OLG Frankfurt a. M.: Unternehmenswertermittlung mittels Schätzung
OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 24.11.2011 - Aktenzeichen 21 W 7/11 (Vorinstanz: LG Frankfurt/Main vom 14.09.2011 - Aktenzeichen 3/5 O 203/07; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. Im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens nach § 1 SpruchG ist der Unternehmenswert mittels einer eigenen Schätzung durch das Gericht in entsprechender Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln. Zum Zwecke der Schätzung ist hierbei regelmäßig auf die im Bewertungsgutachten erläuterten und von dem sachverständigen Prüfer analysierten Methoden, Parameter und Planzahlen zurückzugreifen, sofern diese sich im Rahmen der gerichtlichen Prüfung als vertretbar und plausibel erweisen sowie eine wertende Gesamtsicht des dergestalt ermittelten Unternehmenswertes keine andere Betrachtungsweise nahelegt. 2. Die Annahme einer Marktrisikoprämie von 5,5 % ist für einen Mitte des Jahres 2007 liegenden Bewertungsstichtag nicht zu beanstanden. 3. Zur Berechnung der Höhe des angemessenen Ausgleichs bei harter Patronatserklärung und zusätzlichem Barangebot für den Fall der Kündigung des Unternehmensvertrages. 4. § 15 Abs. 4 SpruchG schließt einen Rückgriff auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG in der bis zum 1. September 2009 anwendbaren Fassung nicht aus. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: AktG § 304; AktG § 305; SpruchG § 1; ZPO § 287; Redaktionelle Normenkette: AktG § 304; AktG § 305; SpruchG § 1; ZPO § 287;
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2. Die für den festen Ausgleich im Unternehmensvertrag festgesetzte Höhe von 1,01 € bis zum Jahr 2007 und ab dem Geschäftsjahr 2008 von 1,10 € netto, d.h. jeweils nach Unternehmersteuern, aber vor Unternehmenssteuern, ist - anders als das Landgericht gemeint hat - angemessen und gibt keine Veranlassung zu einer gerichtlichen Korrektur. |
a) Die auf Überprüfung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung gerichteten Anträge der Antragsteller sind zulässig. |
Insbesondere sind sie statthaft. Denn die Höhe der den außenstehenden Aktionären neben der angemessenen Abfindung gemäß § 304 Abs. 1 AktG zu gewährenden, festen Ausgleichszahlung unterliegt dem Willen des Gesetzgebers zufolge ebenfalls einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen eines Spruchverfahrens (§ 304 Abs. 3 Satz 3 AktG). |
Überdies fehlt es den Antragstellern auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgarts (vgl. insbesondere OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. Juni 2011 - 20 W 2/11 -, Juris Rdn. 73 ff.) geltend macht, die auf die Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs gerichteten Anträge seien vorliegend ausnahmsweise wegen des Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, vermag dem - ohne dass es hierauf im Ergebnis ankäme - der Senat nicht zu folgen. |
Zwar weist die Antragsgegnerin insoweit zu Recht unter Bezugnahme auf eine mittlerweile rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. August 2009 (NZG 2010, 389) darauf hin, dass eine Ausgleichszahlung nach dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag niemals gezahlt worden und auch in Zukunft nicht geschuldet ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass noch vor der Fälligkeit der ersten Ausgleichszahlung der Ausschluss der Minderheitsaktionäre in das Handelsregister eingetragen worden ist und die Antragsgegnerin ebenfalls - dem rechtskräftigen Urteil zufolge - keinen zeitanteiligen Ausgleich für den Zeitraum von der Beschlussfassung bis zur Eintragung des Übertragungsbeschlusses schuldet. |
Gleichwohl ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein Rechtsschutzbedürfnis dadurch begründet, dass die Höhe der Ausgleichszahlung für die Bemessung der Barabfindung im Rahmen des Squeeze out, nämlich über deren Barwert, relevant sein kann. Bereits die nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Barwert der Ausgleichszahlungen für die Abfindung gemäß § 327b AktG eine Rolle spielen kann, rechtfertigt es, die Angemessenheit der Ausgleichszahlung - wie vom Gesetzgeber grundsätzlich vorgesehen - gerichtlich überprüfen zu lassen. Denn die im Rahmen des Squeeze out zu gewährende Abfindung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt von einem eventuell anderen Gericht in einer gegebenenfalls anderen Besetzung zu überprüfen sein, wobei allerdings die entsprechenden Verfahren bereits derzeit vor dem Landgericht Frankfurt am Main anhängig sind. Sollte dabei das erkennende Landgericht an seiner bisherigen, vom Senat gebilligten Rechtsprechung festhalten und die Höhe der Abfindung nach § 327b AktG maßgeblich durch den Barwert der Ausgleichszahlungen bestimmt ansehen, wäre die Höhe der jährlichen Zahlung nach § 304 AktG von wesentlicher Bedeutung für die Barabfindung. Eine Heraufsetzung des Ausgleichs durch den Senat hätte aufgrund des damit verbundenen gestaltenden Eingriffs in den zuvor abgeschlossenen Unternehmensvertrag eventuell eine Erhöhung der Abfindung nach § 327b AktG zur Folge. Die Möglichkeit, den Ausgang dieses anderen Verfahrens günstig im eigenen Sinne zu beeinflussen, ist ausreichend, um den Antragstellern den ihnen gewährten Rechtsschutz nicht zu verwehren, wobei der Senat aufgrund der Gleichzeitigkeit der Beschlussfassung über den Unternehmensvertrag und den Squeeze out mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon ausgeht, dass jedenfalls einige der Antragsteller in diesem Verfahren zugleich Berechtigte eines Abfindungsanspruchs nach § 327b AktG sind. |
Dabei steht der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses zunächst die Erwägung der Antragsgegnerin nicht entgegen, aufgrund des gleichzeitig beschlossenen, zwangsweisen Ausschlusses der Minderheitsaktionäre könne von einem gesicherten Fortbestand der Ausgleichszahlungen nicht ausgegangen werden. Denn der Squeeze out berührt den Fortbestand des Unternehmensvertrages nicht, und nur auf den kommt es für die Bemessung des Wertes der den Minderheitsaktionären durch die Zwangsübertragung entzogenen Unternehmensanteile an. |
Auch das weitere Argument, wonach bei gleichzeitigem Beschluss von Unternehmensvertrag und Squeeze out der Barwert der Ausgleichszahlung dem anteiligen Unternehmenswert entsprechen müsse (bzw. wegen der Vernachlässigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens jedenfalls nicht darüber liegen könne), vermag das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Zweifel zu ziehen. Dabei wird nicht hinreichend in Erwägung gezogen, dass die Entscheidung über die Höhe des Unternehmenswertes in dem Spruchverfahren zum Unternehmensvertrag nicht in Rechtskraft erwächst und mithin nachfolgende Gerichte nicht bindet. Ein anderer Spruchkörper könnte den Unternehmenswert bei dem Spruchverfahren zum Squeeze out mithin bereits auf der Grundlage desselben Sachvortrages identischer Beteiligter anders bewerten, was erst recht unter Berücksichtigung unterschiedlicher Beteiligter und eines denkbaren, anderen Sachvortrages gilt. |
