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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
14.07.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Baden-Württemberg: Zeitpunkt der Realisierung von Gewinnen bei einem typengemischten Vertrag (hier: selbständiger Gerüstbauvertrag)

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 3.3.2016 – 3 K 1603/14, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 26/16)

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2016-1711-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsatz (des Kommentators)

Entgelte für verlängerte Grundeinsatzzeit im Rahmen eines Gerüstbauvertrages: Nach dem Ende der Grundeinsatzzeit bis zu den jeweiligen Bilanzstichtagen angefallenen „Mieterträge“ sind nicht in Anlehnung an die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätze fortlaufend jeweils für die Vergangenheit realisiert worden.

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1; GewStG § 7 Abs. 1; HGB § 252

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Realisierung von Gewinnen aus Gerüstbauverträgen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in X. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. die Aufstellung und Vermietung von Gerüsten und Gerüstteilen. Die Klägerin unterhält Niederlassungen in A, B und C. Das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

In den Gerüstbauverträgen verpflichtete sich die Klägerin zum Auf- und Abbau sowie zur Gebrauchsüberlassung der Gerüste. Die Geltung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) und Teil C (VOB/C) wurde jeweils vereinbart.

Grundlage der Abrechnung der Leistungen gegenüber den jeweiligen Auftraggebern ist das von den Vertragsparteien erstellte Aufmaß. Entsprechend den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) der VOB/C für Gerüstarbeiten DIN 18451 (im Folgenden: DIN 18451 --vgl. Bp-Akten Bl. 156 ff.--) werden für Lieferung, Aufbau, Vorhalten während der Grundeinsatzzeit und Abbau bestimmter Gerüste Einheitspreise nach Flächen- oder Längenmaß (vgl. Ziff. 0.5 DIN 18451 Abrechnungseinheiten) berechnet. Die Gebrauchsüberlassung des jeweiligen Gerüstes über die Grundeinsatzzeit hinaus wird als besondere Leistung gemäß Ziff. 4.2.16 DIN 18451 nach Flächen- oder Längenmaß pro Woche abgerechnet. Die Dauer der Grundeinsatzzeit vereinbart die Klägerin individuell. Diese kann über die in Ziff. 3.11 DIN 18451 vorgesehene Grundeinsatzzeit von bis zu vier Wochen hinausgehen. Auf die dem Gericht vorliegenden exemplarischen Bauverträge und Rechnungen, z.B. Fa. R (Gerichtsakten Bl. 63 ff. [73, 77]), Fa. S GmbH & Co. KG (Gerichtsakten Bl. 87 ff.), Fa. P GmbH (Gerichtsakten Bl. 93 ff. [98]), Fa. W (Gerichtsakten Bl. 147) wird Bezug genommen.

Nach dem Aufbau des Gerüstes wird dieses von dem zuständigen Bauleiter der Klägerin freigegeben. Nach Fertigstellung der Arbeiten meldet der Auftraggeber das Gerüst bei der Klägerin ab, die dieses baldmöglichst abbaut. Nach Abmeldung des Gerüstes werden keine weiteren Entgelte für die Gebrauchsüberlassung mehr berechnet. Das Aufmaß wird üblicherweise während der Standzeit des Gerüstes erstellt, eine sachliche Prüfung des Aufmaßes kann jedoch, da sich das Aufmaß nach der eingerüsteten Fläche richtet, auch nach Abbau des Gerüstes, beispielsweise im Rahmen der Prüfung der Schlussrechnung stattfinden. Eine „förmliche“ Abnahme des Gerüstes durch den Auftraggeber findet nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin im Erörterungstermin regelmäßig weder nach dem Aufbau noch nach dem Abbau des Gerüstes statt. Nach dem Aufbau des Gerüstes fordert die Klägerin bei den Auftraggebern --je nach Standzeit des Gerüstes auch mehrfach-- Abschlagszahlungen an. Hierin berechnet sie anteilige Auf-, Um- und Abbaukosten sowie die nach Ablauf der Grundeinsatzzeit angefallenen Entgelte für die Gebrauchsüberlassung. Die Schlussrechnung wird erst erstellt, wenn sämtliche Gerüste auf der Baustelle abgebaut sind.

In der Buchhaltung der Klägerin für die Jahre 2006 bis 2008 (Streitjahre) wurden die erhaltenen Abschlagszahlungen als „Kundenanzahlung“ in vollem Umfang passiviert. Angefangene Arbeiten bewertete die Klägerin zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres mit den bis dahin auf den jeweiligen Baustellen aufgelaufenen Stunden, denen die für jede Niederlassung getrennt ermittelten Stundenlöhne zwischen xx € und xx € zugrunde gelegt wurden (vgl. Bp-Bericht vom 17. September 2012, Ziff. 16).

