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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
24.04.2014
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Niedersächsisches FG: Zeitpunkt der Anschaffung von Windkraftanlagen

Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.11.2013 - 4 K 124/13


Amtlicher Leitsatz


Anschaffung eines Wirtschaftsguts erst mit Übergang der Gefahr auf den Besteller.


§ 9a EStDV 2000, § 7 Abs 2 EStG 2002, § 7g Abs 1 EStG 2002, § 39 Abs 2 Nr 1 AO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006


Sachverhalt


Streitig ist der Zeitpunkt der Anschaffung von Windkraftanlagen.


Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Unternehmen auf die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung gerichtet ist. Durch Vertrag vom 8.10.2003 beauftragte sie die L mit der schlüsselfertigen Errichtung von fünf Windkraftanlagen. Der Gesamtpreis für die Lieferung und Errichtung der Anlagen belief sich auf xx.xxx.xxx Euro.


Nach § 3 Nr. 1 des Vertrages erfolgte die Übergabe der Anlage durch Aushändigung eines von einem mit der Abnahme beauftragten Sachverständigen erstellten Abnahmeprotokolls an den Auftraggeber. Mit der Feststellung der Mängelfreiheit trat der Auftragnehmer sämtliche Ansprüche einschließlich Gewährleistungsansprüchen gegen Lieferanten und die von ihm zur Erfüllung des Vertrag eingeschalteten Personen an die Auftraggeberin ab (§ 3 Nr. 5 des Vertrags). Mit der Feststellung der Mängelfreiheit und der Übertragung der Gewährleistungsansprüche gegen die Vorlieferanten ging die Gefahr auf die Auftraggeberin über (§ 3 Nr. 6 des Vertrags).


Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Vereinbarungen wird auf den Vertrag vom 8.10.2003 (Blatt 9 bis 11 der Betriebsprüfungsarbeitsakte - BpAA - ) Bezug genommen.


Die L beauftragte ihrerseits durch Vertrag vom 6.6.2004 die E mit der Lieferung, Montage und Inbetriebnahme der Anlagen. Nach Nr. 8 dieses Vertrags ging das Risiko der zufälligen Verschlechterung oder des zufälligen Untergangs nach § 446 BGB ab Vollendung der Montage der Windenenergieanlage auf den Auftraggeber über. Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Vereinbarungen wird auf den Inhalt dieses Vertrags (Blatt 14 bis 18 BpAA) Bezug genommen.


In der Zeit zwischen dem 2.11.2004 und dem 8.11.2004 setzte die E die Windkraftanlagen in Betrieb. Am 8.9.2005 nahm die L die Anlagen von der E ab. Auf den Inhalt der Abnahmeprotokolle (Blatt 56 bis 61 BpAA) wird Bezug genommen.


Durch Vertrag vom 17./22.6.2004 hatte die Klägerin die E mit der Instandhaltung der Anlagen und dem Abschluss eines Versicherungsvertrags für diese beauftragt. Der Vertrag sollte nach beidseitiger Unterzeichnung, frühestens jedoch mit Abnahme der Windenenergieanlagen in Kraft treten. Die E schloss - erstmals anscheinend am 1.2.2005 - einen Vertrag über eine Maschinen- und eine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung mit der R Versicherung AG ab. Auf den Versicherungsschein-Auszug vom 1.6.2005 - Austauschseite zum Versicherungsscheinauszug vom 1.2.2005 - (Blatt 74 BpAA) wird Bezug genommen.


Die Einnahmen aus dem Betrieb der Anlagen flossen von Anfang an der Klägerin zu. Im Jahr 2004 beliefen sich diese auf xxx.xxx Euro. Die Kosten für die Instandhaltung und die Versicherung der Anlagen wurden von der Klägerin ab dem 8.9.2005 getragen.


In den Gewinnermittlungen für die Streitjahre 2004 bis 2006 behandelte die Klägerin die Windkraftanlagen als einheitliche Wirtschaftsgüter und nahm darauf ab dem 1.11.2004 nach einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 16 Jahren bemessene degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 2 EStG in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung (a. F.) in Höhe von 12,5 Prozent und Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. in Höhe von 4 Prozent vor. Zum 31.12.2003 wies die Klägerin ein Betriebsvermögen in Höhe von 468 000 Euro und zum 31.12.2004 ein Betriebsvermögen in Höhe von 2 500 000 Euro aus. In dem Betriebsvermögen zum 31.12.2003 waren Ansprüche auf ausstehende Kommanditeinlagen in Höhe von 300 000 Euro enthalten.


