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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
13.02.2025
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Rheinland-Pfalz: Wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil bei Put-Option

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2024 – 5 K 1293/22, Rev. eingelegt (Az. BFH X R 1/25)

ECLI:DE:FGRLP:2024:1217.5K1293.22.00

Volltext der Entscheidung: BB-ONLINE BBL2025-433-1

Amtlicher Leitsatz

Die Vereinbarung einer Put-Option im Rahmen der Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine GmbH führt nicht schon im Jahr der Einbringung zu einem Veräußerungsgewinn, wenn der Einbringende den erworbenen Kapitalgesellschaftsanteil erst in spätestens 17 1/2 Jahren übertragen muss.

AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; UmwStG § 22 Abs. 3 S. 1

Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 vom 29. November 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. März 2022, mit dem ein steuerpflichtiger Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Dr. A und Dr. B, …, …, ausgewiesen wurde. Dabei ist streitig, ob im Rahmen einer Sacheinlage zu Buchwerten durch die Vereinbarung einer Put-Option eine Verletzung der Sperrfrist des § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG eingetreten und damit der Einbringungsgewinn als steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen ist.

Die vorgenannte GbR betrieb bis … 2012 eine Arztpraxis für … . Die beiden Gesellschafter (der Kläger und Dr. A) waren an der GbR zu jeweils 50 % beteiligt.

Die (zum X Konzern gehörende) N-D GmbH mit Sitz in H gründete mit Vertrag vom 17. April 2012 die N-B GmbH, ein medizinisches Versorgungszentrum nach Maßgabe des § 95 SGB V (Stammkapital 25.000,00 €). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag sowie den als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrag der N-B GmbH (im Folgenden „MVZ GmbH“) vom 17. April 2012 verwiesen.

In dem zuletzt genannten Vertrag wird u.a. Folgendes geregelt:

Gemäß § 3 Nr. 3.1 können nur zur Gründung von Medizinischen Versorgungszentren berechtigte Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung Gesellschafter sein. In § 9 Nr. 9.5 (Gesellschafterversammlung) wurde vereinbart, dass die Gesellschafter ihre Beschlüsse - soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreiben - mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen fassen. Nach § 9 Nr. 9.7 bedürfen Beschlüsse über den Abschluss von Ergebnisabführungsverträgen und/oder Beherrschungsverträgen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung aller Gesellschafter. Laut § 11 (Gewinnverwendung) stehen die Gewinne der Gesellschaft der N-D GmbH zu, die allein darüber beschließt, wie die Gewinne zu verwenden sind. In § 12 (Abtretung und Belastung von Geschäftsanteilen) wurde vereinbart, dass die Abtretung und Teilung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, dass die Abtretung nur an zur Gründung von Medizinischen Versorgungszentren berechtigte Leistungserbringer i. S. d. § 95 SGB V zulässig ist und eine Abtretung nur an solche vertragsärztliche Leistungen erbringende Vertragsärzte oder Gemeinschaften möglich ist, die nach Bedarfsplanungskriterien am Sitz der Gesellschaft eine vertragsärztliche Tätigkeit sowie eine einer gesonderten Genehmigung unterliegende Tätigkeit ausüben dürfen. In den Nrn. 12.3 und 12.4 sind Vorkaufsrechte der Gesellschafter geregelt. Nach § 13 Nr. 13.2 Buchst. d (Einziehung von Geschäftsanteilen) kann die Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen erfolgen, wenn der Gesellschafter verstirbt und sein Geschäftsanteil nicht im Wege der Erbfolge auf einen Gesellschafter übergeht, der die Voraussetzungen der Ziffer 3.1 erfüllt, und, soweit der Gesellschafter vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt habe, die Voraussetzungen von Ziffer 12.1 Satz 3 erfülle. In § 14 (Erbfall) wurde vereinbart, dass die Gesellschafter über ihre Geschäftsanteile von Todes wegen frei verfügen können und dass die Ziffern 13.1 – 13.5 unberührt bleiben.

Mit notariellem Vertrag vom 14. Juni 2012 veräußerte Herr Dr. A seinen Mitunternehmeranteil an die vorgenannte MVZ GmbH für … €. Mit notariellem Vertrag (ebenfalls) vom 14. Juni 2012 brachte der Kläger seinen Mitunternehmeranteil und seine Vertragsarztzulassung im Wege einer Sacheinlage mit Wirkung zum 1. Januar 2013 (00:01 Uhr) gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen in die MVZ GmbH ein. Dafür wurde das Stammkapital der genannten GmbH von 25.000,00 € um 8.113,00 € auf 33.113,00 € erhöht. Die neuen Geschäftsanteile wurden zum Nennwert ausgegeben. Die MVZ GmbH verpflichtete sich, die Buchwerte des eingebrachten Mitunternehmeranteils fortzuführen. Der den Ausgabebetrag der neuen Stammeinlage übersteigende Wert der Sacheinlage sollte laut Vertrag in die Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellt werden. Nach der Kapitalerhöhung ergaben sich für die MVZ GmbH folgende Beteiligungsverhältnisse:

Kläger

24,5 %

N-D GmbH

75,5 %

In dem vorgenannten Vertrag wurde auch der Gesellschaftsvertrag der MVZ GmbH entsprechend geändert und (u.a.) § 11 des Gesellschaftsvertrages wie folgt neu gefasst:

     

„11.1 

     

Die Gewinne der Gesellschaft stehen der N-D GmbH zu, die allein darüber beschließt, wie die Gewinne zu verwenden sind.

     

11.2   

     

Der Gesellschafter Dr. B erhält für die Dauer seiner Beteiligung an der Gesellschaft eine Garantiedividende in Höhe von … € pro Jahr, welche anteilig quartalsweise im Voraus ausgezahlt wird. Sollte sich der Anteil des Gesellschafters Dr. B an der Gesellschaft durch Eintritt neuer Gesellschafter reduzieren, so bleibt die Garantiedividende unangetastet. Sollte sich der Anteil des Gesellschafters Dr. B durch seine Veräußerung reduzieren, so wird die Garantiedividende entsprechend reduziert."

In dem vorgenannten Vertrag wurde noch Folgendes ausgeführt (Ziffern 13 und 14 der Anlage 1):
Die MVZ GmbH werde bei weiterem Personalbedarf hinsichtlich …ärzten die entsprechend qualifizierten Kinder des Klägers bzw. von Herrn A unter Beachtung der berufs- und vertragsarztrechtlichen Bestimmungen bevorzugt berücksichtigen. Für den Fall, dass der X-Konzern und die MVZ GmbH insolvent würden, würden sich die Vertragspartner verpflichten, alles zu unternehmen, damit der Kläger die MVZ GmbH und das MVZ alleine fortführen könne. Die N-D GmbH werde in diesem Falle mit dem Kläger einen notariell zu beurkundenden Vertrag abschließen. Der Ergebnisabführungsvertrag zwischen der MVZ GmbH und der N-D GmbH werde dann gekündigt.

Der genannte Ergebnisabführungsvertrag zwischen der N-D GmbH (Organträgerin) und der MVZ GmbH (Organgesellschaft), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wurde am 25. November 2013 rückwirkend zum 1. Januar 2013 abgeschlossen. Dabei wurde in § 1 (Gewinnabführung) Folgendes vereinbart:

     

"Die Organgesellschaft verpflichtet sich, ihren ganzen Gewinn an die Organträgerin abzuführen. Außenstehende Gesellschafter erhalten zum Ausgleich entsprechend § 304 AktG die im Beitrittsvertrag vereinbarte Garantiedividende."

