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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
16.01.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Verpflichtung zur Offenlegung von Jahresabschlüssen mit dem GG bzw. dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar

LG Bonn, Beschluss vom 7.10.2008 - 30 T 122/08

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EURO wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 08.04.2008, zugestellt am 11.04.2008, angedroht. Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 28.04.2008 (Eingang) Einspruch eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt. Gegen die ihr am 27.08.2008 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 03.09.2008 sofortige Beschwerde eingelegt.

Aus den Gründen

II. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung ist rechtmäßig und beruht auf § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB.

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn hat bereits entschieden, dass §§ 325, 335 HGB verfassungsgemäß sind (vgl. Beschlüsse vom 19.01.2007 - 11 T 19/05, und 30.06.2008 - 11 T 48/07, jeweils nrwe.de). Dem schließt sich die 5. Kammer für Handelssachen an. Aus den Gründen der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz verstößt die ordnungsgeldbewehrte Offenlegungspflicht auch nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht oder an den Europäischen Gerichtshof sind daher nicht veranlasst.

Die ordnungsgeldbewehrte Offenlegungspflicht ist im Hinblick auf die Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaft insbesondere zum Gläubigerschutz und zur Gewährleistung der Markttransparenz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig; das gilt auch für kleine Kapitalgesellschaften, für die die offen zu legenden Jahresabschlussunterlagen beschränkt sind. Die von der Beschwerdeführerin angeführten anderen Auskunfts- und Schutzmöglichkeiten (Kreditauskunft, Einsicht in Geschäftsunterlagen durch die finanzierende Bank, Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzverwaltung oder der Berufsgenossenschaft, Eigentumsvorbehalt, dingliche Sicherheit, Bürgschaft) ersetzen die Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen nicht. Deren generelle Offenlegung sieht der Gesetzgeber zum Gläubigerschutz und zur Gewährleistung der Markttransparenz auch betreffend kleine Kapitalgesellschaften als erforderlich an; das ist aus Sicht des Beschwerdegerichts im Hinblick auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Da auch kein Zwang zum Betrieb eines Handelsgeschäfts in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft besteht und diese sich auf die Offenlegungspflicht einrichten kann, ist die ordnungsgeldbewehrte Offenlegungspflicht auch verhältnismäßig.

Die übrigen von der Beschwerdeführerin angeführten rechtsstaatlichen Bedenken sind unbegründet. Die sofortige Beschwerde hat nach § 24 FGG aufschiebende Wirkung betreffend das festgesetzte Ordnungsgeld. Ein weiteres Rechtsmittel ist zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nicht erforderlich; der Zugang zum gesetzlichen Richter ist eröffnet. Die angeführten Verfahrenskosten sind für das Verfahren beim Bundesamt für Justiz und für das Beschwerdeverfahren durchaus gering (vgl. JVKostO, KostO). Zur Mitteilung über etwaige - dem Beschwerdegericht tatsächlich nicht bekannte - Musterverfahren sind weder das Bundesamt für Justiz noch das Beschwerdegericht gehalten. Die Dauer des Ordnungsgeldverfahrens ist im Hinblick auf die Zahl der nicht offen legenden Kapitalgesellschaften nicht unangemessen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).

Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EURO.

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