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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
18.06.2015
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Hamburg: Unionsrechtswidrigkeit von § 20 Abs. 3 und Abs. 4 UmwStG 1995

FG Hamburg, Urteil vom 15.4.2015 – 2 K 66/14

Amtlicher Leitsatz

Nach der Entscheidung des EuGH vom 23. Januar 2014 C-164/12(DMC) steht fest, dass § 20 Abs. 3 und Abs. 4 UmwStG 1995 unionsrechtswidrig ist, weil die Bundesrepublik Deutschland nicht jedes Recht verliert, die nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit der Einbringung von KG-Anteilen in eine inländische GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen durch österreichische Kapitalgesellschaften zu besteuern. Ausreichend ist insoweit, dass die nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit den in das Betriebsvermögen der aufnehmenden Gesellschaft eingebrachten Anteilen dort bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer berücksichtigt werden können.

UmwStG 1995 § 20 Abs. 3, § 20 Abs. 4; AEUV Art. 49, Art. 63; DBA AUT

Sachverhalt

Streitig ist die Feststellung eines Veräußerungsgewinns im Rahmen der Gewinnfeststellung der im Streitjahr 2000 im Inland ansässigen D-KG. Es handelt sich um das zunächst ausgesetzte und nunmehr fortgeführte Verfahren, das dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 23. Januar 2014 C-164/12 (IStR 2014, 106 [BB-Komm. Ribbrock, BB 2014, 484; BB 2014, 492 m. BB-Komm. Isselmann]) zugrunde liegt. Vorausgegangen war das Vorabentscheidungsersuchen des Senats durch Beschluss vom 26. Januar 2012 2 K 224/10 (DStR 2012, 791 [BB-Entscheidungsreport Bünning, BB 2012, 1790]).

An der D-KG waren im Streitjahr u. a. die K-GmbH mit Sitz in Wien und bis zum 28. November 2000 Herr S (HS) als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin war die inländische Beteiligungsgesellschaft D-GmbH. An der D-GmbH waren zunächst mit Anteilen von jeweils 50.000 DM die K-GmbH und HS beteiligt. Per 28. November 2000 brachte HS diese GmbH-Beteiligung und die von ihm persönlich gehaltene Beteiligung an der D-KG in die von ihm neu errichtete S-GmbH mit Sitz in Wien ein. Die ab dem 28. November 2000 bestehende Kommanditbeteiligung der S-GmbH an der D-KG sowie die Beteiligung an der D-GmbH wurden ab dem 5. Dezember 2000 treuhänderisch von HS gehalten. Der aus dieser Einbringung zu Zwischenwerten resultierende Veräußerungsgewinn ist in diesem Verfahren nicht streitig. Die weiteren Kommanditisten der D-KG waren bereits zum 1. Januar 2000 aus der D-KG ausgeschieden.

Mit notariellem Vertrag vom 28. August 2001 wurde das Stammkapital der D-GmbH um 100.000 DM auf 200.000 DM erhöht. Die S-GmbH und die K-GmbH übernahmen davon jeweils 50.000 DM. Hierfür brachten sie ihre jeweiligen Kommanditanteile an der D-KG mit einem Nennbetrag von je 50.000 DM als Sacheinlage in die D-GmbH ein. Der Buchwert der Anteile wurde mit jeweils 50.000 DM angesetzt; die Übertragung der Anteile erfolgte rückwirkend zum 1. Januar 2001, d. h. auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 31. Dezember 2000. Mit der Übertragung der Anteile auf die D-GmbH war die D-KG aufgelöst. In der Übernahmebilanz der aufnehmenden D-GmbH wurde das eingebrachte Betriebsvermögen mit den Buchwerten angesetzt.

Per 29. August 2002 wurde die K-GmbH auf die S-GmbH verschmolzen, die damit deren Rechtsnachfolgerin wurde. Die S-GmbH ... ist die Klägerin dieses Verfahrens. Sie hält die Anteile an der D-GmbH bis heute.

Nach einer Außenprüfung änderte der Beklagte am 2. Juni 2005 den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid für 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die D-KG vom 12. Juni 2002. Er bewertete die mit Wirkung zum 1. Januar 2001 von der S-GmbH und der K-GmbH in die D-GmbH eingebrachten Mitunternehmeranteile gem. § 20 Abs. 3 des Umwandlungsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 1995) nunmehr mit dem Teilwert und setzte für die K-GmbH einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 194.172,70 DM und für die S-GmbH von 9.051,77 DM fest. Mit --bestandskräftigem-- Bescheid für 2000 über Körperschaftsteuer vom 2. Juni 2005 berücksichtigte der Beklagte nunmehr auch bei der aufnehmenden Gesellschaft, der D-GmbH, den Einlagewert mit dem Teilwert.

