R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
06.07.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Ertragswertverfahren: Schätzung als Sache des Gerichts

OLG Koblenz, Urteil vom 20.2.2009 - 10 U 57/05

Sachverhalt

Die Kläger machen einen Abfindungsanspruch im Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus einer GbR geltend. Die Parteien streiten über den für den Abfindungsanspruch anzusetzenden Wert der GbR.

Die Beklagten sind seit dem Ausscheiden aller übrigen Gesellschafter nunmehr die alleinigen Gesellschafter der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft (Dres. A. GbR). Der Kläger zu 1) war an dieser Gesellschaft mit 4 %, die Klägerin zu 2) mit 6 % bis zum 31.12.1999 beteiligt. Beide Gesellschafter sind aufgrund form- und fristgerechter Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zum vorgenannten Datum ausgeschieden.

Gegenstand des Unternehmens der Dres. A. GbR ist die Verpachtung ihrer als Klinik nebst zugehöriger Verwaltung eingerichteten Immobilie B.straße 6, 7 und C.straße in D. an die  - nach Ausscheiden der übrigen Gesellschafter dem Beklagten zu 1) zuzurechnende - E. GmbH. In der verpachteten Immobilie wird von der E. GmbH ein Gefäßzentrum betrieben, in welchem überwiegend varizenchirurgische Behandlungen (Venenoperationen) durchgeführt werden. Die verpachteten Gegenstände machen das wesentliche Vermögen der Dres. A. GbR aus. Zu diesen gehört insbesondere der Grundbesitz B.straße 7 und C.straße sowie die medizinisch-technische Ausstattung der Klinik, die für den Klinikbetrieb eigens angeschafften notwendigen Anlagen und Vorrichtungen, die Betriebsausstattung und sonstige Einrichtungen einschließlich der geringwertigen Wirtschaftsgüter.

Bereits im Jahre 1998 sind zwei weitere ehemalige Mitgesellschafter - die Eheleute F. - aus der Gesellschaft ausgeschieden. Im Rahmen der Ermittlung des diesen zustehenden Abfindungsanspruchs waren sich alle Gesellschafter dahingehend einig, dass zur Bestimmung des Wertes des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft die Verkehrswertbestimmung durch den Gutachterausschuss erfolgen sollte. Daraufhin fertigte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich des Landkreises A. entsprechende Gutachten, die dann Bemessungsgrundlage für den Abfindungsanspruch der Eheleute F. wurden.

Der Gutachterausschuss gelangte dabei für das mit einem Klinikgebäude bebaute Grundstück zu einem Ertragswert von 6.255.000 DM. Bezüglich eines weiteren unbebauten Grundstücks wurde ein Wert von 400.000 DM, ausgehend vom Bodenwert, ermittelt. Bezüglich einer Eigentumswohnung in der B.straße 6 kam der Gutachterausschuss zu einem Wert in Höhe von 210.000 DM.

Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag vom 28.7.1989. In § 5 Abs. 2 dieses Vertrages ist geregelt, dass im Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter die Gesellschaft nicht aufgelöst wird, vielmehr der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.

Für das Ausscheiden von Gesellschaftern und die Berechnung des Abfindungsanspruchs findet sich in § 14 des Vertrages folgende Regelung:

„Gesellschafter, die aus der Gesellschaft ausscheiden, erhalten von der Gesellschaft eine Abfindung in Höhe ihres Auseinandersetzungsguthabens aufgrund einer besonderen Bilanz, die auf den dem Ausscheidungszeitpunkt folgenden Vierteljahresschluss oder, wenn der Gesellschafter zum Ende des Geschäftsjahrs ausscheidet, auf diesen Zeitpunkt aufzustellen ist.

Dieser Ausscheidungsbilanz sind die wahren Werte zum Auseinandersetzungszeitpunkt zugrunde zu legen.

Das Abfindungsguthaben ist in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist fällig sechs Monate nach dem Ausscheidungszeitpunkt.

Das jeweilige Abfindungs(rest)guthaben ist mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen. Die Zinsen sind jeweils mit den Jahresraten fällig."

Der von der Firma E. GmbH zu zahlende Pachtzins setzt sich aus zwei Positionen zusammen. Der eine Teil bestimmt sich nach der Größe der von der Pächterin genutzten Fläche des unbeweglichen Anlagevermögens, wobei die beiden Parteien insoweit von einem monatlichen Zins in Höhe von 17,50 DM/m² ausgegangen sind (400.000 DM). Die Überlassung des beweglichen Anlagevermögens, insbesondere der medizinisch technischen Ausstattung, wird zusätzlich mit einem umsatzabhängigen Pachtzins, nämlich mit einer Jahrespacht in Höhe von ursprünglich 3 %, im Zeitpunkt des Ausscheidens der Kläger von 8 % des Gesamtumsatzes der Klinik einschließlich der Ambulanz vergütet. Der zwischen der Dres. A. GbR und der Firma E. GmbH geschlossene Pachtvertrag sieht eine Befristung bis zum 31.12.2015 vor. Inzwischen erfolgte eine Kündigung durch die Pächterin zum 31.12.2002, die jedoch auch weiterhin ihren Betrieb in den Pachträumen fortführt. Nach dem Pachtvertrag hatte die Pächterin die notwendigen Versicherungen und Nebenkosten mit Ausnahme der Grundsteuer zu tragen. Weiterhin sieht der Vertrag eine Pflicht der Verpächterin vor, die für den vertragsmäßigen Gebrauch des Pachtobjekts erforderlichen Ersatzbeschaffungen vorzunehmen.

Im Rahmen der Gründung der Dres. A. GbR im Jahr 1990 wurden Verbindlichkeiten zur Finanzierung der Immobilie bzw. der Umbauten aufgenommen. Diese Verbindlichkeiten betragen 8,980 Mio. DM. Die bestehenden Darlehensrückzahlungsansprüche der Darlehensgeber wurden seinerzeit mit acht verschiedenen Lebensversicherungen der Gesellschafter abgesichert, die im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung einen Wert von ca. 3.000.000 DM aufwiesen. Versicherungsnehmer aus den Versicherungsverträgen waren immer die Gesellschafter aus der GbR. Bezugsberechtigt ist nach den Versicherungsverträgen die versicherte Person, also der jeweilige Gesellschafter. Nach Abschluss der Versicherungsverträge wurden die Ansprüche der Versicherungsnehmer, also der Gesellschafter, zur Sicherung der Darlehen an die ...bank G. eG als Darlehensgeber abgetreten. Die Versicherungsbeiträge für die einzelnen Versicherungen wurden jeweils von einem Konto der Gesellschaft selbst bezahlt und anschließend den jeweiligen Gesellschaftern über Verrechnungskonten wieder belastet. Mit der Darlehensgeberin war vereinbart worden, dass die Tilgung der aus den Darlehen zugunsten der Bank bestehenden Ansprüche aus den am 1.9.2005 fälligen Lebensversicherungen erfolgen sollte. Nach einer Aufstellung der Beklagten vom 29.11.2005 wurde bezüglich der Lebensversicherungen ein Betrag von insgesamt 2.823.728 € (= 5.522.731,93 DM) ausgezahlt und zur Tilgung der aufgenommenen Darlehen verwandt. Die Kläger haben die Auszahlungsbeträge bezüglich der von ihnen abgeschlossenen Lebensversicherungen bestätigt. In Bezug auf die zurückzuzahlenden Darlehen ergab sich eine Deckungslücke von 174.998,88 € (= 342.268,06 DM).