Demgegenüber erwächst die im vorliegenden Verfahren zu überprüfende Höhe der Ausgleichszahlung in Rechtskraft, wobei es sich um einen die Rechtslage gestaltenden Beschluss handelt. Einer Heranziehung des Barwertes der Ausgleichszahlung zur Bestimmung der angemessenen Abfindung beim Squeeze out würde mithin bei Verweigerung eines entsprechend gestaltenden Beschlusses die Grundlage entzogen, ohne dass dies durch eine - das Rechtschutzbedürfnis ohnehin nicht entfallen lassende - implizite Überprüfung der Angemessenheit der gewährten Ausgleichszahlung im Rahmen des Spruchverfahrens zum Squeeze out überwunden werden könnte. Jedenfalls theoretisch möglich wäre es mithin, dass im späteren Spruchverfahren sich aufgrund hoher zuerkannter Ausgleichszahlungen im ersten Spruchverfahren eine höhere Abfindung ergibt, als der über die Barabfindung beim Squeeze out zu befindende Spruchkörper aus dem anteiligen Unternehmenswert ermitteln würde. Denkbar wäre aufgrund unterschiedlicher Korrekturen bei den Erträgen und den Kapitalisierungszinssätzen sogar eine Konstellation, bei der der im späteren Verfahren berechnete Barwert der Ausgleichszahlungen sowohl über der Barabfindung im ersten als auch über der Abfindung im zweiten Verfahren liegen könnte. |
Bereits diese Möglichkeit bedingt es, dass die vom Gesetzesgeber dem Wortlaut des Gesetzes zufolge zunächst gewährte Möglichkeit der Anrufung der Gerichte den Minderheitsaktionären nicht versagt werden kann. Ob es hingegen aufgrund der im Spruchverfahren geltenden besonderen Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin im Ausnahmefall treuwidrig sein kann, alle Aufklärungsmaßnahmen einzufordern oder sich aus der faktisch geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Höhe der Ausgleichszahlung eine eingeschränkte Ermittlung von Amts wegen ergibt, kann dahingestellt bleiben. Dabei handelt es sich nämlich ohnehin um eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit der Anträge. |
b) Auch im Übrigen bedarf die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses der Anträge keiner abschließenden Entscheidung des Senats. Denn die Anträge sind jedenfalls unbegründet. Die festgesetzte Ausgleichszahlung ist angemessen. |
aa) Dabei entspricht die Ausgleichszahlung grundsätzlich dem voraussichtlich verteilungsfähigen Bruttogewinnanteil je Aktie abzüglich der von der Gesellschaft hierauf zu entrichtenden Körperschaftssteuerbelastung samt Solidaritätszuschlag (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2003 - II ZB 17/01 "Ytong", NJW 2003, 3272). Ausgangspunkt der Berechnung der festen Ausgleichszahlung ist der Ertragswert, der für die Barabfindung berechnet worden ist (vgl. BGH, NJW 2003, 3272; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Februar 2008 - 20 W 10/06 -, Juris Rdn. 67). Dieser Ertragswert ist mit einem Verrentungszins zu multiplizieren und unter Berücksichtigung steuerlicher Effekte anteilig auf die einzelnen Aktien umzulegen. |
bb) Auszugehen ist mithin - dem Bewertungsgutachten folgend - von einem Unternehmenswert in Höhe von 9.335,2 Mio. € vor Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag (vgl. Stellungnahme im Vertragsbericht S. 58 und Prüfbericht S. 70), wobei es für das Ergebnis keine nennenswerte Rolle spielt, ob dabei das nicht betriebsnotwendige Vermögen in Höhe von 10,2 Mio. € herauszurechnen ist. Die Frage nach der Berücksichtigung nicht betriebsnotwendigen Vermögens bei der Berechnung des festen Ausgleichs bedarf daher hier keiner näheren Erörterung (vgl. dazu etwa KK/Koppensteiner, AktG, 2. Aufl., § 304 Rdn. 61 mwNachw.). |
cc) Zugleich bestehen - anders als das Landgericht meint - gegen den von der Antragsgegnerin zur Anwendung gebrachten Verrentungszins ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken. |
aaa) Mit der Antragsgegnerin ist zur Ermittlung des Verrentungszinses zunächst der Basiszins in Höhe von 4,5 % zugrunde zu legen. |
bbb) Die Erhöhung dieses Basiszinses um einen Risikozuschlag in Höhe von 0,15 % ist ebenfalls nicht zu beanstanden. |
(1) Der vorgenannte Basiszins ist um einen Risikozuschlag zu erhöhen, denn bei der Ausgleichszahlung handelt es sich wie bei der Investition in die Aktie eines nicht beherrschten Unternehmens um keine sichere Zahlung. |
Gleichwohl kann nicht der im Rahmen der Unternehmenswertbestimmung ermittelte Risikozuschlag des Kapitalisierungszinssatzes übernommen werden. Vielmehr bedarf dieser Zuschlag einer Neubestimmung. Insoweit kann der Auffassung einiger Antragsteller, eine Adjustierung des Risikozuschlages habe zwingend zu unterbleiben, weil sich dies mit dem Wortlaut von § 304 Abs. 2 AktG nicht vereinbaren lasse, nicht gefolgt werden. Denn in § 304 Abs. 2 AktG - so die Antragsteller - sei vorgesehen, dass sich die Höhe der Ausgleichszahlung an den zu erwartenden durchschnittlichen Ausschüttungen der beherrschten Gesellschaft auszurichten habe. Durch die Vorschrift werde allein die Höhe der Zahlung bestimmt; auf Risikoerwägungen könne es daher nicht ankommen. |
Diese Argumentation vermag hingegen nicht zu überzeugen. Wenn diese Ansicht nämlich zuträfe, müsste auf jede Form der Kapitalisierung des Ertragswertes verzichtet werden und stattdessen allein ein Durchschnitt der erwarteten Erträge pro Aktie gebildet werden. Dies scheinen aber selbst die Antragsteller nicht zu befürworten, weil sie ebenfalls von einem Verrentungskonzept ausgehen, nur dabei den höheren Kapitalisierungszins zur Anwendung bringen wollen. |
Der Ansatz eines Verrentungskonzeptes ist demgegenüber tatsächlich zwingend geboten, weil nur hierdurch dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass ein Gewinn in unmittelbarer Zukunft mehr wert ist als ein Gewinn in ferner Zukunft. Sähe man hingegen von dem Ansatz einer Verrentung ab, würde dieser fundamentale Unterschied bei der Bemessung der Ausgleichszahlung nicht berücksichtigt, was unangemessene Ergebnisse zur Folge hätte. Die Ausgleichszahlung eines Unternehmens, das erst in 100 Jahren einen Gewinn von 100 Geldeinheiten erwirtschaftet, wäre etwa ebenso hoch wie diejenige eines Unternehmens, das bereits im ersten Jahr seines Bestehens 100 Geldeinheiten an seine Anteilseigner auszuschütten vermag. |
Dem steht der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Insbesondere lässt sich aus diesem entgegen der Auffassung einiger Antragsteller kein Gebot, von Risikoerwägungen abzusehen, ableiten. So wird in der Vorschrift zwar von einer Verteilung des durchschnittlichen Gewinnanteils gesprochen. Gleichzeitig wird aber durch das Wort "voraussichtlich" betont, dass es sich um zukünftige und damit zwingend ungewisse Zahlungen handelt. Entsprechend ist es mit dem Wortlaut zu vereinbaren, dass der Ungewissheit dieser zukunftsbezogenen Zahlungen Rechnung getragen wird. Da es aber ausschließlich um die Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung geht, nicht hingegen um die Gewährung etwaiger Sicherheiten, kann einem unterschiedlichen Risiko der Zahlungen nur bei der Ermittlung der Ausgleichshöhe Rechnung getragen werden. Dies geschieht über eine Modifikation des Kapitalisierungszinses. Dass - anders als in § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG - die Verhältnisse der Gesellschaft in § 304 Abs. 2 AktG nicht ausdrücklich angesprochen werden, spielt demgegenüber keine Rolle, weil auch insoweit die bisherige Ertragslage der Gesellschaft Berücksichtigung zu finden hat. |