Am 1. Juli 2005 legte die Klägerin gegen den Feststellungsbescheid vom 2. Juni 2005 Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 verstoße gegen Unionsrecht, namentlich gegen die Niederlassungsfreiheit. Die Buchwertfortführung werde versagt, wenn der Erwerber der übertragenden Anteile seinen (Wohn)sitz in einem anderen Staat habe, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen habe. Hätten die beiden Mitunternehmer der D-KG ihren Sitz nicht in Österreich, sondern in Deutschland gehabt, wäre ihnen eine Buchwertfortführung möglich gewesen. Die Besteuerung der stillen Reserven lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass anderenfalls deren Besteuerung nicht sichergestellt sei. Mit Entscheidung vom 25. Oktober 2010 wurde der Einspruch mit Hinweis auf die eindeutige Regelungslage zurückgewiesen. Der deutsche Gesetzgeber habe auch bei der Neuregelung durch das SEStEG im Prinzip an einer Entstrickungsbesteuerung festgehalten.

Die Klägerin hat am 16. November 2010 Klage erhoben. Sie macht geltend, dass die Besteuerung des Einbringungsgewinns zwar dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 entspreche, aber die unionsrechtlich geschützte Niederlassungsfreiheit verletze. Die Buchwertfortführung werde allein deshalb versagt, weil die einbringenden Mitunternehmer ihren Sitz in Österreich hätten und das Besteuerungsrecht für die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gem. Art. 7 Abs. 1 des im Streitjahr geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 4. April 1954 --DBA-Österreich 1954-- (BGBl I 1955, 750, BStBl I 1955, 370) dem Sitzstaat zugewiesen werde. Hätten die S-GmbH und die K-GmbH dagegen ihren Sitz im Inland gehabt, käme es nicht zur Aufdeckung der in den eingebrachten Anteilen ruhenden stillen Reserven und damit nicht zur sofortigen Besteuerung eines Veräußerungsgewinns. Die gegenwärtig geltende Regelung des § 20 UmwStG 2006 enthalte folgerichtig keine Differenzierung mehr hinsichtlich des Sitzes der an der Einbringung als Mitunternehmer beteiligten Personen, diese werde nur noch für drittstaatenangehörige Mitunternehmer aufrecht erhalten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei die Entstrickung stiller Reserven kein Grund, der eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen könne (z. B. EuGH Urteil vom 11. März 2004, C-9/02, de Lasteyrie du Saillant, IStR 2004, 236 [EWS 2004, 180 m. EWS-Komm. Eicker/Schwind, RIW 2004, 392]).

Nach Ergehen des EuGH-Urteils auf das Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats vom 23. Januar 2014 C-164/12 (DStR 2014, 193 [BB-Komm. Ribbrock, BB 2014, 484; BB 2014, 492 m. BB-Komm. Isselmann]) sieht die Klägerin es als geklärt an, dass § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 unionsrechtswidrig und folglich die Klage zulässig und begründet ist.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 2. Juni 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass der festgestellte Veräußerungsgewinn um 203.514,47 DM (104.055,30 €) niedriger in Höhe von 569.513,06 DM (291.187,40 €) festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte beruft sich weiterhin auf die Unzulässigkeit der Klage. Die Klägerin habe nicht den Feststellungsbescheid, sondern im Wege der Drittanfechtung den Körperschaftsteuerbescheid der D-GmbH anfechten müssen, da der dort angesetzte Wert Bindungswirkung für den Einbringenden habe. Es sei auch davon auszugehen, dass die Klägerin alsbald Kenntnis von den Prüfungsfeststellungen erhalten habe, wonach er, der Beklagte, den Teilwert angesetzt habe, denn in dem Einbringungsvertrag sei explizit geregelt gewesen, dass die Einbringung zum Buchwert erfolgen sollte. Selbst bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit von § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 ändere sich an diesem Ergebnis nichts. In diesem Fall komme das bislang durch § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 verdrängte Wahlrecht des § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 wieder zum Tragen, wonach rein inländische und grenzüberschreitende Einbringungen gleich zu behandeln seien. In dieser Konstellation könnten aber Einwendungen nur im Wege der Drittanfechtung vorgebracht werden.