Die Eintragung ist laut Auszug aus dem Handelsregister (Amtsgericht … HRB …) am … 2013 erfolgt.

Mit weiterem Notarvertrag vom 14. Juni 2012 hatten der Kläger und die N-D GmbH einen Vertrag über das Recht der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (Put-Option) geschlossen. In dem Vertrag wird u.a. Folgendes ausgeführt:

     

"Die N verpflichtet sich unwiderruflich, auf erstes schriftliches Anfordern die Anteile lastenfrei zu einem Kaufpreis von … € (in Worten: …) von Herrn Dr. B zu erwerben.

     

(…)     

     

Die Put-Option kann durch schriftliche Anzeige von Herrn B gegenüber der N ausgeübt werden. Herr Dr. B verpflichtet sich, seine Put-Option spätestens zum Ablauf seines 68. Lebensjahres auszuüben."

Die GbR reichte am 7. November 2014 die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für den Gewinnermittlungszeitraum 2013 beim Finanzamt ein, worauf mit Bescheid vom 2. Februar 2015 ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung erging.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der GbR teilte das Finanzamt H (zuständig für die MVZ GmbH) mit Schreiben vom 18. Mai 2017 mit, dass sämtliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der GbR an die GmbH überführt worden seien. Das eingebrachte Vermögen des Klägers sei zum 1. Januar 2013 mit den Buchwerten in der Steuerbilanz der GmbH angesetzt worden. Der Antrag nach § 20 Abs. 2 UmwStG sei wirksam gestellt worden.

Im Bericht über die Außenprüfung bei der GbR vom 8. Juni 2018 wurde für den Veranlagungszeitraum 2013 (auch) für den Kläger ein Veräußerungsgewinn in Bezug auf seine Beteiligung an der GbR in Ansatz gebracht. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das wirtschaftliche Eigentum der im Rahmen der Einbringung neu ausgegebenen Anteile an der MVZ GmbH nach Ansicht der Betriebsprüfung bei der N-D GmbH und nicht beim einbringenden Kläger liege.

Für die Zuordnung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen sei auf das rechtliche bzw. wirtschaftliche Eigentum abzustellen. Falls rechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen würden, sei das wirtschaftliche Eigentum vorrangig. Da das zivilrechtliche Eigentum an den in Rede stehenden Anteilen an der MVZ GmbH nicht übertragen worden sei, stelle sich die Frage, ob das wirtschaftliche Eigentum übergegangen sei. Davon sei dann auszugehen, wenn aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäftes der Käufer eines Anteils bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne, und auch die mit den Anteilen verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf den Käufer übergegangen seien. Dabei sei im Grundsatz Voraussetzung, dass der Erwerber alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben könne. Nach dem BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 (BStBl II 2007, 296), das zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Falle der Einräumung von Ankaufs- und Andienungsrechten (sog. Call- und Put-Optionen) ergangen sei, könne von einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums aber auch dann auszugehen sein, wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt seien (sog. Gesamtbildbetrachtung). Eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung könne deshalb auch anzunehmen sein, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt seien. Außerdem sei bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (BFH-Urteil vom 15. Februar 2001, BFH/NV 2001, 1041). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei das wirtschaftliche Eigentum an den im Zuge der Einbringung ausgegebenen Anteilen nach Ansicht der Betriebsprüfung von Anfang an auf die N-D GmbH übergegangen. Im Zusammenhang mit dem notariellen Vertrag vom 14. Juni 2012 über eine sogenannte Put-Option zugunsten des Klägers habe sich dieser verpflichtet, die Option spätestens mit Ablauf seines 68. Lebensjahres ausüben. Dies bedeute, dass die N-D GmbH spätestens zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Abtretung der Beteiligung zum festgelegten Kaufpreis in Höhe von … € habe. Eine vorherige Veräußerung an einen Dritten sei für den Einbringenden als Minderheitsgesellschafter faktisch nicht möglich, weil dies die Zustimmung der Gesellschafterversammlung voraussetze (§ 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der MVZ GmbH) und im Übrigen ein Vorkaufsrecht der Mitgesellschafter (hier allein der N-D GmbH) bestehe (§ 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der MVZ GmbH). Die N-D GmbH besitze damit eine Rechtsposition, die auf den (zivilrechtlichen) Erwerb der Anteile gerichtet sei und ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden könne. Außerdem stehe dem Kläger als Einbringendem kein Gewinnbezugsrecht zu (§ 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der MVZ GmbH i. d. F. vom 14. Juni 2012). Da die im Zusammenhang mit der Einbringung beschlossene Kapitalerhöhung offensichtlich inkongruent erfolgt sei und dadurch die N-D GmbH statt 50 % der Anteile mehr als 75 % besitze, habe der Einbringende letztlich auch keine Möglichkeit, wichtige Entscheidungen der Gesellschaft in seinem Sinne zu beeinflussen. Einzig das Recht auf die Gewährung einer Garantiedividende stehe dem Einbringenden zu. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Einbringenden (noch) keine wertadäquate Gegenleistung für seinen auf die GmbH übertragenen Gesellschaftsanteil gewährt worden sei und ein eventueller Kaufpreis erst durch Ausübung des Optionsrechts fällig werde, sei die Garantiedividende als Verzinsung des künftigen Kaufpreisanspruchs zu verstehen. Auch das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung seien durch die Kaufpreisfestlegung bereits auf die N-D GmbH übergegangen. Damit seien die Dividenden als Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG umzuqualifizieren. Die Gesamtumstände deuteten explizit darauf hin, dass eine Anteilsübertragung innerhalb des Optionszeitraums beabsichtigt sei, da sie für den Einbringenden letztlich auch unumgänglich sei. Insofern liege der Fall noch eindeutiger als der, der dem BFH-Urteil vom 1. Juli 2006 (a.a.O.) zugrunde gelegen habe. Der BFH habe darauf abgestellt, von welchem Verhalten der Vertragsbeteiligten unter Berücksichtigung des im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses typischerweise zu prognostizierenden Geschehensablaufs auszugehen sei. Bezogen auf den vorliegenden Fall sei dies die Ausübung der Option innerhalb des festgelegten Zeitraums. Die Veräußerung habe also dem Grunde nach festgestanden, es sei auch bereits der Kaufpreis festgelegt worden, nur der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Übertragung sei noch ungewiss. Damit sei die N-D GmbH wirtschaftliche Eigentümerin der im Rahmen der Einbringung ausgegebenen Anteile an der MVZ GmbH geworden. Da nach § 22 Absatz 1 Satz 1 UmwStG keine Tarifermäßigung nach § 34 EStG zustehe, sei der Veräußerungsgewinn dem laufenden Gewinn zugerechnet worden.