Überdies geht die in diesem Zusammenhang von einigen Antragstellern angestellte Kontrollüberlegung fehl, aus einem als konstant unterstellten Gewinn über alle Jahre hinweg folge zwingend, dass der Verrentungszins dem Kapitalisierungszins entsprechen müsse. In diesem Spezialfall - so die Überlegung der Antragsteller - müsse der zu gewährende Ausgleich dem annahmegemäß gleichbleibenden, anteiligen Gewinn entsprechen, und dieses Ergebnis erhielte man nur, sofern man den Unternehmenswert mit dem Kapitalisierungszins verrente. Dieses Argument berücksichtigt nicht, dass im Fall eines mit Sicherheit der Höhe nach gleichbleibenden Gewinns die Anlage nicht mit einem Risiko behaftet ist und folglich der Kapitalisierungszins dem Basiszins entsprechen muss. Der Risikoaufschlag wäre zwingend gleich Null, was einen noch geringeren Aufschlag undenkbar macht. Unterstellte man hingegen, dass der Gewinn - trotz seiner der Höhe nach angenommenen Konstanz - unsicher ist, ginge aus den bereits zuvor genannten Erwägungen hervor, dass der zu gewährende Ausgleich gerade nicht dem unsicheren, anteiligen Gewinn entsprechen müsste. Denn ein unsicherer Zahlungsstrom ist weniger wert als ein sicherer Zahlungsstrom gleicher Höhe, wenn man - wie üblich - davon ausgeht, dass die Anteilseigner die Übernahme von Risiko scheuen. |
Dabei steht zutreffender Ansicht nach einer solchen Anpassung des Risikozuschlages, wie er dem Kapitalisierungszins zugrunde liegt, auch nicht die so genannte Ytong - Entscheidung des Bundesgerichtshofs entgegen (vgl. NJW 2003, 3272). Wie bereits mehrfach von der obergerichtlichen Rechtsprechung dargelegt, hat sich der Bundesgerichtshof mit dieser Problematik mangels entsprechender Rügen nicht näher auseinandersetzen müssen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 20 W 2/08 -, Juris Rdn. 330; OLG München, AG 2008, 28, 32). Entsprechend kommt auch die von einigen Antragstellern in diesem Zusammenhang geforderte Vorlage des Verfahrens nach § 28 FGG in der gemäß Art. 111 FGG - ReformG anwendbaren, noch bis zum 1. September 2009 gültigen Fassung nicht in Betracht. |
(2) Der von der Antragsgegnerin mit 0,15 % veranschlagte Risikozuschlag ist realistisch und bedarf entgegen der Auffassung des Landgerichts keiner gerichtlichen Korrektur. |
Soweit das Landgericht - abweichend von dem Ansatz der Antragsgegnerin - bei dem Verrentungszins die Hälfte des im Rahmen der Ertragswertermittlung herangezogenen Risikozuschlages von 4,95 %, im Ergebnis also 2,475 % veranschlagt hat und insoweit der gängigen Praxis in der Unternehmensbewertung gefolgt ist (vgl. insbesondere OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Juli 2010 - 5 W 53/09 -, Juris Rdn. 55; OLG München, AG 2008, 28, 32; WP-Handb 2008, 175), vermag sich der Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Entsprechend hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin Erfolg. Deren Ansicht, das Risiko sei letztlich anhand des Zuschlages zu bemessen, der bei einer Unternehmensanleihe der F-Bank AG gegenüber einer fristenkongruenten Bundesanleihe zu zahlen sei, ist aufgrund der hier gegebenen Besonderheiten des in Rede stehenden Unternehmensvertrages zutreffend. Im Einzelnen: |
Zur Ermittlung des Risikozuschlags bei dem Verrentungszinssatz ist zunächst nicht auf das Insolvenzrisiko der beherrschten Gesellschaft, sondern auf dasjenige des herrschenden Unternehmens abzustellen (so auch Popp, WPg 2008, 23, 32). Zudem handelt es sich um eine feste Ausgleichszahlung, weswegen das Risiko von Gewinnschwankungen grundsätzlich fortfällt. Dies ändert sich nur dann, wenn der Unternehmensvertrag gekündigt wird, weil dann der außenstehende Aktionär wieder die sich ihrer Höhe nach ändernden Dividenden erhält. Es sind mithin diese zwei Risikokomponenten in ihren Auswirkungen auf den Verrentungszinssatz zu schätzen; zum einen das Insolvenzrisiko des Schuldners der Ausgleichszahlung und zum anderen das mit einer Kündigung des Unternehmensvertrages verbundene Risiko (vgl. bereits OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Juli 2010 - 5 W 53/09 -, Juris Rdn. 52 ff.). |
Berücksichtigt man die vorliegenden Umstände, nämlich das Bestehen einer harten Patronatserklärung der F-Bank AG sowie die im Unternehmensvertrag garantierte Zahlung in Höhe der nach § 305 AktG gewährten Abfindung im Fall der Vertragskündigung durch das herrschende Unternehmen, so ist der Ansatz der Antragsgegnerin, bei der Bemessung des Risikos auf den Spread der Anleihe einer F-Bank AG gegenüber einer fristenkongruenten Bundesanleihe abzustellen, zutreffend. |
Dabei ist nicht zu beanstanden, dass im Vertragsbericht auf das Insolvenzrisiko der F-Bank AG und nicht auf dasjenige der Antragsgegnerin abgestellt wird. Maßgeblich ist zwar grundsätzlich das Insolvenzrisiko des primär zur Zahlung Verpflichteten. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin, bei der es sich dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsteller zufolge um eine nur schwach kapitalisierte Holding handelt. Gleichwohl führt dies nicht zu einer Erhöhung des Risikos der Ausgleichszahlung. Zusätzlich ist nämlich die harte Patronatserklärung der F-Bank AG in den Blick zu nehmen. Hierin wird den Aktionären ein direkter Anspruch gegen die F-Bank AG für den Fall zugestanden, dass die Antragsgegnerin ihren Verpflichtungen aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht vollständig und fristgerecht nachkommt (vgl. Vertragsbericht Anlage 2). Aufgrund dieses direkten Anspruchs ist das geringere Insolvenzrisiko der F-Bank AG maßgeblich, denn nennenswerte, erschwerende Voraussetzungen über die Nichterfüllung der Zahlung des Ausgleichs seitens der Antragsgegnerin hinaus sind nicht erkennbar, so dass diese Absicherung als ähnlich vollwertig wie eine Bürgschaft oder eine Garantie einzustufen ist. |
