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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
21.08.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Vertragsarztzulassung als unselbständiger Teil des abschreibbaren Praxiswerts

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9.4.2008 - 2 K 2649/07 (Revision eingelegt, Az. beim BFH: VIII R 13/08)

LEITSÄTZE (DES Kommentators)

1. Der wirtschaftliche Vorteil aus bei Erwerb einer Arztpraxis auf den Erwerber im Nachbesetzungsverfahren übertragenem Vertragsarztsitz ist kein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut.

2. Der Vertragsarztsitz ist unselbständiger Faktor des aus vielen Einzelkomponenten (Ertragskraft, Patientenstamm, Ruf, Organisation, Personal) bestehenden Praxiswerts.

Sachverhalt

Streitig ist, ob beim Erwerb einer Facharztpraxis ein Teil des Kaufpreises -  wie das FA meint - auf ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut: „Wirtschaftlicher Vorteil einer Vertragsarztzulassung" entfällt.

Der 1962 geborene Kläger - inzwischen geschieden; 3 Kinder - ist Facharzt für Orthopädie. Mit Vertrag vom 6.6.1997 erwarb er mit Wirkung zum 1.4.1998 in Anlehnung an eine Schätzwertermittlung des stellvertretenden Geschäftsführers der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vom 1.4.1997 (Bl. 23-32 Rechtsbehelfsakte) - dort Praxiswert zwischen 420 000,00 DM und 440 000,00 DM - und Ergänzung vom 11.4.1997 - dort: Erhöhung um 100 000,00 DM (Bl. 33-35 der Rb-Akte) - zu einem Gesamtkaufpreis von 498 000,00 DM eine eingeführten Facharztpraxis in Z, mit Ausnahme der Privatpraxis des Übergebers (Vertrag, Bl. 15-21 Rb-Akte). Diese wollte der Übergeber in einer von ihm neu einzurichtenden Praxis in Z fortführen. In diesem Zusammenhang bestimmt Punkt 7 des „Praxis-Übernahmevertrags" (Bl. 15 ff., 18 Rb-Akte):

„Die Parteien sind sich einig, dass die Patientenkartei im Besitz des Praxisübergebers verbleibt. Der Praxisübergeber gibt an den Praxisübernehmer die Unterlagen derjenigen Patienten heraus, die sich in die Behandlung des Praxisübernehmers begeben und mit einer Herausgabe der Patientenkartei an diesen einverstanden sind".

Vom Gesamtkaufpreis sollten 440 000,00 DM auf den „ideellen Wert der Arztpraxis" entfallen.

Neben dem Inventar (angesetzt mit 58 000,00 DM) übernahm der Kläger „die laufenden Fälle der RVO und Ersatzkassen zur sachgemäßen Weiterbehandlung". Unter Punkt 6 des Vertrags heißt es u. a.:

„Sollte der Praxisübernehmer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen die Zulassung zur Kassenpraxis nicht erhalten (Vertragsarztsitz), entfällt die Geschäftsgrundlage dieses Praxisübernahmevertrages. ... wird der Vertrag mangels unverschuldeter Nichtzulassung zur Kassenpraxis obsolet, hat der Praxisübernehmer diese Kosten (des Übernahmevertrags) endgültig allein zu tragen und keinen Anspruch auf Rückerstattung".

Für den Fall der Kassenzulassung, die als solche gem. Punkt 13 des Vertrags nicht dessen Gegenstand war, sondern sich nach den dafür maßgeblichen Vorschriften richten sollte, hatte sich die den Gesamtkaufpreis finanzierende Bank unter Bürgschaftsgestellung unwiderruflich zu verpflichten, die Auszahlung an den Veräußerer vorzunehmen.

Die Kassenzulassung wurde erteilt; der Kläger begann zum 1.4.1998 seine freiberufliche Tätigkeit in der erworbenen Praxis, und zwar bis Ende 2000 in Praxisgemeinschaft mit einem Facharzt für Anästhesie. Dieser entrichtete seinerseits am 13.3.1998 an den Kläger 200 000,00 DM als Gegenleistung für den von diesem zum 1.4.1998 für 440 000,00 DM erworbenen „Praxiswert". Der Anästhesist sollte Patienten des Klägers schmerztherapeutisch weiterbehandeln.

