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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
19.05.2022
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto und Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG

FG Düsseldorf, Urteil vom 1.7.2021 – 11 K 1039/21 F, Rev. eingelegt (Az. BFH IV R 17/21)

ECLI:DE:FGD:2021:0701.11K1039.21F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2022-1199-1

NICHT AMTLICHE LEITSÄTZE

1. Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto aus einer Gesellschaft aus, führt dies bei unentgeltlicher Übertragung des Mitunternehmeranteils nicht zu einer Gewinnzurechnung gem. § 15a Abs. 3 EStG bei dem Rechtsnachfolger.

2. Verluste i.S. d. § 15a EStG sind gesellschaftsbezogen zu behandeln und nicht gesellschafterbezogen. Ein negatives Kapitalkonto geht deshalb bei einer unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils auf den Rechtsnachfolger über.

EStG § 15a Abs. 3, § 6 Abs. 3, § 52 Abs. 24 (vormals Abs. 33); HGB § 171 Abs. 1, § 173, § 174

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Gewinn nach § 15a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – entstanden ist und ob dieser ggf. der Beigeladenen zu 2) zuzurechnen ist.

Die Klägerin ist eine im Jahr … gegründete Kommanditgesellschaft. Gesellschafter waren zunächst die Komplementärin M-GmbH ohne eigene Einlage sowie der Kommanditist K, der Beigeladene zu 1), mit einer Hafteinlage von 50.000 DM (25.564,59 €). Noch im Jahr der Gründung erhöhte dieser seine Einlage um … DM (… €) und ein Jahr später abermals um … DM (… €). Die zusätzlichen Einlagen stellten als Eigenkapital zu buchende Pflichteinlagen dar und wurden nach dem Willen der Gesellschafter nicht als Hafteinlageerhöhung in das Handelsregister eingetragen.

In den ersten Jahren ihres Bestehens erwirtschaftete die Klägerin Verluste, die infolge der Einlagen stets ausgleichs- und abzugsfähig waren und die Verlustausgleichsbeschränkung des §15a EStG nicht zur Anwendung kam. Zum 31.12.2002 wies die Bilanz der Klägerin einen Kapitalkontenstand des Beigeladenen zu 1) von … € aus.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 02.10.2003 - im Handelsregister eingetragen am 07.10.2003 - erhöhte der Beigeladene zu 1) seine Hafteinlage auf … €. Mittels eines Gesellschafterbeschlusses über die Herabsetzung der Pflichteinlage entnahm er sodann am 28.11.2003 einen Betrag von … €, was zu einem negativen Kapitalkonto und zu seiner handelsrechtlichen Außenhaftung nach § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB - führte. Anschließend - am 15.12.2003 - übertrug er seinen Kommanditanteil mit Wirkung zum 02.12.2003 unentgeltlich auf die K-Gesellschaft, die Beigeladene zu 2). Die Eintragung dieses Gesellschafterwechsels in das Handelsregister wurde am 20.01.2004 beantragt und am 04.02.2004 durchgeführt.

Die Beigeladene zu 2) übernahm im Zuge der Übertragung auch das negative Kapitalkonto des Beigeladenen zu 1), tätigte im Jahr 2003 aber keine eigenen Entnahmen.

Nachdem der Beklagte den Gewinn der Klägerin für das Streitjahr 2003 erklärungsgemäß festgestellt hatte, führte das Finanzamt für Groß-und Betriebsprüfung …eine dieses Jahr betreffende Betriebsprüfung durch, im Rahmen derer die Prüfer die Auffassung vertraten, dass die gesellschaftlichen Abläufe im Jahr 2003 bei der Beigeladenen zu 2) Rechtsfolgen im Sinne des § 15a EStG ausgelöst hätten. Durch die Entnahme des Beigeladenen zu 1) sei das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ geworden. Dies stelle den Grundfall des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG dar. Alternativ sähen § 15a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 EStG die Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit von Verlusten im Fall einer bestehenden Außenhaftung vor. Diese Regelungen stellten jedoch darauf ab, dass die Haftung zum Bilanzstichtag bestehe und der Kommanditist, dem der Anteil zuzurechnen sei, im Handelsregister eingetragen sei. Diese Voraussetzung sei bei der neuen Kommanditistin am Bilanzstichtag 31.12.2003 nicht erfüllt gewesen. Ihr sei daher der Betrag der Einlageminderung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 15a Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG als fiktiver Gewinn zuzurechnen.

