seitens der Klägerin übersandte Anlagenverzeichnis der GmbH wird Bezug genommen (Bl. 214 bzw. 229 f. der Gerichtsakte). Auch das Verhältnis der Bilanzsummen von ca. 195T € bei der Klägerin und ca. 45,9 Mio. € veranschaulicht dieses Größenverhältnis. Dass die GmbH gegenüber der Klägerin eine deutlich andere Größenordnung innehatte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Der Senat vermag der Auffassung des Beklagten nicht zu folgen, dass die GmbH keinen nennenswerten eigenen Geschäftsbetrieb besaß, da sie originär vermögensverwaltend oder an (mit Ausnahme der D GbR) grundstücksverwaltenden Zebragesellschaften beteiligt war. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob sich der Geschäftsbetrieb der Kapitalgesellschaft als originär gewerblich im Sinne von § 15 EStG darstellt. Entscheidend ist aus Sicht des Senates, dass C über die Beteiligung an der GmbH Vermögensinteressen verfolgte, die erheblich über die Beteiligung an der Klägerin hinausgingen.

 

4. Aufgrund dieser Maßstäbe konnte durch die Beteiligung von C an der GmbH auch kein Sonderbetriebsvermögen bei der D GbR entstehen. Es ist ebenfalls unstreitig, dass die GmbH auch im Verhältnis zur D GbR über einen eigenen Geschäftsbetrieb von erheblichem Umfang verfügte.

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat lässt gem. § 115 Abs. 1 FGO die Revision zu. Die Frage, ob die GmbH-Beteiligung des Kommanditisten im Fall einer zweigliedrigen KG stets notwendiges Sonderbetriebsvermögen ist, hat grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

stats