Eine Verneinung der Bindungswirkung und damit ein unterschiedlicher Wertansatz auf Ebene des Einbringenden und der aufnehmenden Kapitalgesellschaft führe zu einem erheblichen Eingriff in die kohärenten Regelungen des § 20 Abs. 2 und Abs. 4 UmwStG 1995 und sei unionsrechtlich nicht geboten. Diese Besserstellung von Steuerausländern sei zudem nicht zu rechtfertigen. In diesem Fall bedürfe es einer neuerlichen Vorlage an den EuGH. Dieser habe bislang keine positive Aussage getroffen, dass keine materielle Bindungswirkung bestehe.

In materieller Hinsicht sieht auch der Beklagte die Rechtslage nunmehr als eindeutig geklärt an, allerdings dahingehend, dass der in Streit stehende Sachverhalt unionsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Der in Rz. 57 des EuGH-Urteils aufgeworfene Vorbehalt --ob die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich jedes Recht verliert, die nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit den Anteilen an einer Personengesellschaft zu besteuern-- greife im Streitfall nicht. Abgesehen davon, dass diese Randziffer im Widerspruch zu den vorhergehenden Randziffern des Urteils stehe, sei nicht erkennbar, weshalb hier auf das Besteuerungsrecht des eingebrachten Vermögens und nicht auf das der erhaltenen Anteile abgestellt werde. Jedenfalls seien die stillen Reserven bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft tatsächlich vollumfänglich steuerneutral aufgedeckt worden und es existierten damit „keine nicht realisierten Wertzuwächse“ im Zusammenhang mit dem eingebrachten Vermögen mehr. Insoweit könne es auch nicht zu einer Besteuerung dieser Wertzuwächse bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 26. Januar 2012 und 15. April 2015 Bezug genommen.

Die die D-KG betreffenden Steuerakten nebst Beiakten haben vorgelegen.

Aus den Gründen

Zulässigkeit der Klage

I.          Die Klage ist zulässig.

a)         Der Feststellungsbescheid vom 2. Juni 2005 ist wirksam bekannt gegeben worden. Er ist den seinerzeitigen Bevollmächtigten für die D-KG als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten übersandt worden. Aufgrund einer am 19. November 1998 erteilten Post- und Zustellungsvollmacht, die in der Folgezeit nicht widerrufen worden ist, war die Kanzlei auch nach Auflösung der D-KG zur Entgegennahme von Feststellungsbescheiden für die Beteiligten gem. § 183 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) legitimiert. Die Vollmacht war auch wirksam erteilt worden, und zwar durch HS für sich persönlich und als Geschäftsführer der Komplementärin, der D-GmbH, sowie mündlich bzw. im Wege der Duldung durch die K GmbH. Hiervon sind sowohl die Feststellungsbeteiligten als auch der Beklagte übereinstimmend ausgegangen.

Obwohl im Rubrum des Bescheides die nicht mehr existente D-KG als Inhaltsadressatin genannt wird, ist der Bescheid auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Denn die Feststellungsbeteiligten als die tatsächlichen Inhaltsadressaten ergeben sich unzweideutig aus dem Bescheid.

b)         Die Klägerin ist durch den angegriffenen Feststellungsbescheid beschwert und klagebefugt (§ 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Grundsätzlich ist der Wertansatz der Kapitalgesellschaft für das eingebrachte Betriebsvermögen für den Einbringenden bindend (§ 20 Abs. 4 UmwStG 1995). Wegen dieser materiellen Bindungswirkung geht der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass das aufnehmende Unternehmen mangels Beschwer nicht im Wege der Anfechtung seiner Steuerfestsetzung geltend machen kann, der angesetzte Wert sei zu hoch. Ein solches Begehren könne nur der Einbringende im Wege der sog. Drittanfechtung durchsetzen, und zwar gegen den Körperschaftsteuerbescheid der aufnehmenden Gesellschaft (mittlerweile ständige Rechtspr., vgl. BFH Urteile vom 8. Juni 2011 I R 79/10, BStBl II 2012, 421 [BB 2012, 879 m. BB-Komm. Frotscher]; vom 20. April 2011 I R 97/10, BStBl II 2011, 815; vom 19. Dezember 2007 I R 111/05, BStBl II 2008, 536 [BB 2008, 662 m. BB-Komm. Behrens/Lowa]). Die Regelung in § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 dient letztlich dazu, die Besteuerung der aufnehmenden Gesellschaft und die Besteuerung des Einbringenden aufeinander abzustimmen. Deshalb muss schon der Erlass eines Steuer- oder Feststellungsbescheids gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft jedenfalls dann, wenn dieser Bescheid -wie hier- unanfechtbar wird, zur Verbindlichkeit der ihm zugrunde liegenden Werte für die Besteuerung des Einbringenden führen (BFH Urteil vom 20. April 2011 I R 97/10, BStBl II 2011, 815). Die Klage des Einbringenden gegen den Wertansatz für das eingebrachte Betriebsvermögen im Rahmen seiner eigenen Steuerfestsetzung bzw. Feststellung der Besteuerungsgrundlagen ist danach wegen der materiellen Bindungswirkung, die von dem Wertansatz bei der aufnehmenden Gesellschaft ausgeht, grundsätzlich unzulässig.