Die Parteien streiten über die Höhe des den Klägern jeweils zustehenden Abfindungsanspruchs, insbesondere über die Methode der Wertermittlung für die Gesellschaft.

Die Beklagten haben bei der Ermittlung des Abfindungsanspruchs die von dem Gutachterausschuss ermittelten Werte zugrunde gelegt, woraus sich letztlich ein negativer rechnerischer Unternehmenswert ergibt, so dass die Beklagten jegliche Zahlung verweigern.

Die Kläger haben vorgetragen:

Bei der Berechnung des ihnen zustehenden Abfindungsbetrages sei von einem Unternehmenswert in Höhe von 18.317.000 DM auszugehen, woraus sich für den Kläger zu 1) ein Anspruch in Höhe von 732.680 DM und für die Klägerin zu 2) ein Anspruch in Höhe von 1.099.020 DM ergebe. Die Bewertung des Unternehmens der Dres.  A. GbR habe nach der Ertragswertmethode zu erfolgen.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, eine Berücksichtigung des negativen Kapitals als unselbständiger Rechnungsposten habe nicht zu erfolgen, da die Tatsache eines Minuskapitals bei der Wertermittlung keine Rolle spiele.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an den Kläger zu 1) 374.613,33 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 74.992,67 € seit dem 1.7.2000, aus 149.845,33 € seit dem 1.7.2001, aus 224.768 € seit dem 1.7.2002, aus 299.690,66 € seit dem 1.7.2003 und aus 374.613,33 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen;

an die Klägerin zu 2) 561.920 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 112.384 € seit dem 1.7.2000, aus 224.768 € seit dem 1.7.2001, aus 337.152 € seit dem 1.7.2002, aus 449.536 € seit dem 1.7.2003 und aus 561.920 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen

und widerklagend,

es wird festgestellt, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägers zu 1) aus der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungs Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit des Klägers zu 1) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 93.267,47 € (= 182.415,32 DM) als unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist;

es wird festgestellt, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägerin zu 2) aus der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungs Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit der Klägerin zu 2) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 139.901,22 € (= 273.623,02 DM) als unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist.

Die Kläger haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen:

Den Klägern stehe ein Abfindungsanspruch nicht zu, da von einem negativen rechnerischen Unternehmenswert auszugehen sei. Entscheidend sei im vorliegenden Rechtsstreit lediglich die Rechtsfrage, welcher „wahre Wert" der GbR zugrunde zu legen sei. Im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand der Dres. A. GbR müsse im Rahmen der objektivierten Bestimmung des wahren Wertes des Vermögens der GbR auf ein Ertragswertverfahren abgestellt werden, welches an den objektivierten Vorgaben der Wertermittlungsverordnung ermittelt werden könne. Vor diesem Hintergrund sei die von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte vorgenommene Bewertung zutreffend, so dass insbesondere das mit dem Klinikgebäude bebaute Grundstück einen Verkehrswert von 6.250.000 DM habe. Zusammen mit dem weiteren Grundstück und dem Miteigentumsanteil bezüglich des Anwesens B.straße 6 in D. und der medizinisch-technischen Ausstattung der Klinik ergebe sich ein Gesellschaftsvermögen von 6.942.460 DM. Diesem Gesellschaftsvermögen stünden jedoch Verbindlichkeiten in Höhe von 8.960.000 DM gegenüber, so dass - auch unter Berücksichtigung von Versicherungsansprüchen - ein negativer rechnerischer Unternehmenswert festzustellen sei.

Im Übrigen habe zwischen den Gesellschaftern Einigkeit dahingehend bestanden, dass die Wertermittlung - entsprechend der Berechnung bei dem seinerzeitigen Ausscheiden der Eheleute F. - durch den Gutachterausschuss zu erfolgen habe. Man habe insoweit übereinstimmend die Wertermittlung durch den Gutachterausschuss als mit dem Gesellschaftsvertrag in Einklang stehend angesehen.

Die von der Klägerseite vorgenommene Berechnung des Unternehmenswertes berücksichtige insbesondere nicht, dass aufgrund des Krankenhausplanes des Landes Rheinland-Pfalz von 1997 ein Abbau von rund 3.500 Betten im Bereich der stationären Krankenhausleistungen bis zum Jahr 2002 erfolgen solle, was entsprechend zu einem erheblichen Umsatzrückgang im Bereich der Klinik führe. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass auf die Pachterlöse erhebliche Ertragssteuern zu zahlen seien. Schließlich sei von großer Bedeutung, dass der Unternehmenserfolg der E. GmbH ganz maßgeblich auf den Einsatz des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer und Chirurgen gegründet sei.

Die Beklagten haben weiterhin die Auffassung vertreten, dass im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabrechnung auch die wechselseitigen Ansprüche auszugleichen seien, so dass auch die negativen Kapitalkonten der Kläger zu berücksichtigen seien.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 22. Februar 2001 in Verbindung mit dem Beschluss vom 8. September 2003. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Sacherständigengutachten des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Dr. I. H. vom 25. April 2003 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 17. Dezember 2003. Weiterhin hat der Sachverständige, auf Antrag der Beklagten, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2004, auf deren Sitzungsniederschrift verwiesen wird, seine Gutachten mündlich erläutert.

Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt,

an den Kläger zu 1) 165.658,57 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 33.131,71 € seit dem 1. Juli 2000, aus 66.263,42 € seit dem 1. Juli 2001, aus 99.395,13 € seit dem 1. Juli 2002, aus 132.526,84 € seit dem 1. Juli 2003 und aus 165.658,57 € seit dem 1. Juli 2004 und an die Klägerin zu 2) 248.487,85 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 49.697,57 € seit dem 1. Juli 2000, aus 99.395,14 € seit dem 1. Juli 2001, aus 149.092,71 € seit dem 1. Juli 2002, aus 198.790,28 € seit dem 1. Juli 2003 und aus 248.487,85 € seit dem 1. Juli 2004 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Widerklage hat es abgewiesen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Wertermittlung für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der Ertragswertmethode vorzunehmen sei, so dass das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen H. von seinem Ansatz her brauchbar sei. Sie machen jedoch geltend, dass der Sachverständige verschiedene Faktoren seiner Bewertung zu ihren Lasten fehlerhaft angesetzt habe und deshalb zu einem zu niedrigen Unternehmenswert gelangt sei. Gegenüber dem von den Beklagten vertretenen Standpunkt weisen sie darauf hin, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht lediglich eine Immobilie vermietet, sondern ein voll ausgestattetes und funktionsfähiges Klinikgebäude verpachtet habe.

Die Kläger beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an den Kläger zu 1) weitere 208.954,76 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 41.790,95 seit dem 1.7.2000, aus 83.581,90 € seit dem 1.7.2001, aus 125.372,85 € seit dem 1.7.2002, aus 167.163,80 € seit dem 1.7.2003 und aus 208.954,76 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen;

an die Klägerin zu 2) weitere 313.432,15 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 62.686,43 € seit dem 1.7.2000, aus 125.372,86 € seit dem 1.7.2001, aus 188.059,29 € seit dem 1.7.2002, aus 250.745,72 € seit dem 1.7.2003 und aus 313.432,15 € seit dem 1.7.2004 zu zahlen

sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen;

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

festzustellen, dass bei der im Zuge des Ausscheidens des Klägers zu 1) aus der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit des Klägers zu 1) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 93.267,47 € (= DM 182.415,32) als unselbständiger Rechnungsposten einzustellen ist;

festzustellen, dass bei der im Zuge des Ausscheidens der Klägerin zu 2) aus der Dres. A. Grundstück- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung als Verbindlichkeit der Klägerin zu 2) zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos ein Betrag von 139.901,22 € (= 273.623,02 DM) einzustellen ist

sowie die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagten rügen, dass das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten auf einer fehlerhaften Bewertungsmethode basiere. Sie sind der Auffassung, dass der Sachverständige fehlerhaft den Ertragswert der E. GmbH berechnet habe und dass für die Bestimmung des Abfindungsanspruchs für das Ausscheiden aus der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts allein die Sachwerte der Immobilie und des Inventars maßgeblich seien, nicht aber ein Ertragswert. Sie rügen, dass keine Auseinandersetzungsbilanz aufgestellt worden sei. Sie berufen sich darauf, dass bei einem früheren Ausscheiden von Gesellschaftern alle an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Beteiligten sich darauf geeinigt hätten, die Bewertung durch den Gutachterausschuss vornehmen zu lassen, und halten die durch diesen vorgenommene Bewertung auch für den Abfindungsanspruch der Kläger für maßgeblich.

Sie machen weiterhin geltend, bei einer Ertragswertermittlung, wie der Sachverständige H. sie vorgenommen habe, müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagte zu 1), von dessen Reputation und Tätigkeit der Klinikbetrieb in erster Linie abhänge, wenige Jahre nach dem Ausscheiden der Kläger die Altersgrenze erreiche und dann nicht mehr in der Klinik tätig sein könne. Es müsse weiter beachtet werden, dass bei der bereits 1999 in Vorbereitung befindlichen Gesundheitsreform mit erheblichen Ertragseinbußen des Klinikbetriebes habe gerechnet werden müssen, die ein rentables Betreiben der Klinik als zweifelhaft erscheinen ließen. Bei der Bewertung sei auch die Finanzierungsstruktur nicht berücksichtigt worden. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe als reine Besitzgesellschaft keine Gewinne erzielen sollen. Die vereinbarte Umsatzpacht habe lediglich der Deckung der Kosten dienen sollen - Zinsen und Prämien der zur Absicherung der Finanzierung aufgenommenen Lebensversicherungen -. Nachdem die Beklagten zunächst geltend gemacht hatten, dass die sich aus der Bilanz zum 31.12.1999 ergebenden negativen Kapitalkonten in vollem Umfang von dem Abfindungsanspruch der Kläger abzusetzen seien, waren sie zuletzt der Auffassung, dass zu untersuchen sei, ob in diesen negativen Kapitalkonten Entnahmen der Kläger enthalten seien, die als Darlehen gewertet werden könnten, wobei allerdings nicht sie, die Beklagten, darlegungs- und beweisbelastet seien.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 9. Oktober 2006 (Bl. 607 ff. d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Dezember 2008 (Bl. 929 ff. d.A.) sowie auf die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. J. vom 7.12.2007 (Bl. 653 ff. d.A.) verwiesen.

Aus den Gründen

II. Im Ergebnis ist die Berufung der Beklagten in geringem Umfang begründet, die Berufung der Kläger nicht begründet. Hierbei saldieren sich im Ergebnis Teilerfolge beider Seiten bei ihren inhaltlichen Angriffen zu einem geringfügigen Abänderungserfolg der Beklagten bezogen auf die streitgegenständlichen Anträge.

Die den Klägern zustehende Abfindung ist auf 161.415 € und 242.122 € zu reduzieren. Zugrunde zu legen ist ein maßgeblicher Unternehmenswert von 4.035.368 €.

Im Einzelnen gilt bei der abschließenden Beurteilung durch den Senat unter Berücksichtigung der schriftlichen und mündlichen Äußerungen der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. J. als wesentlicher Beurteilungsgrundlage für die vom Senat vorzunehmende Schätzung nach § 287 ZPO folgendes:

Maßgeblich für die Höhe des jeweiligen Abfindungsanspruchs der Kläger ist der Wert der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Beteiligungen daran.

Hierzu sind vorab folgende grundsätzliche „Weichenstellungen" für die Bewertung vor der Diskussion der Einzelschritte der gutachterlichen Stellungnahmen festzuhalten (vgl. auch Senat, Urt. v. 14.12.2007- 10 U 1153/02 -, OLGR 2008 S.772, in Anl. z. Sitzungsprotokoll v. 18.4.2008).                           

