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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
13.12.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Wirtschaftliches Eigentum bei Leasing

FG Köln, Beschluss vom 20.9.2011 - 12 V 1524/11, rkr.

Volltext des Beschlusses: // BB-ONLINE BBL2012-3196-1 unter www.betriebs-berater.de

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die ertragsteuerliche Zurechnung von Leasinggütern.

Der Kläger war in den Streitjahren einziger Kommanditist der A GmbH & Co ... Leasingfonds KG (in 2008 umbenannt in S GmbH & Co. ... Leasingfonds KG - im folgenden KG). Nach Ausscheiden der Komplementär-GmbH im Dezember 2010 ist das Vermögen der KG im Wege der Anwachsung auf den Kläger übergegangen.

Geschäftsgegenstand der KG war das Verleasen von beweglichen Wirtschaftsgütern. Vertragspartner war in erster Linie die K GmbH (K-GmbH). Die KG erwarb von der K-GmbH Informationssysteme bestehend aus einem Medienrechner nebst 42``Monitor und Software zu einem Kaufpreis von 8 000,- Euro nebst USt. Die Einheiten wurden sodann für die Dauer von 48 Monaten gegen Zahlung einer monatlichen Leasingrate von netto 195,85 Euro je Einheit an die K-GmbH zurückverleast. Die K-GmbH trug die Gefahr des Untergangs, Verlustes und vorzeitigen Verschleißes. Nach Ablauf der Leasingzeit hatte sie die Leasingobjekte auf Verlangen der KG für einen festgelegten Kaufpreis in dem bei Andienung befindlichen Zustand unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung (zurück-)zu kaufen (1 600,- Euro lt. den Verträgen 86-005 und 86-006 bzw. 800,- Euro je Einheit lt. den Verträgen 86-002 und 86-004).

Die K-GmbH stellte die Rechner in verschiedenen Dienstleistungsbetrieben (Gastronomie etc.) auf und strahlte über Internet u. a. Werbebeiträge aus. In den Verträgen mit den Nutzern bezifferte die K-GmbH den Wert der überlassenen Hardware auf 3 200,- Euro (vgl. die in der Vertragsakte befindlichen Abonnement-Verträge).

Neben den Leasingverträgen mit der K-GmbH über Medienrechner schloss die KG Leasingverträge mit der B GmbH (Leasingvertrag vom 1.4.2006 über Baktinetten-ständer, Berechnungsgrundlage 24 000,- Euro, monatliche Leasingrate 621,84 Euro) und mit der Firma G GmbH & Co KG (Leasingvertrag vom 28.2.2006 über Software, Berechnungsgrundlage 8 662,50 Euro, monatliche Leasingrate 382,50 Euro). Auf die in den Akten befindlichen Verträge wird Bezug genommen.

Im Rahmen der Veranlagung der Streitjahre vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die KG kein wirtschaftliches Eigentum an den Leasinggütern erlangt habe und die Güter weiterhin den bisherigen Eigentümern (Leasingnehmern) zuzurechnen seien. Die Übereignung auf die KG habe lediglich eine Sicherungsfunktion gehabt; wirtschaftlich müsse von einer Kreditgewährung ausgegangen werden. Bei den Medienrechnern handele es sich um Wirtschaftsgüter, die einer schnellen technischen Überholung und einem erheblichen Preisverfall unterliegen würden. Nach Ablauf der Leasingdauer von vier Jahren könne ihnen nach den Erfahrungswerten der AfA-Tabelle kein Wert mehr beigemessen werden. Der tatsächliche Wert der Hardware habe im Zeitpunkt des Abschlusses der Leasingverträge bei ca. 3 000,- Euro gelegen. Es sei von vornherein klar gewesen, dass sie zum vereinbarten Restwert wieder auf die Leasingnehmer als ursprüngliche Eigentümer zurück übereignet würden; ein darüber liegender Erlös sei bei anderen Marktteilnehmern offenkundig nicht erzielbar. Der vereinbarte Restwert sei demgemäß auch Bestandteil der Ertragsprognose in den Prospekten der A-Leasingfonds gewesen.

Dementsprechend berücksichtigte das FA bei der KG keine AfA. Die Leasingraten teilte es in einen Zins- und Tilgungsanteil auf und erfasste den Zinsanteil als Ertrag. Wegen der weiteren Abweichungen von den Feststellungserklärungen wird auf die Anlagen zu den Feststellungsbescheiden der Streitjahre Bezug genommen.

Für 2008 erging mangels Abgabe einer Feststellungserklärung ein Schätzungsbescheid. Das FA legte der Besteuerung die Leasingraten der abgeschlossenen Leasingverträge zugrunde.

Über die fristgerecht erhobenen Einsprüche hat das FA noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnte es ab. Zum Vorbringen des Antragstellers, durch die zwischenzeitliche Insolvenz der A und der K-GmbH seien die Verhältnisse in 2008 deutlich ungünstiger gewesen, nahm es keine Stellung.