In seinen Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG nahm der Kläger - ausgehend von dem ihm zuzurechnenden und verbleibenden Praxiswert von 240 000,00 DM - auf 5 Jahre jährliche Abschreibungen von 48 000,00 DM (für 1998 zeitanteilig: 9/12 = 36 000,00 DM) vor; zum 31.12.2001 verblieb dieserhalb ein Restwert von 60 000,00 DM (= 30 677,51 Euro). Für die hier streitbefangenen Jahre zog er 24 542,51 Euro in 2002 und 6 135.00 Euro in 2003 als Betriebsausgaben gewinnmindernd ab.

Im Anschluss an eine u. a. diese Jahre umfassende Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass die Hälfte des vom Kläger entrichteten Betrags von 440 000,00 DM für den „ideellen Anteil der Arztpraxis" laut Punkt 2 des „Praxis-Übernahmevertrags" vom 6.6.1997 auf den „wirtschaftlichen Vorteil einer Vertragsarztzulassung" entfalle, der als ein nicht abnutzbares immaterielles - vom Praxiswert zu trennenden eigenes - Wirtschaftsgut anzusehen sei. Da die vom Kläger jährlich vorgenommenen Abschreibungen auf dem ihm nach Abzug der erhaltenen Zahlung von 200 000,00 DM verbliebenen Praxiswert von 240 000,00 DM die abschreibbare Hälfte von 120 000,00 DM bereits überschritten hätten, seien für weitere Abschreibungen u. a. in den Jahren 2002 und 2003 kein Raum mehr (Bp-Bericht vom 23.11.2006, Bl. 5 ff. Rb-Akte).

Dementsprechend ergingen nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide am 4.7.2007 für 2002 und 27.7.2007 für 2003.

Mit seinen hiergegen eingelegten Einsprüchen machte der Kläger geltend, dass die von ihm geleistete Zahlung von 440 000,00 DM bzw. - verbleibend - 240 000,00 DM ausschließlich dem Praxiswert zuzurechnen sei. Ein „Vorteil aus der Vertragsarztzulassung" sei keiner eigenständigen Bewertung zugänglich, da der Kläger insoweit keinen Anspruch gegenüber dem Veräußerer gehabt habe. Vielmehr sei es allein Sache des Klägers gewesen, seine Zulassung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen herbeizuführen. Dementsprechend habe sich auch die Ermittlung des immateriellen Praxiswerts ausschließlich an den Umsätzen/Gewinnen der letzten drei Jahre vor der Veräußerung orientiert, gemindert um den nicht übergegangenen privatärztlichen Anteil und erhöht um eigene - geschätzte - Privaterlöse von 10 % des Kassenumsatzes.

Demgegenüber verblieb das FA in seiner die Einsprüche als unbegründet zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 31.10.2007 (Bl. 82 Rb-Akte) unter Hinweis auf § 103 Abs. 4 SGB V bei seiner Auffassung, dass für den ausscheidenden Arzt die Möglichkeit geschaffen worden sei, den wirtschaftlichen Wert der Vertragsarztpraxis in Folge eines entsprechenden Nachfolgervorschlags zu verwerten. Diese wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit sei ein eigenständiges Wirtschaftsgut. Dieses unterliege - vergleichbar mit Güterfernverkehrs- und Lizenzgenehmigungen - keinem Wertverzehr beim Erwerber.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Im Jahr 2004 wurde der Kläger infolge eines Motorradunfalls erwerbsunfähig; er bezieht seit dem 1.7.2004 u. a. eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Zum 1.7.2004 brachte er seine Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis von Berufskollegen in P ein, die die ärztliche Vertretung in Z sicherstellen (im Einzelnen: Präambel des Praxisübergabevertrags vom 9.12.2005, Bl. 66-74 Rb-Akte). Mit Wirkung zum 1.3.2006 veräußerte der Kläger seine gesamte Praxis unter gleichzeitiger Rückverlegung nach Z an einen Berufskollegen zu einem Gesamtpreis von 60 000,00 Euro unter der Bedingung, dass der Berufskollege die Zulassung zur Fortführung des Vertragsarztsitzes erhalte.