Die Bilanzen der Klägerin wiesen „Verbindlichkeiten aus erhaltenen Anzahlungen auf Bestellungen“ in Höhe von xxx.xxx € (31. Dezember 2006), xxx.xxx € (31. Dezember 2007) und x.xxx.xxx € (31. Dezember 2008) aus. Hinsichtlich der Aktivierung der unfertigen Erzeugnisse und der Gewinnauswirkung der Bestandsveränderungen wird auf die Erläuterungen zu den Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung in den jeweiligen Jahresabschlussberichten Bezug genommen. Daraus ergibt sich u.a., dass der Bilanzansatz der „unfertigen Erzeugnisse/Leistungen“ im Umlaufvermögen um „erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen“ gekürzt wurden.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) folgte den eingereichten Steuererklärungen in den jeweils unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Steuerbescheiden (Körperschaftsteuerbescheide für 2006 vom 19. Dezember 2007, für 2007 vom 16. Juli 2008 und für 2008 vom 15. Dezember 2009 sowie Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2006 vom 19. Dezember 2007, für 2007 vom 16. Juli 2008 und für 2008 vom 15. Dezember 2009).

Im Rahmen der für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Gerüstbauverträge als Rahmenverträge mit in sich abgeschlossenen und abgrenzbaren Teilleistungen anzusehen seien. Gemäß DIN 18451 handele es sich bei der über die Grundeinsatzzeit hinausgehenden Gebrauchsüberlassung um eine besondere Leistung, für die ein gesonderter Vergütungsanspruch bestehe, also um eine Teilleistung. Gewinnrealisierung sei bei Teilleistungen zu bejahen, soweit es sich um Teilleistungen handele, die der Leistungsempfänger bereits nutzen und verwerten könne und auf deren Vergütung nach den Abmachungen der Beteiligten ein Anspruch bestehe. Hinsichtlich der in den Abschlagszahlungen enthaltenen Mietzahlungen lägen diese Voraussetzungen vor. Bei Nutzungsüberlassungen sei der Anspruch auf das Entgelt fortlaufend zeitraumbezogen verwirklicht, d.h. unabhängig von Fälligkeit und Abrechnungsperiode zu aktivieren. Die passivierten Kundenanzahlungen seien daher um die darin enthaltenen Mieten zu vermindern und im Gegenzug aktivierte Kostenbestandteile aus den unfertigen Arbeiten herauszurechnen.

Den in den Anzahlungen enthaltenen Mietanteil ermittelte der Prüfer für die Niederlassung X zum 31. Dezember 2007 anhand der Angaben in den Schlussrechnungen, die die Klägerin für die im Jahr 2007 ausgeführten Arbeiten erstellt hatte. Nach Abzug eines Sicherheitsabschlags von 5 % für mögliche Fehlerquellen ergab sich ein Mietanteil in Höhe von 18,19 % bezogen auf die erhaltenen Anzahlungen. Auf die Zusammenstellung des Prüfers (Gerichtsakten Bl. 110 bis 134) wird Bezug genommen. Die auf den Mietanteil entfallenden, bei den unfertigen Arbeiten aktivierten Kostenbestandteile schätzte der Prüfer entsprechend den Angaben der Klägerin auf 35 %. Das für das Jahr 2007 für die Niederlassung X ermittelte Ergebnis wurde auf die übrigen Jahre und Niederlassungen übertragen.

Im Einzelnen ergaben sich folgende Beträge:

2006                      2007                      2008

Kürzung der Abschlagszahlungen                 xxx.xxx,xx €          xxx.xxx,xx €          xxx.xxx,xx €

um Gerüstmieten

Kürzung der unfertigen Leistungen                               xxx.xxx,xx €          xx.xxx,xx €            xxx.xxx,xx €

Gewinnerhöhung                                               xxx.xxx,xx €          xxx.xxx,xx €          xxx.xxx,xx €

Auf den Bp-Bericht vom 17. September 2012 Ziff. 13 und 16 wird Bezug genommen. Die Schätzung der Höhe des in den Abschlagszahlungen enthaltenen Mietanteils mit 18,19 % sowie der Höhe der in den unfertigen Arbeiten für den Mietanteil enthaltenen Kostenbestandteile mit 35 % ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig (vgl. Gerichtsakten Bl. 264, 276).

Das FA schloss sich der Auffassung der Außenprüfung an und erließ am 23. Oktober 2012 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Die Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg und wurden mit Einspruchsentscheidungen für Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 und Gewerbesteuermessbetrag 2006 bis 2008, jeweils vom 7. April 2014, als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte das FA aus, dass es sich bei der über die Grundeinsatzzeit hinausgehenden Gebrauchsüberlassung nach DIN 18451 um eine besondere Leistung handele, für die mit den Auftraggebern gesonderte Entgelte vereinbart worden seien. Die Gewinnrealisierung sei entsprechend den für Teilleistungen geltenden Grundsätzen eingetreten, da es sich um Leistungen handele, die der Auftraggeber bereits nutzen könne und für die eine Miete gesondert in Rechnung gestellt worden sei. Zivilrechtlich seien Gerüstbauverträge keine Verträge, bei denen der Werkvertragscharakter weit überwiege. Es werde lediglich der Auf- und Abbau analog Werkvertragsrecht, die Überlassung hingegen nach Mietvertragsrecht behandelt. Die Gewinnrealisierung erfolge deshalb nicht erst mit vollständiger Bewirkung der Hauptleistung. Selbst wenn bei dem einen oder anderen Gerüst der Werkvertragscharakter überwiegen sollte, hindere dies bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht eine getrennte Beurteilung der Leistungen.

