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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.04.2024
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG München: Sonderausweis für Nennkapital aus Rücklagen

FG München, Urteil vom 24.10.2023 – 6 K 2838/20

ECLI:DE:FGHH:2023:0628.5K28.22.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2024-818-1

Sachverhalt

Streitig ist die Feststellung des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 (Körperschaftsteuergesetz-KStG).

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung eigenen Vermögens, auch durch Beteiligung an anderen Unternehmen, ist.

Das steuerliche Einlagekonto der Klägerin zum 31.12.2009 wurde mit Bescheid vom 19.11.2011 – erklärungsgemäß – in Höhe von 0 € festgestellt. Tatsächlich war im Jahr 2009 eine Einlage der Anteilseigner in Höhe von 10.000.000 € erfolgt, die jedoch nicht in der entsprechenden Steuererklärung erklärt und auch im Bescheid nicht berücksichtigt wurde.

Ein Antrag der Klägerin auf Änderung gem. § 129 der Abgabenordnung (AO) wurde abgelehnt. Ein dagegen erhobener Einspruch blieb ebenso erfolglos, wie eine Eingabe beim Bayerischen Landesamt für Steuern. Eine Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 15.09.2014 des damals noch zuständigen Finanzamtes M1 wurde mit Urteil des Finanzberichts München vom 18.12.2015 (Az. 7 K 2772/14) abgewiesen. Ein weiterer Antrag auf Änderung gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO blieb erfolglos.

Ein Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung gem. § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2011 mit dem Antrag, das steuerliche Einlagekonto in Höhe von 10.000.000 € festzustellen, wurde als unbegründet zurückgewiesen. Eine Klage hiergegen wurde nicht eingereicht.

Im Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 13.04.2018 wurden das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2016 und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital zum 31.12.2016 auf jeweils 0 € festgestellt. Ein Sonderausweis wurde nicht ausgewiesen. In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2016 wurde ein gezeichnetes Kapital in Höhe von 25.000 € und eine Kapitalrücklage in Höhe von 10.000.000 € ausgewiesen.

Mit der notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom 17.07.2017 (Urk-Nr. x) wurde eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln beschlossen. Das Stammkapital erhöhte sich durch Umwandlung der Kapitalrücklage von 25.000 € auf 10.025.000 €.

Mit weiterer notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom 4. September 2018 (Urk-Nr. y) wurde das Kapital der Klägerin um 10.000.000 € auf 25.000 € herabgesetzt. Der Herabsetzungsbetrag wurde vom Stammkapital in die Kapitalrücklage umgebucht. Eine Ausschüttung an die Gesellschafter erfolgte nicht.

In der Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zum 31.12.2017 gem. § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 14.09.2018 erklärte die Klägerin den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs mit 0 €. Sie wies eine Einlage in Höhe von 10.000.000 € als sonstige im Wirtschaftsjahr geleistete Einlagen aus. Der Endbestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres 2017 wurde mit 10.000.000 € erklärt.

Das beklagte Finanzamt (FA) wich, nach vorheriger Ankündigung, von den erklärten Angaben ab und stellte das steuerliche Einlagekonto im Bescheid zum 31.12.2017 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG in Höhe von 0 € fest. Die Einlage wurde als durch Umwandlung von Rücklagen entstandenes Nennkapital in Höhe von 10.000.000 € im Sonderausweis festgestellt. Der Feststellungsbescheid erging am 04.12.2018. Im Einzelnen wurde das steuerlichen Einlagekonto und der Sonderausweis wie folgt ermittelt:

 

   

Vorspalte

Steuerliches

Einlagekonto

Sonderausweis

-

Anfangsbestände

 

 

 

Bestand gemäß § 27 Absatz 2 Satz 1 KStG zum

         
 

Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres

     

[0]

 
 

Bestand gemäß § 28 Absatz 1 Satz 3 und 4

         
 

KStG zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres

       

[0]

             

-

Im Wirtschaftsjahr geleistete Einlagen

         
 

zuzüglich sonstige im Wirtschaftsjahr geleistete Einlagen

     

[0]

 
             