Der Beklagte (das FA) stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zunächst erklärungsgemäß fest. Der Feststellungsbescheid für 2006 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.


Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Windkraftanlagen nicht als einheitliche Wirtschaftsgüter anzusehen, sondern in jeweils vier Wirtschaftsgüter (Zuwegung, Standort Windpark, Umspannwerk mit Netzkosten und Windkraftanlage) aufzuteilen seien, und dass deren Anschaffung erst mit der Abnahme am 8.9.2005 erfolgt sei. Hiernach komme die Inanspruchnahme von AfA erst ab dem 1.9.2005 in Betracht. Die Vornahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. sei ausgeschlossen, weil das Betriebsvermögen zum Schluss des der Anschaffung vorangehenden Wirtschaftsjahres (d. h. zum 31.12.2004) mehr als 204 517 Euro betragen habe. Wegen der Ermittlung der sich daraus ergebenden Gewinnerhöhungen wird auf die Anlagen 4 und 5 zum Prüfungsbericht vom 12.6.2008 (Blatt 178 und 179 BpAA) Bezug genommen.


Durch Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 28.8.2008 änderte das FA die Gewinnfeststellungen gemäß diesen Prüfungsfeststellungen. Die Änderung für die Jahre 2004 und 2005 wurde auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die für 2006 auf § 164 Abs. 2 AO gestützt.


Hiergegen legte die Klägerin am 9.9.2008 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie geltend machte, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der Feststellungsbescheide 2004 und 2005 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorlägen. Aus den Anlageverzeichnissen zu den Jahresabschlüssen, die mit den Feststellungserklärungen eingereicht worden seien, sei ohne weiteres ersichtlich gewesen, dass sie die Windkraftanlagen als einheitliche Wirtschaftsgüter behandelt habe. Entgegen der Auffassung der Prüferin sei die Anschaffung der Wirtschaftsgüter bereits im Jahr 2004 erfolgt. Sie - die Klägerin - sei ab Inbetriebnahme der Anlagen deren wirtschaftliche Eigentümerin gewesen, weil ihr die Einspeisungsvergütungen zugestanden hätten und sie die Pachtzahlungen an die Grundstückseigentümer sowie die Versicherungsbeiträge - soweit diese nicht durch den Vertrag mit der E gedeckt gewesen seien - getragen habe. Der Umstand, dass die Bestätigung der Mängelfreiheit und damit die Abnahme erst im September 2005 erfolgt sei, sei ohne Belang, weil die Bestimmung des Abnahmezeitpunkts allein in ihrer - der Klägerin - bzw. in der Hand der L gelegen habe. Im Übrigen habe die Weitertragung der Gefahr durch die Veräußerin keine wirtschaftliche Bedeutung gehabt, weil diese finanziell überhaupt nicht dazu in der Lage gewesen sei, diese Gefahr zu tragen. Dass die Kosten für Wartung und Versicherung erst ab September 2005 von ihr getragen worden seien, sei als versteckter Preisnachlass zu werten.


Durch Änderungsbescheide vom 15.4.2013 setzte das FA die Gewinne für die Jahre 2005 und 2006 herab. Im Anschluss an das Urteil des BFH vom 14.4.2011 - IV R 46/09 (BStBl. II 2011, 696, BB 2011, 1648 m. BB-Komm. Schmid) ging es nunmehr von einer Aufteilung der Windkraftanlagen auf drei Wirtschaftsgüter (Windkraftanlage, Umspannwerk und Zuwegung) aus, woraus sich für die Jahre 2005 und 2006 insgesamt höhere AfA-Beträge ergaben. Wegen der Einzelheiten der sich daraus ergebenden Änderungen wird auf Blatt 201 des orangefarbenen Hefters „RBA ..." zu Steuernummer ... Bezug genommen.