Mit der fristgerecht eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen Folgendes vortragen: Die im Hinblick auf den in den Abschlagszahlungen enthaltenen Mietanteil erfolgte Gewinnrealisierung verstoße gegen das Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.V. mit § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein Gewinn sei realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung vollständig erbracht habe und mit Gegenansprüchen des Auftraggebers nicht mehr zu rechnen sei. Bei Werkverträgen trete Gewinnrealisierung regelmäßig erst mit der Abnahme des Werkes ein, wenn der Auftragnehmer alles getan habe, was er schulde, und mit Gegenansprüchen des Auftraggebers wegen Erfüllungsrückstands nicht mehr zu rechnen sei. Eine Teilgewinnrealisierung trete nur dann ein, wenn es sich um eine selbständige Teilleistung handele. Diese müsse vertraglich vereinbart sein, gesondert abgerechnet und abgenommen werden und der Besteller müsse sie unabhängig vom Gesamtwerk selbständig nutzen und verwerten können. Im Streitfall sei bei keinem der Gerüstbauverträge der Aufbau oder die mietweise Überlassung als gesonderte Teilleistung abgenommen worden. Die Schlussrechnung könne erst nach Abbau der Gerüste erstellt werden. Der Auftraggeber habe kein Interesse daran, das Vertragswerk in einzelne Leistungsbestandteile aufzusplitten, weil er diese nicht unabhängig von den anderen Vertragsbestandteilen nutzen könne. Auch umsatzsteuerlich werde der Gerüstbauvertrag im BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2012 (BStBl I 2012, 1272) als einheitliche sonstige Leistung definiert und nicht zwischen Grundeinsatzzeit und der über diese hinausgehenden Gebrauchsüberlassung differenziert.

Zivilrechtlich würden Gerüstbauverträge überwiegend als gemischte Verträge angesehen, die sowohl reine Werkvertragselemente als auch Mietelemente enthielten. Maßgeblich für die rechtliche Einordnung sei das Recht der Hauptleistung bzw. der mutmaßliche Parteiwille. Die für die Überlassung über die Grundeinsatzzeit hinaus berechneten Mieten seien --von Ausnahmefällen wie einer mehrjährigen Überlassung eines Gerüstes, z.B. bei Renovierung einer Kathedrale abgesehen-- im Verhältnis zum Gesamtvertrag unwesentlich, als Hauptleistung sei der Auf- bzw. Abbau des Gerüstes anzusehen. Die Entgelte für die werkvertraglichen Elemente seien weitaus höher als die Entgelte für die mietvertraglichen Elemente. Auch überwiege nach dem Parteiwillen das Werkvertragselement, was sich daraus ergebe, dass die Vertragsparteien die Anwendung der VOB/B vereinbart hätten. Dies führe dazu, dass trotz vorhandener Mietelemente einheitlich Werkvertragsrecht angewendet werde. In dem Gerüstbauvertrag enthaltene Elemente einer Miete führten nicht dazu, dass in Gestalt der Gebrauchsüberlassungen selbständige, von der Hauptleistung des gesamten Vertragswerks abzukoppelnde Teilleistungen vorlägen, die selbständig abnahme- und endabrechnungsfähig wären. Der Anspruch auf Zahlung eines Abschlages oder Vorschusses sei für die Realisierung des Gewinns nicht ausreichend. Die Klägerin könne die Abschlagszahlungen für die Gebrauchsüberlassung nicht einredefrei vom restlichen Vertragswerk behalten.

Die DIN 18451 sei lediglich eine allgemeine technische Anweisung für Auf-, Ab-, Umbau und Gebrauchsüberlassung von Gerüsten, in der die zu erbringenden Bauleistungen konkretisiert würden. Sie enthalte keine Sonderregelung, wie sie der Bundesfinanzhof  (BFH) in den Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gesehen habe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Körperschaftsteueränderungsbescheide 2006, 2007 und 2008, jeweils vom 23. Oktober 2012, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2014 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um xxx.xxx,xx € (2006), xxx.xxx,xx € (2007) und xxx.xxx,xx € (2008) gemindert wird;

2. die Änderungsbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006, 2007 und 2008, jeweils vom 23. Oktober 2012, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2014 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um xxx.xxx,xx € (2006), xxx.xxx,xx € (2007) und xxx.xxx,xx € (2008) gemindert wird;

3. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Es hält an der in den Einspruchsentscheidungen vertretenen Auffassung fest. Bei Gerüstbauverträgen handele es sich um gemischte Verträge, die sowohl werk- als auch mietvertragliche Elemente enthielten. Für den Auftraggeber stehe weniger der Auf- und Abbau als die Nutzung als Hilfsmittel für die Zeit der durchzuführenden Arbeiten im Vordergrund. Falls umfangreichere Umbauarbeiten durchzuführen seien, hätten diese Dienstleistungscharakter. Eine ertragsteuerliche Behandlung der Gerüstbauverträge nach den Grundsätzen reiner Werkverträge würde dem Charakter dieser Verträge nicht gerecht werden. Bei der Überlassung des Gerüsts über die Grundstandzeit hinaus handele es sich um Vermietungsleistungen, bei denen entsprechend den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätzen von einer zeitproportionalen Gewinnrealisierung auszugehen sei. Gerüstmieten, die über die Grundvorhaltezeit hinausreichten, seien für Zeiträume, die bis zum Bilanzstichtag verwirklicht worden seien, abzugrenzen, gleichgültig, ob diese bereits in den Abschlagszahlungen angefordert oder erst mit der Schlussrechnung verlangt worden seien, da es sich um selbständige Teilleistungen handele.

Am 21. Oktober 2015 hat die Berichterstatterin den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift über den Erörterungstermin wird Bezug genommen.

Im Nachgang zum Erörterungstermin teilte das FA mit, dass bei Überprüfung der für die Niederlassung X zum 31. Dezember 2007 passivierten Anzahlungen festgestellt worden sei, dass darin auch bereits fertig gestellte, noch nicht abgerechnete Arbeiten enthalten gewesen seien. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 19. November 2015 und 17. Februar 2016 Bezug genommen.

Die Klägerin ließ daraufhin mitteilen, dass es richtig sei, dass sämtliche der vom FA genannten Gerüste im Jahr 2007 abgemeldet worden seien. Das von der V GmbH in Auftrag gegebene Gerüst sei zum 24. Dezember 2007 abgemeldet, allerdings erst zum 15. Januar 2008 abgebaut worden. Die Berechnung des FA sei danach dahingehend zu korrigieren, dass auf fertig gestellte Arbeiten xx.xxx,xx € bzw. 1,23 % der Anzahlungen (Miete) und xxx.xxx,xx € bzw. 12,28 % der Anzahlungen (Gerüstbau) entfielen.

Am 3. März 2016 fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. In der mündlichen Verhandlung schränkte die Klägerin ihr Begehren in Bezug auf die in den Anzahlungen enthaltenen Abschlagszahlungen für die Gerüste ein, die zum Bilanzstichtag bereits abgebaut, jedoch noch nicht abgerechnet waren. Die Ermittlung (Schätzung) dieser Beträge der Höhe nach ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Dem Senat lagen bei der Entscheidung die vom FA übersandten Steuerakten (Gerichtsakten Bl. 238) vor.

Aus den Gründen

Zulässigkeit und Begründetheit der Klage

I. Die Klage ist zulässig und in dem in der mündlichen Verhandlung noch aufrechterhaltenen Umfang auch begründet. Zu Unrecht hat das FA die Gewinne aus den über die Grundeinsatzzeit hinausgehenden „Mieten“ vor dem Abbau der Gerüste entsprechend den für Dauerschuldverhältnissen geltenden Grundsätzen als jeweils für die Vergangenheit realisierte Erträge behandelt.

Wesen der Klage wird durch den begehrten richterlichen Ausspruch geprägt

1. Der Senat geht bei verständiger Würdigung der Klageschrift und des klägerischen Vortrags zur Begründung der Klage davon aus, dass das Begehren der Klägerin darauf gerichtet ist, den Gewinn um die vom FA gewinnerhöhend berücksichtigten Anzahlungen für Gerüstmieten in Höhe der Beträge lt. Klagantrag nach Berücksichtigung der in der Folge bei der Gewerbesteuerrückstellung vorzunehmenden Anpassungen zu mindern.

Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das Gericht an die Fassung des Klageantrags nicht gebunden, sondern hat im Wege der Auslegung den Willen der Partei anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Das Wesen der Klage wird nicht durch den --formalen-- Klageantrag bestimmt, sondern durch den begehrten richterlichen Ausspruch. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BFH-Beschluss vom 2. Juli 2012 III B 101/11, BFH/NV 2012, 1628 m.w.N.).

Gewinne sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlusstag realisiert sind

2. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Entsprechendes gilt nach § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes für den Gewerbeertrag. Zu diesen GoB gehört das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB geregelte Realisationsprinzip, demzufolge Gewinne nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

Zeitpunkt der Gewinnrealisierung: wirtschaftliche Erfüllung der Verpflichtung

a) Den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung sehen Rechtsprechung und herrschende Meinung im Schrifttum im Allgemeinen als gegeben an, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung erbracht hat, d.h. seine Verpflichtung „wirtschaftlich erfüllt“ hat. Damit steht dem Leistenden der Anspruch auf die Gegenleistung (die Zahlung) so gut wie sicher zu. Sein Risiko reduziert sich darauf, dass der Empfänger im Einzelfall Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist. Dann aber ist der Schwebezustand des zugrunde liegenden Geschäfts beendet und der Gewinn aus dieser Leistungsbeziehung gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB realisiert (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. November 2007 IV R 62/05, BStBl II 2008, 557 m.w.N. [BB 2008, 830 m. BB-Komm. Euler]; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 34. Aufl. 2015, § 5 Rz. 601, 607; Schubert/Roscher in Beck’scher Bilanzkommentar, 10. Aufl. 2016, § 247 Rz. 80).