In den Blick zu nehmen ist ferner das Vertragsbeendigungsrisiko. Hierzu ist die Überlegung der Antragsgegnerin ebenfalls zutreffend, es verbleibe bei der Beendigung des Unternehmensvertrages kein nennenswertes Risiko für die außenstehenden Aktionäre, weil diesen im Fall der Kündigung des Unternehmensvertrages durch die Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 6 des Vertrages ein Anspruch auf Gewährung der Barabfindung eingeräumt sei. Umgehungen dieses Anspruchs - etwa durch eine herbeigeführte Kündigung des beherrschten statt des herrschenden Unternehmens oder durch eine Aufhebungsvereinbarung - sind bereits aufgrund der Vorkehrung in § 296 Abs. 2 AktG kaum möglich; zudem spielen sie für die Bemessung des wirtschaftlichen Risikos ohnehin keine nennenswerte Rolle. Entsprechend bewirkt dieser den außenstehenden Aktionären eingeräumte Anspruch, dass die Aktionäre vor einer von einigen Antragstellern für naheliegend gehaltenen Ausplünderung der beherrschten Gesellschaft weitgehend geschützt sind. Auch sind sie hierdurch gegen das Risiko zukünftiger Ertragsschwankungen der beherrschten Gesellschaft versichert. Sie können nämlich auf die sichere Abfindung am Ende des Unternehmensvertrages zurückgreifen, statt ab diesem Zeitpunkt wieder auf unsichere Dividenden angewiesen zu sein. |
Insoweit ist der Antragsgegnerin zuzustimmen, dass unter Berücksichtigung der Regelung in § 5 Abs. 6 des Unternehmensvertrages der Zahlungsstrom der außenstehenden Aktionäre für den Fall, dass sie die Option aus § 304 AktG wählen, weitgehend inhaltsgleich mit demjenigen einer - allerdings jederzeit durch das Unternehmen kündbaren - Industrieanleihe ist (vgl. zu dem Vergleich mit einer Industrieanleihe etwa Maul, DB 2002, 1423, 1425; kritisch - wenngleich nicht auf die konkrete vertragliche Regelung abstellend - Popp, WPg 2008, 23, 32 f.). Investiert wird der Betrag der Abfindung nach § 305 AktG. Während der Vertragsdauer erhält der außenstehende Aktionär die feste Ausgleichszahlung. Am Ende bekommt er sodann jedenfalls das investierte Kapital in Höhe der Abfindung nach § 305 AktG zurück. Alternativ kann er sich für einen Verbleib im Unternehmen entscheiden und partizipiert in diesem Fall wieder an den Unternehmensgewinnen "seiner" Gesellschaft wie vor Abschluss des Unternehmensvertrages. |
Dass - wie das Landgericht meint - der vorgenannte Anspruch aus § 5 Abs. 6 des Unternehmensvertrages leer liefe (vgl. Urteil S. 37), vermag der Senat demgegenüber nicht zu erkennen. Kommt es zur wirksamen Anfechtung des Squeeze out - Beschlusses, findet der Anspruch wie geplant seine Gültigkeit. Kommt es hingegen zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre, trägt der Anspruchsberechtigte ohnehin nicht mehr das Risiko unsicherer Dividendenzahlungen nach Beendigung des Unternehmensvertrages, weil er aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Denkbar ist lediglich die Situation, dass noch vor der Eintragung des Squeeze out der Unternehmensvertrag beendet wird. Diese allein theoretische Möglichkeit ist aber praktisch zu vernachlässigen, weil die Mindestdauer des Vertrages 5 Jahre ab Eintragung des Vertrages ins Handelsregister beträgt (vgl. § 6 Abs. 3 des Vertrages) und bei einem wirksamen Squeeze out - Beschluss nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Eintragung nicht vor Ablauf von fünf Jahren erfolgt ist. |
Die vorstehend genannten maßgeblichen Risikotreiber sind anhand der von der Antragsgegnerin zur Bemessung herangezogenen Spreads und Credit Default Swaps zutreffend abgebildet. Insoweit ist die von der Antragsgegnerin vertretene Lösung zur Schätzung des Risikoaufschlages sachgerechter als die eher pauschale Methode des Landgerichts. |
Hierzu hat die Antragsgegnerin nämlich unwidersprochen vorgetragen, man habe zum einen einen Renditevergleich von ungesicherten F-Bank AG Anleihen mit Bundesanleihen entsprechender Laufzeit vorgenommen. Dabei habe sich in den Monaten vor dem Bewertungsstichtag ein Spread von 0,1 % ergeben, wobei jeweils fünfjährige, variabel verzinsliche Anleihen betrachtet worden seien. Zum anderen habe man einen Credit Default Swap der F-Bank AG mit einer Laufzeit von 15 Jahren betrachtet. Hieraus habe man einen Aufschlag von 0,15 % ermittelt. Das gewonnene Ergebnis sei sodann durch die Bildung von Monatsdurchschnitten plausibilisiert worden. |
Dieses Vorgehen ist zwar nicht frei von Unwägbarkeiten. Insoweit handelt es sich auch hierbei nur um eine Schätzung des Risikos. Es ist aber plausibel und vermag das mit der Ausgleichszahlung für den außenstehenden Aktionär verbundene Risiko genauer abzubilden als die vom Landgericht befürwortete Vorgehensweise. |
Bei der herkömmlichen, vom Landgericht favorisierten Vorgehensweise findet nämlich nicht hinreichend Berücksichtigung, dass es allein um das Risiko der F-Bank AG geht, nicht hingegen um ein nach der Beendigung des Unternehmensvertrages wieder auflebendes Risiko der A AG. Insoweit vermag der Einwand nicht zu greifen, der von der Antragsgegnerin betrachtete Spread bzw. der Swap beziehe sich nur auf die Bereitstellung von Fremdkapital (vgl. Popp, WPg 2008, 23, 32 f.; vgl. ferner Bl. 3477 f.). Dies ist zwar zutreffend, berücksichtigt aber nicht den Umstand, dass aufgrund der Patronatserklärung sowie der garantierten Abfindung die außenstehenden Aktionäre, die sich für die Ausgleichszahlung entscheiden, faktisch gegenüber der A AG sich in der Rolle von Fremdkapitalgebern befinden. Im wirtschaftlichen Sinne "echte" Eigenkapitalgeber werden sie nur dann wieder, wenn sie sich am Ende des Unternehmensvertrages für den Verbleib ihres Kapitals in der Gesellschaft entscheiden. Dies beeinflusst aber nicht negativ ihre Risikoposition, da es sich insoweit nur um eine (zusätzliche) Möglichkeit handelt. |
Soweit von einigen Antragstellern ferner eingewandt wird, ein Credit Default Swap sei nicht geeignet, um das Risiko zu bewerten, ist dies erstens unzutreffend, und zweitens ist der Einwand irrelevant, weil der Risikozuschlag auch anhand von beobachteten Spreads zwischen unterschiedlichen Anleihen ermittelt wurde und dies zu keinem für die außenstehenden Aktionäre günstigeren Ergebnis geführt hat. |
Des Weiteren vermag der Einwand, die Laufzeiten seien nicht zutreffend gewählt worden, im Ergebnis nicht durchzugreifen. Richtig ist zwar, dass keine absolute Laufzeitäquivalenz gewährleistet ist. Hierzu müsste die Vertragsdauer bekannt sein. Ist sie dies nicht, sollte regelmäßig von einer tendenziell sehr langen Dauer ausgegangen werden (vgl. OLG Frankfurt, NZG 2010, 664). Gleichwohl ist die hier zu Vergleichszwecken gewählte Dauer von 5 bis 10 Jahre als eine geeignete Grundlage für die vorzunehmende Schätzung anzusehen. |
Im Ansatz zutreffend ist zwar der weitere Einwand des Landgerichts, wonach der von der Antragsgegnerin herangezogene Spread noch nicht das Risiko der Finanzmarktkrise abbilde. Das hierzu von der Antragsgegnerin angeführte Gegenargument, im Fall der Berücksichtigung der Finanzkrise hätte entsprechend der Ertragswert der Antragsgegnerin geringer ausfallen müssen, was wiederum negativ den zu zahlenden Ausgleich beeinflusst hätte, vermag nicht zu verfangen. Denn der Ertragswert ist - wie ausgeführt - selbst vor dem Hintergrund der Finanzkrise durchaus zutreffend eingeschätzt worden, lediglich das Risiko einer falschen Beurteilung war aufgrund erhöhter Marktunsicherheit größer. Gleichwohl führt das Argument nur dann zu einer anderen Einschätzung, wenn die beobachteten Spreads veraltet waren und diejenigen zum Bewertungsstichtag deutlich höher waren. Andernfalls sprächen die niedrigen Spreads nur dafür, dass die Finanzkrise in ihren Auswirkungen insbesondere auf die Risikoposition der F-Bank AG noch unklar war und der Markt trotz der sich abzeichnenden Marktverwerfungen ein Ausfallrisiko der F-Bank AG für entsprechend vernachlässigenswert eingeschätzt hat. Hierfür spricht, dass den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin zufolge die F-Bank AG noch am 5. Juli 2007 eine Anleihe mit einem Spread von deutlich unter 15 Basispunkten am Markt platzieren konnte - wenngleich mit einer Laufzeit von nur 3 Jahren. |