Die vorzunehmende Wertermittlung bedeutet, wie auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, die richterliche Ermittlung eines für die zu treffende Entscheidung über den Klageanspruch maßgeblichen tatsächlichen Sachverhalts (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990, Az: XII ZR 101/89). Hierfür bedarf es zunächst der ebenfalls tatrichterlicher Richtigkeitsprüfung im Rahmen der nach § 287 ZPO anzustellenden Ermessensausübung unterliegenden Wahl einer für die im Ergebnis erforderliche Schätzung geeigneten Methode (grundlegend bezüglich der vorzunehmenden Schätzung  vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1955, Az: II ZR 227/53). Entsprechend den nach dieser Methode bedingten Feststellungserfordernissen sind dann, je nach den jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten unter Heranziehung sachverständiger Beratung, teilweise konkret verifizierbare Anknüpfungstatsachen zu ermitteln und festzustellen, teilweise in Ausübung sachgerechten Ermessens Festlegungen zu im Verfahren der Wertermittlung einzusetzenden Schätzfaktoren zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991, Az: II ZR 58/91). Die Schätzung selbst ist und bleibt Sache des Gerichts, nicht etwa eines Sachverständigen. Die insoweit für den Senat entscheidungserheblichen Gesichtspunkte werden nachfolgend aufgeführt.

Für die Wertermittlung ist entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. auf die Ertragsprognose für das Unternehmen in der Zukunft aus der Sicht des Stichtages abzustellen. Dies entspricht der wesentlichen Einschätzung des Wertes eines Unternehmens im Rechtsverkehr. Maßgeblich ist der finanzielle Zukunftsertrag (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002, Az: IX ZR 72/99). Der von den Beklagten für zutreffend erachtete Sachwertansatz erscheint untauglich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Bewertung der Gesellschaftsanteile nach Sachwertgesichtspunkten zwischen den Parteien auch nicht gesellschaftsvertraglich vereinbart. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrages erhalten Gesellschafter, die aus der Gesellschaft ausscheiden, eine Abfindung in Höhe ihres Auseinandersetzungsguthabens aufgrund einer besonderen Bilanz, die auf den dem Ausscheidungszeitpunkt folgenden Vierteljahresschluss oder, wenn der Gesellschafter zum Ende des Geschäftsjahres ausscheidet, auf diesen Zeitpunkt aufzustellen ist. Dieser Auseinandersetzungsbilanz sind die wahren Werte zum Auseinandersetzungszeitpunkt zugrunde zu legen. Eine Bestimmung darüber, wie die „wahren Werte" zu ermitteln sind, enthält der Gesellschaftsvertrag nicht. Insbesondere lassen sich ihm keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Gesellschafter als die „wahren Werte" - wie von den Beklagten gewünscht - nur die Sachwerte der Immobilien und des Inventars bezogen auf den Zeitpunkt des Ausscheidens angesehen haben.  Zu ermitteln ist damit der „wahre" innere Wert der Anteile der Kläger. Hierbei ist maßgeblich der volle wirtschaftliche Wert des fortzuführenden Unternehmens, da das Unternehmen auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters von den anderen Gesellschaftern fortgeführt wird. Demzufolge gilt als wahrer Wert in der Regel der Fortführungswert und nicht der Liquidationswert. Bei der Unternehmensbewertung ist für das fortzuführende Unternehmen die Ertragswertmethode anzuwenden. Der Ertragswert bestimmt im wesentlichen den Verkehrswert, der für die Abfindungsbemessung entscheidend ist. Er richtet sich nach den künftig nachhaltig erzielbaren Überschüssen, die zum Bewertungsstichtag abzuzinsen sind (Winnefeld, Bilanzhandbuch, 4. Aufl. Kapitel N, Rdn. 455).

Die Auffassung der Beklagten wird auch nicht durch die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. J. gestützt. Dieser kommt nach ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Abfindungsklauseln, welche dem ausscheidenden Gesellschafter nur eine Abfindung unterhalb des Wertes seines Anteils zugestehen, zu dem Ergebnis, dass zu ermitteln sei, ob Gründe dafür vorliegen, dass in Abweichung vom Gesellschaftsvertrag das Ertragswertverfahren zu wählen sei. Aus seinen Ausführungen erschließt sich jedoch nicht, dass in dem Gesellschaftsvertrag ein anderes als das übliche Ertragswertverfahren vereinbart wurde. Eine Abfindungsklausel, die dem ausscheidenden Gesellschafter nur eine Abfindung unterhalb des wahren wirtschaftlichen Wertes seiner Beteiligung gewährt, ist in dem Vertrag nicht enthalten. Dies ist als Rechtsfrage nicht Gegenstand der Beurteilungskompetenz des Sachverständigen, sondern in vom Senat vorzunehmender Vertragsauslegung zu entscheiden.

Eine Bewertung nach Sachwerten hat vorliegend auch nicht deshalb zu erfolgen, weil die Gesellschafter sich bei dem Ausscheiden der Gesellschafter F. darauf verständigt hatten, die Bewertung der gemeinsamen Immobilien durch den Gutachterausschuss vornehmen zu lassen,  und weil die Abfindung der Gesellschafter F. auf dieser Basis ohne Ertragswertermittlung erfolgt ist. Dass die Gesellschafter in Abänderung des Gesellschaftsvertrages bei diesem Anlass beschlossen haben,  dass die Abfindung beim Ausscheiden künftig nicht mehr auf der Grundlage der wahren Werte, sondern nur des Sachwertes erfolgen solle, haben auch die Beklagten nicht vorgetragen.  Dass die Kläger, die beim Ausscheiden der Gesellschafter F. noch in der Gesellschaft verblieben, der für die Gesellschaft und die verbleibenden Gesellschafter günstigen Abfindungsberechnung nicht widersprochen haben, ist nachvollziehbar und bindet sie nicht für den Fall ihres eigenen Ausscheidens hinsichtlich der Bewertung ihres Anteils und der Berechnung des Abfindungsanspruchs.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Struktur des „Gesamtunternehmens" mit Trennung von Besitz und Betriebsgesellschaft nicht, dass für die Bewertung der Besitzgesellschaft nur auf die Sachwerte, nicht aber auf den Ertragswert abzustellen ist. Die Auffassung der Beklagten, bei der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts habe es sich um eine reine Besitzgesellschaft gehandelt, die lediglich die Kosten habe erwirtschaften sollen, aber keine Gewinne, und die nicht am wirtschaftlichen Erfolg der E. GmbH habe teilnehmen sollen, sondern lediglich durch diese Pachtzahlungen in Höhe der bei ihr entstandenen Kosten für Zinsen und Begleichung der Lebensversicherungsprämien erhalten sollen, findet in den tatsächlichen Verhältnissen, so wie sie im Gesellschaftsvertrag geregelt sind und auch in den Bilanzen zum Ausdruck kommen, keine Stütze. Zunächst einmal kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts keineswegs als reine Immobiliengesellschaft und als Besitzgesellschaft im Rahmen der Betriebsaufspaltung angesehen werden. Sie ist nicht lediglich Eigentümerin der Immobilie, die sie sozusagen zum Selbstkostenpreis an die Betriebsgesellschaft vermietet, sondern ihr gehört eine voll ausgestattete und funktionsfähige Klinik, die sie in ihrer Gesamtheit an die Betreibergesellschaft E. GmbH verpachtet hat, wobei sie über die vereinbarte teilweise Umsatzpacht für die beweglichen Gegenstände, welche die Festpacht für die Immobilie bei weitem übersteigt, am Geschäftsergebnis der Betriebsgesellschaft durchaus teilnimmt. Auch trifft es nicht zu, dass sie keinen Gewinn erwirtschaften sollte. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28. Juli 1989  ist Gesellschaftszweck die gewinnbringende Verwaltung und Vermietung des gemeinsamen Grundbesitzes. Auch die Beklagten gehen in ihrem Schriftsatz vom 30. April 2007 (S. 12) davon aus, dass die Gesellschafter Gewinnentnahmen getätigt haben und dass es entnahmefähige Ertragsteile gegeben hat. Aus dieser Vertragsgestaltung ergibt sich, dass auch die Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts einen über den Sachwert der ihr gehörenden Gegenstände hinausgehenden Geschäftswert gebildet hat.