Ob ein gegenseitiger Vertrag am Bilanzstichtag voll oder nur teilweise erfüllt ist und daher noch ein zum Teil schwebendes Geschäft vorliegt, ist unter Berücksichtigung der für das jeweilige Rechtsgeschäft geltenden zivilrechtlichen Vorschriften zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1982 I R 142/81, BStBl II 1983, 369).

Bis zur Realisation handelt es sich um Ansprüche aus sog. schwebenden Geschäften, die nicht bilanziert werden dürfen. Vorleistungen sind zu neutralisieren, z.B. durch Aktivierung als unfertige Erzeugnisse oder Passivierung als erhaltene Anzahlungen (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz. 76).

Dienst- oder Werkleistung ist „wirtschaftlich erfüllt“, wenn sie erbracht worden ist

aa) Eine Dienst- oder Werkleistung ist „wirtschaftlich erfüllt“, wenn sie --abgesehen von unwesentlichen Nebenleistungen-- erbracht worden ist. Bei Werkverträgen i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedarf es außerdem der Abnahme des Werks durch den Besteller, um die handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 2005 IV R 40/04, BStBl II 2006, 26, m.w.N. [BB 2005, 2511 Ls, StB 2005, 441]; kritisch zum Erfordernis einer Abnahme Weber-Grellet in FR 2014, 1138: entscheidend sei die Erbringung der Hauptleistung). Dies kann uneingeschränkt jedoch nur dann gelten, wenn die Wirkungen der Abnahme für das Entstehen des Entgeltanspruchs des Unternehmers nicht durch Sonderregelungen, wie etwa eine Gebührenordnung, modifiziert werden (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2014 VIII R 25/11, BStBl II 2014, 968 [BB 2014, 2609 m. BB-Komm. Kleinmanns] --Ingenieur-- und vom 13. Dezember 1979 IV R 69/74, 380, BStBl II 1980, 239 --Architekt--).

Ohne Bedeutung ist hingegen, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2008, 557 und BStBl II 2006, 20, m.w.N.).

Bei zeitraumbezogenen Dienstleistungen setzt die Gewinnrealisierung voraus, dass die für die Vergangenheit geschuldete Leistung zumindest im Wesentlichen erbracht ist

bb) Demgegenüber wird bei sog. Dauerschuldverhältnissen, wie z.B. Miet-, Pacht- und Darlehensverträgen, der Gewinn des Sachleistungsverpflichteten fortlaufend verwirklicht. Die Mieterträge sind jeweils für die Vergangenheit realisiert, unabhängig davon, wann sie abzurechnen sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. Mai 1992 X R 49/89, BStBl II 1992, 904 [BB 1992, 1602]). Dasselbe gilt bei zeitraumbezogenen Dienstleistungen (BFH-Urteil vom 10. September 1998, BStBl II 1999, 21: Vertrag über mehrmonatigen Unterricht) sowie Sukzessivlieferungsverträgen, bei denen sich die Sachleistungspflicht bei wirtschaftlicher Betrachtung im Zeitablauf verbraucht (BHF-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312 [BB 1995, 869]: Ausbeutevertrag). Eine Gewinnrealisierung setzt jedoch voraus, dass die für die Vergangenheit geschuldete Leistung zumindest im Wesentlichen erbracht ist (vgl. Krumm in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Nebengesetze, § 5 EStG Rz. 940e). Kein Dauerschuldverhältnis im bilanzrechtlichen Sinne liegt vor, wenn die maßgebliche Verpflichtung zwar über einen bestimmten Zeitraum hinweg besteht, aber inhaltlich auf die Herbeiführung eines einmaligen Erfolgs gerichtet ist und daher keinem Wertverzehr unterliegt (vgl. Krumm in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 940e).

Realisierung eines Teilgewinns nur in Ausnahmefällen zulässig

b) Die Realisierung eines Teilgewinns bereits bei Erbringung eines Teiles der geschuldeten Leistung wird handels- wie steuerrechtlich nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen für zulässig gehalten (vgl. Krumm in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 947).

Es muss sich um Teilleistungen handeln, die der Leistungsempfänger bereits nutzen bzw. verwerten kann und auf deren Vergütung insbesondere nach den Abmachungen der Beteiligten ein Anspruch besteht. Bei dem für die (Teil-)Leistung entstandenen Anspruch darf es sich nicht lediglich um einen solchen auf Zahlung eines Abschlags oder eines Vorschusses handeln (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 557 m.w.N. --Inkassotätigkeit--).