-

Erhöhung des Nennkapitals durch Umwandlung

         
 

von Rücklagen außerhalb einer Umwandlung i. S. des UmwStG:

         
 

Erhöhung des Nennkapitals

10.000.000

     
 

Verwendung des positiven Einlagekontos

[0]

 

[0]

 
 

Nennkapitalerhöhung aus sonstigen Rücklagen

10.000.000

   

10.000.000

           

-

Zwischensumme = Endbestände zum Schluss

       
 

des Wirtschaftsjahres

   

[0]

10.000.000

                 

 

Mit der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 wurde der Einspruch vom 21.12.2018 gegen diesen Feststellungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage und trägt zur Begründung vor, sie sei durch die Feststellung eines Sonderausweises in Höhe von 10.000.000 € nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2017 beschwert. Der Bescheid entfalte Bindungswirkung für die Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos und des Sonderausweises des Jahres 2018 und der Folgejahre. Die Feststellung des Sonderausweises führe damit mittelbar zu einer gesetzeswidrigen Belastung von Kapitalauskehrungen der Folgejahre. Tatsächlich habe das FA die Klägerin mit Schreiben vom 08.04.2020 darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Vollzug der Kapitalherabsetzung des Jahre 2018 zu steuerpflichtigen Bezügen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG führe. Die Feststellung eines Sonderausweises sei durch § 28 Abs. 1 Satz 3  KStG nicht gedeckt. Der Wortlaut des Gesetzes biete keine rechtliche Handhabe zum 31.12.2017 einen Sonderauswels über 10.000.000 € festzustellen. In § 28 Abs. 1 Satz 3  KStG finde sich die gesetzliche Definition des Sonderausweises, dessen Wortlaut semantisch eindeutig sei. Zugänge zum Sonderausweis kämen nach dem Wortlaut der Regelung bei einer Kapitalerhöhung aus Kapitalrücklagen nicht in Betracht. Ausgenommen von der Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG seien nämlich Beträge, die dem Stammkapital von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind. Einlagen der Anteilseigner würden nach dem Gesetzeswortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG explizit ausgenommen. Infolge werde auch der Erhöhungsbetrag des § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG in diesen Fällen nicht im Sonderausweis erfasst. Nachdem ein Verlust an Steuersubstrat, der durch die gesetzliche Regelung des Sonderausweises richtigerweise verhindert werden soll, im Falle von tatsächlich in die Kapitalrücklage geleisteter Einlagen nicht eintreten könne, bestehe nach dem Sinn und Zweck der Regelung im Streitfall kein Bedarf und auch keine Begründung, von einem Zugang zum Sonderausweis zum 31.12.2017 auszugehen. Auch bestätige die teleologische Auslegung der Regelung anhand des Sachverhaltes die Auslegung nach dem eindeutigen Normwortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Das FA verletze den Rechtsanspruch der Klägerin auf die Umsetzung der für das Jahr 2017 geltenden Verwaltungsauffassung. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (hier BMF vom 04.06.2003 zur Anwendung der §§ 27 und 28 KStG, BStBl I 2003, 366) seien auch von den Finanzgerichten bei der gerichtlichen Prüfung, ob die Finanzverwaltung (hier: der Beklagte) ihre Ermessensentscheidung fehlerfrei, insbesondere willkürfrei getroffen hat, zu beachten. Die Verwaltungsauffassung beschränke die Zuführung zum Sonderausweis auf die Umwandlungen von Gewinnrücklagen. Dass Einlagen zunächst im steuerlichen Einlagenkonto gesondert festgestellt sein müssen, damit diese Einlagen nicht als Sonderauswels festzustellen sind, gehe tatsächlich weit über die Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift hinaus. Die sonstigen Rücklagen seien nicht in Abhängigkeit eines Feststellungsergebnisses zum steuerlichen Einlagekonto neben dem steuerlichen Einlagekonto zu ermitteln. Nach dem Regelungszweck sei der Zugang zum Sonderausweis ausgehend von den umgewandelten sonstigen Rücklagen abzüglich der darin enthaltenen Einlagen zu ermitteln. Der Begriff der Einlagen nach § 28 Abs. Satz 3 KStG sei nicht auf Einlagen beschränkt, die zuvor im steuerlichen Einlagekonto gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 KStG festgestellt wurden. Maßgebend bleibe nach einer Entscheidung des BFH (Urteil vom 30.09.2020-I R 12/17, BStBl II 2022, 269) alleine der ertragsteuerliche Einlagenbegriff des § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG. Die Feststellung nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG (Sonderausweis) sowie die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG) würden rechtlich unabhängig erfolgen. Die Feststellungsbescheide stünden nicht in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2017 sei nicht Grundlagenbescheid für die – zeitgleiche – Feststellung des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Das festgestellte steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2017 entfalte auch keine Bindungswirkung für die Feststellungen des Sonderausweises zum 31.12.2017.