Wie der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 26. Januar 2012 (a. a. O.) ausgeführt hat, kann diese materielle Bindungswirkung entsprechend § 20 Abs. 4 UmwStG 1995 aber dann nicht zum Tragen kommen, wenn die Regelung, die die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens vorgibt und auf der die hiervon ausgehende Bindungswirkung beruht, unionsrechtswidrig ist. Gerade dies ist aus den nachfolgend unter 2. b) darzulegenden Gründen der Fall. Für die Zulässigkeit der Klage gegen den Feststellungsbescheid des Einbringenden ist es ausreichend, wenn er das Bestehen der materiellen Bindungswirkung --hier aus unionsrechtlichen Gründen -- bestreitet. Die Klägerin macht damit eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes geltend.

Die gegen diese Rechtsauffassung vorgebrachten Bedenken (Mitschke, IStR 2014, 522; Zwirner, ISR 2014, 96) teilt der Senat nicht. Insbesondere sieht der Senat keine Veranlassung, erneut ein Vorabersuchen an den EuGH zu richten (so aber Zwirner, ISR 2014, 96). Es liegt vielmehr auf der Hand, dass eine unionsrechtswidrige und damit nicht anwendbare Regelung keine Bindungswirkung entfalten kann. Wegen der Besonderheit der materiellen Bindungswirkung des Steuerbescheides der aufnehmenden Gesellschaft betrifft die -angenommene- Unionsrechtswidrigkeit eine materielle Rechtsfrage, die am Maßstab des Unionsrechts zu messen ist und nicht lediglich eine reine Verfahrensfrage, die sich nach innerstaatlichem Recht richtet.

In diesem Zusammenhang beruft sich der Beklagte auch zu Unrecht darauf, dass im Falle der Bejahung der Unionsrechtswidrigkeit von § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 wieder die allgemeine Regelung der Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 zum Tragen komme und nunmehr aus Gründen der Gleichbehandlung von inländischen und grenzüberschreitenden Sachverhalten die Einwendungen im Wege der Drittanfechtung geltend zu machen wären. Hierbei übersieht der Beklagte, dass die D-KG und die D-GmbH ursprünglich ihr Wahlrecht --übereinstimmend-- zu Gunsten des Buchwertansatzes ausgeübt hatten und es deshalb seitens der D-KG keine Veranlassung für eine Anfechtung des Körperschaftsteuerbescheides der aufnehmenden D-GmbH bestand. Erst durch die Änderung der Bescheide für beide Gesellschaften aufgrund der Außenprüfung ist es durch die nunmehrige Berücksichtigung des Teilwertansatzes zu einer Beschwer der Kommanditisten gekommen. Entfällt die Pflicht zum Ansatz des Teilwertes und damit auch die Bindungswirkung wegen der nunmehr erkannten Unionsrechtswidrigkeit der Regelung in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995, kann die Klage nicht gewissermaßen nachträglich, trotz Erfolgs in der Sache, wieder unzulässig werden, weil nunmehr wieder nach allgemeinen Grundsätzen der Körperschaftsteuerbescheid anzufechten wäre.

Ob der nachträgliche Ansatz des Buchwertes bei dem Einbringenden ggf. auch zu einer (Folge-)änderung bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft führen müsste (vgl. dazu Zwirner, ISR 2014, 96), ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Es ist zudem nicht zwingend, dass eine ursprünglich auf ein korrespondierendes System angelegte Bescheidslage - hier Ansatz des nämlichen Wertes bei dem Einbringenden und bei dem Aufnehmenden- durch unterschiedliche Anfechtungsmöglichkeiten der jeweiligen Bescheide stets erhalten bleibt.