Klagebegründend hält der Kläger daran fest, dass er kein Entgelt für einen selbständig bewertbaren Vorteil „Vertragsarztzulassung" entrichtet gehabt habe. Dem anders lautenden Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.9.2004 (13 K 412/01) lägen andere Sachverhaltsgegebenheiten zugrunde. Daher fände auch die im Anschluss an das vorgenannte finanzgerichtliche Urteil ergangene Verfügung der OFD Koblenz vom 12.12.2005 (jeweils JURIS) auf den vorliegenden Streitfall keine Anwendung. Entgegen finanzamtlicher Auffassung habe der Praxisveräußerer gemäß §§ 103 ff. SGB V keine Möglichkeit, den wirtschaftlichen Wert einer Vertragsarztpraxis zu realisieren. Vielmehr müsse der Erwerber selbst die gesetzlichen Voraussetzungen herbeiführen.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den geänderten Feststellungsbescheid 2002 vom 4.7.2007 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31.10.2007 dahin zu ändern, dass unter Abzug einer AfA von 24 542,51 Euro für den Praxiswert ein freiberuflicher Gewinn von 102 265,00 Euro festgestellt wird sowie den geänderten Feststellungsbescheid 2003 vom 27.7.2007 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31.10.2007 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er hält unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung an seiner Auffassung fest.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

            Wirtschaftlicher Vorteil einer Vertragsarztzulassung ist kein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut

Der Senat vermag die finanzamtliche Auffassung nicht zu teilen, dass der „wirtschaftliche Vorteil einer Vertragsarztzulassung" ein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut darstellt. Es handelt sich vielmehr um einen wertbildenden Faktor des Wirtschaftsguts „Praxiswerts" im Rahmen des Gesamtkaufpreises zum Erwerb der Vertragsarztpraxis (vgl. auch Michels, Ketteler-Eising in DStR 2008, 314 sowie in DStR 2006, 961).

            Begriff des Wirtschaftsguts

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung umfasst der gesetzlich nicht definierte Begriff „Wirtschaftsgut" zwar alle Sachen und Rechte[n] sowie sonstigen wirtschaftlichen, den Wert des Unternehmens erhöhende[n] Vorteile, die selbständig bewertbar und - über das Wirtschaftsjahr hinaus - nutzungsfähig sind (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 20.3.2003 - IV R 27/01, BStBl. II 2003, 878, BB 2003, 2342; 22.7.1988 - III R 175/85, BStBl. II 1988, 995, BB 1988, 2225, jeweils m. w. N.). Der Begriff ist weit gespannt. So wird zwar die Übertragbarkeit verlangt; es genügt jedoch, dass der Vorteil zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann. Eine Verkehrsfähigkeit i. S. einer Einzelveräußerbarkeit ist nicht erforderlich. Ein vermögenswerter Vorteil i. S. d. Grundsätze zum Wirtschaftsgut ist dann „selbständig bewertbar", wenn ein Erwerber des gesamten Unternehmens darin einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde (BFH-Urteile vom 10.8.1989 - X R 176-177/87, BStBl. II 1990, 15, m. w. N.).

            Einzelbestandteile eines Praxiswerts ...