Damit stellt die Ertragswertmethode in Bezug auf die hier zu bewertenden Gesellschaftsanteile die zutreffende Wertermittlungsmethode dar.

Für die Ertragsprognose geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen H. von den sich aus den Jahresbilanzen der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden der Kläger ergebenden Pachtzahlungen aus, die der Sachverständige mit durchschnittlich 1.479.000 DM angegeben hat. Gegen diese Höhe haben die Parteien Einwendungen nicht erhoben. Sie ergibt sich aus den der Bewertung zugrunde liegenden Jahresabschlüssen. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, der umsatzabhängige Teil des Pachtzinses dürfe in die Bewertung nicht einfließen, da er der Schuldentilgung sowie der Zahlung der Prämien für die Lebensversicherung habe dienen sollen und absehbar gewesen sei, dass die Zahlung dieses Pachtanteils nur zeitlich begrenzt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Auffassung der Beklagten findet in den geschlossenen Verträgen keine Stütze. Anhand der von den Parteien vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der umsatzabhängige Teil der Pacht zweckgebunden nur für einen bestimmten Zeitraum gezahlt werden sollte.

Für die Ermittlung der maßgeblichen Nettoausschüttungen nimmt der Senat abweichend von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. insoweit den Empfehlungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. folgend zwei zeitliche Phasen an, und zwar zunächst die Zeit bis Ende 2005 (Phase I) und sodann als Phase II die Folgezeit. Diese zeitliche Aufspaltung findet darin ihre Rechtfertigung, dass zum 1.9.2005 (für die vorzunehmenden Berechnungen wird zur Vereinfachung auf das Jahresende abgestellt) die zur Ablösung der zur Finanzierung des Grundbesitzes abgeschlossenen Lebensversicherungen fällig und auch zur Tilgung der Darlehen eingesetzt wurden. Damit verringerte sich die Zinsbelastung der Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt erheblich, sodass die Nettoerträge stiegen. Nach der „Wurzeltheorie" des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1973, 509) kann dieser Umstand auch zugunsten der Kläger berücksichtigt werden, da diese Entwicklung in der Vertragsgestaltung zwischen den Parteien bereits angelegt war und damit auch zum Bewertungsstichtag als sicher bevorstehend anzusehen war. Für die Folgezeit ab 2006 sieht der Senat mit dem Sachverständigen H. keine Veranlassung, etwa wegen des Ablaufs der Festpachtzeit Ende 2015, keine Unternehmensfortsetzung auf Dauer („ewige Rente") anzunehmen. Der Senat geht davon aus, dass nach 2015 bei im Zweifel prognostizierbaren vergleichbaren Marktbedingungen eine im wesentlichen unveränderte Fortsetzung der Vertragsbeziehungen weiter im beiderseitigen Interesse sein wird (näher zu Befürchtungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform weiter unten in anderem Zusammenhang; auch vorliegend kann der Senat diesem Gesichtspunkt entscheidende Bedeutung nicht beimessen). Damit entfällt auch die sich angesichts des Immobilienbestands stellende Frage des zusätzlichen Ansatzes eines (abzuzinsenden) Restwerts.

Aus dem ertragserhöhenden Einsatz der Lebensversicherungen folgt andererseits, dass diese nicht - wie der Sachverständige Dr. H. es getan hat - als nicht betriebsnotwendiges Sondervermögen neben dem Ertragswert der Gesellschaft gesondert berücksichtigt werden können. Der Senat sieht insoweit auch einen methodischen Widerspruch, der jedenfalls nach den vorliegenden Prämissen nicht als unvermeidlich in Kauf genommen werden muß, da sich die Erträge der Lebensversicherungen ab ihrem tatsächlichen Anfall über die korrelierende Minderung der Zinsbelastung in entsprechend steigenden Erträgen widerspiegeln und damit sehr wohl bei geeigneter Ausgestaltung der Ertragswertbeurteilung von dieser adäquat miterfaßt werden.

Nicht ertragsmindernd kann entgegen der Auffassung der Beklagten ein sogenannter „Managementfaktor" angesetzt werden bezogen auf das zum Bewertungsstichtag bereits absehbare Ausscheiden des Beklagten zu 1) als Chefarzt des von der E. GmbH in den an diese verpachteten Räumen betriebenen Dr. A. Gefäßzentrums. Dieser Umstand betrifft zwar zunächst direkt nur die E. GmbH. Als Folge des umsatzabhängigen Pachtanteils könnte er sich jedoch auch auf die Erträge der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts auswirken. Es ist indes nicht nachvollziehbar, dass der Ertrag ausschließlich und unmittelbar oder auch nur dauerhaft entscheidend von der persönlichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) abhängen soll. Das von der E. betriebene Krankenhaus beschäftigt nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger 75 Mitarbeiter. Nicht nur der Beklagte zu 1) ist dort als Arzt tätig, sondern neben ihm noch drei Oberärzte und mehrere Assistenzärzte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) alle im Krankenhaus anfallenden Operationen, welche die Beklagten selbst mit mehreren tausend jährlich angeben, alleine durchführen könnte. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Beklagten nach dem Ausscheiden der Mitgesellschafter wohl alleinige Gesellschafter sowohl der Betriebs- als auch der Besitzgesellschaft sind, durch die Bestellung eines neuen gut qualifizierten und renommierten Chefarztes für eine möglichst gewinnbringende Fortführung der Geschäfte des Krankenhauses sorgen werden. Nicht gänzlich unberücksichtigt kann zudem bleiben, daß möglicherweise die Kosten eines jüngeren Nachfolgers auch über einige Zeit niedriger sein könnten.