Der Beklagte folgte der Auffassung und erließ für das Streitjahr einen Änderungsbescheid, in dem er u.a. für die Beigeladene zu 2) nach Anwendung des § 15a EStG einen im Folgebescheid anzusetzende laufende Gewinn von … € feststellte.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie meinte, dass es für diese Zurechnung keinen Rechtsgrund gegeben habe. Einzig denkbar sei insoweit die Regelung des § 6 Abs. 3 EStG bzw. die darauf basierende „Fußstapfentheorie“. Danach übernehme der Empfänger einer unentgeltlichen Zuwendung alle Wirtschaftsgüter zu Buchwerten sowie weitere steuerliche Merkmale, die für eine zutreffende Besteuerung der übertragenen betrieblichen Einheit in Zukunft unverzichtbar seien. Nicht davon erfasst seien hingegen steuerliche Sachverhalte, welche der Rechtsvorgänger bereits vollständig erfüllt habe. Insoweit bliebe es bei der durch die Übertragung entstehenden Zäsur. Übergeber und Empfänger seien zwei steuerpflichtige Personen, zwischen denen grundsätzlich eine strikte Abgrenzung erfolge. Für den Streitfall bedeute dies, dass die von dem Beigeladenen zu 1) vor der Übertragung getätigte Entnahme auch nur diesem zuzurechnen sei. Die Entnahme sei eine einmalige tatsächliche Handlung, die mit dem Abfluss der Mittel aus dem Vermögen der Gesellschaft vollständig abgeschlossen sei. Sie habe keine zukünftigen steuerlichen Wirkungen und könne daher auch nicht der Empfängerin zugerechnet werden. Auch bei dem Beigeladenen zu 1) komme eine Gewinnrealisierung nicht in Betracht. Er habe die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer überschießenden Außenhaftung nach § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG erfüllt.

Mit Entscheidung vom 25.07.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Im Streitfall sei die von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG geforderte Beteiligungsidentität  nach dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 3 EStG gewahrt. Es sei unstreitig, dass die Übertragung der Kommanditanteile unentgeltlich erfolgt sei. Das Kapitalkonto unterliege im Fall der Schenkung der Buchwertfortführung. Entsprechend sei dem Übernehmer auch dessen Entstehung zuzurechnen. Die Entwicklung des übernommenen Kapitalkontos sei für die weitere zutreffende Besteuerung des Kommanditanteils maßgeblich. Sie hätte im Falle eines durch Verluste entstandenen negativen Kapitalkontos bei unentgeltlicher Übertragung die Übernahme eines verrechenbaren Verlustes zur Folge. Im Umkehrschluss müsse dies folgerichtig auch für ein durch Einlagenminderung entstandenes negatives Kapitalkonto gelten.