Mit Schreiben vom 4. September 2018, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, brachten die damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers gegen den Betriebsprüfungsbericht u.a. folgende Einwände vor:

Nur wenn die in § 39 Abs. 2 AO genannten strengen Voraussetzungen erfüllt seien, dürften die Finanzbehörden von dem Grundsatz der ertragsteuerlichen Zurechnung zum zivilrechtlichen Eigentümer abweichen. Auch nach Auffassung des Betriebsprüfers liege weder ein Treuhandverhältnis noch Sicherungseigentum vor. Aber auch die weitere Fallkonstellation in § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO sei hier nicht erfüllt. Die N-D GmbH habe nicht die mit dem Anteil des Klägers verbundenen wesentlichen Rechte inne. Der Kläger sei Inhaber der Stimmrechte, die aus dem Anteil resultierten. Der Betriebsprüfer habe das zwar erkannt und argumentiert, die Stimmrechte seien unwesentlich, weil der Kläger nur zu 24,5 % an der MVZ GmbH beteiligt sei. Dieses Argument finde in der Rechtsprechung des BFH hingegen keine Stütze. Dem Kläger stehe auch das aus dem Anteil resultierende Gewinnbezugsrecht zu. Der Betriebsprüfer erkenne das und stelle sich auf den Standpunkt, es handle sich bei dem festen Gewinnbezugsrecht nicht um eine Dividende, sondern um eine vereinbarte Zinszahlung. Gesellschaftsrechtlich sei das unzutreffend, denn das Recht zum Gewinnbezug resultiere aus dem Anteil. Das Recht zum Gewinnbezug sei im Gesellschaftsvertrag der MVZ GmbH verankert. Nicht der Kläger als Person, sondern der jeweilige Inhaber des Anteils habe dieses Recht. Der Kläger habe der MVZ GmbH zudem kein Darlehen gewährt, aus dem sich ein Zinsanspruch ableiten ließe. Einen Darlehnsvertrag habe der Kläger weder mit der MVZ GmbH noch mit der N-D GmbH geschlossen. Als Gegenleistung für die Einbringung seines Anteils an der GbR sei die Ausgabe eines neuen Anteils an der MVZ GmbH vereinbart worden und keine Geldzahlung. Der Kläger habe daher auch keinen Kaufpreisanspruch verzinslich gestundet, ein solcher Anspruch habe nie existiert. Auch die Regelung in § 11 des Gesellschaftsvertrages der MVZ GmbH, mit der lediglich der Abschluss des Gewinnabführungsvertrages zwischen der MVZ GmbH und der N-D GmbH antizipiert worden sei, sei für die Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums des Klägers an seinem Anteil unschädlich. Die Regelung in § 11 habe keine andere Aussage als § 304 AktG. Die Übertragung dieser aktienrechtlichen Vorschrift auf die GmbH sei zwar umstritten, jedoch insoweit weitestgehend anerkannt, als der Gewinnabführungsvertrag nicht allein durch Einstimmigkeit, sondern bereits durch die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit begründet werden könne. Es handle sich allein um den gesetzlich vorgesehenen Ausgleichsanspruch nach § 304 AktG analog, der hingegen keine andere Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums an dem Anteil rechtfertige. Im Gegenteil, der Ausgleichsanspruch sei gerade Ausdruck dieses Eigentums. Die N-D GmbH habe auch noch keine bereits rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden könne. Sie habe weder ein Anwartschaftsrecht noch einen hinreichend gesicherten schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Gesellschaftsanteils erworben. Solange die Put-Option das Wahlrecht letztlich in den Händen des Klägers belasse, begründe sie keine gesicherte Erwerbsposition. Das Wahlrecht verbleibe letztlich beim Kläger. Er habe sich zwar vertraglich verpflichtet, den ihm gegen Einbringung seiner Anteile an der GbR gewährten Anteil an der MVZ GmbH mit Vollendung seines 68. Lebensjahres an die N-D GmbH zu übertragen. Allerdings sei er zunächst nicht daran gehindert, die Option tatsächlich nicht auszuüben. Darüber hinaus stehe der N-D GmbH im wesentlichen Unterschied zu dem von der Betriebsprüfung angeführten Urteil des BFH vom 11. Juli 2006 (VIII R 32/04 [BB 2006, 2676 m. Anm. Weber]) bereits kein Recht zu, die Übertragung des Anteils zu diesem oder einem anderen Zeitpunkt unabhängig von der Option des Klägers zu fordern. Ihr sei - entgegen dem zitierten Urteil - keine Call-Option eingeräumt worden. Darüber hinaus hätten die Parteien selbst einen ausbleibenden Vollzug der späteren Übertragung nicht für ausgeschlossen gehalten. Andernfalls ließe sich die Vereinbarung in Ziffer 14 der Anlage 1 nicht erklären. Danach habe der Kläger im Falle der Insolvenz der MVZ GmbH oder des X- Konzerns unbedingt in die Lage versetzt werden sollen, die MVZ GmbH und das MVZ alleine fortzuführen. Außerdem hätten die Parteien selbst die Möglichkeit der Veräußerung des Anteils durch den Kläger vereinbart. Zwar sei eine solche Veräußerung nicht ohne Zustimmung möglich und löse ein Vorkaufsrecht der N-D GmbH aus, allerdings werde ein anderweitiger Verkauf zumindest in Betracht gezogen. Ein solcher ließe die Put-Option unweigerlich entfallen. Die Annahme dessen sei umso wahrscheinlicher, als der vereinbarte Zeitpunkt der Optionsausübung 18 Jahre nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung liege.

In einer E-Mail vom 14. Februar 2018 wandte sich der Beklagte noch einmal an das Landesamt für Steuern und wies darauf hin, er wolle nochmals die Einschätzung zu der sog. Garantiedividende, die nach Auffassung des Landesamtes als Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren seien, hinterfragen. Denn seiner Auffassung nach gehörten die sog. Garantiedividenden zum Veräußerungspreis. Aus Sicht des Beklagten werde der Kläger nach dem typischerweise zu prognostizierenden Geschehensablauf 18 Jahre lang … € jährlich vereinnahmen und am Ende des 18-jährigen Zeitraums den weiteren festen Betrag von … €. Wirtschaftlich gesehen handle es sich daher um wiederkehrende Bezüge, die neben dem festen Entgelt in den Veräußerungspreis einzubeziehen seien.

Das Landesamt für Steuern antwortete mit E-Mail vom 10. April 2018 Folgendes:

An der Rechtsauffassung, dass die sog. Garantiedividende als Verzinsung des künftigen Kaufpreisanspruchs zu verstehen sei, werde unter Berücksichtigung der dem Landesamt vorliegenden Unterlagen grundsätzlich festgehalten. Sofern nach Auffassung des Beklagten Zweifel an der vertretenen Rechtsauffassung bestünden, werde gebeten, diese mit Blick auf den streitigen Einzelfall konkret unter Berücksichtigung bzw. Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung darzustellen. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass für eine kritische Hinterfragung des vorgenannten Ergebnisses eine dahingehende vollständige Ermittlung und Darstellung des Sachverhaltes unerlässlich sei. Hierzu sollten insbesondere - sofern nicht bereits erfolgt - folgende Punkte vorab geklärt werden:

Nach dem Schreiben des Finanzamtes H vom 18. Mai 2017 sei die vorgelegte Fallgestaltung bereits in mehreren ähnlich gelagerten Einbringungsfällen bei X festgestellt worden. Fraglich sei, inwieweit in diesen Fällen tatsächlich eine vergleichbare vertragliche Ausgestaltung gegeben sei.

Welche Motivation habe seitens der Vertragsparteien bezüglich der Ausgestaltung (insbesondere Put-Out und Garantiedividende) bestanden?

Wie sei die Garantiedividende errechnet worden bzw. gebe es Berechnungsgrundlagen (z. B. Gutachten, Unternehmensbewertungen, Berechnung für entgangenen Gewinne etc.)?

Wie sei das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger geregelt (Anstellungsvertrag)?

Der Beklagte (SB Herr S) leitete die vorgenannte E-Mail des Landesamtes für Steuern an den Prüfer, Herrn F, weiter und teilte ihm mit, er - Herr S - werde in der Angelegenheit vorerst nichts weiter unternehmen.