Weiterhin kann auch die von den Beklagten angesprochene Gesundheitsreform nicht im Rahmen einer Ertragsminderung berücksichtigt werden. Entsprechend der „Wurzeltheorie" des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1973, 509) dürfen für die maßgebliche Prognose grundsätzlich ausschließlich zum Stichtag feststehende und bekannte Anknüpfungsmomente berücksichtigt werden und Weiterentwicklungen in der Folgezeit lediglich insoweit, als für diese zum Stichtag bereits die „Wurzel" einer entsprechenden absehbaren Entwicklung gelegt war. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist jedoch, dass eine entsprechende absehbare Entwicklung auch wirklich konkret erwartbar war. Nicht berücksichtigt werden können spekulative Hoffnungen oder Befürchtungen, die ihre Grundlage in politischen Planungen oder allgemeinwirtschaftlichen Erwartungen haben, sofern diese sich nicht konkret im Ertrag des Unternehmens niederschlagen. Dass dies vorliegend der Fall war, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagten haben zwar umfangreich dargelegt, dass nach ihrem Dafürhalten mit den beabsichtigten Änderungen der Finanzierung im Gesundheitswesen, die sie mit einer Vielzahl von Unterlagen zum Gesetzgebungsprozess untermauert haben,  die Rentabilität des Gefäßzentrums Dr. A. entscheidend beschränkt und dadurch auch die Ertragskraft der E. GmbH ganz erheblich geschwächt werde, was sich auch auf die Pachteinnahmen der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts auswirken müsse. Schon dass diese von ihnen befürchteten Einbußen auch tatsächlich eingetreten sind und das Gefäßzentrum Dr. A. wirtschaftlich die von ihnen prognostizierte negative Entwicklung genommen hat, ist nicht ersichtlich. Es hätte den Beklagten als den nunmehr alleinigen Gesellschaftern der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts durchaus freigestanden, durch die Vorlage konkreter Zahlen wenigstens zu belegen, dass sich die von ihnen befürchteten Ertragsrückgänge realisiert haben und damit die Erträge der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund einer bereits im Zeitpunkt des Bewertungsstichtages angelegten Entwicklung rückläufig sind, was die Annahme einer entsprechenden fundierten Prognose zum Stichtag bestärkt hätte. Entsprechender konkreter Tatsachenvortrag fehlt jedoch. Insgesamt sieht der Senat nicht, daß im Rahmen einer realistischen „ex ante-Prognose" auf der Basis angelegter Entwicklungen im Sinne der „Wurzeltheorie" die angesprochenen Ertragsrisiken wirklich bereits hinreichend konkret und gewichtig gewesen wären.

Für die konkrete Bewertung sind vorab, vor Erstellung des Rechenwerks, die zu einzelnen Ansätzen des Sachverständigen Dr. H. erhobenen Beanstandungen der Parteien abzuhandeln  und die in den Einzelpunkten vom Senat vorzunehmenden Weichenstellungen zu treffen:

Hinsichtlich der Reinvestitionsrate nimmt der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. H. einen Wert von 2,5 % gemäß den getätigten Abschreibungen an. Der Sachverständige Prof. Dr. J. hat Einwendungen gegen diese Höhe der Reinvestitionsrate nicht erhoben. Der Senat ist der Auffassung, dass eine Reinvestitionsrate von 2,5 %, die einer Abschreibung über 40 Jahre entspricht, den Gegebenheiten im Krankenhausbereich, insbesondere der dort erforderlichen Berücksichtigung moderner Standards bezüglich Hygiene, Unterbringung der Patienten, besser Rechnung trägt, als die von den Klägern für richtig erachtete Reinvestitionsrate von 1,4 %, die einer Abschreibung von 70 Jahren entspricht. Andererseits sind keine Tatsachen ersichtlich, die dafür sprechen, dass im Krankenhausbereich eine Abschreibung innerhalb von nur 25 Jahren üblich sei. Es trifft nicht zu, dass der Sachverständige Prof. Dr. J. eine entsprechende Behauptung aufgestellt hätte.

Die Schuldzinsen mindern sich in der Phase II nach Rückzahlung der zur Finanzierung der Immobilie aufgenommenen Darlehen dauerhaft. Entgegen der Auffassung der Kläger sind auch die für das Darlehen der E. GmbH gezahlten Zinsen abzusetzen. Damit wird berücksichtigt, dass die Lebensversicherungen insgesamt bei der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft zu berücksichtigen sind und nicht als Sondervermögen der Gesellschafter. Diese profitieren von den Lebensversicherungen durch erhöhte Nettoerträge nach Tilgung der durch die Lebensversicherungen gesicherten Darlehen.

Die vom Sachverständigen Dr. H. angesetzten Raumkosten in Höhe von 57.000 DM sind nicht gesondert zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Senats ist dieser Betrag in der erheblich darüber liegenden Reinvestitionsrate enthalten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Nettoausschüttungen nicht um die Prämien der Lebensversicherungen zu kürzen. Wie die Parteien dargelegt haben, beruht das verzinsliche Darlehen der E. GmbH darauf, dass die Prämien der Lebensversicherungen von dieser gezahlt wurden. Die an diese hierfür zu erbringenden Zinsen sind im Rahmen der Berechnung der Nettoerträge - wie oben ausgeführt - zu berücksichtigen. Damit ergibt sich, dass die Prämien für die Lebensversicherungen nicht von den Gesellschaftern der Dres. A. Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts aus den erhaltenen Ausschüttungen beglichen wurden. Damit können auch die Nettoausschüttungen nicht um den Betrag der jährlichen Prämien für die Lebensversicherungen gekürzt werden. Die Lebensversicherungen verbleiben damit insgesamt im Bereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Ausgaben hierfür finden dadurch Berücksichtigung, dass die gegenüber der E. GmbH aufzuwendenden Zinsen für die Finanzierung der Versicherungsprämien dauerhaft zu berücksichtigen sind.