Unter diesen Umständen kann der Senat offenlassen, ob die Klage mit Blick auf das BFH-Urteil vom 30. April 2003 I R 102/01 (BStBl II 2004, 804 [BB 2003, 2565]) unabhängig von der unionsrechtlichen Frage zulässig ist, weil die streitige Frage, ob durch die Einbringung der Mitunternehmeranteile in die Komplementär-GmbH ein Veräußerungsgewinn entstanden ist, im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung mit Bindungswirkung für die aufnehmende Kapitalgesellschaft festzustellen ist (so Nitzschke, IStR 2014, 111, IStR 2014, 367; sowie IStR 2014, 524; dagegen Mitschke, IStR 2014, 522, IStR 2014, 525). Allerdings weicht der dem BFH-Urteil vom 30. April 2003 zugrunde liegende Sachverhalt insoweit von dem des Streitfalls ab, als dort ein einzelner Mitunternehmeranteil eingebracht und von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft die Mitunternehmerstellung des Einbringenden übernommen worden war. Für diesen Fall war der BFH der Auffassung, dass das maßgebliche Bewertungswahlrecht nicht in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft, sondern in derjenigen der Personengesellschaft ausgeübt werde. Denn aus steuerlicher Sicht stelle der Mitunternehmeranteil kein Wirtschaftsgut dar (BFH-Urteil vom 6. November 1985 I R 242/81, BStBl II 1986, 333 [BB 1986, 362]). Er sei in der Steuerbilanz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft deswegen zwar auszuweisen, jedoch nicht zu bewerten; die Bewertung obliege vielmehr der Personengesellschaft. In deren Steuerbilanz sei das Bewertungswahlrecht für das Wirtschaftsjahr auszuüben, in welches die Einbringung falle (BFH Urteil vom 30. April 2003, I R 102/01, BStBl II 2004, 804 [BB 2003, 2565]; ebenso Nitzschke, IStR 2014, 367). Die Ausübung des Bewertungswahlrechts durch die Mitunternehmerschaft dürfte allerdings deren Fortbestehen voraussetzen (vgl. Mitschke, IStR 2014, 522 und 524), im Streitfall führte die Einbringung von sämtlichen Mitunternehmeranteilen aber zum Erlöschen der Personengesellschaft.

Begründetheit der Klage

2. Die Klage ist begründet.

Streitig war lediglich die Frage, ob ein Veräußerungsgewinn festzustellen ist

a)         Der angegriffene Feststellungsbescheid ist nicht deswegen zu beanstanden, weil ein zweistufiges Feststellungsverfahren mit Blick auf das vereinbarte Treuhandverhältnis zwischen HS als Treunehmer und der S GmbH als Treugeberin unterblieben ist. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung waren von der hier allein streitigen Frage der Feststellung des Veräußerungsgewinns aus dem Umwandlungsvorgang die einbringenden Mitunternehmer S GmbH und K GmbH betroffen. Die Anteile der S GmbH wurden aufgrund Treuhandvertrages vom 20. Dezember 2000 treuhänderisch von HS gehalten. Nach der Rechtsprechung des BFH ist zwar bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses grundsätzlich ein gesondertes Gewinnfeststellungsverfahren hinsichtlich des Treuhandverhältnisses erforderlich, das ggfs. mit der Gewinnfeststellung der Gesellschaft verbunden werden kann (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 18. August 1997 IX B 29/97, BFH/NV 1998, 416). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr kann von einer gesonderten und einheitlichen Feststellung abgesehen werden, soweit es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO). Um einen derartigen Fall handelt es sich hier: der auf die einzige Treugeberin entfallende Anteil an dem der Höhe nach unstreitigen Veräußerungsgewinn stand fest, streitig war lediglich die Frage, ob ein Veräußerungsgewinn festzustellen ist.

Feststellung eines Veräußerungsgewinn für den streitigen Einbringungsvorgang ist rechtswidrig

b)         Der angegriffene Feststellungsbescheid ist aber rechtswidrig, soweit darin ein Veräußerungsgewinn für den hier streitigen Einbringungsvorgang unter Berücksichtigung des Teilwerts nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 UmwStG 1995 anstelle des Buchwerts festgestellt worden ist.

§ 20 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 UmwStG 1995 …

aa) Nach § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 hat die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Teilwert anzusetzen, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen ist. Entsprechend § 20 Abs. 4 UmwStG 1995 gilt der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile. Im Streitfall stand das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der den einbringenden Gesellschaften gewährten Gesellschaftsanteile nicht der Bundesrepublik Deutschland, sondern Österreich als dem Ansässigkeitsstaat der Einbringenden zu. Dies folgt aus Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 2 und 3 DBA Österreich 1954 sowie Nr. 1 (zu Art. 1) und Nr. 19 (zu Art. 7) des dazu ergangenen Schlussprotokolls. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

… ist im Streitfall nicht anzuwenden, weil die Vorschrift gegen Unionsrecht verstößt

bb) § 20 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 UmwStG 1995 ist jedoch im Streitfall nicht anzuwenden, weil die Vorschrift gegen Unionsrecht verstößt.