Die weitergehenden Einsprüche wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 16.4.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus:


Die Anschaffung der Windkraftanlagen sei erst im Jahr 2005 erfolgt. Nach § 9a S. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 2000 (EStDV) sei das Jahr der Anschaffung das Jahr der Lieferung, d. h. der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem Wirtschaftsgut. Maßgebend sei demnach, wann der Erwerber nach den getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich über das Wirtschaftsgut verfügen könne (Hinweis auf BFH-Urteil vom 4.6.2003 - X R 49/01, BStBl. II 2003, 751, BB 2003, 1830 Ls). Dies sei der Fall, sobald der Erwerber die Gefahr des zufälligen Untergangs und die Lasten zu tragen habe und ihm die Nutzungen zustünden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 1.2.2012 - I R 57/10, BStBl. II 2012, 407, BB 2012, 1211 m. BB-Komm. Abele). Seien zum Bilanzstichtag nicht alle dieser Bedingungen erfüllt, bedürfe es einer wertenden Abwägung der mit dem zu bilanzierenden Vermögensgegenstand verbundenen Chancen und Risiken. Bei Anlegung dieser Maßstäbe habe die Klägerin das wirtschaftliche Eigentum an den Windkraftanlagen nicht vor dem 8.9.2005 erworben. Zwar habe sie am 31.12.2004 bereits 95 Prozent des Kaufpreises gezahlt gehabt und seit November 2004 die Einspeisungsvergütungen erhalten. Doch habe sie vor dem 8.9.2005 weder die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Anlagen noch die mit ihnen verbundenen Lasten getragen. Nach dem mit der E geschlossenen Vertrag vom 17./22.6.2004 sei sie vor diesem Zeitpunkt weder mit den Kosten der Wartung noch mit denen der Versicherung der Anlagen belastet gewesen. Ihre Behauptung, dass es sich bei der Weitertragung dieser Kosten durch die Veräußerin um einen versteckten Preisnachlass gehandelt habe, habe die Klägerin nicht belegt. Auch der Gefahrübergang sei erst mit der Abnahme der Anlagen am 8.9.2005 erfolgt. Der Umstand, dass die L nach der Behauptung der Klägerin finanziell zur Gefahrtragung nicht in der Lage gewesen sei, betreffe allein die vollstreckungsrechtliche Realisierbarkeit der der Klägerin zustehenden Ansprüche und sei für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums bedeutungslos. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil vom 25.6.2009 - IV R 3/07 (BStBl. II 2010, 182, BB 2010, 356 m. BB-Komm. Derlien) berufen, wonach eine noch nicht eingetretene aufschiebende Bedingung für den Erwerb eines Wirtschaftsguts dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht entgegenstehe, wenn ihr Eintritt allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers abhängig sei. Denn in dem Vertrag mit der L sei der Zeitpunkt des Übergangs der Gefahr und damit des wirtschaftlichen Eigentums eindeutig geregelt.


Hiergegen richtet sich die am 15.5.2013 erhobene Klage. Zu deren Begründung trägt die Klägerin vor:


Maßgeblich für die Bestimmung des Anschaffungszeitpunkts sei der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO. Das wirtschaftliche Eigentum habe der Erwerber erlangt, sobald er in Bezug auf den Eigentumserwerb eine rechtlich geschützte Position erlangt habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne (Hinweis auf BFH-Urteile in BStBl. II 2010, 182; vom 9.10.2008 - IX R 73/06, BStBl. II 2009, 140). Diese Voraussetzung sei im Streitfall bereits im Jahr 2004 erfüllt gewesen, weil sie - die Klägerin - es in Hand gehabt habe, durch eine einseitige Erklärung die Abnahme herbeizuführen. Hätte sie im Jahr 2004 noch kein wirtschaftliches Eigentum erlangt, wäre sie gegenüber einer mit 25.000 EUR Stammkapital ausgestatteten GmbH niemals ohne Gestellung von Sicherheiten mit dem Kaufpreis in Vorleistung getreten.


Nach dem BFH-Urteil in BStBl. II 2012, 407 komme es für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums auf eine wertende Beurteilung der im Einzelfall mit dem Wirtschaftsgut verbundenen Chancen und Risiken an. Bei dieser Abwägung sei es im Streitfall entscheidend, dass sie - die Klägerin - bereits seit November 2004 die Nutzungen aus den Windkraftanlagen gezogen habe. In den Monaten November und Dezember 2004 habe sie Einspeisungsvergütungen von xxx.xxx Euro und in den Monaten Januar bis August 2005 Einspeisungsvergütungen in Höhe von weiteren xxx.xxx Euro vereinnahmt und versteuert. Dass sie die Wartungskosten und Versicherungsprämien erst ab September 2005 getragen habe, sei allein darauf zurückzuführen, dass sie zur Schonung ihrer eigenen Liquidität die förmliche Abnahme bewusst hinausgeschoben habe.


Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2004 vom 28.8.2008 und der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2005 und 2006 vom 15.4.2013 sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16.4.2013 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf ./. xxx.xxx Euro (2004), ./. xxx.xxx Euro (2005) und ./. xxx.xxx Euro (2006) herabzusetzen.


Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


Er hält an der seinem Einspruchsbescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest.


Aus den Gründen


Unbegründetheit der Klage


Die Klage ist unbegründet. Das FA hat die AfA auf die Windkraftanlagen zu Recht erst ab September 2005 gewährt und die Berücksichtigung von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. zu Recht versagt.


Voraussetzung für die Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2 EStG a. F. ist die Anschaffung des Wirtschaftsguts


1. Nach § 7 Abs. 2 EStG a. F. kann der Gewinn bei dem Erwerb abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens um AfA in fallenden Jahresbeträgen (degressive Abschreibungen) gemindert werden. Daneben können bei neuen Wirtschaftsgütern dieser Art nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 Prozent der Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme beider Arten von Abschreibungen ist die Anschaffung des Wirtschaftsguts. Zeitpunkt der Anschaffung ist nach § 9a EStDV der Zeitpunkt der Lieferung. Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien zumindest die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber in dem Sinne erlangt hat, dass er als dessen wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. z. B. Urteile vom 4.6.2003 - X R 49/01, BFHE 202, 320, BStBl. II 2003, 751, BB 2003, 1830 Ls; vom 28.11.2006 - III R 17/05, HFR 2007, 678, BFH/NV 2007, 975; vom 14.4.2011 - IV R 52/09, BFHE 233, 257, BStBl. II 2011, 929, BB-Entscheidungsreport Baumstark, BB 2011, 1650; vom 1.12.2012 - I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl. II 2012, 407, BB 2012, 1211 m. BB-Komm. Abele).


Dies erfordert in der Regel den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten (BFH-Urteile vom 28.4.1977 - IV R 163/75, BFHE 122, 121, BStBl. II 1977, 553; vom 2.9.1988 - III R 53/84, BFHE 154, 413, BStBl. II 1988, 1009, BB 1989, 204). Sind am Bilanzstichtag nicht alle vorbezeichneten Merkmale erfüllt, bedarf es einer wertenden Beurteilung an Hand der Verteilung der mit dem zu bilanzierenden Vermögensgegenstand verbundenen Chancen und Risiken (BFH-Urteil in BFHE 236, 374, BStBl. II 2012, 407).


Im Steitfal ist die Klägerin nicht vor dem 8.9.2005 wirtschaftliche Eigentümerin der Windkraftanlagen geworden


Im Streitfall führt diese zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht vor dem 8.9.2005 wirtschaftliche Eigentümerin der Windkraftanlagen geworden ist.


Zwar hat sie noch im November 2004 mit der Aufstellung und Montage der Windkraftanlagen den Besitz in der Erwartung des Eigentumserwerbs erlangt. Auch hat sie seitdem die Nutzungen aus den Wirtschaftsgütern gezogen, weil ihr die Einspeisungsvergütungen aus dem Betrieb der Anlagen endgültig zugeflossen sind und sich dieser Betrieb nach Art und Umfang auch nicht auf einen bloßen Probebetrieb beschränkt hat.


Dass die Klägerin bereits vor dem 8.9.2005 die mit den Wirtschaftsgütern verbundenen Lasten getragen hat, ist nicht feststellbar


Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin bereits vor dem 8.9.2005 die mit den Wirtschaftsgütern verbundenen Lasten getragen hat. Zwar hatte die Klägerin bereits unter dem 17./22.6.2004 einen Vertrag mit der E geschlossen, durch den sie diese mit der Instandhaltung und Versicherung der Windkraftanlagen beauftragte. Dieser Vertrag sollte aber erst mit der Abnahme der Anlagen in Kraft treten. Da zwischen der Klägerin und der E kein Rechtsverhältnis bestand, in dessen Rahmen eine Abnahme hätte erfolgen können, kann diese Regelung nur so verstanden werden, dass das Inkrafttreten des Vertrags von der Abnahme im Rahmen des Werklieferungsvertrags zwischen der E und der L abhängig sein sollte. Diese ist aber erst am 8.9.2005 erfolgt; und erst von da an hat die Klägerin im Verhältnis zur E die Kosten der Wartung und Versicherung der Anlagen getragen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei der erst zu diesem Zeitpunkt wirksam gewordenen Kostentragung um einen der Klägerin gewährten versteckten Preisnachlass auf den Kaufpreis der Anlagen gehandelt hat. Ein solcher Nachlass hätte der Klägerin nur von ihrer Lieferantin, d. h. der L, gewährt werden können und vorausgesetzt, dass in der Zeit zwischen dem Vertragsabschluss am 17./22.6.2004 und dem 8.9.2005 diese anstelle der Klägerin die Kosten der Wartung und Versicherung gegenüber der E getragen hätte. Dafür fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt. Der Senat kann auch nicht feststellen, dass die Klägerin andere mit den Windkraftanlagen verbundene Lasten bereits vor dem 8.9.2005 getragen hat. Ihre Behauptung, sie habe die Kosten weiterer, neben der Maschinen- und Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung abgeschlossener Versicherungen getragen, hat die Klägerin weder konkretisiert noch nachgewiesen. Bei den Pachtzinsen, die die Klägerin für den Standort der Windkraftanlagen an die Grundstückseigentümer gezahlt hat, handelt es sich nicht um Lasten der von ihr angeschafften Wirtschaftsgüter.


Dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vor dem 8.9.2005 steht entgegen, dass der Gefahrübergang noch nicht erfolgt war


Unabhängig davon steht dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vor dem 8.9.2005 jedenfalls der Umstand entgegen, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Anlagen bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Klägerin übergegangen war. Maßgeblich für den Zeitpunkt des Gefahrübergangs sind in erster Linie die zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen; nur soweit solche fehlen, ist auf die abdingbaren gesetzlichen Regelungen abzustellen (BFH-Urteil in HFR 2007, 678, BFH/NV 2007, 975). Nach § 3 Nr. 6 des zwischen der Klägerin und der L geschlossenen Werklieferungsvertrags ging die Gefahr erst mit der Feststellung der Mängelfreiheit und der Übertragung der Gewährleistungsansprüche gegen die Vorlieferanten auf die Auftraggeberin über. Die Feststellung der Mängelfreiheit und die damit nach § 3 Nr. 5 des Vertrags verbundene Abtretung der Gewährleistungsansprüche konnte aber nur auf der Grundlage des in § 3 Nr. 1 des Vertrags vorgesehenen Abnahmeprotokolls eines mit der Abnahme beauftragten Sachverständigen erfolgen. Dass ein derartiges Abnahmeprotokoll vor dem 8.9.2005 erstellt und an die Auftraggeberin ausgehändigt worden ist, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird von der Klägerin selbst auch nicht behauptet.


Für den Gefahrübergang kommt es allein auf die vertraglichen Vereinbarungen an


Der Umstand, dass der Gefahrübergang im Verhältnis zwischen der L und der E nach Nr. 8 des zwischen diesen geschlossenen Vertrags vom 2.7.2004 bereits mit der vollendeten Montage erfolgen sollte, ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Denn für den Gefahrübergang auf die Klägerin kommt es allein auf die vertraglichen Vereinbarungen an, die diese mit ihrer Vertragspartnerin, d. h. der L, geschlossen hatte.


Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Klägerin und die L durch eine Änderung der in dem Vertrag vom 8.10.2003 getroffenen Vereinbarungen einen Gefahrübergang bereits vor dem 8.9.2005 herbeigeführt haben. Zwar wurde die in § 3 Nr. 1 des Vertrags vorgesehene Aushändigung eines Abnahmeprotokolls an die Klägerin möglicherweise durch die Erstellung und Aushändigung von Abnahmeprotokollen im Verhältnis zwischen der L und der E ersetzt. Die darin eventuell zu sehende formlose Vertragsänderung hätte aber keine Vorverlagerung des Gefahrübergangs auf einen vor der Abnahme durch die L liegenden Zeitpunkt, d. h. den 8.9.2005, zur Folge gehabt.


Auch die vollständige Kaufpreiszahlung lässt nicht den Schluss auf einen früheren Gefahrübergang zu


Schließlich lässt auch der Umstand, dass die Klägerin den Kaufpreis für die Windkraftanlagen schon vor der Abnahme vollständig an die L gezahlt hat, nicht den Schluss auf einen früheren Gefahrübergang zu. Kaufpreiszahlungen, die der Erwerber vor Übergang des wirtschaftlichen Eigentums leistet, berechtigen nicht zur Annahme einer vorzeitigen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut, sondern sind von dem Erwerber zu aktivieren und von dem Veräußerer zu passivieren (BFH-Urteil vom 7.11.1991 - IV R 43/90, BFHE 166, 329, BStBl. II 1992, 398, BB 1992, 742). Dies gilt unabhängig davon, ob und inwieweit der Veräußerer im Fall des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des Kaufgegenstands zu einer Rückerstattung des Kaufpreises in der Lage wäre.


