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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
17.05.2023
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Verpachtete landwirtschaftliche Flächen als gewillkürtes Betriebsvermögen

FG Münster, Urteil vom 8.3.2023 – 6 K 3211/21 E, rkr.

ECLI:DE:FGMS:2023:0308.6K3211.21E.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2023-1200-1

Sachverhalt

Streitig ist die Frage, ob es sich bei zugekauften, nicht selbst bewirtschafteten Flächen, die die Kläger verpachteten, um gewillkürtes Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers handelt.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2018 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Dieser umfasste 16,3 ha im Eigentum des Klägers stehende sowie 3,63 ha zugepachtete, selbst bewirtschaftete Flächen. Der Kläger erzielte aus der Bewirtschaftung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (LuF). Seinen Gewinn aus LuF ermittelte der Kläger bis zum Wirtschaftsjahr 2009/2010 nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 erfolgte die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG. Darüber hinaus erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Kläger erwarben mit notariellen Verträgen vom 28.05.1997 und 30.06.1997 zu je ½ Miteigentumsanteil von Herrn E 1 und Frau E 2 folgende Flächen, die sie zunächst wie folgt nutzten:

Gemarkung R

Flur 1, Nr. 1 Acker, 0,6584 Ha  verpachtet

Flur 1, Nr. 2, Acker, 0,6590 Ha  verpachtet

Flur 1, Nr. 3, Acker, 2,4728 Ha  entgeltlich verpachtet

Flur 1, Nr. 4, Acker, 0,6586 Ha  verpachtet

Flur 2, Nr. 5, Acker, 1,8345 Ha  entgeltlich verpachtet

Diese Flächen bewirtschaftete der Kläger nicht selbst, sondern die Kläger überließen sie zunächst den ursprünglichen Eigentümern im Wege der (entgeltlichen/unentgeltlichen) Verpachtung.

Ab dem 01.01.2007 verpachteten die Kläger die vorgenannten Grundstücke entgeltlich an ihren damals minderjährigen Sohn U 3 zu einem Pachtzins i.H.v. jährlich X €. Die hieraus erzielten Pachteinnahmen erklärte allein der Kläger ab dem Kalenderjahr 2008 in voller Höhe bei seinen Einkünften aus LuF. Anlageverzeichnisse führte der Kläger bis zum Wirtschaftsjahr 2018/2019 nur über bewegliche Wirtschaftsgüter. Ein Anlageverzeichnis mit einer Auflistung des unbeweglichen Anlagevermögens (Flächen) wurde erstmalig mit der Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2018/2019 beim Beklagten eingereicht. Nach Umstellung der Gewinnermittlung auf eine Einnahmen/Überschussrechnung i.S. des § 4 Abs. 3 EStG ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 erfasste der Kläger die Einnahmen im Rahmen seiner Gewinnermittlung auf dem Konto 621 (Pachterlöse).

Mit Schenkungsvertrag vom 02.11.2018 übertrug der Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil an den streitgegenständlichen Grundstücken Flur 1 Nr. 1, 2, 3, 4 und Flur 2 Nr.5 auf die Klägerin.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2018 zogen die Kläger keine steuerlichen Konsequenzen aus der Übertragung des streitgegenständlichen Grundvermögens. Der Beklagte veranlagte die Kläger erklärungsgemäß mit Einkommensteuerbescheid 2018 vom 23.01.2020. Der Bescheid erging unter der Vorbehalt der Nachprüfung i.S. des§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) führte für den Veranlagungszeitraum 2018 eine abgekürzte Außenprüfung bei den Klägern durch. Die Prüfung umfasste insbesondere die Eigentumsübertragung der streitgegenständlichen Flächen vom Kläger auf die Klägerin (Schenkungsvertrag vom 02.11.2018). Im Rahmen der Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die von Herrn E 1 und Frau E 2 zugekauften Flächen gewillkürtes Betriebsvermögen des Klägers darstellten, da der Kläger die Flächen in der Anlage L eingetragen und Einkünfte aus LuF aus der Verpachtung erklärt habe.

Der Prüfer kam insoweit zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung einer beantragten § 6b EStG-Rücklage im Wirtschaftsjahr 2018/2019 ein laufender Gewinn i.H.v. X € zu versteuern sei.

Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 22.01.2021 einen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2018 in dessen Rahmen er den Gewinn aus LuF gegenüber dem vorausgegangenen Bescheid um X € erhöhte.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit Einspruch vom 24.02.2021 in dessen Rahmen sie die Auffassung vertraten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Flächen um Privatvermögen der Kläger gehandelt habe. Die Erklärung von Einkünften aus LuF sei versehentlich erfolgt. Darüber hinaus wandten die Kläger ein, dass selbst bei unterstellter Betriebsvermögenseigenschaft der ermittelte Gewinn der Höhe nach falsch sei. Nach der aufgeführten Berechnung betrage dieser lediglich X €.

Im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2021 schloss sich der Beklagte dem Vortrag der Kläger insoweit an, als dass er den Gewinn der Höhe nach auf X € begrenzte und für das Jahr 2018 einen anteilig zu erfassenden Gewinn i.H.v. X € ansetzte. Unter Anrechnung übriger laufender Verluste aus LuF i.H.v. X € berücksichtigte der Beklagte im Rahmen des geänderten Einkommensteuerbescheids 2018 vom 15.11.2021 Einkünfte des Klägers aus LuF i.H.v. insgesamt X €.

Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Hierzu gab er an, dass die im Jahr 1997 hinzuerworbenen Flächen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Klägers seien. Der Kläger habe den ihm zuzuordnen Miteigentumsanteil im Zeitpunkt des Erwerbs durch eindeutige Zuweisungsentscheidung seinem Betriebsvermögen zugeordnet. Die Zuordnungsentscheidung ergebe sich aus der Erklärung von Einkünften aus LuF aus der Verpachtung der Flächen. Soweit der Kläger Anlageverzeichnisse vorgelegt habe, seien diese fehlerhaft. Die Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Ehefrau führe zur Aufdeckung der stillen Reserven. Der Miteigentumsanteil der Ehefrau stelle Privatvermögen dar, da sie die Flächen nicht selbst bewirtschaftet habe und auch keine Absicht zur Selbstbewirtschaftung erkennbar sei. Auf die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2021 wird im Übrigen Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die am 16.12.2021 erhobene Klage. Zur Begründung tragen die Kläger vor, dass es sich bei den hinzuerworbenen Flächen um Privatvermögen der Kläger gehandelt habe. Der Kläger habe bis zum Wirtschaftsjahr 2009/2010 seinen Gewinn nach Durchschnittssätzen i.S. des § 13a EStG ermittelt. Nach der damals geltenden Rechtsauffassung habe bei der Ermittlung des Gewinns aus LuF nach Durchschnittssätzen kein gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden können. Soweit der Kläger ab dem Jahr 2010/2011 seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt habe, fehle es an einer eindeutigen Zuordnungsentscheidung. Der Kläger habe dem Beklagten weder schriftlich noch mündlich angezeigt, dass er die streitgegenständlichen Flächen dem Betriebsvermögen zuordne. Der Kläger habe die Flächen nicht in sein Anlageverzeichnis aufgenommen. Die Verbuchung der Pachterlöse auf dem Konto 1 ersetze nicht einen verbindlichen Willkürakt.

Sollte der Ansicht des Beklagten zu folgen sein, dass gewillkürtes Betriebsvermögen vorliege, so sei dies erst ab dem Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG möglich gewesen. Dann wären die streitigen Flächen zum 01.07.2010 jeweils mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG), d.h. regelmäßig mit dem damals geltenden Bodenrichtwert in das Betriebsvermögen einzulegen gewesen.

Ergänzend führen die Kläger mit Schreiben vom 26.01.2023 an, dass die zur Entnahme entwickelte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) spiegelbildlich für die Einlage gelte. Hier führe die Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gerade nicht zur Entnahme. Die Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für sich allein sei keine unmissverständliche Kundgabe eines Entnahmewillens. Soweit der Beklagte eine Mitunternehmerschaft von Landwirts-Ehegatten annehme, wäre die Übertragung vom Sonderbetriebsvermögen des Klägers in das Sonderbetriebsvermögen der Klägerin nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG möglich.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 15.11.2021 dahingehend zu ändern, dass der laufenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um X € niedriger angesetzt wird,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2021 und führt mit Schreiben (ohne Datum), eingegangen am 25.01.2023, ergänzend aus, dass die hinzuerworbenen Flächen zumindest seit dem Übergang zur Einnahmenüberschussrechnung im Wirtschaftsjahr 2010/2011 zum gewillkürten Betriebsvermögen des im übrigen selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers gehörten. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Flächen durch den bei Pachtbeginn minderjährigen Sohn des Klägers von der Hofstelle der Eltern aus bewirtschaftet worden seien. Hierdurch ergebe sich für die Flächen eine gewisse objektive Beziehung zum Betrieb des Klägers, weil die Flächen durch Synergien geeignet seien, den Betrieb des Klägers zu fördern.