Mit dem vorliegenden Antrag wendet sich der Antragsteller gegen die Verneinung wirtschaftlichen Eigentums und beansprucht eine Zurechnung der Wirtschaftsgüter auf die KG. Die Verträge enthielten keine Kaufoption der Leasingnehmer, sondern eine Verkaufsoption der KG. Die Rechte der KG als Eigentümerin seien somit nicht begrenzt, sondern im Gegenteil sogar erweitert gewesen. Nach den Regelungen in verschiedenen BMF-Schreiben sei bei Leasinggeschäften ohne Kauf- oder Verlängerungsoption der Leasing-Gegenstand regelmäßig dem Leasing-Geber zuzurechnen, wenn die Grundmietzeit mindestens 40 % und höchstens 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasing-Gegenstandes betrage. Das sei hier der Fall, da die KG für die relevanten Wirtschaftsgüter eine Nutzungsdauer von fünf Jahren zugrunde gelegt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Antragstellers vom 13.5.2011 und 7.7.2011 verwiesen.

Der Antragsteller beantragt, „die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2005 und 2006 jeweils vom 23.2.1010/3.9.2008 und für die Jahre 2007 und 2008 jeweils vom 13.7.2010 zu gewähren".

Der Antragsgegner hat mit Verfügung vom 16.8.2011 unter Hinweis darauf, dass die Leasingraten aus zwei Verträgen fehlerhaft berechnet wurden, eine Teilaussetzung gewährt (Bl. 35 ff d. A.).

Im Übrigen beantragt der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass die KG kein wirtschaftliches Eigentum an den Wirtschaftsgütern erlangt habe. Hinsichtlich des Streitjahres 2008 verweist das FA darauf, dass die Feststellungserklärung noch aussteht.

Aus den Gründen

  • Unbegründetheit des Antrags

II. Der Antrag ist hinsichtlich der Streitjahre 2005 bis 2007 unbegründet; hinsichtlich des Streitjahres 2008 ist er insoweit begründet, als das FA laufende Einkünfte (ohne Sonderbereich) über 0,- Euro geschätzt hat.

  • Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung

1. Gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 2 FGO kann das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei überschlägiger Prüfung im Aussetzungsverfahren gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluss vom 10.2.1967 - III B 8/66, BStBl. II 1967, 182).

  • FA hat zu Recht die an die K-GmbH verleasten Medienrechner nebst Software und Monitor nicht der KG als Leasinggeber zugerechnet

2. Im Streitfall hat das FA bei summarischer Prüfung zur Recht die an die K-GmbH verleasten Medienrechner nebst Software und Monitor nicht der KG als Leasinggeber zugerechnet.

  • Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen richtet sich nicht notwendigerweise nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten

a) Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen richtet sich nicht notwendigerweise nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten. Übt ein anderer als der bürgerlich-rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Maßgebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall. Ein Leasinggegenstand ist danach im Regelfall dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn das Leasinggut derart auf die Bedürfnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist, dass der Leasinggeber an der Rückgabe des Leasinggutes nach Ablauf der Grundmietzeit nicht interessiert ist, weil er es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anderweitig verwerten kann (vgl. Tipke/Kruse AO § 39 Tz. 67). Ferner ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Zurechnung auf den Leasingnehmer gerechtfertigt, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes und die Grundmietzeit annähernd decken oder wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Leasingnehmer eine Kaufoption eingeräumt wurde und aufgrund des niedrigen Kaufpreises mit einer Ausnutzung der Option zu rechnen ist (vgl. Schmidt, EStG § 5 Rz. 725 m. w. N.). In diesen Fällen wird nämlich das Wirtschaftsgut bei störungsfreiem Ablauf bis zur wirtschaftlichen Abnutzung beim Leasingnehmer verbleiben und dem Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung zukommen. Das gleiche dürfte bei summarischer Prüfung auch dann gelten, wenn der Leasinggeber nach Ablauf der Grundmietzeit ein Andienungsrecht hat und der festgelegte Kaufpreis so hoch bemessen ist, dass eine Ausübung der Option von vornherein zu erwarten und wirtschaftlich gewollt ist.

  • Im Streitfall waren Gegenstand des Leasingvertrages Wirtschaftsgüter, die einer schnellen technischen Überholung unterliegen

b) Im Streitfall waren Gegenstand des Leasingvertrages Wirtschaftsgüter, die einer schnellen technischen Überholung unterliegen. Sowohl für Computer, als auch für Monitore sieht die in den Streitjahren geltende AfA-Tabelle eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von lediglich drei Jahren vor (vgl. AfA-Tabelle lt. Schreiben des BMF vom 15.12.2000 - IV D 2 -S 1551-188/00, BStBl. I 2000, 1532, Ziff. 6.14.3.2). Die Leasingdauer ging mit 4 Jahre über diese Zeitspanne hinaus.

  • Zurechnung der Wirtschaftsgüter auf die Leasingnehmer begegnet bei summarischer Prüfung keinen durchgreifenden Bedenken

c) Abgesehen davon war die K-GmbH als vormalige Eigentümerin und Leasingnehmerin auf Verlangen der KG verpflichtet, die Leasinggüter nach Ablauf von vier Jahren für 800,- Euro bzw. 1 600,- Euro (zurück-) zu erwerben.