Die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG lägen bei der Beigeladenen zu 2) nicht vor. Sie sei am Bilanzstichtag nicht in das Handelsregister eingetragen gewesen. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des erweiterten Verlustausgleichs über den im Gesetz vorgesehenen Fall der Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB sei abzulehnen. Auch eine sinngemäße Anwendung scheide mangels Unvollständigkeit des § 15a Abs. 1 EStG aus. Eine Haftung im Innenverhältnis genüge im Übrigen ebenso wenig wie die Eintragung des Rechtsvorgängers im Handelsregister. Die Beigeladene zu 2) sei in die Rechtsposition ihres Vorgängers für alle bis zum Bilanzstichtag im Zusammenhang mit dem Kommanditanteil erfolgten Handlungen eingetreten und sei ab dem Tag der Übertragung für die rechtliche Gestaltung selbst verantwortlich. Ab diesem Tag spiele die Rechtsposition des Vorgängers keine Rolle mehr für die Besteuerung.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Zurechnung des festgestellten Gewinns. Sie trägt ergänzend vor, dass die Zurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG nach seinem Wortlaut zwingend die Identität in der Person des Kommanditisten voraussetze. Diese Voraussetzung entspreche dem Gesetzeszweck. Die Vorschrift solle verhindern, dass die Beschränkung des Verlustausgleichs durch nur vorübergehende Einlagen und nur vorübergehende Haftungserweiterungen umgangen würden. Daher werde der Verlust im Jahr seiner Entstehung nach Maßgabe des erhöhten Kapitalkontos bzw. der erweiterten Haftung zugelassen, später bei Einlage- oder Haftungsminderung aber nachversteuert. Die Nachversteuerung sei bei demjenigen durchzuführen, der den Verlustausgleich ursprünglich in Anspruch genommen habe. Die Nachversteuerung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG werde „durch Entnahmen" ausgelöst, also ausschließlich durch einmalige tatsächliche Handlungen „des Kommanditisten". Solche tatsächlichen Handlungen hafteten dem Betrieb nicht an. Sie seien allein in der Person des Handelnden begründet und mit der Durchführung vollständig verwirklicht. Für eine Zurechnung der Handlung beim Rechtsnachfolger sei anders als bei zeitlich gestreckten, betriebsbezogenen Besteuerungsmerkmalen kein Raum. § 15a EStG sei keine Gewinnermittlungsvorschrift. Trotzdem oder gerade deswegen müsse sie sich in allgemeine steuerliche Einkünftezurechnungsvorschriften einbetten lassen, weil es sich um eine (gesellschafterbezogene) Gewinnzuordnungsvorschrift handele. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung könnten die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gestaltet werden. Es sei nicht möglich, beim Eintritt eines Gesellschafters in eine bestehende Gesellschaft den bis zum Eintrittszeitpunkt entstandenen Gewinn durch schuldrechtliche Rückbeziehung der Eintrittsvereinbarungen (teilweise) auf den neu eintretenden Gesellschafter zu verlagern. Die Entnahme und deren Rechtsfolgen seien im Streitfall damit ausschließlich bei dem die Entnahme veranlassenden Gesellschafter zu ziehen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Regelung des § 6 Abs. 3 EStG. Nach § 6 Abs. 3 EStG müsse der bisherige Betriebsinhaber bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs die Buchwerte ansetzen. Der Rechtsnachfolger sei an diese Werte gebunden. Durch diese Bindung würden stille Reserven vom Übertragenden auf den Rechtsnachfolger verlagert. Die Regelung des § 6 Abs. 3 EStG durchbreche damit den das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der lndividualbesteuerung, der grundsätzlich auch bei einer Rechtsnachfolge gelte. Rechtsvorgänger wie Rechtsnachfolger seien eigenständige Steuerpflichtige, die jeweils einen Steuertatbestand erfüllten und bei denen jeweils gesondert zu prüfen sei, wer welche Einkünfte erzielt habe. Für die hier streitige Anwendbarkeit von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG bedeute das, dass die durch den Beigeladenen zu 1) vor der Übertragung getätigte Entnahme ausschließlich diesem steuerlich zuzurechnen sei. Das sei wirtschaftlich zutreffend, weil dieser die Liquidität aus der Entnahme erhalten habe. Konsequenzen habe er gleichwohl nicht zu tragen, da bei ihm eine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG zu berücksichtigende Außenhaftung bestanden habe.

Im Übrigen sei zu beachten, dass die Beigeladene zu 2) zwischen ihrem Eintritt und ihrer Eintragung im Handelsregister nicht in der Haftung beschränkt gewesen sei. Eine Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG auf den vorhandenen Sachverhalt widerspreche der zivilrechtlichen Haftungslage und dem Gesetzeszweck. Sei die Einlage im Zeitpunkt des Übergangs nicht in einer für die Haftungsbeschränkung ausreichenden Höhe eingezahlt, so hafte der Neugesellschafter bis zur Höhe der Haftsumme für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten (§§ 171, 173 HGB). Neben ihm hafte der Altkommanditist gesamtschuldnerisch für die vor der Anteilsübertragung begründeten Verbindlichkeiten. Hinzu komme die unbeschränkte Haftung des Neugesellschafters für solche Verbindlichkeiten, die zwischen dem Eintritt in die Gesellschaft und seiner Handelsregistereintragung eingetreten sei (§ 176 HGB). Nach den handelsrechtlichen Vorschriften stehe ein neu eintretender Kommanditist also bis zu seiner Eintragung einem Vollhafter gleich. Die Grundkonzeption der handelsrechtlichen Haftungsinanspruchnahme entspreche der steuerlichen Handhabung. Nur derjenige, der als Kommanditist Überentnahmen im Sinne des § 15a Abs. 3 EStG vorgenommen habe, solle dann keine fiktive Gewinnzurechnung erdulden müssen, wenn seine Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB feststehe. Aus diesem Grund könne es auch auf die Eintragung im Handelsregister nicht ankommen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 01.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2016 dahingehend zu ändern, dass die Feststellung eines laufenden Gewinns gemäß § 15a Abs. 3 EStG i. H. v. … € entfällt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er verweist auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, dass nach der Rechtsprechung auch Entnahmen des Rechtsvorgängers gemäß § 6 Abs. 3 EStG für die Besteuerung beim Rechtsnachfolger maßgebend seien. Damit sei die Auffassung der Klägerin widerlegt, dass § 6 Abs. 3 EStG auf Entnahmehandlungen nicht anwendbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war für die Beigeladene zu 2) im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klägerin keine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG festzustellen.

