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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
07.06.2019
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Steuerliche Wirkung einer Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG

FG Düsseldorf, Urteil vom 8.5.201915 K 1457/18 F

ECLI:DE:FGD:2019:0508.15K1457.18F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2019-1394-1

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)

1. Durch die Regelungstechnik des § 7g Abs. 3 EStG treffen den früheren Betriebsinhaber im Falle des unentgeltlichen Betriebsübergangs die Folgen einer ausbleibenden Investition, auch wenn dies der jeweilige Übernehmer zu verantworten hat.

2. Eine wirksame Gewinnverteilungsabrede in Bezug auf § 7g EStG liegt nur vor, wenn diese für die Zukunft getroffen wird, alle Gesellschafter zustimmen, diese ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis hat und nicht rechtsmissbräuchlich ist.

EStG § 7g Abs. 3

Aus den Gründen

2          Die Beteiligten streiten über die Auflösung eines Investitionsabzugsbetrages und die Verteilung des Gewinns auf die beiden ehemaligen Gesellschafterinnen.

3          Die Klägerin und die Beigeladene (Mutter und Tochter) hatten im Jahr 2003 eine GbR (Kosmetikinstitut) gegründet (mit einer Gewinnbeteiligung von 90 % bzw. 10 %). Im Streitjahr 2010 planten sie im Hinblick auf einen bis spätestens 2013 geplanten Umzug des Geschäfts in einen Neubau des Ehemanns der Beigeladenen (mit Verdoppelung der Fläche) Investitionen für Empfangstheke, Schränke, Liegen, Massagewanne, Teeküche, Vitrinen und ein Fahrzeug. Hierfür bildeten sie im Gesamthandvermögen einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG- von 38.500 EUR (mit Zurechnung auf die beiden Gesellschafterinnen entsprechend ihren Gewinnanteilen). Der Beklagte berücksichtigte den Abzug mit Bescheid vom 14.11.2011 erklärungsgemäß.

4          Zum 31.12.2012 wurde die GbR wegen interner Differenzen aufgelöst, nach Kündigung der Klägerin im Oktober 2012. Die Beigeladene übernahm die GbR unter Fortführung als Einzelunternehmen (unentgeltliche Anwachsung des Anteils der Klägerin; entgegen § 15 des Gesellschaftsvertrages: Abfindung an den Ausscheidenden) und verlagerte das Geschäft im Verlauf des Folgejahres 2013 in den nunmehr fertig gestellten Neubau. Mit Bescheid vom 29.05.2017 löste der Beklagte für das Streitjahr 2010 den Investitionsabzug auf, weil das Einzelunternehmen bis 2013 keine Investition getätigt habe. Die Gewinnerhöhung von 38.500 EUR wurde entsprechend der ehemaligen Gewinnverteilung zugerechnet, sodass auf die Klägerin ein Betrag von 34.650 EUR (90 %) entfiel.

5          Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin (vertreten durch ihren Ehemann, den Zeugen A, zugleich Adoptivvater der Beigeladenen und ehemaliger steuerlicher Berater der GbR) geltend, die Auflösung sei allein bei der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der GbR vorzunehmen. Die zum Vorverfahren hinzugezogene Beigeladene führte aus, die Zusammensetzung des Investitionsabzugsbetrages 2010 nicht zu kennen, der aber ohnehin nur für die GbR gegolten habe. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 03.05.2018 als unbegründet zurück. Dass die begünstigte Investition nicht durchgeführt worden sei, müsse beim Rechtsvorgänger berücksichtigt werden, der auch damals den Abzugsbetrag in Anspruch genommen habe – hier also im Gesamthandvermögen der (ehemaligen) GbR.

6          Mit der Klage bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die Beigeladene trotz Verdoppelung der Geschäftsfläche und Erhöhung von zwei auf nun drei Behandlungsräume keine Neuinvestitionen getätigt habe. Hilfsweise sei die Gewinnerhöhung aus der Auflösung des Investitionsabzugs allein der Beigeladenen zuzurechnen, weil die (etwaige) Nichtinvestition in deren Bereich als Rechtsnachfolgerin der GbR falle.