Insgesamt ist daher das Vorgehen der Antragsgegnerin zur Abschätzung des Risikozuschlages bei dem Verrentungszins überzeugend und stellt eine gegenüber der üblichen Vorgehensweise genauere Schätzung dar, weswegen eine gerichtliche Korrektur des von der Antragsgegnerin herangezogenen Wertes in Höhe von 0,15 % nicht geboten ist. |
cc) Ohne Erfolg rügen schließlich die Antragsteller zu 38) bis 43), es habe bei der Bemessung eines angemessenen Ausgleichs nach § 304 AktG eine Indexierung anhand der Inflationsrate erfolgen müssen. Dies sei bei anderen langfristigen Verträgen - wie etwa Mietverträgen - ebenfalls üblich und finde seine Berechtigung darin, dass andernfalls aufgrund der fortschreitenden Geldentwertung der reale Wert der festen Ausgleichszahlung kontinuierlich sinke. |
Zutreffend weisen die Antragsteller zwar darauf hin, dass bei einer erwarteten positiven Inflationsrate, wie sie von der sachverständigen Prüferin zum Bewertungsstichtag hier mit etwa 1,8 % veranschlagt wurde, der nach § 304 AktG geschuldete angemessene Ausgleich in Form einer festen Ausgleichszahlung nach § 304 Abs. 2 AktG im Zeitablauf kontinuierlich "real", d.h. gemessen an einem konstant bleibenden Preisniveau, an Wert verliert. Dies erfordert jedoch weder eine (nochmalige) Anpassung der Ausgleichszahlung an die zum Bewertungsstichtag bereits erwartete Inflationsrate noch eine Indexierung anhand der jeweils in der Zukunft realisierten Inflationsrate (gegen eine Inflationsindexierung ebenfalls etwa MünchKommAktG/Bilda, § 304 Rdn. 155; Stephan, in: K.Schmidt/Lutter, AktG, § 304 Rdn. 140; a.A. Heidel/Meilicke, AktG, 2. Aufl., § 304 Rdn. 33). |
Gesetzlich geschuldet ist nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG nämlich die jährliche Zahlung des Betrages, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteilauf die einzelne Aktie verteilt werden könnte. Hieraus folgt zum einen, dass es sich um eine auf Erwartungen basierende Ausgleichszahlung handelt, und zum anderen, dass ein Durchschnitt zu bilden ist, wobei die zutreffende herrschende Meinung aus dem Begriff des Durchschnitts ableitet, dass ein jährlich gleicher Betrag, wenngleich gesetzlich nicht zwingend vorgegeben, so doch zumindest zulässig ist (vgl. OLG Hamburg, NZG 2001, 471, 473; differenzierend Lutter/Drygala, AG 1995, 49, 54 ff.). |
Aus dem Gebot der Erwartungsbildung wiederum folgt, dass die zum Bewertungsstichtag erwartete Inflationsrate bei der Bemessung des angemessenen Ausgleichs möglichst zutreffend Berücksichtigung finden muss. Auf zukünftige, unerwartete Einflüsse wie etwa eine nicht vorhersehbare Hyperinflation kommt es bei der Ermittlung des angemessenen Ausgleichs naturgemäß nicht an. |
Die erwartete Inflationsrate ist vorliegend berücksichtigt worden. Sie hat in die Berechnung der am Ertragswert orientierten angemessenen Abfindung nach § 305 AktG Eingang gefunden, und zwar vornehmlich bei den geschätzten zukünftigen nominellen Erträgen und bei der Schätzung des Wachstumsabschlags. Da der angemessene Ausgleich wiederum direkt aus dem Ertragswert entwickelt worden ist und zwar unter der Prämisse, dass der dem Aktionär aus den zukünftigen Erträgen zukommende Zahlungsstrom aus der Sicht des Bewertungsstichtages unter Berücksichtigung aller Umstände und dabei insbesondere eines unterschiedlichen Risikos der Zahlungen wertgleich mit dem Zahlungsstrom aus den zukünftigen festen Ausgleichszahlungen ist, ist auf diese Weise auch bei der Festlegung der festen Ausgleichszahlung die erwartete Inflationsrate angemessen berücksichtigt worden. Auf diese angemessene Berücksichtigung der erwarteten Inflationsrate bei der Bemessung des Ausgleichs nach § 304 AktG und der Abfindung nach § 305 AktG hat sich übrigens der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der von den Antragstellern zitierten Entscheidung vom 30. März 2010 (- 5 W 32/09 -, Juris Rdn. 66) bezogen. Wird nämlich die Inflationsrate bei der Ertragswertberechnung nicht berücksichtigt oder wird sie aus der Sicht des Bewertungsstichtages zu niedrig angesetzt, bleibt die Abfindung und zugleich die Ausgleichszahlung hinter dem zutreffenden Wert zurück mit der Folge, dass das Ziel einer angemessenen Entschädigung, die dem vollen Wert der entzogenen Beteiligung entspricht (vgl. BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BayObLG AG 1996, 127; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 327b Rn. 4), tendenziell verfehlt wird. Dies war jedoch nicht Gegenstand der damaligen Entscheidung, weil es dort nicht um den anteiligen Wert der Gesellschaft bei Abschluss des Unternehmensvertrages, sondern um den Wert des entzogenen Anteils einer beherrschten Gesellschaft ging. |
Dass insoweit der später realisierte, auf ein festes Preisniveau bezogene Wert der Ausgleichszahlung hinter dem erwarteten Wert zurückbleiben kann, nämlich dann, wenn die realisierten zukünftigen Inflationsraten über den vorhergesagten liegen, ist vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden, wie sich aus dem Konzept einer anhand von Erwartungen ermittelten Ausgleichszahlung zwingend ergibt. Zudem besteht das Problem in gleicher Weise bei der Ermittlung der Abfindung nach § 305 AktG, weil auch dort - sowohl zugunsten, als auch zuungunsten der Minderheitsaktionäre - der tatsächliche von dem ermittelten Ertragswert abweichen kann. |
Entsprechend fehl geht der Hinweis der Antragsteller, die feste Ausgleichszahlung könne prinzipiell als Geldleistung keinen Ersatz für den entzogenen Sachwert bilden. Richtig ist hieran nur, dass mit der Wahl der Ausgleichszahlung der Minderheitsaktionär das Risiko einer unerwarteten, zukünftigen Inflation auf sich nimmt. Möchte er dieses Risiko nicht tragen, so verbleibt ihm die Möglichkeit, die Abfindung nach § 305 AktG zu wählen und den ausbezahlten Betrag in andere Sachwerte zu investieren. Eine Unangemessenheit des vom Gesetzgeber als mögliche Entschädigung vorgesehenen Ausgleichs nach § 304 AktG ergibt sich daraus jedoch nicht. Insoweit hat der Aktionär keinen Anspruch auf die bestmögliche Verwertung seiner Aktien (vgl. BGH, AG 2010, 910, 912 mwNachw). |