Der EuGH hat auf das Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats in seinem Urteil vom 23. Januar 2014 (a. a. O.) erkannt, dass § 20 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 UmwStG 1995 zu einer verbotenen Beschränkung des freien Kapitalverkehrs für ausländische Investoren i. S. v. Art. 63 AEUV (im Streitjahr Art. 56 EG) führt. Allerdings ist dieser Artikel dahin auszulegen ist, dass das Ziel der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten eine Regelung eines Mitgliedstaats rechtfertigen kann. Der EuGH sieht eine Sofortbesteuerung der stillen Reserven als gerechtfertigt an, wenn „schon der Umstand der Umwandlung der Anteile einer Kommanditgesellschaft in Anteile einer Kapitalgesellschaft bewirkt, dass das Besteuerungsrecht des Mitgliedsstaates an den in seinem Hoheitsgebiet entstandenen stillen Reserven verloren geht (Rz. 50). Dabei ist es nach dem Verständnis des EuGH mit Blick auf die Aufteilung des Besteuerungssubstrats zwischen den Mitgliedsstaaten nicht ausschlaggebend, dass die nach § 20 Abs. 3 und 4 UmwStG 1995 besteuerten Wertzuwächse nach der Umwandlung der betroffenen Anteile etwa einen Zusammenhang mit andersartigem Vermögen aufweisen, nämlich zunächst einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft und dann einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Die mit den Anteilen an der Kommanditgesellschaft zusammenhängenden Wertzuwächse finden sich nämlich zwangsläufig in den Anteilen an der Kapitalgesellschaft wieder, die für die Einbringung der Kommanditgesellschaftsanteile gewährt wurden (Rz. 54). Schon der Umstand, dass die Umwandlung der Anteile einer Kommanditgesellschaft in Anteile einer Kapitalgesellschaft bewirkt, dass Einkünfte der Ausübung der Steuerhoheit des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie entstanden sind, entzogen werden , reicht aus, eine Regelung wie die hier im Streit stehende zu rechtfertigen (Rz. 55).

Allerdings macht der EuGH den Vorbehalt, dass Deutschland tatsächlich jedes Recht verlieren muss, die nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit den Anteilen an der Personengesellschaft zu besteuern, sobald diese gegen Anteile an einer Kapitalgesellschaft ausgetauscht werden (Rz. 57). Insoweit scheint es ihm nicht ausgeschlossen, dass nicht realisierte Wertzuwächse im Zusammenhang mit den in das Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft eingebrachten Anteilen bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer berücksichtigt werde können, der die aufnehmende Kapitalgesellschaft unterliegt. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof dem erkennenden Senat übertragen.

Deutschland verliert nicht jedes Besteuerungsrecht an den nicht realisierten Wertzuwächsen

cc) Deutschland verliert nicht jedes Besteuerungsrecht an den nicht realisierten Wertzuwächsen.

Aus der Einbringung zu Buchwerten resultiert grds. eine doppelte Steuerverstrickung, und zwar des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Kapitalgesellschaft sowie der einbringungsgeborenen Anteile des Anteilseigners. Während die Bundesrepublik Deutschland kein Besteuerungsrecht an den einbringungsgeborenen Anteilen erlangt, unterliegen ihrem Besteuerungszugriff weiterhin die stillen Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen, d. h. an dem durch den Einbringungsvorgang „angereicherten“ Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft. Die dort vorhandenen stillen Reserven unterliegen unzweifelhaft weiterhin der deutschen Besteuerung (allg. Ansicht, z. B. Linn, IStR 2014, 135; St. Müller, ISR 2014, 136; Th. Müller, DB 0648557 vom 3. Februar 2014; so auch bereits Mitschke in Anm. zum Vorlagebeschluss, IStR 2012, 305, 311).