§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer Kommanditgesellschaft dann nicht abzugs- bzw. ausgleichsfähig ist, wenn und soweit durch das Hinzurechnen des Verlustbetrags das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ wird oder ein bereits negativer Saldo sich noch erhöht. Ein solcher Verlustbetrag ist dann lediglich mit Gewinnen, die dem Kommanditisten in späteren Jahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind, verrechenbar (§ 15a Abs. 2 EStG). Abweichend von diesem Grundsatz ist allerdings gemäß § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ein zugerechneter Verlustanteil trotz des Entstehens oder der Erhöhung eines negativen Kapitalkontosaldos gleichwohl abzugs- bzw. ausgleichsfähig, wenn der Kommanditist am Bilanzstichtag den Gesellschaftsgläubigern aufgrund des § 171 Abs. 1 HGB haftet. Dies gilt allerdings nur bis zur Höhe des Betrags, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten (seine „Hafteinlage“) den Betrag seiner geleisteten Einlage übersteigt.

Durch die Regelung des § 15a Abs. 3 EStG soll verhindert werden, dass die aus § 15a Abs. 1 EStG folgende Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen oder durch eine vorübergehende Erweiterung der Außenhaftung des Kommanditisten umgangen wird; Verluste sollen nicht ausgleichsfähig bleiben, obwohl durch die Rücknahme der Einlage die Rechtfertigung für den früheren Verlustausgleich entfällt. Dem Kommanditisten wird in diesen Fällen zwar im Jahr des Entstehens des Verlusts dessen Ausgleich nach Maßgabe der höheren Einlage bzw. der erweiterten Außenhaftung belassen; im Jahr der Einlageminderung bzw. der Reduzierung der Außenhaftung hat er jedoch den entsprechenden Betrag als fiktiven laufenden Gewinn zu versteuern. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verlust in einen verrechenbaren Verlust umgewandelt. Hierdurch wird der Kommanditist so gestellt, als hätte bereits im Entstehungsjahr lediglich die geringere Einlage bzw. Außenhaftung bestanden und als wäre demzufolge der Verlust bereits im Entstehungsjahr nur verrechenbar gewesen (Bundesfinanzhof – BFH – ,Urteil vom 20.11.2014 – IV R 47/11 – Bundessteuerblatt – BStBl – II 2015, 532 mit weiteren Nachweisen – m. w. N. –).

Die Rechtfertigung für das Hinzurechnen des fiktiven Gewinns und für das Umwandeln des Verlusts liegt mithin darin begründet, dass die wirtschaftliche Belastung, die den früheren Verlustausgleich gerechtfertigt hatte, nachträglich entfällt.

Die Frage nach der wirtschaftlichen Belastung ist gesellschaftsbezogen zu beantworten. So sieht § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG eine Verrechnung der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht abzugsfähigen oder abziehbaren Verluste nur mit Gewinnen aus der Gesellschaft vor, bei der auch die Verluste angefallen sind. Gewinne und Verluste müssen demnach aus derselben Einkunftsquelle stammen (BFH, BStBl II 2015, 532).

Endet die Beteiligung des Kommanditisten an der Einkunftsquelle und tritt stattdessen ein anderer im Wege der unentgeltlichen Rechtsnachfolge in die Gesellschaft ein, ist eine differenzierte Betrachtungsweise vonnöten. Das weitere Schicksal des negativen Kapitalkontos kann nicht ohne Blick auf die Rechtslage beim Ausscheidenden bestimmt werden. Vielmehr ist zu prüfen, welche Rechtsfolgen das Ausscheiden auslöst und wie diese sich steuerlich auf den Rechtsnachfolger auswirken. Dies gilt auch im Falle eines Gesellschafterwechsels während eines laufenden Wirtschaftsjahres. Hier kann der Tatbestand des Ausscheidens nicht außer Acht gelassen und einzig auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag abgestellt werden.

Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto aufgrund ausgleichs- bzw. abzugsfähiger Verluste aus, so endet auch der Anwendungsbereich des § 15a EStG. Die Rechtsfolgen ergeben sich für diesen Fall zunächst aus § 52 Abs. 33 EStG (nunmehr: § 52 Abs. 24 EStG).