Mit Bescheid vom 29. November 2018 wurde der Bescheid für 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen entsprechend geändert und für den Kläger der streitbefangene Veräußerungsgewinn (… €) in Ansatz gebracht. Weil nach Auffassung des Beklagten keine Tarifermäßigung nach § 16 Abs. 4 EStG und/oder § 34 EStG in Betracht kam, wurde der Veräußerungsgewinn „aus technischen Gründen“ (siehe Gesprächsnotiz Bl. 8 der Rechtsbehelfsakte) als laufender Gewinn ausgewiesen. Außerdem wurde ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG in Höhe von 100,00 € in Ansatz gebracht, weil der Kläger laut Bilanzakten zum 2. Januar 2013 vier Wirtschaftsgüter (Buchwert 1.650 €) entnommen und einen entsprechenden „Aufgabegewinn“ erklärt hatte.

Gegen den vorgenannten Bescheid legten die damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers Einspruch ein und machten geltend, dass zu einer rechtlich identischen Beteiligungsstruktur beim Finanzgericht München ein Klageverfahren anhängig sei (Az. 5 K 2355/18). Das Einspruchsverfahren wurde deshalb zunächst zum Ruhen gebracht.

Mit Urteil vom 17. März 2020 gab das Finanzgericht München der vorgenannten Klage (des dort klagenden Arztes) statt. In dem Urteil wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Die Klage sei begründet.

Da das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil des Klägers an der D-GmbH im Streitjahr nicht auf die N-GmbH übergegangen sei und der Kläger seinen Anteil auch in den folgenden Jahren nicht veräußert habe, habe das Finanzamt im Streitjahr zu Unrecht einen Veräußerungsgewinn des Klägers angesetzt.

Nach § 39 Abs. 1 AO seien Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. "Eigentümer" im Sinne dieser Regelung sei der zivilrechtliche Eigentümer oder der Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimme § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO, dass die Zurechnung an die Person erfolge, die die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübe, dass sie den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen könne (Verweis auf BFH-Urteil vom 16. April 2014 I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813 [BB 2014, 2720 m. BB-Komm. Matuszewski]). So müsse dem wirtschaftlichen Eigentümer etwa auch der wirtschaftliche Erfolg aus einer (Weiter-)Veräußerung gebühren. Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil gehe auf einen Erwerber über (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), wenn der Käufer des Anteils

(1) aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne, und

(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie

(3) Risiko und Chance von Wertveränderungen auf ihn übergegangen seien.

Danach erlange wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen könne. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums sei nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung eines Wirtschaftsguts könne deshalb auch anzunehmen sein, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt seien. Zu berücksichtigen sei ferner, dass es für die Besteuerung nicht auf die äußere Rechtsform, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse ankomme. Demgemäß sei auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (Verweis auf BFH-Urteile vom 24. Januar 2012 IX R 69/10, BFH/NV 2012, 1099, und in BStBl. II 2007, 296). Diese Grundsätze würden hinsichtlich aller Kriterien des wirtschaftlichen Eigentums gelten, als auch in Bezug auf das für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Rechten zu prüfende Merkmal der rechtlich geschützten, auf den Erwerb des Rechts gerichteten Position, die dem Erwerber gegen dessen Willen nicht mehr entzogen werden könne (Verweis auf BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2013 I B 159/12, BFH/NV 2014, 291).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze sei das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil des Klägers nicht bereits im Streitjahr auf die N-GmbH übergegangen. Es sei letztlich schon zweifelhaft, ob die N-GmbH im Streitjahr aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäft überhaupt eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr habe entzogen werden können. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages sei der Kläger befugt, über seinen Geschäftsanteil von Todes wegen frei zu verfügen. Soweit sein Geschäftsanteil dabei aufgrund eines Vermächtnisses auf einen Gesellschafter übertragen werde, der z. B. die Voraussetzungen des § 3.1 des Gesellschaftsvertrages erfülle, also auf einen zugelassenen Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, unterliege der Geschäftsanteil des Klägers auch nicht der Zwangseinziehung. Nach den Bestimmungen des Optionsvertrages sei ein Erbe des Klägers berechtigt, das darin geregelte Andienungsrecht auszuüben; ob ein Erbe auch verpflichtet wäre, das sich aus dem Optionsvertrag ergebende Andienungsrecht spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs des 68. Lebensjahres des Klägers auch tatsächlich auszuüben, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre ein Vermächtnisnehmer im Gegensatz zum Kläger hierzu nicht verpflichtet. Einen Vermächtnisnehmer träfen nach Auffassung des Senats mangels Stellung als Gesamtrechtsnachfolger des Klägers jedenfalls keine sich aus dem vom Kläger abgeschlossenen Optionsvertrag ergebenden Pflichten. Die sich aus dem Optionsvertrag ergebende, rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils des Klägers an der D-GmbH gerichtete Rechtsposition der N-GmbH könne ihr somit durch eine entsprechende Verfügung des Klägers von Todes wegen und im Falle des Versterbens des Klägers vor Vollendung seines 68. Lebensjahres auch gegen ihren Willen wieder entzogen werden.

Weiter sei zwar das Risiko der Wertminderung des Anteils des Klägers bereits auf die N-GmbH übergegangen, da sich diese im Optionsvertrag unwiderruflich zum Erwerb des Anteils zu einem Kaufpreis von (…) verpflichtet habe. Nach Auffassung des Gerichts sei aber die Chance der Wertsteigerung des Anteils noch nicht vollständig auf die N GmbH übergegangen (wurde ausgeführt).

Jedenfalls seien dem Kläger die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte, insbesondere das Stimmrecht und das Gewinnbezugsrecht (jedenfalls in einem nicht unerheblichen Umfang) verblieben. Der Kläger habe zu Recht darauf hingewiesen, dass er mit seinem Stimmrecht im Gegensatz zu seiner Situation bei der GbR zwar nicht in der Lage gewesen wäre, Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschafter gegen seinen Willen zu verhindern, mit seinem Stimmrecht bei der GmbH im Gegensatz zu seiner Situation bei der GbR aber in der Lage gewesen sei, Entscheidungen gegen den Willen der anderen Minderheitsgesellschafter mit Hilfe der Mehrheitsgesellschafterin (N-GmbH) durchzusetzen.

Nach Auffassung des Gerichts handle es sich bei der vereinbarten Garantiedividende nicht um die Vereinbarung über eine Verzinsung des erst zu einem späteren Zeitpunkt zu zahlenden Kaufpreises für den Anteil des Klägers an der D-GmbH, sondern um ein Gewinnbezugsrecht, möge der Kläger auch an einer künftigen Gewinnsteigerung nicht mehr beteiligt sein und bewusst auf die Beteiligung an einer Gewinnsteigerung verzichtet haben. Der Ergebnisabführungsvertrag enthalte eine Ausgleichsregelung entsprechend § 304 AktG zugunsten des Klägers. Unabhängig davon, ob § 304 AktG auf den Ergebnisabführungsvertrag bei einer GmbH überhaupt Anwendung finde, sei dem Umstand, dass im Ergebnisabführungsvertrag überhaupt eine Vereinbarung über eine Ausgleichszahlung getroffen worden sei, zu entnehmen, dass die N-GmbH und die D-GmbH davon ausgegangen seien, dass ein Ausgleich für den Verlust des Gewinnanspruchs infolge des Ergebnisabführungsvertrags habe gefunden werden müssen. Dies spreche dafür, dass sämtliche Vertragsbeteiligte die Auffassung vertreten hätten, dass dem Kläger ein Gewinnbezugsrecht zugestanden habe, das durch die Garantiedividende verkörpert worden sei. Der Umstand, dass eine fixe Dividende vereinbart worden sei, lasse gleichfalls nicht darauf schließen, dass die Garantiedividende nicht einen Ersatz für das Gewinnbezugsrecht, sondern eine Kaufpreisverzinsung habe darstellen sollen. Denn ein derartiger Ausgleich sei in § 304 Abs. 1 Satz 2 AktG ausdrücklich in den Fällen des Abschlusses eines isolierten Beherrschungsvertrages vorgesehen und diene als Korrelat für die mit dem Unternehmensvertrag verbundene Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der außenstehenden Gesellschafter.