Der Senat und mit ihm das weit überwiegende Schrifttum (vgl. Linn, IStR 2014, 135; Patzner/Nagler, GmbHR 2014, 216; Gosch, IWB 2014, 183; St. Müller, ISR 2014, 136; Th. Müller, DB 0648557 vom 3. Februar 2014; Thömmes, StuB 2014, 288, 290; Schön, JbFStR 2014/2015, 25 ff.; Isselmann, BB 2014, 496; wohl auch Ribbenbrock, BB 2014, 484) versteht den EuGH in der Weise, dass es für die Frage des Fortbestehens des Besteuerungsrechts auf die sachliche Steuerpflicht, d. h. die mögliche Fortführung der Buchwerte bei der aufnehmenden Gesellschaft ankommt. Dem Gerichtshof reicht die Verhaftung der stillen Reserven durch den Ansatz des Buchwertes bei der übernehmenden Gesellschaft aus. Die einmalige Erfassung der stillen Reserven soll gewährleistet sein, ohne dass es darauf ankommt, dass es gerade derselbe Steuerpflichtige ist, bei dem diese besteuert werden (vgl. Schön, JbFStR 2014/2015, 25 ff.; St. Müller, ISR 2014, 136; Linn, IStR 2014, 136; Patzner/Nagler, GmbHR 2014, 216; Gosch, IWB 2014, 183; Th. Müller, DB 0648557 vom 3. Februar 2014; Thömmes, StuB 2014, 288, 290).

Diese Betrachtung korrespondiert auch mit der Systematik der Richtlinie 90/433/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (Fusionsrichtlinie), die bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen grundsätzlich nicht die Verdoppelung der stillen Reserven auf der Ebene der Gesellschaft und der Ebene der Gesellschafter verlangt bzw. sie mit der Fusionsrichtlinie für unvereinbar hält (vgl. Linn, IStR 2014, 136, 139; Schön, JbFStR 2014/2015, 25 ff., s. a. EuGH Urteil vom 11. Dezember 2008 C-285/07, BStBl II 2009, 940 [BB-Entscheidungsreport Behrens, BB 2009, 380, EWS 2009, 50, RIW 2009, 327]). Für diese Interpretation spricht überdies, dass Deutschland ein Besteuerungsrecht an den Kapitalanteilen ohnehin zu keinem Zeitpunkt zustand, d. h. weder vor noch nach der Umwandlung. Mit Blick auf diese Kapitalanteile konnte folglich durch die Umwandlung kein Besteuerungssubtrat verloren gehen und wäre eine sofortige Wertzuwachsbesteuerung deshalb auch nicht zu rechtfertigen (vgl. Linn, IStR 2014, 136, siehe auch Vorlagebeschluss vom 26. Januar 2012 Rz. 44, a. a. O.). Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die streitige Regelung offenbar selbst als unionsrechtlich zumindest zweifelhaft angesehen und mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 geändert und „europäisiert“ hat (vgl. BT.-Drs. 16/3315, Vorlagebeschluss vom 26. Januar 2012 Rz. 39, a. a. O.) dafür, dass der erhalten gebliebene steuerliche Zugriff auf das infolge der Umwandlung mit stillen Reserven angereicherte Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft dem Erhalt des deutschen Besteuerungssubstrats angemessen Rechnung trägt.

Danach reicht es aus, dass die nunmehr --auch-- im Betriebsvermögen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft abgebildeten Wertzuwächse besteuert werden können. Auf die Besteuerung der --personenbezogenen-- Anteile an der Kapitalgesellschaft und damit auf die persönliche Steuerpflicht, auf die der vorlegende Senat abgestellt hatte, kommt es danach nicht an.

An diesem Grundsatz ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass es in casu nicht zu einer Steuerverhaftung der stillen Reserven gekommen ist, weil bei der aufnehmenden D-GmbH die Sacheinlage --bestandskräftig-- mit dem Teilwert angesetzt worden ist (a. A. Zwirner, ISR 2014, 96,98). Denn dieser Wertansatz erfolgte erst --wie nunmehr erkannt-- auf unionsrechtswidriger Grundlage nach einer Außenprüfung durch den Beklagten (ebenso St. Müller, ISR 2014, 136).