7          Über ihren jetzigen, erstmals im Klageverfahren bestellten, Prozessbevollmächtigten trägt die Klägerin ergänzend vor: Sie selbst habe im Laufe der Jahre Einlagen von mehr als 30.000 EUR getätigt und von jeglichen Entnahmen abgesehen. Anlässlich der Bildung des Investitionsabzugsbetrages und vor Abgabe der Feststellungserklärung 2010 habe die Beigeladene mit Schreiben vom 15.09.2011 die Zusammensetzung der geplanten Investitionen aufgelistet und bestätigt, dass diese zur Vermeidung einer Steuerrückzahlung bis spätestens Ende 2013 getätigt werden müssten. Am 30.09.2011 habe die Beigeladene eine schriftliche Belehrung des Zeugen A zum Jahresabschluss 2010 unterzeichnet - u. a. mit dem Inhalt, dass bei Nichtinvestition die Abzugsbeträge im Rahmen einer Korrektur der Veranlagung 2010 in voller Höhe von ihr selbst nachversteuert würden. Damit hätten die beiden Gesellschafterinnen bezogen auf eine etwaige künftige Gewinnerhöhung nach § 7g Abs. 3 EStG eine abweichende Gewinnverteilung vereinbart; dies stehe im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 25.09.2018 IX R 35/17, Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 2019, 462). Aufgrund der sich nach 2011 wesentlich verschlechternden zwischenmenschlichen Situation habe die Regelung zur Besteuerung nach § 7g Abs. 3 EStG nicht mehr in Gestalt eines Gesellschafterbeschlusses getroffen werden können. Auch ein Auflösungsvertrag sei gescheitert. In einem Gespräch der Gesellschafterinnen, jeweils mit anwaltlicher Vertretung (B für die Klägerin, C für die Beigeladene) am 06.12.2012, sei eine schriftliche Vereinbarung dergestalt avisiert worden, dass die Beigeladene als Fortführende sämtliche Aktiva und Passiva sowie alle übrigen Verpflichtungen übernehme - unter Verzicht auf ein Auseinandersetzungsguthaben durch die Klägerin; ein entsprechendes Dokument sei aber am Widerstand der Beigeladenen gescheitert. Letztlich habe die Beigeladene den Anteil der Klägerin – insoweit abweichend vom Gesellschaftsvertrag - unentgeltlich übernommen, so dass die Regelungen des § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden seien. Eine Gewinnzurechnung nach § 7g Abs. 3 EStG ausschließlich bei der Beigeladenen folge sinngemäß auch aus der Formulierung in § 15 des Gesellschaftsvertrages, dass die Ausscheidende an „schwebenden Geschäften nicht teilnehme“ – diesen Sinn und Zweck der Vertragsklausel könne der Zeuge A bestätigen.

8          Die Klägerin beantragt,

9          den Feststellungsbescheid 2010 vom 29.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.05.2018 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 13.922,17 EUR mit ./. 24.570,52 EUR der Klägerin und mit + 38.492,69 EUR der Beigeladenen zugerechnet werden.

10        Der Beklagte beantragt,

11        die Klage abzuweisen.

12        Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hat mit Schriftsatz vom 10.08.2018 ihre Anlageentwicklungen / Neuzugänge 2013 eingereicht. Der Beklagte hat dessen Inhalt nicht bestritten.

13        Der Beklagte hält daran fest, die Auflösung des Abzugs im Gesamthandbereich zu berücksichtigen, weil auch die Bildung des Abzugsbetrags dort erfolgt sei.

14        Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.

15        Der als Zeuge geladene Steuerberater A ist von der Beigeladenen nicht von seiner Schweigepflicht entbunden worden, sodass seine Vernehmung unterblieben ist.

16        Die Klage ist teilweise begründet.

17        Der angefochtene Bescheid ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-); im Übrigen ist er rechtmäßig.

18        Die vom Beklagten vorgenommene rückwirkende Gewinnkorrektur wegen Nichtinvestition nach § 7g Abs. 1, 3 EStG (40 % = 38.500 EUR) ist zu mindern um 40 % von 2.895 EUR. Denn die Beigeladene hat im Verlauf des Klageverfahrens durch Vorlage ihrer Buchführungsunterlagen glaubhaft gemacht – insoweit auch vom Beklagten unbestritten -, im Jahr 2013 folgende Investitionen getätigt zu haben: Body slim suit 2.200 EUR, Couch für den Laden 545 EUR, Frisiertisch 74,79 EUR, Notebook 335,97 EUR und Lampe 74,79 EUR. Mit Ausnahme des Notebooks entsprechen die Anschaffungen der Investitionsplanung, insgesamt daher im Betrag von 2.895 EUR. Da der Gesellschaftsanteil der Klägerin nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf die Beigeladene übergegangen ist (insoweit hatten die Gesellschafterinnen § 15 Ziffer 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages - Abfindung für die Ausscheidende – abbedungen), konnte die Investition steuerunschädlich vom Betriebsübernehmer vorgenommen werden; dies wird dem Zweck des § 7g EStG – Erhaltung der Liquidität des Betriebes im Hinblick auf künftige Investitionen – gerecht (vgl. BFH-Urteil vom 10.03.2016 IV R 14/12, BFHE 253, 536, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2016, 763; Kratzsch in Frotscher, EStG, § 7g Rdn. 46).