Des Weiteren folgt - wie bereits angesprochen - aus dem Gebot der Durchschnittsbildung die hier von den Vertragspartnern gewählte Möglichkeit einer festen, d.h. im Zeitablauf konstant bleibenden nominellen Ausgleichszahlung. Eine konstante Ausgleichszahlung hat aber bei der hier unterstellten positiven Inflationsrate die Folge, dass "real" die Ausgleichszahlungen sinken. Dies wird durch anfänglich hohe Ausgleichszahlungen ausgeglichen, wie etwa ein Vergleich mit den Zahlungen in der ewigen Rente im Rahmen der Ertragswertermittlung zeigt. Dort wird ein Wachstumsabschlag unterstellt, der zum Teil die zukünftige Inflation ausgleichen soll. Obgleich bei der festen Ausgleichszahlung diese Korrektur nicht erfolgt, ist der Wert beider Optionen gleich, weil die beim Verbleib im Unternehmen höheren Auszahlungen durch anfänglich gegenüber der festen Ausgleichszahlung geringere Beträge ausgeglichen werden. Die von einigen Antragstellern geforderte zusätzliche Indexierung führte entsprechend zu einer weder gebotenen noch gerechtfertigten wertmäßigen Höherstufung der Ausgleichszahlung nach § 304 AktG gegenüber der ebenfalls dem Angemessenheitserfordernis unterfallenden Abfindung nach § 305 AktG. |
Folglich ist eine fehlende Indexierung auch entgegen der Auffassung einiger Antragsteller nicht mit einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG verbunden. Vielmehr erlangt der Minderheitsaktionär mit der festen Ausgleichszahlung grundsätzlich aus der maßgeblichen Sicht des Bewertungszeitpunktes den gleichen Gegenwert wie bei der Abfindung. Ist die letztgenannte Zahlung ihrer Höhe nach angemessen und wird daher entsprechend den Anforderungen von Art. 14 Abs. 1 GG gerecht, so gilt dies entsprechend auch für die nicht indexierte Ausgleichszahlung. Dass im Fall eines späteren Squeeze out der Wert der Ausgleichszahlungen hinter dem anteiligen Wert des beherrschten Unternehmens zurückbleiben kann, ist Folge der Entkoppelung von Erträgen und Zahlungen an den Minderheitsaktionär. Sie ist einfachgesetzlich vorgesehen (vgl. § 304 AktG) und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 100, 289, 304). |
dd) Von vorstehenden Ausführungen ausgehend ist mithin von einem risikoadjustierten Kapitalisierungszins, wie ihn auch die Antragsgegnerin zugrunde gelegt hat, in Höhe von 4,65 % (4,5 % + 0,15 %) auszugehen und eine Indexierung nicht vorzunehmen. Hieraus errechnet sich ein jährlicher Rentenbeitrag vor Steuern in Höhe von etwa 434,1 Mio. €. Unter Berücksichtigung einer Anzahl von 351.418.815 Stück Aktien ergibt sich daraus ein Bruttoausgleichsbetrag pro Jahr in Höhe von 1,24 € je Aktie vor Unternehmenssteuern. Unter Berücksichtigung des von Unternehmersteuern unbelasteten Gewinnanteils und ferner unter Abzug von 26,375 % respektive 15,825 % Unternehmenssteuern von dem belasteten Gewinnanteil ergibt sich - wie von der Antragsgegnerin zutreffend festgesetzt und insbesondere in der Art der Berechnung von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - ein Nettoausgleich von 1,01 € im Jahr 2007 und von 1,10 € in den Folgejahren. |
3. Die Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens beruhen auf § 15 SpruchG. |
a) Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten einschließlich der Kosten des gemeinsamen Vertreters in erster Instanz zu tragen. Von der in § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG vorgesehenen Ausnahmeregelung war kein Gebrauch zu machen. Zugleich entsprach es schon wegen des mangelnden Erfolges der Anträge nicht der Billigkeit, gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG die notwendigen Kosten der Antragsteller ganz oder teilweise der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Umgekehrt kam es auch nicht in Betracht, den Antragstellern die erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen, so dass die Anwendbarkeit von § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG in der gemäß Art. 111 FGG - ReformG anwendbaren, noch bis zum 1. September 2009 gültigen Fassung (im Folgenden a.F.) im Spruchverfahren dahingestellt bleiben kann. |
b) Die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters sind von der Antragsgegnerin zu tragen. Auch insoweit hat der Senat von § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG keinen Gebrauch gemacht, weil die Beschwerden der Antragsteller nicht offensichtlich erfolglos waren (vgl. Simon/Winter, SpruchG, 2007, § 15 Rdn. 63 ff.). Die Antragsteller haben ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen, weil dies unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs der Billigkeit entspricht (§ 15 Abs. 4 SpruchG). |
Ferner haben die beschwerdeführenden Antragsteller, nämlich die Antragsteller zu 5) bis 12), 15), 23) bis 27), 37), 39) bis 45), 51), 52), 54) bis 63), 65), 67) bis 70), 72) bis 76), 78), 80) bis 87), 93), 94), und 96) bis 98) jeweils zu gleichen Anteilen die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen. Dies ergibt sich aus § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. Dessen Voraussetzung eines erfolglosen Rechtsmittels liegt mit Blick auf die Beschwerdeführer, nicht aber in Bezug auf die Anschlussbeschwerdeführer vor, weil es sich bei der Anschlussbeschwerde um kein Rechtsmittel handelt, sondern nur um einen angriffsweise wirkenden Antrag innerhalb einer fremden Beschwerde (vgl. für Berufung jeweils BGH, NJW 1984, 1240; Zöller, ZPO 28. Aufl., § 524 Rdn. 4). Zugleich findet die Vorschrift auf die Kosten im Beschwerdeverfahren über § 17 Abs. 1 SpruchG a.F. Anwendung. |
In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, ob § 15 Abs. 4 SpruchG als abschließend zu verstehen ist mit der Folge, dass für einen Rückgriff auf § 13a Abs. 1 FGG a.F. kein Raum ist, oder ob insbesondere die Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. über die allgemeine Verweisungsnorm des § 17 Abs. 1 SpruchG a.F. zur Anwendung gelangt (vgl. OLGR Düsseldorf 2009, 438, 443; OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948, 951; OLG München, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 31 Wx 148/09 -, Juris Rdn. 10; OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 5 W 33/09 - Juris Rdn. 67; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 12 W 136/04 - Juris Rdn. 32; KK/Rosskopf § 15 Rdn. 53; Krieger/Mennicke, in: Lutter, UmwG, 4. Aufl., Anhang I SpruchG, § 15 SpruchG Rdn. 16; ähnlich MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., § 15 SpruchG Rdn. 21; Simon/Winter, SpruchG, § 15 Rdn. 103 für eine Anwendbarkeit von § 13a Abs. 1 Satz 2 im Gegensatz zur Nichtanwendbarkeit von § 13a Abs. 1 Satz 2 SpruchG; aA OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Juli 2011 - 20 W 14/08 -, Juris Rdn. 348; Beschluss vom 5. Mai 2009 - 20 W 13/08 -, Juris Rdn. 281; Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rdn. 22; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 15 SpruchG Rdn. 21a; Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 305 Anh, § 15 SpruchG Rdn. 6; Meilicke/Heidel, DB 2003, 2267, 2275; zweifelnd auch BGH, Beschluss vom 6. Juni 2011 - II ZB 7/07 -, Juris Rdn. 5). Trotz der jüngst vom Bundesgerichtshof geäußerten Zweifel hält der Senat an seiner bisherigen Auffassung (zuletzt Beschluss vom 7. Juni 2011 - 21 W 2/11 -, Juris Rdn. 97) fest, wonach eine Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. nicht ausgeschlossen ist. |