Urteil des EuGH ist auf Kritik gestoßen

dd) Das Urteil des EuGH ist auf Kritik gestoßen. Die im Wesentlichen nur von Angehörigen der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, für die Frage der als gerechtfertigt erkannten Sicherung des Deutschland zustehenden Besteuerungssubtrats sei nicht auf die stillen Reserven in dem eingebrachten Betriebsvermögen abzustellen, sondern auf die stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen und die Sofortbesteuerung der stillen Reserven gem. § 20 Abs. 3 und 4 UmwStG 1995 erweise sich deshalb als unionsrechtskonform (so Sydow, DB 2014, 265, Mitschke, IStR 2014, 112 und 214; Zwirner, ISR 2014, 96; Musil, FR 2014, 470), überzeugt nicht. Sie setzt sich zunächst über den eindeutigen Wortlaut der Entscheidung hinweg, mit dem der EuGH seine Erwägungen zu den Vorlagefragen in Rz. 57 explizit unter den Vorbehalt des gänzlichen Verlustes des steuerlichen Zugriffs gestellt hat. Dass dieser Vorbehalt lediglich „vorsorglich wegen der Komplexität des Umwandlungssteuergesetzes“ aufgenommen worden sei (z. B. Zwirner, ISR 2014, 96; Sydow, DB 2014, 265, 268) bzw. sich als „abrundende Vorsichtsmaßnahme“ erweise (so Mitschke, IStR 2014, 111 und 214), lässt ihn nicht unbeachtlich werden. Auch aus dem Umstand, dass sich der EuGH zu der zweiten Vorlagefrage geäußert hat, kann nicht hergeleitet werden, dass die erste Vorlagefrage der Unionswidrigkeit von § 20 Abs. 3 und Abs. 4 UmwStG 1995 eindeutig verneint worden ist. Vielmehr steht die Antwort auf die erste Frage unter dem Vorbehalt in Rz. 57 des Urteils und sind die Erwägungen zur zweiten Vorlagefrage als vorsorgliche Ausführungen anzusehen.

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Besteuerung der stillen Reserven in dem eingebrachten Betriebsvermögen nicht ausreichend sein könnte, insbesondere ein besonderes Risiko bestünde, dass sich die stillen Reserven verflüchtigen (so offenbar Zwirner, ISR 2014, 96, 100, Mitschke, IStR 2014, 216, 217). Zum einen besteht die Gefahr der Verflüchtigung stiller Reserven auch bei den Kapitalanteilen, je nach der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft, zum anderen besteht diese Gefahr bei jedem steuerbegünstigten Einbringungsvorgang, unabhängig davon, ob die jeweilige gesetzliche Regelung die im Einbringungszeitpunkt bestehenden stillen Reserven in den übergehenden Wirtschaftsgütern und/oder in den erhaltenen Anteilen zu perpetuieren versucht (Linn, ISR 2014, 136) und überdies unabhängig davon, ob ein nur beschränkt Steuerpflichtiger beteiligt ist oder nicht.

Entgegen der Annahme von Mitschke (IStR 2014, 214, 215) kommt es auch nicht zu einer unangemessenen Bevorzugung gegenüber dem reinen Inlandsfall, weil der Inländer bei der Einbringung zu Buchwerten den Nachteil des Entstehens einbringungsgeborener Anteile gem. § 21 UmwStG 1995 hinnehmen müsse, während der Ausländer die Anteile veräußern könne, ohne einen entsprechenden Veräußerungsgewinn gem. § 21 UmwStG 1995 versteuern zu müssen (umgekehrte Inländerdiskriminierung). Zum einen konnte auch der Inländer mit Blick auf § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000) bei Veräußerungen nach dem 1. Januar 2002 mit Ablauf einer Mindesthaltedauer der Anteile von sieben Jahren diese ohne Besteuerung der stillen Reserven veräußern (vgl. dazu ausführlich Lüdicke, IStR 2014, 537; St. Müller, ISR 2014, 136), und zwar auch dann, wenn sie noch unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens entstanden waren (vgl. Tz. 42 des BMF-Schreibens vom 28. April 2003 betreffend die Anwendung des § 8b KStG 2002, BStBl I 2003, 292). Im Streitfall hat die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen  die Anteile tatsächlich auch länger als sieben Jahre, d. h. bis heute, gehalten, sodass sie in concreto keinen Vorteil gegenüber einem inländischen Anteilseigner gehabt hätte. Zum anderen ist diese Folgeüberlegung aus unionsrechtlicher Sicht auch unbeachtlich. Denn selbst wenn eine Inländerdiskriminierung zu bejahen wäre, liegt darin weder ein Unionsrechtsverstoß noch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (ständige Rechtspr., vgl. z. B. BFH I R 21/04, BStBl II 2005, 716 m. w. N.).

Kostenentscheidung und Nichtzulassung der Revision

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht erfüllt, insbesondere beruht der Streitfall auf ausgelaufenem Recht (ständige Rechtspr. z. B. BFH Beschlüsse vom 29. Juli 2014 I B 178/13, BFH/NV 2014, 1917; vom 22 November 1999 III B 58/99, BFH/NV 2000, 748).

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