Zusammenfassend komme das Gericht zu dem Ergebnis, dass das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil des Klägers an der D-GmbH nicht bereits im Streitjahr auf die N-GmbH übergegangen sei. Dabei sei aus Sicht des Gerichts von wesentlicher Bedeutung, dass insbesondere die Stimmrechte und das Gewinnbezugsrecht in nicht unerheblichem Umfang noch nicht auf die N-GmbH übergegangen seien. Weiter sei zu sehen, dass sich ohne Zutun des Klägers durch Ausübung des Andienungsrechtes die auf den Erwerb des Anteils gerichtete Position der N-GmbH überhaupt erst nach Ablauf von mehr als (…) Jahren zu einer Rechtsposition hätten verdichten können, die den Erwerb des Anteils durch die N-GmbH sicherstelle.

Dass die N-GmbH im Streitjahr noch keine Rechtsposition innegehabt habe, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr habe entzogen werden können, sei nach Auffassung des Gerichts letztlich nicht entscheidend. Insoweit sei auch zu sehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der N-GmbH ihre Rechtsposition tatsächlich gegen ihren Willen wieder entzogen werde, nach den tatsächlichen Verhältnissen als gering einzustufen sein dürfe. Dass nicht jegliche Chance einer Wertsteigerung bereits auf die N-GmbH übergegangen sei, verfestige die Ansicht des Gerichts, dass das wirtschaftliche Eigentum an dem GmbH-Anteil des Klägers noch nicht auf die N-GmbH übergegangen sei.

Zu diesem Urteil führte der Beklagte in einem Aktenvermerk vom 5. März 2021 aus, dass dem Urteil gefolgt werden solle, da es sich um eine identische Beteiligungsstruktur handle. Das um entsprechende Stellungnahme ersuchte Landesamt für Steuern teilte mit Schreiben vom 12. Mai 2021 hingegen mit, dass nach erfolgter Abstimmung mit dem Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz und auf Bund-Länder-Ebene in dem vorliegenden Fall von einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Zeitpunkt der Einbringung durch den Abschluss der Put-Option auf die Mehrheitsgesellschafterin auszugehen sei. Dem Urteil des Finanzgerichts München sei im vorliegenden Fall nicht zu folgen.

Auf entsprechenden Hinweis teilte der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers noch mit, dass eine Rückfrage beim X-Konzern ergeben habe, dass das vorliegende Urteil des Finanzgerichts München kein Einzelfall sei und bei allen gleich gelagerten Fällen von den beteiligten Finanzämtern dieselbe Schlussfolgerung gezogen worden sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 2022 - auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird  - wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Am 8. April 2022 hat der Kläger Klage erhoben.

Sein Prozessbevollmächtigter trägt ergänzend vor, zum Zeitpunkt der Einbringung sei der Kläger 50 Jahre alt gewesen. Gehe man von einer Laufzeit bis zum vollendeten 68. Lebensjahr aus, betrage der Wert der Garantiedividende … € (= 18 x … €) und übersteige somit den Wert der Put-Option (Kaufpreis). Tatsächlich habe der Kläger die Put-Option zum 31. Januar 2021 (Anmerkung des Gerichts: Da war der am …1962 geborene Kläger 58 Jahre alt) ausgeübt und die Geschäftsanteile somit veräußert (= 8 Jahre und 30 Tage nach der Einbringung zum 1. Januar 2013). Im Verhältnis zum Kaufpreis bzw. zur Put-Option (… €) habe die Garantiedividende (Wert 9 x … €) unstreitig ein eigenes wirtschaftliches Gewicht.

Auch mit der in der Einspruchsentscheidung zitierten Entscheidung des BFH vom 18. Mai 2005 VIII R 34/01 könne der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht begründet werden. Aus der Entscheidung gehe vielmehr das Gegenteil hervor. Die Entscheidung stelle insbesondere auf das Innehaben des Stimmrechts ab (unter II.1.b)aa). Das Stimmrecht nach § 47 GmbHG stehe unstreitig dem Kläger zu. Maßgebend sei die Ausübung des Stimmrechts, nicht dessen Wirksamkeit. Dass das Stimmrecht des Minderheitsgesellschafters "ins Leere gehe", liege an den Mehrheitsverhältnisse, nicht aber am Stimmrecht als solchem.

Auf Anfrage des Gerichts teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers noch mit, dass der Nachweis nach § 22 Abs. 3 UmwStG noch nachgeholt werden könne und dass es nach Kenntnis der mittlerweile zuständigen Mitarbeiter (… AG) keine Fälle gegeben habe, in denen eine Veräußerung an einen fremden Dritten erfolgt sei. Es gebe allerdings Fälle, in denen von der Put-Option abweichende Kaufpreise vereinbart worden seien. In dem Fall, der dem Unterzeichner bekannt sei, sei der in der Put-Optionen vereinbarte Kaufpreis nach Aussage des Steuerpflichtigen um mehr als 50 % erhöht worden. Im Übrigen handle es sich bei dem vom Gericht geforderten und in der Anlage 1 zur sog. „Bezugsurkunde“ vom 30. April 2012 unter Ziffer IV Nummer 6 genannten Dokument („Nachfolgeregelung“) nicht - wie der Wortlaut vermuten lasse - um ein Dokument, das die persönliche Nachfolgeregelung betreffe, sondern um Unterlagen zu den KV-Regeln zur Nachbesetzung der Vertragsarztsitze, die im Rahmen einer Legal Due Diligence Prüfung einer Anwaltskanzlei aus M vorgelegt worden seien.

Mit weiterem Schriftsatz vom 19. März 2024, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend aus, dass das Eigentum an den Anteilen auch im Rahmen einer Erbschaft auf die Erben des Klägers übergehen könne. In § 14.1 des Gesellschaftsvertrages der MVZ GmbH sei ausdrücklich geregelt, dass die Gesellschafter über ihre Geschäftsanteile von Todes wegen frei verfügen könnten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 vom 29. November 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. März 2022 zu ändern und die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit um den streitbefangenen Veräußerungsgewinn (ausgewiesen als „laufende Einkünfte“) in Höhe von … € zu mindern,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend vor, der Kläger habe sich verpflichtet, die Put-Option spätestens mit Ablauf seines 68. Lebensjahres auszuüben. Damit sei die Put-Option zu einer Put-Verpflichtung geworden und für den Kläger unumgänglich. Spätestens zum Ablauf seines 68. Lebensjahres müsse er von seiner Option Gebrauch machen.

Der Kläger habe auch sein Gewinnbezugsrecht verloren, da er lediglich eine Garantiedividende erhalten habe. Diese sei als Verzinsung des künftigen Kaufpreisanspruchs zu verstehen, weil dem Einbringenden (= Kläger) noch keine wertadäquate Gegenleistung für seinen auf die GmbH übertragenen Gesellschaftsanteil gewährt worden sei und ein etwaiger Kaufpreis erst durch Ausübung des Optionsrechts fällig werde.