Weiterhin trägt der Beklage vor, dass der vorliegende Fall sich von dem des FG Köln (Urteil vom 21.09.2016 - 4 K 1927/15) insoweit unterscheide, als dass der Kläger vorliegend gar kein Grundstücksverzeichnis vorgelegt habe. Da der steuerlich beratene Kläger keine Grundstücksverzeichnisse geführt habe, habe er seine Zuordnungsentscheidung beim Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 durch die Erklärung der Pachteinnahmen als Betriebseinnahmen in der Anlage L und durch die Erfassung der Pachteinnahmen in den Einnahmeüberschussrechnungen getroffen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger über die streitgegenständlichen Flächen hinaus keine Pachteinnahmen erklärt habe, sodass die Zuordnungsentscheidung eindeutig sei. Ferner enthielten die Steuererklärungen neben den Pachterlösen auch Angaben über die Eigentumsflächen des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens, die auch die verpachteten Flächen beinhalteten. Das hierbei auch die Eigentumsflächen der Ehefrau eingerechnet worden seien, könne vor dem Hintergrund der hier nicht streitigen möglicherweise nicht ausdrücklich vereinbarten Mitunternehmerschaft von Landwirtsehegatten erst recht nicht gegen eine Widmung zum Betriebsvermögen ausgelegt werden.

Mit Schreiben vom 27.02.2023 hat der Beklagte hierzu näher ausgeführt, dass eine Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern nicht bestanden habe. Ehegatten könnten in der LuF zwar ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn jeder der Ehegatten einen erheblichen Teil der selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zur Verfügung stelle. Voraussetzung sei dabei jedoch, dass die Ehegatten die Grundstücke gemeinsam in einem Betrieb bewirtschaften, so dass von einer gemeinsamen Zweckverfolgung ausgegangen werden könne. Daran fehle es vorliegend. Sämtliche Flächen der Kläger seien entweder verpachtet oder ausschließlich vom Ehemann allein bewirtschaftet worden.

Die Kläger haben mit Schreiben vom 06.12.2022 und der Beklagte mit Schreiben vom 25.01.2023 auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Aus den Gründen

Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

A. Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO).

Zulässigkeit und Begründetheit der Klage

B. Die zulässige Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2018 vom 15.11.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus LuF aufgrund der Übertragung der streitgegenständlichen Flächen vom Kläger auf die Klägerin um X € erhöht hat.

Die vom Kläger an die Klägerin übertragenen streitgegenständlichen, nicht selbst bewirtschafteten Flächen stellen kein gewillkürtes Betriebsvermögen des klägerischen Betriebs der LuF dar.

Zuordnung zum gewillkürten Betruebsvermögen

I. Wirtschaftsgüter können dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet werden, wenn sie in einem gewissen objektiven Zusammenhang zu dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind. Des Weiteren muss der Unternehmer seinen Zuordnungswillen klar bekunden (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.1981 - IV R 129/78, BFHE 133, 282, BStBl II 1981, 618, m.w.N.). Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei einer Gewinnermittlung nach § 13a EStG war nach Rechtsprechung des BFH über lange Zeit nicht möglich (BFH-Urteil vom 23.05.1991 - IV R 58/90, BFHE 164, 537, BStBl II 1991, 798 [BB 1991, 1830]). Die Finanzverwaltung lässt die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens zumindest seit dem Wirtschaftsjahr 2015/2016 zu (vgl. R 4.2 Abs. 9 EStR i.V.m. R 4.2. Abs. 16 EStR.).

Auch Steuerpflichtigen, die ihrem Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, haben sowohl der BFH als auch die Finanzverwaltung die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens in der Vergangenheit stets versagt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.10.1982 - IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101; R 13 Abs. 16 EStR 2003). Erst mit seinem Urteil vom 02.10.2003 - IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BB 2003, 2724] hat der BFH bzw. mit seinem Schreiben vom 17.11.2004 (IV B 2-S 2134-2/04, BStBl I 2004, 1064 [BB 2004, 2809]) das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die bis dahin vertretenen Rechtsauffassungen aufgegeben.