Die Klägerin beantragt,

das FA zu verpflichten, den Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2017 ohne Erfassung der Nennkapitalerhöhung aus Gesellschaftermitteln (Kapitalrücklage) zu ermitteln und den Endbestand des Sonderausweises unverändert mit dem Anfangsbestand von 0 € festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Klageerwiderung trägt das FA vor, das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2009 sei fehlerhaft in Höhe von 0 € anstatt der zutreffenden 10.000.000 € festgestellt und bis zum 31.12.2016 so fortgeführt worden. Verfahrensrechtlich sei eine Korrektur der Feststellungsbescheide zum 31.12.2009 und für die Folgejahre nicht mehr möglich. Die Durchführung der Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln und die im Jahr 2018 erfolgte Minderung des Kapitals und Umbuchung in die Kapitalrücklage seien offensichtlich Schritte zur

„Reparatur“ des versehentlich unterbliebenen Zugangs zum steuerlichen Einlagenkonto. Die Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG sei nicht anwendbar, weil das steuerliche Einlagekonto 0 € betrage. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sei in Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 2 zu sehen mit der Folge, dass die in Satz 3 erwähnten Einlagen nur diejenigen sein könnten, die im steuerlichen Einlagekonto gem. Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 KStG festgestellt wurden. Da die streitgegenständliche Erhöhung des Nennkapitals nicht aus im steuerlichen Einlagekonto gesondert festgestellten Beträgen erfolgt sei, handele es sich um Beträge aus getrennt auszuweisenden Rücklagen i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Der Sonderausweis sei daher zu Recht festgestellt worden. Im BMF-Schreiben vom 04.06.2003, BStBl I 2003, 366, RNr. 36 werde festgelegt, dass der Betrag der Kapitalerhöhung, der den maßgeblichen Bestand des steuerlichen Einlagekontos übersteigt, im Sonderausweis zu erfassen sei. Im Streitfall betrage das gesondert festgestellte steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2016 0 €. Der übersteigende Betrag, vorliegend also 10.000.000 €, sei deshalb im Sonderausweis zu erfassen. Da es sich bei den §§ 27, 28 KStG um rein steuerliche Vorschriften handele, könne die Formulierung in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG „mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen“ gar nicht anders interpretiert werden, als dass es sich bei den Einlagen um solche aus dem steuerlichen Einlagekonto handelt. Ein Zusammenhang zwischen den im steuerlichen Einlagekonto erfassten Beträgen und den im Sonderausweis zu erfassenden Beträgen aus den sonstigen Rücklagen ergäbe sich eben gerade deshalb, weil im steuerlichen Einlagekonto nicht erfasste Einlagen in den sonstigen Rücklagen enthalten seien. Würde man der Argumentation der Klägerin folgen, bedürfte es keiner gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos, weil dann dort nicht erfasste Einlagen trotzdem zur Umwandlung in Nennkapital zur Verfügung stünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Steuerakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Das FA hat zutreffend das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital in Höhe von 10.000.000 € nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG im Sonderausweis erfasst und festgestellt. Die 10.000.000 € waren keine Einlage der Anteilseigner, für welche der Sonderausweis unterbleibt.

a) Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG gilt der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt, wenn das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht wird. Maßgeblich ist gem. § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG der sich vor Anwendung des Satzes 1 ergebende Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung. Enthält das Nennkapital auch Beträge, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind, so sind diese Teile des Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (Sonderausweis). § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG fingiert die Reihenfolge der Verwendung von Mitteln im Falle einer Nennkapitalerhöhung. Danach gilt der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG wird also zuerst ein positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos in Nennkapital umgewandelt. Die Umwandlung des positiven Bestands des steuerlichen Einlagekontos erfolgt solange, bis der gem. § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG maßgebliche Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Kapitalerhöhung 0 € beträgt. Geht die Erhöhung des Nennkapitals der Körperschaft über den positiven Bestand des steuerlichen Einlagekontos hinaus, werden in Höhe des übersteigenden Betrages im zweiten Schritt die sonstigen Rücklagen der Körperschaft in Nennkapital umgewandelt. Bei den sonstigen Rücklagen handelt es sich um sämtliche Rücklagen der Körperschaft, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind. Die in Nennkapital umgewandelten sonstigen Rücklagen sind gem. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG als Sonderausweis gesondert festzustellen, soweit sie nicht auf Einlagen der Anteilseigner beruhen (Gosch KStG/Bauschatz KStG § 28 Rz. 21). Sonstige Rücklagen sind alle Rücklagen (Gewinnrücklagen, Kapitalrücklagen zuzüglich eines Bilanzgewinnvortrags und eines laufenden Jahresüberschusses, soweit die Einstellung des Jahresüberschusses in die Rücklagen beschlossen wurde, abzüglich eines Bilanzverlustvortrags und abzüglich eines laufenden Jahresfehlbetrages), die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind (Gosch KStG/Bauschatz KStG § 28 Rz. 32).

b) Der erkennende Senat folgt der herrschenden Meinung in der Literatur und legt der Feststellung nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG den Bestand des steuerlichen Einlagenkontos, wie er nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31.12.2016 festgestellt wurde, unter Berücksichtigung der unterjährigen Zu- und Abgänge im steuerlichen Einlagenkonto im Streitjahr zugrunde (vgl. Kümpel in Bott/Walter, § 28 KStG Rz. 41, 44, Dötsch/Werner, § 28 KStG Rz. 41, Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 28 Rn. 37a,). Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG – anders als § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KStG – den Begriff „Einlagen“ verwendet und nicht vom „Bestand des steuerlichen Einlagekontos“ ausgeht, führt dies nicht zum Erfolg. Denn aus der unterschiedlichen Begrifflichkeit lässt sich nicht ableiten, dass die Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG losgelöst vom steuerlichen Einlagekonto erfolgt und alle – auch „vergessene“ und somit bisher nicht festgestellte – Einlagen einzubeziehen sind.

aa) Zwar spricht der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auch für die von der Klägerin vertretenen Auffassung. Denn anders als in den Sätzen eins und zwei des § 28 Abs. 1 KStG ist dort nicht vom Bestand des steuerlichen Einlagekontos die Rede, sondern lediglich von Einlagen der Anteilseigner. Allein der abweichende Wortlaut führt jedoch entgegen der Auffassung von Ott (DStR 2014, S. 673) und Binnewies (GmBHR 20154, 1065) nicht zu der Auslegung, dass der Feststellung des Sonderausweises ein rein materieller Begriff der Einlage zu Grunde liegt. Denn Satz 3 ist nicht isoliert zu betrachten, sondern steht in systematischem Zusammenhang mit den ersten beiden Sätzen des ersten Absatzes des § 28 KStG. So stellen § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG ihrem Wortlaut nach eindeutig auf den Bestand des steuerlichen Einlagenkontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Kapitalerhöhung ab. Satz 3 grenzt sich indes nicht von den ersten beiden Sätzen ab, sondern fügt sich in das Gesamtkonzept der §§ 27, 28 KStG ein. Hätte der Gesetzgeber eine Abgrenzung gewollt, wäre ein eigener Absatz das Mittel der Wahl gewesen.