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 202 führte der Beklagte ergänzend aus, der Kläger habe nur eingeschränkte Verfügungsmacht über seine Gesellschaftsanteile gehabt und somit sei ihm das wirtschaftliche Eigentum an selbigem nicht zuzusprechen. Dies werde bereits dadurch deutlich, dass es nach Ziffer 12.1 des Gesellschaftsvertrages vom 17. April 2012 der Zustimmung der Gesellschaftsversammlung bedürfe, wenn ein Gesellschaftsanteil abgetreten oder geteilt werden solle. Die Gesellschaftsversammlung sei nur beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte und - falls Änderungen des Gesellschaftsvertrages abgestimmt werden sollten - mehr als 3/4 der Stimmen vertreten seien. Daraus folge, dass auch im Falle einer Liquidation der Gesellschaft der Kläger selbst mit seinem Stimmrecht von lediglich 24,5 % nicht frei über seine Anteile verfügen könne. Auch die Regelungen für den Fall der Insolvenz ließen erkennen, dass der Kläger nur durch die Mehrheitsgesellschafterin seine Rechte durchsetzen könne und er somit keine umfassende Verfügungsmacht über seine Gesellschaftsanteile habe. Der Kläger sei lediglich frei darin, die ihm eingeräumte Put-Option innerhalb des Optionszeitraums auszuüben. Dadurch könne eine Wertminderung der Anteile ausgeglichen werden, da der Kläger von der Gesellschaft jederzeit den Erwerb der Anteile zum vereinbarten Kaufpreis fordern könne, unabhängig von der tatsächlichen Werthaltigkeit der Anteile zu diesem Zeitpunkt. Daraus ergebe sich, dass das Risiko einer Wertminderung der Anteile durch ihn ausgeschlossen werden könne, was wiederum gegen das wirtschaftliche Eigentum des Klägers an den Anteilen spreche. Auch im Erbfall stehe dem Kläger nur eine eingeschränkte Verfügungsmacht über seinen Gesellschaftsanteil zu, weil der Gesellschaftsanteil im Wege der Erbfolge nur auf einen Gesellschafter übergehen könne, der die Voraussetzungen der Ziffer 3.1 erfülle, und, soweit der Gesellschafter vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt habe, die Voraussetzungen von Ziffer 12.2 Satz 3 erfülle, ansonsten könne die Zwangseinziehung der Geschäftsanteile erfolgen.

Zu dem Hinweis des Prüfers vom 10. Juli 2017, dass der Kläger in keinem Jahr den Nachweis nach § 22 Abs. 3 UmwStG erbracht habe, werde folgende Rechtsauffassung vertreten:

Im vorliegenden Fall unterlägen die erhaltenen Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft aufgrund der Einbringung eines Mitunternehmeranteils unter dem gemeinen Wert einer 7-jährigen Sperrfrist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG. Bei Veräußerung der sperrfristbehafteten Anteile innerhalb der Sperrfrist sei rückwirkend im Jahr der Einbringung ein Einbringungsgewinn I als Gewinn des Einbringenden i. S. d. § 16 EStG zu versteuern. Um eine unentdeckte Veräußerung innerhalb der Sperrfrist auszuschließen, habe der Einbringende gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 UmwStG in den 7 Jahren der Sperrfrist jährlich bis zum 31. Mai den Nachweis zu erbringen, wem mit Ablauf des Tages, der dem Einbringungszeitpunkt entspreche, die erhaltenen Anteile zuzurechnen seien. Erbringe er den Nachweis nicht, würden die erhaltenen Anteile nach § 22 Abs. 3 Satz 2 UmwStG an dem Tag, der dem Einbringungszeitpunkt folge, oder in den Folgejahren diesem Kalendertag entspreche, als veräußert gelten. Dies habe zur Folge, dass beim Einbringenden auf den Einbringungszeitpunkt eine rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung sowie darüber hinaus auf den Zeitpunkt i. S. d. § 22 Abs. 3 Satz 2 UmwStG eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns für die Anteile durchzuführen sei. Diese Veräußerungsfiktion gelte unabhängig davon, ob der Einbringende die erhaltenen Anteile tatsächlich veräußert habe oder erst zu einem späteren Zeitpunkt veräußern werde. Nach Verwaltungsauffassung könne diese Frist nicht verlängert werden. Sofern der erforderliche Nachweis nach Ablauf der Frist erbracht werde, könnten die Angaben jedoch noch berücksichtigt werden, wenn die Änderung der betroffenen Bescheide verfahrensrechtlich möglich sei, also gegebenenfalls bis zum Abschluss der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung in einem Klageverfahren (BMF-Schreiben vom 11. November 2011, BStBl I 2011, 1314, Rn. 22.33).

Nach dem Gesetzeswortlaut handle es sich dagegen um eine Ausschlussfrist, sodass der Nachweis auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden könne. Auch in der Literatur werde hierzu überwiegend die Auffassung vertreten, dass es sich aufgrund des Gesetzeswortlautes um eine Ausschlussfrist handle, die nicht verlängert werden könne. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2710) solle es sich hierbei zwar nicht um eine Ausschlussfrist handeln, der gesetzgeberische Wille finde sich allerdings in § 22 Abs. 3 UmwStG nicht wieder. Dem Wortlaut nach bestehe kein Raum für die Anerkennung eines nach Ablauf der Frist erbrachten Nachweises. Der Gesetzgeber ordne in § 22 Abs. 3 UmwStG im Wege der Fiktion sachverhaltsgestaltend und damit grundsätzlich unveränderbar die Veräußerung der Anteile an. Erfolge der Nachweis über die Zurechnung der erhaltenen Anteile nicht bis zum gesetzlich festgelegten Stichtag, knüpfe hieran unmittelbar die Rechtsfolge des § 22 Abs. 3 Satz 2 UmwStG an, sodass die Anteile zwingend als veräußert gelten würden. Damit werde der Ablauf des 31. Mai ohne die geforderte Erbringung des Nachweises selbst zum Tatbestandsmerkmal. Nach Ansicht von Patt (in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 22 UmwStG Tz. 91a m.w.N.) habe der Steuerpflichtige in diesen Fällen die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf sachliche Billigkeitsmaßnahmen zu stellen. Entsprechende Anträge seien jedoch im zugrunde liegenden Fall nicht gestellt.

Mit Schreiben vom 13. August 2024 wies das Gericht den Beklagten auf Folgendes hin und bat um Mitteilung, ob der Klage abgeholfen werde:

I. Das Gericht halte die Entscheidung des Finanzgerichts München, das in einem vergleichbaren Fall der Klage (des dort klagenden Arztes) stattgegeben habe, im Ergebnis für zutreffend, wenn auch mit zum Teil abweichender Begründung:

Die Prüfung, ob die N-D GmbH bereits mit Abschluss der streitbefangenen Verträge wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen der MVZ GmbH erworben habe, richte sich – wie der Beklagte zutreffend dargelegt habe - nach folgenden Rechtsgrundsätzen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 69/10, BFH/NV 2012, 1099):

Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil gehe auf einen Erwerber über (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO), wenn der Käufer des Anteils

(1) aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden könne, und

(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie

(3) Risiko und Chance von Wertveränderungen auf ihn übergegangen seien (vgl. BFH-Urteile in BFHE 223, 145, BStBl II 2009, 140, unter II.2., und vom 11. Juli 2006 VIII R 32/04, BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296, m.w.N. [BB 2006, 2676 m. Anm. Weber]).