Bei Werkverträgen in Gestalt der sog. langfristigen Auftragsfertigung wird für eine Teilgewinnrealisation im Allgemeinen vorausgesetzt, dass nach den Vereinbarungen der Vertragspartner (abgrenzbare) Teilleistungen selbständig abrechenbar sind, vom Auftraggeber endgültig abgenommen werden und der Werkunternehmer die Vergütung für die Teilleistung endgültig verdient hat. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftragnehmer trotz Teilabnahme bis zum Ende der Herstellung noch das Gesamterfüllungsrisiko bzw. Gesamtfunktionsrisiko trägt (vgl. Tiedchen in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 Rz. 399 „langfristige Fertigung“; Krumm in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 947; Schubert/Pastor, Beck’scher Bilanzkommentar 10. Aufl. 2016, § 255 HGB Rz. 457 ff.; Bätge/Ziesemer/Schmidt in Bätge/Kirsch/Thiele [Hg.], Bilanzrecht Kommentar, § 252 HGB Rz. 203; s.a. BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 IV R 87/06, BStBl II 2008, 428 Tz. 25).

Bei mehrkomponentengeschäften keine teilweise Gewinnrealisierung, wenn eine einzige Leistung geschuldet wird und nur die Gegenleistung nach mehreren Komponenten bemessen ist

c) Wird für mehrere Leistungen ein einheitliches Entgelt (sog. Mehrkomponentengeschäfte) vereinbart und gezahlt, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob das Entgelt erst mit Erfüllung der gesamten Leistungspflicht „verdient“ ist oder ob schon durch einzelne Leistungen ein (Teil-)Gewinn realisiert wird. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen ein einheitlicher Leistungserfolg geschuldet wird, zu dessen Erzielung es mehrerer zusammenhängender Leistungen bedarf. Eine teilweise Gewinnrealisierung kommt nicht in Betracht, wenn eine einzige Leistung geschuldet wird und nur die Gegenleistung nach mehreren Komponenten bemessen ist (vgl. Krumm in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 943).

Im Streitfall sind die „Mieterträge“ nicht in Anlehnung an die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätze fortlaufend jeweils für die Vergangenheit realisiert worden

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die nach dem Ende der Grundeinsatzzeit bis zu den jeweiligen Bilanzstichtagen angefallenen „Mieterträge“ nicht in Anlehnung an die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätze fortlaufend jeweils für die Vergangenheit realisiert worden sind.

Selbständige Gerüstbauvertrag wird zivilrechtlich als ein einheitlicher Vertrag angesehen

a) Zivilrechtlich handelt es sich bei dem sog. selbständigen Gerüstbauvertrag, bei dem der Gerüstbauer --wie die Klägerin-- mit Aufbau, Vorhaltung, Um- und Abbau eines Gerüstes beauftragt ist, um einen gemischten Vertrag, der z. T. werkvertragliche Bestandteile (Auf-, Um- und Abbau) sowie hinsichtlich der Vorhaltung des Gerüstes mietvertragliche Elemente enthält (vgl. KG Berlin, Urteil vom 5. August 2009 11 U 64/08, juris; OLG Celle, Urt. vom 3. April 2007 16 U 267/06, BauR 2007, 1583; offen gelassen in BGHUrteil vom 11. April 2013 VII ZR 201/12, juris; Sprau in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einf vor § 631 BGB Rz. 24 m.w.N.; Busche in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 631 Rz. 289). Ob der vertragliche Schwerpunkt dabei auf dem Mietrecht (so Dreher/Motzke, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 2. Aufl. 2013, VOB/A § 1 Bauleistungen Rz. 42) oder auf dem Werkvertragsrecht (so Schneeweiß/Lambert, Beck’scher VOB- und Vergaberechtskommentar, VOB/C, 2. Aufl. 2008, DIN 18451 Rz 2) liegt, ist umstritten. Der selbständige Gerüstbauvertrag wird zivilrechtlich jedoch als ein einheitlicher Vertrag angesehen, der nur in seiner Gesamtheit ein sinnvolles Ganzes ergibt und aus dem der Gerüstbauer mehrere wesentliche, verschiedenen Vertragstypen entsprechende Hauptleistungen schuldet (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Überbl vor § 311 Rz. 19).