Fehlt es an einer Ausgleichsverpflichtung gegenüber der Gesellschaft, werden ausgleichsfähige oder abziehbare Verluste durch den Ansatz eines Veräußerungsgewinns bei dem ausscheidenden Gesellschafter korrigiert, § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG. In gleicher Höhe werden nach § 52 Abs. 33 Satz 4 EStG bei den verbleibenden Kommanditisten Verlustanteile angesetzt. Im Ergebnis verbleiben die Verluste damit in der KG, d.h. bei der entsprechenden Einkunftsquelle (BFH, BStBl II 2015, 532).

Einer solchen Korrektur bedarf es im Falle einer unentgeltlichen Anteilsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG allerdings nicht, denn die Einkunftsquelle wechselt nicht. Der nämliche Anteil an der Gesellschaft wird von dem Rechtsnachfolger fortgeführt; er rückt durch Übernahme der Buchwerte in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein.

Im Zuge dessen kann auch ein negatives Kapitalkonto aufgrund ausgleichs- bzw. abzugsfähiger Verluste übergehen. Beim Übertragenden entsteht in diesem Fall aufgrund der Unentgeltlichkeit dann kein Gewinn nach § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG. Stattdessen wird das negative Kapitalkonto zunächst gewinnneutral von dem Rechtsnachfolger fortführt. Erst in der Folge sind von dem Rechtsnachfolger künftige Gewinne zu versteuern, die allerdings zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos verwandt werden müssen, also keine Gewinnauszahlungsansprüche entstehen (Bitz in Littmann/ Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, Stand Februar 2021, § 15a Randziffer – Rz. – 53 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Prämissen ist der Beigeladenen zu 2) im Streitfall kein Gewinn nach § 15a Abs. 3 EStG zuzurechnen. Diese Vorschrift ist im Rahmen der streitbefangenen Anteilsübertragung nicht mehr anzuwenden.

Stattdessen wäre beim Beigeladenen zu 1) ein Veräußerungsgewinn nach § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG anzusetzen. Sein Kapitalkonto hatte zum Zeitpunkt Übertragung auf die Beigeladene zu 2) den Status eines negativen Kapitalkontos aufgrund ausgleichsfähiger bzw. abziehbarer Verluste, denn der Beigeladene zu 1) hatte durch seine hohen Pflichteinlagen zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit der KG stets dafür Sorge getragen, dass die erwirtschafteten Verluste ausgleichs- bzw. abzugsfähig waren und die Verlustbeschränkung des § 15a EStG nicht zur Anwendung kam. Das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. An dieser Situation hat sich in der Folgezeit durch die Herabsetzung der Pflichteinlage und die anschließende Entnahme nichts geändert. Zwar sieht § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG für den Fall einer Entnahme grundsätzlich eine Gewinnzurechnung in Höhe der Einlageminderung vor. Dies gilt jedoch nicht, soweit eine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 zu berücksichtigende Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB besteht oder entsteht. Eine solche Haftung bestand indes für den Beigeladenen zu 1), da er vor der Entnahme die Hafteinlage entsprechend erhöht hatte und er mit dieser Haftsumme auch in das Handelsregister eingetragen worden war.

Beim Beigeladenen zu 1) ist ein Veräußerungsgewinn nach § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG letztlich jedoch nicht entstanden, weil die Anteilsübertragung unentgeltlich war, § 6 Abs. 3 EStG. Die Beigeladene zu 2) das negative Kapitalkonto des Beigeladenen zu 1) im Wege der Schenkung nach § 6 Abs. 3 EStG als Rechtsnachfolgerin übernommen und führt es unverändert fort. Sie muss daher erst künftige Gewinne und keinen fiktiven Gewinn nach § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG versteuern.

Dieses Ergebnis entspricht dem in der Vorschrift des § 15a EStG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. Das Kapitalkonto des Beigeladenen zu 1) verlor wegen der hohen Pflichteinlagen und später der überschießenden Außenhaftung nach § 171 Abs. 1 HGB zu keinem Zeitpunkt den Status eines negativen Kapitalkontos aufgrund von ausgleichs- bzw. abzugsfähigen Verlusten. Ausgleich oder Abzug erfolgten somit nie zu Unrecht. Entsprechend gibt es auch keinen Grund, korrigierend einzugreifen und dem Beigeladenen zu 1) diese Möglichkeit nachträglich wieder zu entziehen bzw. sie auf die in § 15a Abs. 3 EStG vorgesehene Weise rückgängig zu machen.

Nichts anderes kann für die Beigeladene zu 2) gelten, die an den maßgeblichen Vorgängen überhaupt nicht beteiligt war.

Auf die Klärung der von den Beteiligten aufgeworfenen Rechtsfragen zur Anwendung des § 15a EStG kam es nach Auffassung des Senats demnach nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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