19        Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

20        Der Beklagte hat die Gewinnkorrektur nach § 7g Abs. 1, 3 EStG zutreffend entsprechend dem damaligen Gewinnverteilungsschlüssel der GbR mit 90 % der Klägerin zugerechnet.

21        Bei unentgeltlicher Betriebsübertragung treffen die Folgen einer ausbleibenden Investition – auch wenn dies der jeweilige Übernehmer zu verantworten hat – den früheren Betriebsinhaber (Bugge in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g D 10a). Durch die Technik der rückwirkenden Korrektur nach § 7g Abs. 3 EStG ist bei unentgeltlicher Einzelrechtsnachfolge der Abzug beim Rechtsvorgänger rückgängig zu machen, nicht beim Nachfolger (Handzik in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g Rdn. 150).

22        Diese im Grundsatz maßgebende steuerliche Folgerung hat hier der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid gezogen.

23        Eine dieser Folgerung entgegen stehende wirksame Abrede haben die Gesellschafterinnen nicht bzw. nicht rechtzeitig getroffen.

24        Die Regelung in § 15 Ziffer 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, dass die Ausscheidende an den schwebenden Geschäften nicht teilnehme, ist vorliegend nicht einschlägig. Schwebende Unwirksamkeit bedeutet im Rechtssinn, dass das Rechtsgeschäft zunächst unwirksam ist, es aber bei Nachholen des Wirksamkeitserfordernisses noch wirksam werden kann. Das Gesetz sieht für den Fall der Auflösung der Gesellschaft in § 730 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB- vor, dass für die Beendigung der schwebenden Geschäfte die Gesellschaft als fortbestehend gilt; entsprechend nimmt der Ausgeschiedene gemäß § 740 Absatz 1 Satz 1 BGB noch an den späteren Ergebnissen dieser Geschäfte teil. Dies ist hier mit § 15 des Gesellschaftsvertrages abbedungen. Eine ausdehnende Anwendung der vertraglichen Abrede, über ihren Wortlaut hinausgehend, kommt nicht in Betracht. Weder der Gesamtzusammenhang noch der Zweck des Vertrages bieten hierfür Anhaltspunkte. Eine Vernehmung des damaligen steuerlichen Beraters, des benannten Zeugen A war mangels Entbindung von der Schweigepflicht durch die Beigeladene nicht möglich. Gegen eine Erstreckung des § 15 auch auf Folgerungen i. S. von § 7g EStG spricht zusätzlich, dass der Zeuge A am 30.09.2011, anlässlich der Erstellung des Jahresabschlusses 2010, die Beigeladene eine Verpflichtung zur alleinigen Tragung der steuerlichen Folgen einer Nichtinvestition hat unterschreiben lassen; dieses Dokumentes hätte es nicht bedurft, wenn der Gesellschaftsvertrag eine derartige Regelung bereits enthalten hätte. Gleiches gilt für die von der Klägerin beabsichtigte schriftliche Regelung i. S. des Gesprächs vom 06.12.2012; auch diese wäre bei schon erfolgter Abrede im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag überflüssig gewesen.

25        Der grundsätzlich gebotenen rückwirkenden Gewinnkorrektur nach § 7g Abs. 3 EStG beim Rechtsvorgänger, trotz Investition durch den unentgeltlichen Nachfolger, steht hier auch nicht das am 30.09.2011 unterschriebene Einverständnis der Beigeladenen entgegen, bei Nichtinvestition die nachträglich vorzunehmende Gewinnkorrektur allein ihrem Mitunternehmeranteil zuzurechnen.

26        Zwar handelt es sich hierbei um eine Änderung der Gewinnverteilungsabrede in Bezug auf die Korrektur nach § 7g EStG. Diese entfaltet indes für das Streitjahr keine steuerliche Wirkung.

27        Soweit keine gesetzlichen Ausnahmeregelungen bestehen, beeinflussen Rückbeziehungen tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänge den einmal entstandenen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nicht. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerrechtlich grundsätzlich nicht anzuerkennen, weil der Steuerpflichtige nicht auf einen entstandenen Steueranspruch mit Wirkung für die Vergangenheit Einfluss nehmen kann. Dementsprechend ist, wenn der Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel einer Personengesellschaft während des Wirtschaftsjahres mit Rückbeziehung auf den Beginn des Wirtschaftsjahres geändert wird, die Rückbeziehung für die einkommensteuerrechtliche Gewinn- und Verlustzurechnung ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 24.04.1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682; Steinhauff in jurisPR-SteuerR 9/2019 Anm. 2).

28        Eine Änderung des bisher gültigen Ergebnisverteilungsschlüssels einer GbR dahin, dass dem während des Geschäftsjahres der GbR eintretenden Gesellschafter der auf den Geschäftsanteil fallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zugerechnet werden soll, ist allerdings steuerrechtlich anzuerkennen, wenn diese vom Beteiligungsverhältnis abweichende Ergebnisverteilung für die Zukunft getroffen worden ist und alle Gesellschafter zustimmen. Die abweichende Ergebnisverteilung muss außerdem ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein (BFH-Urteil vom 25.09.2018 IX R 35/17, BFH/NV 2019, 462).