Überdies ist der in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG verwendet Begriff der „Einlagen“ und nicht „festgestellte Einlagen“ durchaus erklärlich. Denn auch Einlagen des laufenden Jahres, die noch nicht im Einlagenkonto festgestellt sein können, fallen unter die Verwendungsfiktion des § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG. Hierfür spricht, dass auch § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG für die Verwendungsfiktion vom Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung ausgeht. In dieses sind die Einlagen des laufenden Jahres einzubeziehen, die im Zeitpunkt der Nennkapitalerhöhung eben noch nicht in einem Feststellungsbescheid enthalten sind. Ob es dieser Klarstellung bedurft hätte (ablehnend Bauschatz, Gosch, KStG, § 28 Rn. 33), kann indes offenbleiben. Jedenfalls ist dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG keine eigene -den Sätzen 1 und 2 widersprechendeBedeutung beizumessen.

bb) Für diese Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG spricht auch, dass die Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagenkontos gem. § 27 Abs. 2 KStG bindende Wirkung für den Anteilseigner hat. Die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist maßgebend für die Behandlung der Bezüge als steuerfreie Einlagenrückgewähr (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Dies bedeutet, dass keine (steuerfreie) Einlagenrückgewähr erfolgen kann, wenn diese nicht im Einlagekonto erfasst wurde. Wenn aber selbst der Anteilseigner materiell-rechtlich an die Feststellung des § 27 Abs. 2 KStG gebunden ist (BFH-Urteil v. 19. Mai 2010, I R 51/09, BStBl. II 2014, 937), wäre eine materiell-rechtliche Nichtbindung der Gesellschaft, ein systematischer Bruch (vgl. Endert in Frotscher/Drüen, § 28 KStG Rz. 20, 21). Es ist deshalb sachgerecht, von einer solchen systematischen Verbindung zwischen der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG und der Ermittlung des Sonderausweises nach § 28 KStG auf der Ebene der Gesellschaft auszugehen, die letztlich Adressat beider Bescheide ist (vgl. Endert in Frotscher/Drüen, § 28 KStG Rz. 20, 21).

cc) Der direkte Zusammenhang zwischen dem Sonderausweis und dem Einlagekonto im Sinne des § 27 Abs. 2 KStG im Sinne einer materiell-rechtlichen Bindung hat auch den Zweck der Verwaltungsvereinfachung. Denn ohne diese Regelung wäre es mit erheblichen Nachweisschwierigkeiten verbunden, das an die Anteilseigner ausgekehrte Eigenkapital in Einlagen und Gewinnrücklagen zu unterscheiden. Zwar wäre ein Nachweis der Herkunft bestimmter Rücklage grundsätzlich möglich. Jedoch wollte der Gesetzgeber mit der strikten Bindung an die Feststellungen des Einlagekontos den freien Beweis zu Gunsten einer starken Vereinfachung nicht zulassen. Es wäre eine Umgehung des gesetzgeberischen Willens, wenn über den Sonderausweis des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG doch wieder alte Bilanzen oder Vorgänge geprüft werden müssten.

c) Damit sind ausgehend vom Bestand des steuerlichen Einlagekontos (§ 28 Abs. 1 Satz 1 KStG) nur die unterjährigen Zu- und Abgänge im Wirtschaftsjahr der Kapitalerhöhung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 KStG) zu berücksichtigen (vgl. Kümpel in Bott/Walter, § 28 KStG Rz. 41). Der Verweis in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auf die Herkunft des Nennkapitals aus der „Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen“ ist dann so auszulegen, dass die die Einlagen i.S.d. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2

KStG übersteigenden umgewandelten Rücklagen, als Sonderausweis festzustellen sind (vgl. Berninghaus in Hermann/Heuer/Raupach, § 28 KStG Rn. 20 und Stimpel in Röder/Herlinghaus/ Neumann, § 28 KStG Rn. 37a, Schlagheck, GStB 2019, 381).

d) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Umwandlung der Kapitalrücklage in Höhe von 10 Mio. € in das Stammkapital keine Einlagehandlung im Jahr der Kapitalerhöhung darstellt. Die Kapitalerhöhung erfolgte aus Gesellschafts- und nicht aus Gesellschaftermitteln.

e) Im Ergebnis kann die im Jahr 2009 geleistet Einlage von 10 Mio. €, die in der Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG nicht erfasst wurde, auch im Rahmen der Kapitalerhöhung im Streitjahr nicht als Einlage bei der Ermittlung des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG berücksichtigt werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzu-lassen.

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