Die Entscheidung des Steuerpflichtigen, ein Wirtschaftsgut dem (gewillkürten) Betriebsvermögen zuzuordnen, setzt jedoch voraus, dass das betroffene Wirtschaftsgut seiner Art nach objektiv geeignet ist, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und dass es subjektiv von seinem Eigentümer dazu bestimmt ist (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 07.11.1995 - III B 66/93, BFH/NV 1996, 327, m.w.N.). Dabei kann der erforderliche objektive Förderungszusammenhang nicht allein aufgrund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen – wie durch die Erfassung in der Gewinnermittlung einer freiberuflichen Praxis – angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990 - GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 [BB 1990, 2080]; BFH-Urteil vom 08.02.2011 - VIII R 18/09, BFH/NV 2011, 1847). Vielmehr ist für die Bestimmung des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut zur Erzielung betrieblicher Einkünfte zu verwenden, ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter, Widmungsakt erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 19.03.1981 - IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731; BFH-Urteil vom 02.10.2003 - IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BB 2003, 2724]; BFH-Urteil vom 23.04.2009 - IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650). Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG hat die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung zum Betriebsvermögen dabei besondere Bedeutung, weil für diese Gewinnermittlungsart keine allgemein umfassende Buchführungspflicht besteht. Für den Akt der (erstmaligen) Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen verlangt die Rechtsprechung daher, dass der Zuordnungsakt unmissverständlich in einer solchen Weise dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann (vgl. BFH-Urteil vom 02.10.2003 - IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BB 2003, 2724]). Eine nur fehlerhafte Erklärung des Steuerpflichtigen genügt insoweit grundsätzlich nicht (vgl. FG Düsseldorf-Urteil vom 01.06.2006 - 15 K 2167/04 E, EFG 2006, 1499).

Streitgegenständliche Grundstücke sind nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen zu qualifizieren

II. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die streitgegenständlichen Grundstücke nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen zu qualifizieren. Es fehlt nach Überzeugung des Senats an einem eindeutig nach außen verbindlich manifestierten, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierten Widmungsakt des Klägers.

Keine Anlageverzeichnisse, aus denen eine eindeutige Zuordnung zum Betriebs- oder zum Privatvermögen entnommen werden könnte

1. So hat der Kläger keine Anlageverzeichnisse geführt, aus denen sich ergeben könnte welche Grundstücke er dem Betriebs- und welche er dem Privatvermögen zugeordnet hat. Insofern kann aus der Nichtführung der Verzeichnisse auch kein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter Wille des Klägers entnommen werden. Denn aus der Nichtführung der Verzeichnisse kann weder geschlossen werden, dass der Kläger den Willen hatte, überhaupt kein Betriebsvermögen zu bilden, noch dass er den Willen hatte, sämtliche in seinem Eigentum stehenden Grundstücke dem Betriebsvermögen zuzuordnen.

Verpachtung der Grundstücke an den Sohn unmittelbar nach dem Kauf

2. Weiterhin wurden die Grundstücke unmittelbar nach dem Kauf an die ursprünglichen Eigentümer und nachfolgend an den Sohn der Kläger verpachtet. Eine beabsichtigte Selbstnutzung zu eigenbetrieblichen Zwecken ist nicht ersichtlich. Auch wurden vom Beklagten keinerlei Indizien vorgetragen, die auf eine derartige beabsichtigte Selbstnutzung schließen lassen könnten.

Auch die Erklärung der Pachteinnahmen als Einkünfte aus LuF beinhaltet nicht die ausdrücklich geforderte unmissverständliche Dokumentation eines Zuordnungsaktes

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten beinhaltet auch die Erklärung der Pachteinnahmen als Einkünfte aus LuF im hier vorliegenden Fall nicht die vom BFH in seinem Urteil vom 02.10.2003 – IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BB 2003, 2724] ausdrücklich geforderte unmissverständliche Dokumentation eines Zuordnungsaktes.

Dies ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der erstmaligen Erklärung von Einkünften aus LuF im Zusammenhang mit der Verpachtung der streitgegenständlichen Grundstücke seinen Gewinn nach § 13a EStG ermittelt hat. Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei einer Gewinnermittlung nach § 13a EStG war sowohl nach Rechtsprechung des BFH als auch nach Auffassung der Finanzverwaltung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich (BFH-Urteil vom 23.05.1991 - IV R 58/90, BStBl II 1991, 798 [BB 1991, 1830]). Insoweit erschließt es sich nicht, wie einer Handlung, die nach der zu dieser Zeit geltenden Rechtslage keine Bedeutung zukommen konnte, rückwirkend eine solche Bedeutung zugemessen werden kann. In der Erklärung der Einkünfte aus LuF kann damit keine unmissverständlich dokumentierte Zuordnungsentscheidung gelegen haben, sondern schlicht eine falsche Erklärung, die für die Zuordnungsentscheidung nicht maßgeblich ist.