29        Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar dürfte die vorliegend zu beurteilende Abrede, getroffen mit Zustimmung aller Gesellschafterinnen, nicht etwa rechtsmissbräuchlich sein; zudem mag sie ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben – plante die Klägerin doch einen Verzicht auf ihr Auseinandersetzungsguthaben und hatte sie während der Dauer des Gesellschaftsverhältnisses Einlagen getätigt und von Entnahmen abgesehen. Jedoch liegt eine i. S. obiger Rechtsprechung ausnahmsweise steuerlich anzuerkennende abweichende Gewinnverteilung nicht vor, weil die Abrede vom 30.09.2011 nicht „für die Zukunft“ getroffen worden ist. Der o. a. BFH-Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass bereits mit einem Kaufvertrag aus dem Jahr 1997 vereinbart war, den Gewinn und Verlust auch dem Neueintretenden zuzurechnen; die Gesellschafterstellung erlangte der Erwerber indes wegen verzögerter Kaufpreiszahlung erst am 01.07. des Folgejahres (1998), über dessen Verlustzuweisung der BFH zu entscheiden hatte. Dort hat der BFH eine zukunftsgerichtete Gewinnverteilung bejaht und die Verlustzuweisung für 1998 beim Neugesellschafter berücksichtigt.

30        Zugleich hat der BFH a.a.O. mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen, ob bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch eine Änderung der Ergebnisverteilung während des Geschäftsjahres mit schuldrechtlicher Rückbeziehung auf den Beginn des Geschäftsjahres steuerlich anzuerkennen wäre, und hat hingewiesen auf das für gewerblich tätige Personengesellschaften verneinende BFH-Urteil vom 07.07.1983 IV R 209/80, BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53.

31        Eine Zukunftsorientierung der hier streitgegenständlichen Abrede ist zu verneinen. Das Einverständnis zur Übernahme der Gewinnerhöhung wegen Nichtinvestition hat die Beigeladene erst am 30.09.2011, somit nach Ablauf des Streitjahres 2010, erteilt. Die Argumentation der Klägerin, die Zukunftsorientierung der Abrede liege in der aus damaliger Sicht erst zukünftigen (etwaigen) Nichtinvestition, vermag aus Sicht des Senates nicht zu überzeugen. Dem steht die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG entgegen, nach der die Inanspruchnahme des Abzugsbetrages rückwirkend beseitigt wird. Es handelt sich um eine gesetzliche Technik der rückwirkenden Korrektur (Handzik in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g Rdn. 150). Diese Regelung war das Kernstück des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008, weil sie die Bildung von Abzugsbeträgen bei fehlender ernsthafter Investitionsabsicht steuerlich uninteressant macht (Kulosa in Schmidt, EStG, 38. A., § 7g Rdn. 57). § 7 Abs. 3 Satz 2 EStG enthält für die Rückgängigmachung sogar eine Korrekturvorschrift zur Veranlagung des Abzugsjahres bei bereits bestandskräftigen Bescheiden. Wenn demnach der Gewinn des Abzugsjahres der Besteuerung so zugrunde zu legen ist, als habe ihn der Investitionsabzug von Anfang an nicht gemindert, kann eine erst nach Ablauf des Abzugsjahres geänderte Gewinnverteilungsabrede nicht steuerlich beachtlich sein. Für eine Differenzierung nach den Gründen der Nichtinvestition lässt das Gesetz ebenfalls keinen Raum; es stellt zwingend (allein) auf die unterbliebene Investition ab. Es ist auch nicht etwa schon theoretisch unmöglich, eine Abrede zur steuerlichen Verteilung der Gewinnerhöhung nach § 7g Abs. 3 EStG im Vorhinein, also für die Zukunft zu treffen; hier hätten der Gesellschaftsvertrag oder eine sonstige frühzeitige Vereinbarung Raum geboten.

32        Allerdings mag die Vereinbarung / Verpflichtung der Beigeladenen vom 30.09.2011 zivilrechtlich wirksam sein mit der Folge, dass hier zivilrechtliche Ausgleichsansprüche der Klägerin bestehen.

33        Die Übertragung der Berechnung auf den Beklagten stützt sich auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

34        Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Vorlage der Investitionsliste durch die Beigeladene erstmals im Klageverfahren ist nicht i. S. von § 137 FGO der Klägerin zuzurechnen.

35        Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

36        Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage der steuerlichen Wirkung einer Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG, getroffen nach Beendigung des Geschäftsjahres, aber vor Ablauf der Investitionsfrist, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden.

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