Der Begriff des Wirtschaftsguts kann jedoch nicht soweit gehen, dass er auch Einzelbestandteile dessen umfasst, was als solches überhaupt den Begriff „Firmen-, Geschäfts- oder Praxiswert" bzw. „good will" eines Unternehmens ausmacht. Denn dieser wiederum ist eigenständiges, immaterielles Wirtschaftsgut, das sich aus vielen Einzelkomponenten zusammensetzt, wie Kundenkreis, Ruf, Organisation, Personal etc. Zwar hat die Rechtsprechung insoweit auch Einzelpositionen hieraus als „firmen- bzw. geschäftswertähnliche", also eigenständige, Wirtschaftsgüter definiert, wie ein Kundenstamm, ein Verlagswert oder eine Güterfernverkehrsgenehmigung (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 28.5.1998 - IV R 48/97, BStBl. II 1998, 268, BB 1998, 2205, m. w. N.). Voraussetzung aber ist stets das Vorhandensein von Rechtspositionen oder faktischen Verhältnissen, die - ähnlich wie der Geschäftswert als solcher - zwar mit dem Unternehmen und seinen Gewinnchancen unmittelbar verknüpft sind, die aber losgelöst von dem Unternehmen oder Unternehmensteil als selbständige Wirtschaftsgüter übertragbar sind. In diesen Fällen verselbständigt sich in Folge Einzelverwertungsmöglichkeit die an sich unselbständige Komponente - der wertbildende Faktor - des Geschäftswerts zu einem „ähnlichen" Wirtschaftsgut.

            ... sind nur bei Verselbstständigung ein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut

Im Streitfall kann von einer diesbezüglichen Verselbständigung - anders als in dem vom Niedersächsischen FG unter 13 K 412/01 (EFG 2005, 420) entschiedenen Fall und hieraus folgend: Verfügung der OFD Koblenz vom 12.12.2005 (DStR 2006, 610) - keine Rede sein.

            Im Streitfall erfolgt keine gesonderte Vergütung der Vertragsarztzulassung

Die Vertragsparteien hatten zwar den klägerischen Erwerb der (nur) Kassenpraxis davon abhängig gemacht (als „Geschäftsgrundlage"), dass dem Kläger der Vertragsarztsitz des Übergebers gemäß §§ 95 SGB V, 24 der Zulassungsordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) im „gesperrten Gebiet" im Nachbesetzungsverfahren (§ 103 Abs. 4 und 5 SGB V in der Fassung vom 23.6.1997) zugeteilt wird, nachdem der Übergeber seinen diesbezüglichen Verzicht (§ 103 Abs. 4 S. 1 SGB V) gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärt hat. Eine gesonderte Vergütung hierfür ist jedoch - anders in dem vom Niedersächsischen FG entschiedenen Fall - nicht erfolgt. Der dortige Kläger (zu 2.) war an der Praxis des Veräußerers und dessen Patientenstamm nicht interessiert; nach Erhalt der Zulassung verlegte er den Vertragssitz an einen anderen Ort. Das an den Ausscheidenden entrichtete Entgelt bezog sich demzufolge ausschließlich auf den Vertragsarztsitz.

            Dem diesbezüglichen wirtschaftlichen Vorteil kommt gegenüber dem Praxiswert als solchen keine eigenständige Bedeutung zu

Im Streitfall dagegen hatten die Vertragsparteien das Entgelt für den Praxiswert (440 000,00 DM) ausschließlich am erzielten Umsatz/Gewinn orientiert. Dieser hängt zwar unmittelbar mit der Kassenzulassung im Planungsbereich zusammen, da die Privatpraxis nicht veräußert wurde. Jedoch kommt dem diesbezüglichen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber dem Praxiswert als solchen keine eigenständige Bedeutung zu. Der Vertragsarztsitz, also die öffentlich-rechtliche Erlaubnis, am Ort der Niederlassung als Arzt auf einem bestimmten Sachgebiet an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, hat im Gegensatz zur Praxis als solcher keinen eigenen Vermögenswert; er ist höchstpersönlich und kann weder übertragen noch gepfändet werden (BSG-Urteil vom 10.5.2000 - B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159). Die Zulassung endet u. a. durch - gleichfalls höchstpersönlichen und nicht widerrufbaren - Verzicht (§ 103 Abs. 4 S. 1 SGB V). Dieser löst zwar auf Antrag des Verzichtenden das Nachbesetzungsverfahren aus; jedoch entscheidet der Zulassungsausschuss über den Nachfolger nach Ausschreibung der Praxis nach pflichtgemäßem Ermessen. Zwar ist das Nachbesetzungsverfahren zum 1.1.1993 auch eingeführt worden, um dem Inhaber einer Kassenpraxis deren wirtschaftliche Verwertung zu ermöglichen und so den grundgesetzlich geschützten Besitzstand des Vertragsarztes im gesperrten Gebiet zu wahren (Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, 3. Aufl. 2005, Nr. 4.1; Niedersächsisches FG in EFG 2005, 420 m. w. N.). Dem Übergeber wird auch großen Einfluss auf die Auswahl des Nachfolgers eingeräumt. Denn zum einen wird das Nachbesetzungsverfahren nur auf Antrag des ausscheidenden Arztes eingeleitet (§ 103 Abs. 4 S. 1 SGB V); zum anderen müssen auch dessen wirtschaftliche Interessen beachtet werden (vgl. letzter Satz der vorgenannten Bestimmung). Dem Praxisveräußerer wird es daher in aller Regel möglich sein, den Erwerber - soweit fachlich kompetent - „durchzudrücken".