Gerüstbauer schuldet einen einheitlichen Leistungserfolg

b) Unabhängig von der im Einzelnen umstrittenen zivilrechtlichen Behandlung des Gerüstbauvertrags schuldet der Gerüstbauer einen einheitlichen Leistungserfolg, bestehend aus den Elementen des Auf- und ggf. Umbaus, der Vorhaltung und des Abbaus des Gerüstes. Die einzelnen Leistungselemente sind aufeinander bezogen, für sich alleine nicht sinnvoll nutzbar und sachlich nicht trennbar. Für den aus Sicht des Auftraggebers bezweckten (nur) zeitweisen Gebrauch des Gerüstes zur Durchführung von Arbeiten am Gebäude bedarf es sowohl des Aufbaus wie auch --nach Erledigung der Arbeiten-- des Abbaus. Diese Leistungen sind neben der Gebrauchsüberlassung wesentliche Hauptleistungen. Die Behandlung des geschuldeten Leistungserfolges als Einheit findet auch in den vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin mit ihren Auftraggebern, insbesondere der Bemessung der Vergütung, ihren Niederschlag. Entsprechend der DIN 18451 wird für Auf-, Abbau und Grundeinsatzzeit regelmäßig ein Einheitspreis vereinbart. Darin zeigt sich, dass der Gerüstbauvertrag nicht gedanklich in drei selbstständige Teile, den Aufbau, die Gebrauchsüberlassung und den Abbau „zerlegt“ werden kann. Für die besondere Leistung der über die Grundeinsatzzeit hinausgehenden Gebrauchsüberlassung wird zwar nach Ziff. 4.2.16 DIN 18451 eine gesonderte Vergütung vereinbart. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die über die Grundeinsatzzeit hinausgehende Gebrauchsüberlassung als sachlich von den übrigen Leistungen trennbare Leistung anzusehen ist. Der Senat legt diese Vereinbarung dahingehend aus, dass lediglich die Bemessung der geschuldeten Vergütung durch ein zeitliches Element ergänzt wird. Sachliche Kriterien für die Abgrenzung der Überlassung während der Grundeinsatzzeit von der nachfolgenden Überlassung lassen sich nicht feststellen, zumal es den Vertragsparteien auch bei Vereinbarung der VOB/C DIN 18451 frei steht, die Grundeinsatzzeit durch vertragliche Vereinbarung über die in DIN 18451 vorgesehene Grundeinsatzzeit von vier Wochen hinaus zu verlängern. Nach den dem Senat vorliegenden Verträgen hat die Klägerin regelmäßig längere Grundeinsatzzeiten vereinbart.

In diesem Punkt unterscheidet sich der Gerüstbauvertrag von den sog. Mehrkomponentengeschäften, bei denen für mehrere sich ergänzende, aber unterscheidbare (wertmäßig und sachlich trennbare, vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 252 HGB Rz. 147 ff.) Leistungen ein einheitliches Entgelt geschuldet wird (z.B. Verkauf und Wartung; vgl. Krumm in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 943; Tiedchen in Hermann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG „Mehrkomponentengeschäfte“; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 252 HGB Rz. 147 ff.).

Für den Gewinnrealisierungszeitpunkt ist nach Ansicht des Senats auf den Zeitpunkt der vollständigen Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung, d.h. auf die Beendigung des Abbaus des Gerüstes, abzustellen

c) Der Senat ist mit der Klägerin der Auffassung, dass der Gerüstbauvertrag in seiner Gesamtheit (von atypischen --hier nicht zu entscheidenden-- Einzelfällen einer extrem langen Standzeit eines Gerüstes ohne zwischenzeitliche Umbauten abgesehen) stärker von den werkvertraglichen Elementen des Auf-, Um- und Abbaus als dem mietvertraglichen Element der Gebrauchsüberlassung geprägt wird. Die Gerüste werden individuell für einen bestimmten Zweck errichtet. Insoweit schuldet der Gerüstbauer einen bestimmten Erfolg, nämlich den Auf-, Um- und Abbau des Gerüstes. Die für Auf-, Umbzw. Abbau vereinbarten Vergütungen liegen regelmäßig über den nach Ablauf der Grundeinsatzzeit berechneten „Mieten“. Die mietvertraglichen Elemente ergänzen somit die werkvertraglichen Leistungspflichten des Gerüstbauers. Zudem wird die geschuldete Leistung mit einem werkvertraglichen Element, dem Abbau, abgeschlossen. Deshalb hält es der Senat für sachgerecht, den Zeitpunkt der „wirtschaftlichen Erfüllung“ des Gerüstbauvertrags nach den für Werkverträge geltenden Kriterien zu bestimmen. Allerdings kommt der Abnahme für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bzw. den Übergang der Preisgefahr im Streitfall aufgrund der Besonderheiten des Gerüstbauvertrags nicht die Bedeutung zu, die ihr regelmäßig bei Werkverträgen beigemessen wird (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2006, 26). Denn Auf- und Abbau des Gerüstes stellen jeweils abnahmefähige (Teil-)Werkleistungen dar (vgl. Schneeweiß/Lambert, a.a.O., Rz. 93). Im Betrieb der Klägerin werden förmliche Abnahmen regelmäßig nicht vorgenommen. Beim Aufbau kann in der Ingebrauchnahme des Gerüstes durch den Auftraggeber jedoch eine stillschweigende Abnahme gesehen werden. Für den Abbau fehlt ein solcher Anknüpfungspunkt. Daher ist, wenn --wie im Streitfall-- eine förmliche Abnahme des Abbaus regelmäßig nicht vereinbart und durchgeführt wird, für den Zeitpunkt der Realisierung des Gewinns auf den Zeitpunkt der vollständigen Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung, d.h. auf die Beendigung des Abbaus des Gerüstes, abzustellen. Auch das FA geht hiervon hinsichtlich des Gewinns aus Auf-, Um-, Abbau und Gebrauchsüberlassung während der Grundvorhaltezeit aus.