Auch bei der Umstellung der Gewinnermittlung keine Handlung, aus der sich sein Wille zur Zuordnung der Grundstücke zum Betriebsvermögen unmissverständlich ergeben könnte

4. Soweit der Kläger seine Gewinnermittlung im Jahr 2010/2011 auf eine Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG umgestellt hat, hat er auch in diesem Zuge keine Handlung vorgenommen, aus der sich sein Wille zur Zuordnung der Grundstücke zum Betriebsvermögen unmissverständlich ergeben könnte. Der Kläger hat im Zuge der Umstellung der Gewinnermittlung weder ein Bestandverzeichnis über seine Grundstücke erstellt noch anderweitig eine Einlage nach außen kenntlich gemacht. Er hat schlicht die von Beginn an fehlerhafte Erklärung als Einkünfte aus LuF fortgeführt.

Eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter Widmungsakt liegt daher nicht vor

5. Ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter Widmungsakt liegt daher nicht vor. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der BFH im Rahmen seiner Entscheidung aus dem Jahre 2003 (vgl. BFH-Urteil vom 02.10.2003 – IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BB 2003, 2724]) zur Frage der Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen ausdrücklich auf die Anforderungen Bezug genommen hat, die an das Verhalten des Steuerpflichtigen zur Dokumentation einer Entnahme gestellt werden. Insoweit gilt jedoch, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH allein die Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zur Betriebsaufgabe/Entnahme eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen führen kann (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 20.01.1999 – IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073; BFH-Urteil vom 15.10.1987 – IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; BFH-Urteil vom 23.02.1989 - IV R 63/87, BFH/NV 1990, 219; BFH-Urteil vom 27.11.1997 - IV R 86/96, BFH/NV 1998, 834; BFH-Urteil vom 22.04.1988 - III R 104/85, BFH/NV 1989, 18). Allein die Erklärung von Einnahmen aus LuF kann somit im Umkehrschluss aus der vorgenannten ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Ermangelung von Eindeutigkeit auch nicht zur Einlage führen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus BFHE 187, 42

6. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in der Einspruchsentscheidung benannten Urteil des BFH vom 24.09.1998 – IV R 1/98, BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55. In diesem Urteil führt der BFH zwar aus: „Im Streitfall haben die Kläger geltend gemacht, dass sie das 18 ha große Grundstück in A zur Erweiterung ihres seit 1984 an ihren Sohn verpachteten Familienbetriebs erworben haben. Diese Absicht haben sie in der Einkommensteuererklärung 1990 dadurch dokumentiert, dass sie die auf dieses Grundstück entfallenden Einnahmen und Ausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfassten.“

Das Urteil betrifft aber ausdrücklich die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum notwendigen Betriebsvermögen im Rahmen eines reinen Verpachtungsbetriebs. Zur Frage der Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen verhält sich das Urteil nicht. Darüber hinaus hat der BFH im Rahmen seines Urteils vom 19.12.2019 – VI R 53/16, BFHE 267, 260, BStBl II 2021, 427 [BB 2020, 1007 m. BB-Komm. Abele] die Entscheidung des FG Köln vom 21.09.2016 – 4 K 1927/15, EFG 2016, 2047 bestätigt, in der das FG Köln sich ausführlich mit der Frage beschäftigt hat, ob allein die Erklärung von Einkünften aus LuF eines steuerlich beratenen Steuerpflichtigen zu einer Einlage ins gewillkürte Betriebsvermögen führen kann, wenn zur Zeit der erstmaligen Erklärung von Einkünften aus LuF die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens noch nicht möglich war. Das FG Köln hat dies verneint.

Verpachtung an den Sohn und nicht an einen fremden Dritten rechtfertigt keine andere Entscheidung

III. Der Umstand, dass die Kläger die streitgegenständlichen Flächen nicht an einen fremden Dritten, sondern an ihren Sohn verpachtet haben, vermag keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich, dass die Kläger und der Sohn tatsächlich gemeinschaftlich auf den Flächen gewirtschaftet haben und die streitgegenständlichen Flächen insoweit dem Betriebsvermögen des klägerischen Betriebs zuzurechnen waren.

Senkung der Einkünfte aus LuF und Neuberechnung der Steuer

C. Die Einkünfte des Klägers aus LuF sind folglich um X € zu senken. Die Neuberechnung der Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten auferlegt.

Kostenentscheidung

D. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit

E. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Keine Zulassung der Revision

F. Die Revision wird nicht zugelassen. Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des BFH ab.

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