Danach erlange wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen könne.

Ad (1)

Im vorliegenden Fall habe die N-D GmbH keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden könne.

In dem „Vertrag über das Recht der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen“ (Put-Option) vom 14. Juni 2012 zwischen dem Kläger und der N-D GmbH habe sich der Kläger zwar verpflichtet, seine Put-Option spätestens zum Ablauf seines 68. Lebensjahres (= rund 17½ Jahre nach dem Einbringungszeitpunkt) auszuüben.

Es sei hingegen nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Anteile vor diesem Zeitpunkt im Wege der Erbfolge (siehe § 13 Ziffer 13.2 Buchstabe d und § 14 des Gesellschaftsvertrages vom 17. April 2012) oder aufgrund eines Vermächtnisses auf ein entsprechend qualifiziertes Kind des Klägers (siehe Ziffer 13 der Einbringungserklärung des Klägers) oder einen entsprechend qualifizierten Dritten übergehen würden.

Außerdem sei eine Insolvenz des X-Konzerns und der MVZ-GmbH vor Ablauf des 68. Lebensjahres des Klägers nicht ausgeschlossen gewesen. Für den Insolvenzfall hätten sich die Vertragspartner verpflichtet, alles zu unternehmen, damit der Kläger die MVZ-GmbH und das MVZ alleine fortführen könne (siehe Ziffer 14 der Einbringungserklärung des Klägers). Im Falle der Insolvenz habe also die Verpflichtung zur Ausübung der Put-Option wegfallen sollen.

Unabhängig davon sei die Frage, ob jemandem ein Wirtschaftsgut als "wirtschaftlichem" Eigentümer zuzurechnen sei, weil er - ohne zivilrechtlicher Eigentümer zu sein - die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübe, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen könne (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO), nach dem normalen Verlauf der Dinge unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse zu entscheiden (BFH, Urteil vom 12. Dezember 2012 I R 28/11, BFHE 240, 22, BStBl II 2017, 1265, Rn. 23). Im vorliegenden Fall habe sich angesichts des Zeitraums von 17 ½ Jahren bis zur Verpflichtung des Klägers, die Put-Option auszuüben, offensichtlich kein "normaler" Verlauf der Dinge prognostizieren lassen. Der BFH habe eine solche Prognostizierbarkeit bereits für einen Zeitraum von (nur) 10 Jahren abgelehnt (BFH, Urteil vom 14. August 2019 I R 44/17, BFHE 267, 1, Rn. 55 – 57 [RdF-Rechtsprechungsreport Klein, RdF 2020, 234]).

Ad (2)

Auch die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) seien nicht auf die N-D GmbH „übergegangen“.

Insoweit könne auf die aus Sicht des Gerichts zutreffenden Ausführungen des Finanzgerichts München verwiesen werden.

Der Kläger habe insbesondere seine Stimmrechte unstreitig nicht übertragen. Dass er sie wegen der Mehrheitsverhältnisse nicht effektiv ausüben könne, führe nicht zum „Übergang“ der entsprechenden Rechte. Auch das Gewinnbezugsrecht sei nicht auf die N-D GmbH „übergegangen. Aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages erhalte der Kläger (als Ersatz) eine Garantiedividende. Dass es sich dabei um eine Verzinsung des Kaufpreisanspruchs handeln solle, sei nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine solche Verzinsungsvereinbarung lägen nicht vor.

Ad (3)

Auf die N-D GmbH sei nur das Risiko von Wertveränderungen zu ihrem Nachteil übergegangen. Denn es sei davon auszugehen, dass der Kläger angesichts des Zeitraums von 17 ½ Jahren (s.o.) einen für ihn günstigen Zeitpunkt abwarten würde, um die Anteile zum Verkauf anzudienen.

II. Die in § 22 Abs. 3 Satz 1 UmwStG genannte Nachweisfrist sei nach Auffassung des Senats keine Ausschlussfrist. Im Wortlaut der Vorschrift sei nicht von einer Ausschlussfrist die Rede und aus der Gesetzesbegründung gehe ausdrücklich hervor, dass es sich nicht um eine Ausschlussfrist handeln solle. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers stehe, könne selbst im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 –, BVerfGE 122, 39-63, Rn. 57). Das Bundesverfassungsgericht stelle bei der Prüfung, ob bei einer Auslegung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht worden sei, maßgeblich auf den Willen des historischen Gesetzgebers ab und ziehe bei der Ermittlung des Gesetzeszweckes ausdrücklich die Gesetzesmaterialien heran (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 2 BvR 2044/07, BVerfGE 122, 248).

Vor diesem Hintergrund sei die im AEUmwStG 2006 (in der Fassung vom 11. November 2011, IV C 2-S 1978-b/08/10001//2011/0903665, BStBl I 2011, 1314) in Ziffer 22.33 vorgesehene Möglichkeit, dass der Einbringende den Nachweis noch im Klageverfahren erbringen könne, zutreffend. Dies gelte umso mehr, wenn – wie im vorliegenden Fall - über die Zuordnung von Anteilen gestritten werde.

Der Beklagte hielt an seiner Rechtsauffassung fest. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf seinen Schriftsatz vom 27. September 2024 Bezug genommen.

Außerdem wird auf folgende Unterlagen verwiesen:

Vertrag vom 14. Juni 2012 über die Kapitalerhöhung der N-B GmbH i.G..

Die im vorgenannten Vertrag genannte Bezugsurkunde (844/2012) vom 30. April 2012.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Aus den Gründen

Begründetheit der Klage

Die Klage, über die der Senat gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet.

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2013 vom 29. November 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. März 2022 ist rechtswidrig, verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist deshalb zu ändern (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO), soweit bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit ein Veräußerungsgewinn (ausgewiesen als „laufende Einkünfte“) in Höhe von … € in Ansatz gebracht wurde.

Streitbefangener Veräußerungsgewinn wurde zu Unrecht in Ansatz gebracht, da kein wirtschaftliches Eigentum überging

Da das wirtschaftliche Eigentum des Klägers an seinem Anteil an der MVZ GmbH im Streitjahr nicht auf die N-D GmbH übergegangen ist und der Kläger seinen Anteil auch in den folgenden 6 Jahren nicht veräußert hat, wurde der streitbefangene Veräußerungsgewinn zu Unrecht in Ansatz gebracht.

Der Einwand des Beklagten, dass der Kläger durch die Festlegung des Kaufpreises im Rahmen der Put-Option weder das Risiko einer Wertminderung noch die Chance einer Wertsteigerung trage, ist zwar berechtigt. Denn nach dieser Vereinbarung sollte der Kläger bei Ausübung seines Optionsrechts stets den vereinbarten Kaufpreis (… €) erhalten, unabhängig davon, was der Gesellschaftsanteil zu diesem Zeitpunkt tatsächlich wert sein werde. Das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung sind daher auf die N-D GmbH übergegangen, weil sie sich verpflichtete, an den Kläger bei Ausübung seines Optionsrechts den vereinbarten Kaufpreis (… €) zu zahlen, auch wenn der Wert der Anteile niedriger oder höher sein sollte.

Das allein reicht hingegen für die Annahme, dass das wirtschaftliche Eigentum an dem Gesellschaftsanteil des Klägers auf die N-D GmbH übergegangen sei, nicht aus. Denn die N-D GmbH hatte aufgrund der dem Kläger eingeräumten Put-Option noch keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden konnte, und auch die mit dem Gesellschaftsanteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sind nicht auf die N-D GmbH übergegangen.