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschriften. Während § 15 Abs. 2 SpruchG die Verteilung der Gerichtskosten bestimmt, befasst sich § 15 Abs. 4 SpruchG seinem Wortlaut zufolge ausschließlich mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller. Keine ausdrückliche Regelung findet sich demgegenüber zu den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und schon gar nicht zu denjenigen in der zweiten Instanz. Ist aber im Spruchverfahrensgesetz nichts anderes bestimmt, so finden auf das Verfahren gemäß § 17 Abs. 1 SpruchG a.F. die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung und damit zugleich § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. |
Mit dem Wortlaut einher geht die Systematik des Gesetzes. Trotz der gesonderten gesetzlichen Ausgestaltung verbleibt das Spruchverfahren ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 17 Abs. 1 SpruchG a.F.; Simon/Winter, SpruchG, § 17 Rdn. 2). Damit finden die ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit prägenden Grundsätze regelmäßig nur dann keine Anwendung auf das Spruchverfahren, wenn dies ausdrücklich anders bestimmt ist oder die Besonderheiten des Spruchverfahrens dazu Anlass geben. Zu den tragenden Grundsätzen gehört nicht nur die in § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG a.F. enthaltene Regel, wonach die Beteiligten im Grundsatz ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Vielmehr umfasst dies ebenso die gesetzlich normierte Ausnahme hiervon, nämlich die Kostentragungspflicht in § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F., die überdies in ähnlicher Form sich ebenfalls in anderen Verfahrensvorschriften findet, wie etwa in § 97 Abs. 1 ZPO oder in § 154 Abs. 2 VwGO, und deren Anwendung keine Besonderheiten des Spruchverfahrens entgegenstehen. |
Zugleich wäre es schwer verständlich, wenn selbst für den in § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. gesondert geregelten Fall des groben Verschuldens eines Antragstellers die Antragsgegnerin und damit letztlich die Gesamtheit der übrigen Aktionäre mit ihren außergerichtlichen Kosten belastet sein sollten. Denn der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 2 SpruchG ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, einem Antragsteller über seine eigenen, außergerichtlichen Kosten hinaus in den Fällen, in denen dies der Billigkeit entspricht, die Gerichtskosten aufzuerlegen. Warum dies für die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin nicht möglich sollte, selbst wenn eine Kostenüberwälzung aufgrund eines groben Verschuldens des Antragstellers zugleich der Billigkeit entspräche, erschließt sich nicht. |
Desgleichen spricht die teleologische Auslegung für eine Kostentragungspflicht der Antragsteller. Wie sich der Entgegnung der Bundesregierung zum Änderungsvorschlag des Bundesrates betreffend § 15 SpruchG entnehmen lässt (BT Drucks 15/371, S. 28), war es Ziel des Gesetzgebers, effektiven Rechtsschutz nicht durch ein unzumutbares Kostenrisiko der Antragsteller zu unterlaufen, gleichzeitig aber durch die Aufbürdung eines gewissen Kostenrisikos eine übereilte oder mutwillige Antragstellung zu verhindern und den Antragstellern einen finanziellen Anreiz für ein verfahrensförderndes Verhalten zu bieten. Diesem Ziel wird die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin jedenfalls im Fall eines erfolglosen Rechtsmittels in hohem Maße gerecht. Das Vorliegen der erstinstanzlichen Entscheidung versetzt die Antragsteller - selbst bei zunächst unzureichenden Informationen der Antragsgegnerin - regelmäßig in die Lage, die Erfolgsaussichten für das eigene Obsiegen in der Beschwerdeinstanz qualifiziert einschätzen zu können. Der Pflicht, bei einem erfolglosen Rechtsmittel die Kosten des Rechtsmittelgegners zu tragen, kommt in dieser Situation eine steuernde Wirkung zu, weil dadurch ein zusätzlicher finanzieller Anreiz geschaffen wird, von einem erkennbar aussichtslosen Rechtsmittel Abstand zu nehmen. Gleichzeitig besteht nicht die Gefahr eines unzumutbaren Kostenrisikos. Im Gegensatz zu den Gerichtskosten, die insbesondere auch die teilweise sehr hohen Sachverständigenkosten umfassen, sind die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner der Höhe nach von vornherein beschränkt und überschreiten im Regelfall der Zurückweisung der Beschwerde eine Höhe von nur wenigen Tausend Euro nicht. Hinzu kommt, dass - sofern eine Vielzahl von Antragstellern die Aussichten des eigenen Rechtsmittels falsch einschätzten und mithin die Einlegung jedenfalls nicht als übereilt oder mutwillig eingeschätzt werden kann - die zu erstattenden Kosten pro Antragsteller weiter sinken, weil jeder Antragsteller im Wege der Teilschuldnerschaft nur für einen Teil der gesamten außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin haftet. |
Die historische Auslegung und insbesondere die Gesetzesbegründung stehen den vorgenannten Erwägungen nicht entgegen. Eine explizite Aussage dahingehend, § 15 Abs. 4 SpruchG sei abschließend gemeint, enthält die Gesetzesbegründung nicht (vgl. BT Drucks 15/371 S. 17 f.). Sie lässt sich nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Gesetzgebers entnehmen. Mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin beschäftigt sich die Gesetzesbegründung an keiner Stelle. Insbesondere wird bei der Begründung zu § 15 SpruchG auch nicht auf den Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, in dem für Spruchverfahren noch ein Verbleib der außergerichtlichen Kosten beim Antragsgegner unabhängig vom Verfahrensausgang empfohlen worden war (vgl. BT Drucks 14/7515, S. 84 Tz. 175), verwiesen oder dieser Bericht in Bezug genommen (vgl. dazu auch KK/Rosskopf, § 15 Rdn. 53; anders hingegen in der Einleitung BT Drucks 15/371, S. 11). Stattdessen wird nur ausführlich auf die Tragung der Gerichtskosten sowie die Kosten der Antragsteller eingegangen. Dass dabei dem Gesetzgeber entgangen sein könnte, dass ebenfalls der Antragsgegnerin außergerichtliche Kosten erwachsen und sich die Frage nach deren Erstattung stellt, ist eher fernliegend, zumal dem Gesetzgeber der Streit, ob die Rechtsmittelkosten unter Rückgriff auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. dem erfolglosen Rechtsmittelführer auferlegt werden können (vgl. etwa OLG Frankfurt, NJW 1972, 640, 644 einerseits sowie OLG Celle, WM 1974, 530, 531 anderseits; vgl. ebenfalls Krieger, in: Lutter, UmwG, 1. Aufl., § 312 Rdn. 6 mwNachw.), ebenso bekannt gewesen sein dürfte wie die von ihm in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnte (BT Drucks 15/371, S. 17) bisherige Rechtsprechungspraxis, den Antragstellern aus Billigkeitsgründen in Fällen des Rechtsmissbrauchs die Gerichtskosten aufzuerlegen. Ist aber davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die Problematik gegenwärtig war, kann ihm schwerlich ein vom Gesetzeswortlaut abweichender Regelungswille, dessen Inhalt zudem in Rechtsprechung und Literatur umstritten war, unterstellt werden. |