Die Erträge berechnen sich damit wie folgt:

 

Phase I

Phase II

Umsatzerlöse

1.479.000 DM

1.479.000 DM

Reinvestitionsrate

-345.000 DM

-345.000 DM

Versicherungen, Beiträge  und Abgaben

-6.000 DM

-6.000 DM

Betriebl. Kosten

-6.000 DM

-6.000 DM

Sonstige Aufwendungen

-1.000 DM

-1.000 DM

Sonstige Steuern

-21.000 DM

-21.000 DM

   

EBIT

1.100.000 DM

1.100.000 DM

Finanzergebnis/ Zinsen

-448.258 DM

-137.211 DM

   

Jahresüberschuss nach Zinsen

651.742 DM

962.789 DM

Pers. Einkommensteuer, 35 %

-228.110 DM

-336.976 DM

   

Jährl. Nettoausschüttung

423.632 DM

625.813 DM

   

Für die Phase I wird nicht von den vom Sachverständigen H. angegebenen Zinsen von 447.000 DM ausgegangen, da eine Berechtigung für den gemachten Abschlag nicht zu erkennen ist. Für die Berechnung in Phase I legt der Senat die sich aus dem Jahresabschluss 1999 ergebenden Zinsen, wie sie von der Gesellschaft konkret gezahlt wurden, zugrunde. Es ergibt sich damit folgende Zinsaufstellung:

für langfristige Verbindlichkeiten

329.871,00 DM

für kurzfristige Verbindlichkeiten

10.847,48 DM

E. GmbH

107.539,96 DM

  
 

448.258,44 DM

Für die Phase II ist zu berücksichtigen, dass die Zinszahlungen für langfristige Verbindlichkeiten durch die Ablösung der Darlehen mit Hilfe der Zahlungen der Lebensversicherungssummen weitgehend entfallen. Es verbleibt noch ein Restdarlehen von 342.248,50 DM, bei einer angenommenen Verzinsung von jährlich 5,5 % ist ein Zinsbetrag von 18.823,67 DM zu berücksichtigen. Bei Unterstellung, dass die übrigen Zinszahlungen gleich bleiben, ergibt sich folgende Zinsaufstellung

Restdarlehen

18.823,67 DM

Kurzfristige Verbindlichkeiten

10.847,48 DM

E. GmbH

107.539,96 DM

  
 

137.211,11 DM

Bezüglich der vorzunehmenden Kapitalisierung geht der Senat von folgenden Grundfaktoren aus:

Der Basiszinssatz ist in Übereinstimmung mit den Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. J. mit 6 % für die Dauerphase II ab 2006 anzusetzen und nicht, wie die Kläger meinen, mit nur 5,5 %, da einleuchtende Gründe für eine Abweichung von der Einschätzung der Sachverständigen nicht vorliegen, vielmehr zum Stichtag eine entsprechende Langfristprognose durchaus gerechtfertigt erschien - wobei der Senat nicht verhehlt, daß nach seiner Einschätzung insoweit eher der obere Rand des vertretbaren Rahmens erreicht sein dürfte, was, wie noch auszuführen, noch im Zusammenhang einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen sein wird -.

Anders allerdings für die Phase I bis Ende 2005: Insofern machen die Kläger im Ansatz zu Recht geltend, daß zum Stichtag der Wert von 6 % allenfalls für die Langfristprognose zutreffend war, dagegen für den insoweit anzusetzenden kürzeren Anlagehorizont deutlich geringere Werte realistisch waren (vgl. auch Senat a.a.O., in Anl. z. Sitzungsprotokoll v. 18.4.2008: S. 16 f.). Für die Phase I hält der Senat entsprechend eine - ebenfalls als eher noch hoch angesehene - Verzinsung von 5,5 % für zutreffender.

Die Marktrisikoprämie ist jedoch nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. mit 5,5 % anzusetzen und nicht, wie der Sachverständige Dr. H. dies getan hat, mit 5 %. Der Senat hält insofern die Einschätzung des Sachverständigen Prof.  Dr. J. aufgrund auch seiner mündlichen Erläuterungen für zutreffender. Es ist festzuhalten, dass dieser Ansatz wiederum jedenfalls für Phase I in Relation zur Basiszinshöhe als an der oberen Grenze liegend einzuschätzen ist.

Auch beim Betafaktor, der der Risikobewertung des Unternehmens am Markt dient, folgt der Senat dem Sachverständigen Dr. H., der den Betafaktor mit 0,9 angesetzt hat, nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. J. hat insoweit erläutert, dass für ihn der Zuschlag von 50 %, den der Sachverständige Dr. H. auf den zunächst mit 0,6 angesetzten Betafaktor gemacht hat, nicht nachvollziehbar sei. Er hat allenfalls einen Zuschlag wegen der Kleinheit des Betriebes für denkbar gehalten. Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J.. Insoweit vermag der Senat den Risikoeinschätzungen der Parteien nicht zu folgen. Der von den Klägern für zutreffend erachtete Betafaktor von 0,3 ist eindeutig zu niedrig und trägt der Risikolage des vorliegend zu bewertenden Betriebes nicht hinreichend Rechnung. Andererseits ist die von den Beklagten angenommene Risikobewertung mit einem Betafaktor von über 1 ebenfalls nicht zutreffend, sondern zu hoch.

Im Ergebnis lässt der Senat es bei dem Betafaktor von 0,6 bewenden. Insoweit fällt auf, daß der Sachverständige Dr. H. (S. 25 seines Gutachtens) der Ermittlung des Faktors eine aus der Sicht des Senats willkürliche Rundung beim Adjusted Beta auf 0,5 zugrunde gelegt hat (zur Beurteilung von Rundungen noch sogleich), was auf ein leicht überhöhtes Ergebnis deutet. Ein „Small Cap-Zuschlag" erscheint angesichts der doch nicht ganz unerheblichen Betriebsgröße nicht zwingend einleuchtend. Insgesamt läßt sich zu den Festlegungen zum Betafaktor festhalten, daß diese tendenziell leicht in Richtung Untergrenze zu Gunsten der Kläger liegen.

Der typisierte Einkommensteuersatz wird auch in Bezug auf die angenommene Ersatzkapitalanlage mit 35 % angesetzt gemäß den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J., wobei mit dem Sachverständige Dr. H. als zutreffend zugrunde gelegt wird, dass die persönliche Steuerpflicht nur einen Anteil von einem Drittel der Zuflüsse betrifft. Dies stellt aus der Sicht des Senats wiederum eine tendenziell zu einem eher überhöhten Zinssatz beitragende Annahme dar; ein höherer steuerpflichtiger Anteil der Zuflüsse erschiene durchaus nicht als lebensfremd.