Einwände des Beklagten überzeugen nicht

Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht dazu auf den gerichtlichen Hinweis an den Beklagten mit Schreiben vom 13. August 2024. In seinem Schriftsatz vom 27. September 2024 hat der Beklagte zwar auch insoweit Einwände vorgebracht, die allerdings nicht überzeugen. So lässt der Beklagte z.B. offen, in welche „aus dem Vertrag folgende Rechtsposition“ des Klägers ein etwaiger Erbe bzw. Vermächtnisnehmer eintreten soll, insbesondere, ob sich die Verpflichtung zur Übertragung der Anteile auf das 68. Lebensjahr des Klägers oder das 68. Lebensjahr des Erben/Vermächtnisnehmers beziehen soll. Diese Frage kann allerdings offen bleiben, weil jedenfalls eine Insolvenz des X-Konzerns und der MVZ GmbH vor Ablauf des 68. Lebensjahres des Klägers selbst nach Einschätzung der Vertragspartner nicht fernliegend gewesen ist. Denn für den Insolvenzfall wurden ausdrücklich Regelungen getroffen. Da sich die Vertragspartner verpflichteten, im Insolvenzfall alles zu unternehmen, damit der Kläger die MVZ GmbH und das MVZ alleine fortführen könne (siehe Ziffer 14 der Einbringungserklärung des Klägers), sollte also im Falle der Insolvenz die Verpflichtung zur Ausübung der Put-Option wegfallen.

Unabhängig davon ist (worauf das Gericht in dem o.g. Schreiben vom 13. August 2024 bereits hingewiesen hat) die Frage, ob jemandem ein Wirtschaftsgut als "wirtschaftlichem" Eigentümer zuzurechnen ist, weil er - ohne zivilrechtlicher Eigentümer zu sein - die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO), nach dem normalen Verlauf der Dinge unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse zu entscheiden (BFH, Urteil vom 12. Dezember 2012 I R 28/11, BFHE 240, 22, BStBl II 2017, 1265, Rn. 23). Im vorliegenden Fall hat sich angesichts des Zeitraums von 17 ½ Jahren bis zur Verpflichtung des Klägers, die Put-Option auszuüben, offensichtlich kein "normaler" Verlauf der Dinge prognostizieren lassen. Der BFH hat eine solche Prognostizierbarkeit bereits für einen Zeitraum von (nur) 10 Jahren abgelehnt (BFH, Urteil vom 14. August 2019 I R 44/17, BFHE 267, 1 [RdF-Rechtsprechungsreport Klein, RdF 2020, 234]).

Auch der Einwand des Beklagten, dass der dem Urteil des Finanzgerichts München zugrunde liegende Sachverhalt „nicht auf die vorliegende Konstellation übertragbar“ sei, weil der Kläger – anders als in dem vom FG München entschiedenen Fall – mangels anderer Minderheitengesellschafter keine Möglichkeit gehabt habe, Entscheidungen gegenüber weiteren Minderheitengesellschaftern durchzusetzen, greift nicht durch. Denn darauf, ob der Kläger die Möglichkeit gehabt hat, Entscheidungen gegenüber weiteren Minderheitengesellschaftern durchzusetzen, kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, dass der Kläger seine Stimmrechte nicht übertragen hat (was unstreitig ist). Dass er sie wegen der Mehrheitsverhältnisse nicht effektiv ausüben konnte, führt nicht zum „Übergang“ der entsprechenden Rechte. Ob die Stimmrechte auch effektiv durchgesetzt werden können, ist nur im Rahmen der Prüfung relevant, ob ein anderer – hier die N-D GmbH - wirtschaftliches Eigentum erworben hat.

Auch der Einwand, dass das Gewinnbezugsrecht faktisch allein der N-D GmbH zustehe, weil der Kläger noch keine wertadäquate Gegenleistung für seinen auf die MVZ GmbH übertragenen Gesellschaftsanteil erhalten habe und die Garantiedividende deshalb als Verzinsung des Kaufpreisanspruchs zu verstehen sei, greift nicht durch. Der den Ausgabebetrag der neuen Stammeinlage des Klägers übersteigende Wert seiner Sacheinlage wurde laut Einbringungsvertrag vom 14. Juni 2012 in die Kapitalrücklage der MVZ GmbH eingestellt. Es handelte sich daher um eine nicht verhältniswahrende Einbringung, deren steuerliche Auswirkungen auf der Ebene der MVZ GmbH zu ziehen sind. Außerdem entsprach es dem ausdrücklichen Willen der Vertragsparteien, dass der Kläger die Garantiedividende in entsprechender Anwendung des § 304 AktG als Ausgleich für den Ergebnisabführungsvertrag erhalten sollte. Dies ist dem Ergebnisabführungsvertrag zwischen der N-D GmbH (Organträgerin) und der MVZ GmbH (Organgesellschaft) vom 25. November 2013 zu entnehmen, in dem in § 1 (Gewinnabführung) Folgendes vereinbart wurde:

"Die Organgesellschaft verpflichtet sich, ihren ganzen Gewinn an die Organträgerin abzuführen. Außenstehende Gesellschafter erhalten zum Ausgleich entsprechend § 304 AktG die im Beitrittsvertrag vereinbarte Garantiedividende."

Diese Vereinbarung ist auch nicht zu beanstanden, weil die für Aktiengesellschaften einschlägigen Organschaftsregelungen für Ausgleichszahlungen (§§ 14 Abs. 1 und 16 KStG i.V.m. § 304 AktG) für eine GmbH als Organgesellschaft entsprechend gelten (BFH, Urteil vom 10. Mai 2017 I R 93/15, BFHE 259, 49, BStBl II 2019, 278 [BB 2017, 2911])

Bei der Garantiedividende handelt es sich daher eindeutig um eine Art „Gewinnersatz“ und nicht um eine Verzinsung des Kaufpreises. Gegen eine Verzinsung des Kaufpreises spricht bereits die Tatsache, dass der Anspruch auf den Kaufpreis im vorliegenden Fall noch nicht einmal entstanden und daher erst recht noch nicht fällig war. Nach dem Willen der Vertragsparteien konnte und sollte der Kaufpreisanspruch erst mit Ausübung der Option des Klägers entstehen. Dies hat auch der Beklagte gesehen, denn im BP-Bericht steht (Hervorhebung durch das Gericht), dass „ein eventueller Kaufpreis erst durch Ausübung des Optionsrechts fällig wird“ und dass die Garantiedividende „als Verzinsung des künftigen Kaufpreisanspruchs“ zu werten sei. Die Verzinsung eines Geldanspruchs vor seiner Entstehung kommt hingegen regelmäßig nicht in Betracht. Ob eine solche Verzinsung wegen des Grundsatzes der Privatautonomie (ausnahmsweise) vereinbart werden könnte, kann hier offen bleiben. Denn eine solche Vereinbarung müsste klar und eindeutig sein und im vorliegenden Fall ist eine solche Vereinbarung nicht ansatzweise ersichtlich.

Die in § 22 Abs. 3 Satz 1 UmwStG genannte Nachweisfrist ist nach Auffassung des Senats auch keine Ausschlussfrist. Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auch insoweit auf den gerichtlichen Hinweis an den Beklagten mit Schreiben vom 13. August 2024.

Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zulassung der Revision

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei der in § 22 Abs. 3 Satz 1 UmwStG genannte Nachweisfrist um eine Ausschlussfrist handelt, umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

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