Der Rücknahmepreis entsprach - gemessen an den Wertangaben in den Abonnementverträgen mit den jeweiligen Nutzern - ¼ bis ½ des Neuwertes. Es ist weder aufgezeigt noch erscheint es unter Berücksichtigung der amtlichen AfA-Tabellen realistisch, dass nach Ablauf von vier Jahren am Markt ein höherer Preis erzielbar sein würde. War nach den Umständen zum Zeitpunkt des Abschlusses der sale-and-lease-back-Verträge danach absehbar, dass die Wirtschaftsgüter letztlich bei den ursprünglichen Eigentümern (Leasingnehmern) bleiben und diese das Risiko der Wertminderung tragen würden, begegnet die Zurechnung der Wirtschaftsgüter auf die Leasingnehmer bei summarischer Prüfung keinen durchgreifenden Bedenken.

  • Ob dies im Ergebnis auch für die an die Firma G GmbH & Co KG und die Firma BGmbH verleaste Software bzw. die verleasten Baktinettenständer gilt, kann dahinstehen

3. Ob dies im Ergebnis auch für die an die Firma G GmbH & Co KG und die Firma B GmbH verleaste Software bzw. die verleasten Baktinettenständer gilt, kann dahinstehen. Denn eine Zurechnung der Wirtschaftsgüter auf die KG würde in den Streitjahren bei summarischer Prüfung zu keiner Gewinnreduzierung führen.

Zwar wäre bei Zurechnung auf die KG gewinnmindernd eine AfA zu berücksichtigen. Die KG hat die Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter auf fünf Jahre (Baktinettenständer, Anschaffungskosten am 1.4.2006: 24 000,- Euro, Jahres-AfA 4 800,- Euro) bzw. drei Jahre (Software, Anschaffungskosten am 28.2.2006: 8 662,50 Euro, Jahres-AfA 2 887,50 Euro) beziffert, so dass in 2007 eine AfA von insgesamt 7 787,50 Euro (4 800,- Euro + 2 887,50 Euro) und in 2006 zeitanteilig eine AfA von 6 006,- Euro (4 800,- x 9/12 = 3 600,- Euro + 2 887,50 x 10/12 = 2 406,- Euro) anzusetzen wäre. Im Gegenzug müssten die Leasingraten jedoch nicht nur mit dem Zinsanteil, sondern vollumfänglich mit 9 418,- Euro in 2006 (5 596,- Euro + 3 825,- Euro) und 12 052,- Euro in 2007 (7 462,- Euro + 4 590,- Euro) erfolgswirksam berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich ein Saldo von 3 412,- Euro in 2006 (9 418,- Euro ./. 6 006,- Euro) und 4 264,50 Euro in 2007 (12 052,- Euro ./. 7 787,50 Euro). Das FA hat demgegenüber aus den Verträgen mit der B GmbH und der G GmbH & Co KG lediglich 3 126,83 Euro (2006) und 3 054,29 Euro (2007) in Ansatz gebracht (vgl. die Anlagen im Schriftsatz vom 16.8.2011 -Bl. 48 und 56 d. A.). Für eine weitergehende AdV ist danach kein Raum.

  • Hinsichtlich des Streitjahres 2008 ist der Gewinn - unabhängig von der Frage, wem die verleasten Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind - für Aussetzungszwecke auf 0 Euro zu mindern

4. Hinsichtlich des Streitjahres 2008 ist der Gewinn - unabhängig von der Frage, wem die verleasten Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind - für Aussetzungszwecke allerdings auf 0,- Euro zu mindern.

Das FA war gem. § 162 Abs. 1 AO berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen für 2008 zu schätzen, da der Antragsteller bislang weder eine Feststellungserklärung noch eine Gewinnermittlung eingereicht hat. Bei Verletzung der Erklärungspflichten muss es der Steuerpflichtige regelmäßig hinnehmen, dass die im Wesen jeder Schätzung liegende Unsicherheit und Fehlertoleranz gegen ihn ausschlägt.

  • Schätzungsergebnis muss schlüssig sein und das Ziel verfolgen, dem wahren Sachverhalt möglichst nahe zu kommen

Das Schätzungsergebnis muss aber schlüssig sein und das Ziel verfolgen, dem wahren Sachverhalt möglichst nahe zu kommen (vgl. Klein, AO § 162 Rz. 36). Vorliegend hat das FA unterstellt, dass die K-GmbH die Leasingraten in 2008 ohne Abstriche erfüllt hat. Dies erscheint indessen fraglich und bedarf weiterer Aufklärung. Über das Vermögen der K-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach den Angaben der KG in ihrem Jahresabschluss 2007 hat die K-GmbH seit Mai 2008 keine Leasingraten mehr geleistet. Das FA hat dazu - obwohl der Besteuerungskomplex der A-Leasingfonds Gegenstand umfangreicher Ermittlungen der Finanzbehörden war - keine Stellung genommen. Für Aussetzungszwecke hält es der Senat daher für angezeigt, den laufenden Gewinn (ohne Sonderbereich) für 2008 vorläufig mit 0,- Euro (statt bislang 2 982,18 Euro) zu berücksichtigen.

  • Kostenentscheidung

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

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