Erlöse aus den nach Ablauf der Grundeinsatzzeit angefallenen Gerüstmieten können nicht als abgeschlossene und abgrenzbare Teilleistungen angesehen werden

d) Entgegen der Auffassung des FA können die Erlöse aus den nach Ablauf der Grundeinsatzzeit angefallenen Gerüstmieten nicht als abgeschlossene und abgrenzbare Teilleistungen entsprechend den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätzen als fortlaufend realisiert angesehen werden.

Die über die Grundeinsatzzeit hinausgehende Gebrauchsüberlassung ist keine sachlich abgrenzbare, selbständig verwertbare Teilleistung. Dies ergibt sich bereits aus der Einheitlichkeit des aus dem Gerüstbauvertrag geschuldeten Erfolgs. Bis zum Abbau des Gerüstes trägt die Klägerin --auch wenn in der Ingebrauchnahme des Gerüstes durch die jeweiligen Auftraggeber eine Teilabnahme gesehen wird-- noch das Risiko der (Gesamt-) Erfüllung des Vertrags. Zudem wird die über die Grundeinsatzzeit hinausgehende Gebrauchsüberlassung nicht gesondert und endgültig abgerechnet. Die endgültige Abrechnung erfolgt erst in der Schlussrechnung und nicht bereits in den bei längerer Standzeit für die über die Grundeinsatzzeit hinausgehende Gebrauchsüberlassung angeforderten Abschlagszahlungen. Wenn es sich bei dem für die (Teil-)Leistung entstandenen Anspruch lediglich um einen solchen auf Zahlung eines Abschlags oder eines Vorschusses handelt, kann von einer (Teil-)Gewinnrealisierung nicht ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2008, 557).

Im Unterschied zu den „reinen“ Dauerschuldverhältnissen erfolgt bei dem Gerüstbauvertrag nach Ablauf der „Mietzeit“ nicht lediglich die Rückgabe der überlassenen Sache durch den „Mieter“. Vielmehr ist der Auftragnehmer verpflichtet, eine weitere wesentliche Hauptleistung, den Abbau des Gerüstes, durchzuführen. Der Schwebezustand des gegenseitigen Vertrags ist erst danach beendet. Aus diesem Grund ist es trotz des der Gebrauchsüberlassung innewohnenden zeitlichen Moments nicht sachgerecht, die Realisierung einzelner Teile der aus dem Gerüstbauvertrag geschuldeten Vergütung nach den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätzen zu behandeln.

Höhe der festgesetzten Körperschaftsteuern und Gewerbesteuermessbeträge

II.1. Wegen der Höhe der festgesetzten Körperschaftsteuern und Gewerbesteuermessbeträge wird auf die diesem Urteil als Anlage beigefügten Berechnungen des FA Bezug genommen.

Kostenentscheidung

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. FGO. Die Klägerin hat das Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt. Die Einschränkung des Klageantrags wirkt kostenrechtlich wie ein teilweises Unterliegen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse AO-/FGO-Kommentar, § 136 FGO Rz. 12). Die Anträge der Klägerin hatten --bezogen auf die mit der Klage ursprünglich begehrte Gewinnminderung-- etwa in Höhe der aus dem Tenor ersichtlichen Anteile Erfolg.

Zulassung der Revision

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dem Realisationszeitpunkt bei einem gemischten, verschiedene Leistungselemente enthaltenden Vertrag ist --soweit ersichtlich-- noch nicht ergangen. Zudem bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Bilanzierung von Abschlagszahlungen aus Werkverträgen nach § 632a BGB (Hinweis auf das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 29. Juni 2015, IV C 6-S 2130/15/10001, FMNR2e1000015, BStBl I 2015, 542 [BB-Verwaltungsreport Meurer, BB 2015, 1778] zur Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen; zwischenzeitlich aufgehoben durch BMF-Schreiben vom 15. März 2016, IV C 6-S 2130/15/10001 FMNR132000016). Klärungsbedürftig erscheint über die Position des FA hinausgehend nicht zuletzt auch die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Gerüstbauverträge bilanziell in drei Teile mit je eigenen Gewinnrealisierungszeitpunkten aufzugliedern sind (1. werkvertragliches Element Gerüstaufbau, 2. mietvertragliches Element Gebrauchsüberlassung, 3. werkvertragliches Element Gerüstabbau).

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung.

Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren

5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, weil dem Verfahren ein Sachverhalt zugrunde lag, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war und die Klägerin die Hilfe eines Bevollmächtigten zur Beurteilung der Rechtslage und zur Vertretung als notwendig ansehen durfte.

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