Jedoch bezweckt die Vorschrift nicht, dass Zulassungen zu einem „Handelsgut" verkommen, sondern ausschließlich die Fortführung der Praxis. Steht daher für den Erwerber die Praxis bzw. deren Fortführung klar im Vordergrund und orientiert sich der zu zahlende Kaufpreis ausschließlich an der Ertragskraft dieser Praxis auf Grund deren Patientenstruktur, so stellt die (fortgeführte) Praxis zusammen mit dem bisherigen Patientenstamm eine - auch steuerlich - untrennbare Einheit mit der Kassenzulassung dar; letztere bildet den Praxiswert (Michels/Ketteler-Eising, a. a. O.). Dieser ist in besonderem Maße gekennzeichnet durch das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient; der Übernehmer muss sich in dieses einfinden.

            Unterschied zur Güterfernverkehrskonzession

Im Streitfall stand die Fortführung der Praxis durch den Kläger klar im Vordergrund. Er übernahm mit Ausnahme der Privatpatienten den gesamten Patientenstamm/die Patientenkartei sowie die materiellen Wirtschaftsgüter der Praxis. Der Vertragsarztsitz blieb bestehen; eine Wegverlegung war auch nicht beabsichtigt. Zwar hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bspw. Güterfernverkehrskonzessionen auch dann noch als „firmenwertähnliche", also vom Firmenwert abzuspaltende, eigenständige, immaterielle und nicht abschreibbare Wirtschaftsgüter behandelt, nachdem ab dem 9.7.1979 durch § 10 Abs. 3 GüKG (in der damaligen Fassung) für neu zu erteilende Genehmigungen ein Vergabeverfahren durch öffentliche Ausschreibung eingeführt worden waren (vgl. BFH-Urteil vom 22.3.1989 - 2 R 15/86, BStBl. II 1989, 644, m. w. N.). Allerdings wurde dort durch das vereinfachte Verfahren nach § 10 Abs. 4 GüKG sichergestellt, dass ein Erwerber eines ganzen Speditionsunternehmens in Absicht der Betriebsfortführung die dem Veräußerer bislang erteilten Genehmigungen übernehmen konnte; sie wurden für den Einzelnachfolger/Konzessionsbewerber „bereitgehalten". Eine dem (damaligen) § 10 Abs. 4 GüKG vergleichbare Regelung enthält § 103 SGB V aber nicht; der Vertragsarztsitz ist immer auszuschreiben und der Nachfolger ist „nach pflichtgemäßem Ermessen" auszuwählen. Wenn gleich der Übergeber - wie ausgeführt - erheblichen Einfluss hinsichtlich der Auswahl des Praxisnachfolgers hat, bleibt es doch dabei, dass der potentielle Praxiserwerber keinen Anspruch auf Auswahl im Nachbesetzungsverfahren hat. Ein dort nicht berücksichtigter Erwerber könnte bei einem vorrangigen Eintrag seiner Person in der Warteliste (§ 103 Abs. 5 SGB V) und ggfs. gleicher oder besserer Qualifikation ggfs. Schadensersatzansprüche gegen den Zulassungsausschuss geltend machen.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO; der Ausspruch über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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