Hiernach stehen der Klägerin die degressiven Abschreibungen nach § 7 Abs. 2 EStG a. F. erst ab 2005 und die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. überhaupt nicht zu


Hiernach stehen der Klägerin die degressiven Abschreibungen nach § 7 Abs. 2 EStG a. F. erst ab 2005 - für dieses Jahr zeitanteilig nach § 7 Abs. 1 S. 4 EStG in Höhe eines Drittels des Jahresbetrags - und die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. überhaupt nicht zu, weil ihr Betriebsvermögen auf den Schluss des dem Anschaffungszeitpunkt vorhergehenden Wirtschaftsjahres, d. h. zum 31.12.2004, den Betrag von 204 517 Euro überstieg. Gegen die rechnerische Ermittlung der Abschreibungsbeträge durch den Prüfer hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben; Rechtsfehler zu ihren Lasten sind insoweit nicht ersichtlich.


Verfahrensrechtliche Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Feststellungsbescheide liegen vor


2. Auch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Feststellungsbescheide liegen vor.


Der Feststellungsbescheid für 2006 stand noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnte daher nach § 164 Abs. 2 AO i. V. m. § 181 Abs. 1 S. 1 AO jederzeit geändert werden. Im Fall der Feststellungsbescheide 2004 und 2005 ergibt sich die Änderungsbefugnis aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 181 Abs. 1 S. 1 AO.


Dem FA sind die Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin die Windkraftanlagen erst am 8.9.2005 angeschafft hat und sie daher erstmals für dieses Jahr zur Vornahme von degressiven Abschreibungen nach § 7 Abs. 2 EStG a. F. befugt war, erst aufgrund der Außenprüfung bekannt geworden.


Das nachträgliche Bekanntwerden dieser Tatsachen berechtigte das FA auch dazu, die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. zu versagen. Dies gilt unabhängig davon, ob die den ursprünglichen Veranlagungen zugrunde liegende Annahme des FA zutraf, dass die Ansprüche der Klägerin auf Leistung ausstehender Kommanditeinlagen bei der Ermittlung des Betriebsvermögens im Sinne des § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a. F. außer Betracht zu bleiben hätten. Selbst wenn das Betriebsgrößenmerkmal bereits zum 31.12.2003 überschritten gewesen sein sollte und das FA die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. bereits aufgrund der ihm bei den ursprünglichen Veranlagungen bekannten Tatsachen nicht hätte gewähren dürfen, wäre ihm die Änderung der angefochtenen Bescheide insoweit nicht verwehrt. Entscheidend für die Änderungsbefugnis nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist, dass die nachträglich bekannt gewordene Tatsache ausgehend von der rechtlichen Beurteilung, die das FA dem ursprünglichen Bescheid zugrunde gelegt hatte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Steuerfestsetzung bzw. Gewinnfeststellung geführt hätte (vgl. BFH-Urteile vom 15.1.1991 - IX R 238/87, BFHE 164, 492, BStBl. II 1991, 741, BB 1991, 1995; vom 7.6.1989 - II R 73/87, BFH/NV 1990, 415; BFH-Beschluss vom 31.1.2006 - II B 33/05, BFH/NV 2006, 911). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Wäre dem FA bei Erteilung der Feststellungsbescheide für 2004 und 2005 bekannt gewesen, dass die Windkraftanlagen erst im Jahr 2005 angeschafft worden waren, hätte es die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. für das Jahr 2004 schon mangels Anschaffung und für das Jahr 2005 deshalb nicht gewährt, weil das Betriebsgrößenmerkmal nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a. F. auf den 31.12.2004 unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt überschritten war.


Abweisung der Klage und Zulassung der Revision


3. Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kosten sind der Klägerin als der unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob der ausstehende Übergang von Lasten und Gefahr trotz vorherigen Übergangs von Besitz und Nutzungen der Anschaffung eines Wirtschaftsguts entgegensteht, hat grundsätzliche Bedeutung.

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