Einen Anhalt hierfür bildet zudem nicht die Aussage in der Gesetzesbegründung, wonach die Antragsteller ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hätten und die Aufbürdung dieses begrenzten Kostenrisikos sie von einer übereilten oder mutwilligen Antragstellung abhalten solle (vgl. BT Drucks 15/371, S. 17). Dem vorerwähnten Satz lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass es sich hierbei um das einzige Kostenrisiko der Antragsteller handeln sollte. Im Gegenteil wird weiter oben ein weiteres Risiko, nämlich die Aufbürdung der Gerichtskosten, ausdrücklich angesprochen (vgl. BT Drucks 15/371, S. 17). |
Darüber hinaus wird dort zusätzlich geregelt und zugleich begründet, mit welchen Kosten die Antragsteller nicht belastet werden sollen, nämlich mit den Kosten des gemeinsamen Vertreters (vgl. BT Drucks 15/371, S. 17). Statt der Gesetzesbegründung einen Inhalt beizumessen, demzufolge nur die vom Gesetzgeber ausdrücklich angesprochenen Kosten den Antragstellern aufgebürdet werden sollten, ließe sich mithin ebenso gut argumentieren, nur soweit dies ausdrücklich in der Gesetzesbegründung Erwähnung gefunden hat, sollten die Antragsteller mit bestimmten Kosten generell nicht belastet werden. |
Lässt sich aber - wie dargelegt - der Gesetzesbegründung weder ein entgegenstehendes Regelungsziel noch gar ein konkreter Regelungswille eindeutig entnehmen, hat es bei dem Gesetzeswortlaut zu verbleiben, wonach über § 17 Abs. 1 SpruchG a.F. die Vorschriften über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit zumindest auch § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG a.F. Anwendung finden. |
c) Die Kosten des gemeinsamen Vertreters können derzeit nicht festgesetzt werden, weil sie - wie naheliegend - noch nicht geltend gemacht worden sind. Nach § 6 Abs. 2 SpruchG gehört dazu ein Verlangen des gemeinsamen Vertreters. Überdies ist die Höhe der Auslagen nicht bekannt. |
d) Die Festsetzung des Geschäftswerts erster und zweiter Instanz folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Dies entspricht dem gesetzlich vorgesehenen Mindestwert. |
e) Die Entscheidung ist rechtskräftig. Eine Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof ist entgegen der Auffassung des Antragstellers zu 56) nicht veranlasst. Insbesondere das vornehmlich vom Oberlandesgericht Stuttgart abweichende Verständnis der Kostenvorschrift in § 15 Abs. 4 SpruchG begründet keine Verpflichtung zur Vorlage nach § 28 Abs. 2 und 3 FGG a.F. (aA scheinbar generell für alle Nebenentscheidungen Simon, in: Simon, SpruchG, § 12 Rdn. 37). |
Dies ergibt sich zwar nicht bereits aus dem Umstand, dass die Abweichung allein die Kostenentscheidung betrifft. Denn auch ein unterschiedliches Verständnis einer Kostenvorschrift kann in manchen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Vorlage an den Bundesgerichtshof rechtfertigen (vgl. BGHZ, 28, 117, 118; 31, 92, 94; 33, 205, 206; OLG Hamm, FamRZ 1995, 1595; Meyer-Holz, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 15 Rdn. 14; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 28 Rdn. 6). |
Gleichwohl vermag vorliegend die von der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart abweichende Kostenentscheidung kein Verfahren nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. iVm § 28 Abs. 2 FGG a.F. zu begründen. |
Denn zum einen betrifft die Kostenentscheidung auslaufendes Recht. Sie bezieht sich auf die Auslegung von § 15 Abs. 4 SpruchG auf der Grundlage der nur bis zum 1. September 2009 gültigen Fassung von § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG. Seit dieser Zeit ist hingegen das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft, so dass nunmehr § 17 Abs. 2 Satz 1 SpruchG auf diese letztgenannte Verfahrensordnung verweist. Zwar ist im Rahmen der Novelle zum FamFG § 15 Abs. 4 SpruchG keiner Änderung zugeführt worden. Jedoch wird jedenfalls von einem der Vertreter der Auffassung, § 15 Abs. 4 SpruchG sei abschließend zu verstehen, diese Ansicht für die nunmehr geänderte Rechtslage nicht aufrecht erhalten (vgl. Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 15 Rdn. 22; aA hingegen Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 15 SpruchG Rdn. 21). Entsprechend kann nicht unterstellt werden, das Oberlandesgericht Stuttgart werde seine Auffassung einer abschließenden Regelung in § 15 SpruchG über die Verteilung der Kosten des Verfahrens unverändert beibehalten. Dabei findet der Gedanke des auslaufenden Rechts nicht nur auf die Frage nach einer grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits sowie die Frage nach der Rechtsfortbildung Anwendung, sondern erstreckt sich zugleich auf das hier für eine Vorlage maßgebliche Problem der Divergenz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 1 B 3/09 -, Juris Rdn. 9; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Mai 2011 - L 14 AS 1705/09 -, Juris Rdn. 12). |
Zum anderen zwingen die Besonderheiten des Spruchverfahrens dazu, im Gegensatz zu manchen anderen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von einer Vorlage allein aufgrund der beabsichtigten Abweichung im Rahmen einer Kostenentscheidung abzusehen. Bereits in der Einleitung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens hat der Gesetzgeber auf die übermäßig lange Verfahrensdauer von Spruchverfahren hingewiesen (vgl. BT Drucks 15/371, S. 1). Entsprechend hat er es zum Ziel des Gesetzesentwurfes erklärt, ein gestrafftes und erheblich verkürztes Gerichtsverfahren zu ermöglichen (vgl. BT Drucks 15/371, S. 1). Hiermit wäre es schwer vereinbar, wenn der Bundesgerichtshof allein wegen einer für den materiellen Ausgang des Verfahrens unerheblichen Ansicht zu einer Kostenvorschrift angerufen würde. Das sehr komplexe und mit regelmäßig zahlreichen Bewertungsgutachten behaftete Verfahren müsste in diesem Fall von dem Bundesgerichtshof insgesamt einer Entscheidung zugeführt werden oder im Anschluss an die Klärung der gesonderten Rechtsfrage zur Kostenentscheidung an das vorlegende Oberlandesgericht zurückverwiesen werden, was erneut zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde. Zu dieser mit Blick auf die übrigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit differenzierenden Auffassung gibt überdies der Gesetzeswortlaut entsprechenden Raum, weil in § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. ausdrücklich von einer nur "entsprechenden" Geltung von § 28 Abs. 2 und Abs. 3 FGG die Rede ist. |
Schließlich wird die hier vertretene Ansicht zur fehlenden Vorlagepflicht offensichtlich von den übrigen, im Rahmen der unterschiedlichen Rechtsauffassungen genannten Oberlandesgerichten geteilt. Denn weder das Oberlandesgericht Stuttgart noch die Oberlandesgerichte, die ebenfalls das Verständnis des Senats von § 15 Abs. 4 SpruchG als nicht abschließend befürworten, sahen sich - aus den vorgenannten Gründen zu Recht - trotz der bestehenden Abweichung zu einer Vorlage veranlasst. |