Insgesamt kompensieren sich die angedeuteten Einschätzungsgewichtungen bezüglich einzelner Punkte zu Gunsten oder zum Nachteil der einzelnen Parteien - die nicht in Frage stellen, dass der jeweils angesetzte Wert aus der Sicht des Senats das jeweilige „Schätzoptimum", allerdings unter Inkaufnahme eines gewissen vergröbernden „Rundungseffekts", darstellt - im Ergebnis, so dass der Senat insgesamt das gefundene Ergebnis zur Verzinsung für ausgewogen und angemessen hält. Was - insbesondere bei der nachfolgenden Berechnung, aber auch allgemein - die Zulässigkeit von Rundungen angeht, sieht der Senat es als systemwidrig und fehlerträchtig an, bei einzelnen Zwischenschritten allzu großzügige Rundungen vorzunehmen, da sie die Gefahr mit sich bringen, die Ergebnisse willkürlich zu verfälschen, die ihrerseits ja bereits auf „runden" Schätzannahmen beruhen (vgl. auch Senat a.a.O., S. 18). Grundsätzlich ist folglich mit mehreren Stellen hinter dem Komma zu rechnen und nur sehr zurückhaltend, lediglich bei den Endergebnissen gegebenenfalls auch großzügiger zu runden.

Auch ein Wachstumsfaktor ist schließlich mit 1 % zu berücksichtigen.

Es berechnet sich damit der Kapitalisierungszins wie folgt:

Phase I

Basiszins

5,5 %


Risikozuschlag

3,3 %      (5,5x0,6 Betafaktor)


 

8,8 %


Steuer

- 1,03 %    (1/3 x 35 %)


Wachstum               

-1,0 %


Zinssatz

6,77 %

Phase II

Basiszins

6,0 %


Risikozuschlag

3,3 %      (5,5x0,6 Betafaktor)


 

9,3 %


Steuer

- 1,09 %    (1/3 x 35 %)


Wachstum               

-1,0 %


Zinssatz

7,21 %.

Für Phase I ergibt sich bei einer Laufzeit von 6 Jahren und einem Zinssatz von 6,77 % für den Barwert einer nachschüssigen Jahresrente in Höhe der Erträge von jährlich 423.632 DM folgender Betrag  zum Stichtag:

(Formel

An     

=     R     •

  •

q- 1   )

   

qn

q   - 1

423.632   x   1:1,06776   x     (1,06776       - 1)   :   (1,0677 - 1)    =

423.632   x   0,6750   x   7,1119   =  423.632   x   4,8005   =  

2.033.645 DM.

Für Phase II ist zunächst eine „ewige Rente" mit dem für diese Phase maßgeblichen Zinssatz zu bilden.

(Formel       A  =  R   x   1  :  (q - 1)  )

625.813   x   1   :   0,0721   =   625.813   x   13,8696   =  

8.679.776 DM.

Dieser Wert ist noch - mit dem Zinssatz für Phase I - auf den Stichtag abzuzinsen.

(Formel

Ko     

=     Kn     

   )

 
   

qn

 

8.679.776   x   1   :   1,06776       =   8.679.776   x   0,6750   =  

5.858.849 DM.

Insgesamt ergibt sich damit ein Wert von 2.033.645 + 5.858.849   =  

7.892.494 DM   =   4.035.368 €.

Entsprechend ihren Anteilen bemißt sich demnach die Abfindung für den Kläger zu 1) auf 4 % =

161.415 €


und diejenige für die Klägerin zu 2) auf 6 % =

242.122 €.

Das angefochtene Urteil ist auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Angriffs entsprechend abzuändern. Die Berufung der Kläger ist zurückzuweisen. Zinsen sind wegen Verzugs zuzusprechen wie beantragt nach den jeweiligen vertraglichen Ratenfälligkeiten.

Die Widerklage ist nicht begründet und wurde vom Landgericht zu Recht abgewiesen. Die Beklagten selbst haben in ihrem Schriftsatz vom 30.4.2007 dargelegt, dass entgegen ihrem bisherigen Vorbringen nicht sämtliche auf den negativen Kapitalkonten der Kläger verbuchten Beträge von dem Abfindungsguthaben in Abzug zu bringen seien, sondern nur durchsetzbare Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter. Hierzu gehörten nicht die als Privatentnahmen verbuchten Beiträge für die Lebensversicherungen. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, dass beim Jahresabschluss zum 31.12.1999 für jeden der Kläger dieses Verfahrens und des Parallelprozesses gesondert die unter „Variables Kapital" und „Privatentnahmen" verbuchten Beträge daraufhin untersucht werden müssten, ob dort neben Versicherungsprämien und Gewinnentnahmen noch weitere Entnahmen enthalten seien, die als Darlehensforderung gegen den jeweiligen ausgeschiedenen Gesellschafter zu werten und damit von seinem Abfindungsguthaben in Abzug zu bringen seien, sie selbst in dieser Frage jedoch nicht darlegungs- und beweisbelastet seien, verkennen sie die Grundsätze des Zivilprozesses. Als beklagte Partei sind sie grundsätzlich für alle Umstände darlegungs- und beweispflichtig, die den gegen sie geltend gemachten Anspruch verringern können. Die Kläger, die ihrerseits für die Höhe ihrer Forderung darlegungs- und beweisbelastet sind, sind jedoch nicht gehalten vorzutragen und nachzuweisen, dass in der Bilanz nicht ausgewiesene Forderungen der Gesellschaft gegen sie auch tatsächlich nicht bestehen. Wenn die Beklagten behaupten wollen, dass in der Bilanz nicht ausgewiesene Darlehensforderungen der Gesellschaft gegen die Kläger bestehen, also die auch von ihnen zu verantwortende Bilanz falsch ist, müssen sie darlegen und nachweisen, dass derartige Forderungen bestehen und dass sie von dem Abfindungsguthaben abzusetzen sind. Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast stellt sich als Selbstverständlichkeit des Zivilprozesses dar; es handelt sich insoweit nicht etwa um einen hinweisbedürftigen, von den Parteien übersehenen Punkt.

Die Berufung der Beklagten ist folglich auch insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 und 4 ZPO, die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Die Gegenstandswerte für den zweiten Rechtszug werden wie folgt festgesetzt:

Berufung des Klägers zu 1) : 208.954,76 €

Berufung der Klägerin zu 2): 313.432,15 €

Berufung der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 1): 165.658,57 € zuzüglich Widerklage (vgl. insoweit Senatsbeschluß zu 10 W 112/05) 2/3 x 93.267,47 € = 62.178,31 € = 227.836,88 €

Berufung der Beklagten gegenüber der Klägerin zu 2): 248.487,85 € zuzüglich Widerklage (vgl. insoweit Senatsbeschluß zu 10 W 112/05) 2/3 x 139.901,22 € = 93.267.48 € = 341.755,33 €

Gesamtstreitwert im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1) und den Beklagten: 208.954,76 € + 227.836,88 € = 436.791,64 €

Gesamtstreitwert im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 2) und den Beklagten: 313.432,15 € + 341.755,33 € = 655.187,48 €

Berufungsverfahren insgesamt: 1.091.979.12 €.

stats