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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
20.05.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Niedersächsisches FG: Rückstellung wegen einer Umlageverpflichtung gegenüber der Haftpflichtgemeinschaft

Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.11.2015 – 6 K 178/14

NICHT AMTLICHER LEITSATZ

Rückstellung von Verbindlichkeiten setzt Vergangenheitsbezug voraus.

EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; KStG § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1

Sachverhalt

Streitig ist dem Grunde und der Höhe nach der Ansatz einer Rückstellung in der Steuerbilanz der X AG (X) auf den 31. Dezember 2007 wegen einer Umlageverpflichtung gegenüber der Haftpflichtgemeinschaft Deutscher Nahverkehrs- und Versorgungsunternehmen (HDN).

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der X; diese betrieb bis einschließlich 2006 für die Klägerin den öffentlichen Nahverkehr im … .

In den Veranlagungszeiträumen 2004 bis 2007 hatte sie Rückstellungen für Belastungen aus einer Umlageverpflichtung gegenüber der HDN für Haftpflichtschäden gebildet.

Bei der HDN, einem nichtrechtsfähigen Verein im Sinne von § 54 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), handelt es sich um eine Selbsthilfeeinrichtung für die Versicherung von Verkehrs- und Versorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens 50 % beteiligt ist.

Dort hatte die X ihre Fahrzeuge „haftpflichtversichert“.

Nach § 1 der Anlage 1 „Bedingungen für die Haftpflichtversicherung“ zur HDN-Satzung in der Fassung vom 01.01.2006 erhält jedes Mitglied für Haftpflichtschäden, für die es in Anspruch genommen wird, Deckungsschutz entsprechend den satzungsmäßigen Bedingungen. Die notwendigen Finanzmittel werden nach § 4 der HDN-Satzung von den Mitgliedern im Umlageverfahren erhoben. Dabei wird der Schadenaufwand auf die Mitglieder für jedes Unfalljahr nach dem Verhältnis der Betriebsleistungen des einzelnen Mitgliedes zu den Betriebsleistungen aller Mitglieder unter Berücksichtigung der individuellen Risiken umgelegt. Die Einzelheiten des Umlageverfahrens im Bereich der Haftpflichtversicherung sind in der Anlage 1 zur Satzung geregelt:

Nach § 7 der Anlage 1 zur Satzung besteht für jedes Schadenereignis ein Selbstbehalt.

Nach § 8 der Anlage 1 zur Satzung („Umlageverfahren“) wird der Haftpflichtschadenaufwand einschließlich der Versicherungssteuer und der Kosten einer etwaige Rückversicherung auf die Mitglieder für jedes in die Mitgliedzeit fallende Unfalljahr nach dem Verhältnis der Betriebsleistungen des einzelnen Mitgliedes zu den Betriebsleistungen aller Mitglieder umgelegt.

Die in Gruppen gegliederten Haftpflichtrisiken der Mitglieder werden bei der Umlagenbemessung für jedes Unfalljahr nach der Betriebsleistung oder der Fahrzeuganzahl mit Punkten bewertet. Mit diesen Punkten ist das einzelne Mitglied zudem mit dem auf die Punkte aller Mitglieder entfallenden Schaden- und Verwaltungsaufwand (Belastung pro Punkt) heranzuziehen. Die Einzelheiten der Punkteberechnung ergeben sich aus § 9 Abs. 2 der Anlage 1 zur Satzung.

Nach § 11 Abs. 1 der Anlage 1 zur Satzung wird für jedes Geschäftsjahr festgestellt, welche Umlagen das Mitglied für die in seine Mitgliedzeit fallenden Unfalljahre im Einzelnen und insgesamt (Gesamtumlage) zu zahlen hat. Für Schadenfälle, die im Geschäftsjahr nicht erledigt sind, werden Rückstellungen gebildet. Diese werden entsprechend den Vorschriften der §§ 8 und 9 der Anlage 1 zur Satzung auf die Mitglieder umgelegt. Von den so ermittelten Umlageanteilen werden 10 % des für das abzuschließende Geschäftsjahr ermittelten Betrages eingefordert, solange nicht 50 % des für die künftigen Umlageverpflichtungen ermittelten Betrages des jeweils abzuschließenden Geschäftsjahres erreicht sind.

Nach § 11 Abs. 2 der Anlage 1 zur Satzung haben die Mitglieder die für den jeweiligen Schaden- und Verwaltungsaufwand benötigten Vorauszahlungen im Verhältnis ihrer Beteiligung an den Umlagen des letzten Geschäftsjahres zu leisten.

Die Zuschlags- bzw. Nachlassberechnung für die Umlagen ergeben sich aus § 12 und § 13 der Anlage 1 zur Satzung.

Nach § 19 der Satzung bleiben die Mitgliedspflichten aus den vor Ende der Mitgliedschaft eingetretenen Schadenereignissen bestehen und sind nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung zu erfüllen. Das Mitglied behält seinen Ausgleichsanspruch. Somit wird ein Mitglied auch nach seinem Ausscheiden aus der Haftpflichtgemeinschaft für die Unfalljahre, in denen es Mitglied der HDN war, weiter an Schadenzahlungen für offene Haftpflichtschäden dieser Unfalljahre beteiligt. Das Mitglied wird so lange zur Umlage herangezogen, bis der letzte Schadenfall aus der Zeit seiner Mitgliedschaft abgewickelt ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die HDN-Satzung vom 01.01.2006 (Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 11.09.2014, Bl 47 – 53 GA) und auf die Anlage 1 zur Satzung (Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 11.09.2014, Bl 70 – 78 GA) Bezug genommen.

Die X, die ihre Fahrzeuge bei der HDN haftpflichtversichert hatte, war aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der HDN gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) von der Pflichtversicherung freigestellt und hatte als Fahrzeughalterin für die von ihr verursachten Schäden gem. § 2 Abs. 2 PflVG wie ein Versicherer Ersatz zu leisten. Dementsprechend regulierte sie Schäden grundsätzlich selbst und rechnete anschließend - einmal monatlich - gegenüber der HDN ab.

Auf ihre Umlageverpflichtung gegenüber der HDN leistete sie jährlich sechs Zahlungen. Durch die erste Zahlung wurde die durch die Jahresendabrechnung angeforderte Vorauszahlung erfüllt und die folgenden fünf Zahlungen dienten der Deckung des laufenden Haftpflichtschaden- und Verwaltungsaufwandes.

Daneben bestand bei der HDN eine Deckungslücke für bereits eingetretene und anerkannte, aber noch nicht abschließend bearbeitete und abgewickelte Haftpflichtschäden, die grundsätzlich – zeitnah zu den Auszahlungen an die Geschädigten - durch die Erfüllung der Umlageverpflichtungen der Mitglieder in den Folgejahren gedeckt werden sollten. Zur Abmilderung dieser Deckungslücke wurde ab dem Geschäftsjahr 2004 die Sonderumlage gem. § 11 Abs. 1 der Anlage 1 zur Satzung eingeführt. Diese Sonderumlage wurde ratierlich über fünf Jahre unverzinslich eingefordert. Die Teil-Einforderung in Höhe von maximal 50 % der künftig erforderlichen Mittel für bereits entstandene Haftpflichtfälle sollte das Risiko der Haftpflichtgemeinschaft mindern, Belastungen aus Altschadenfällen für insolvente oder aufgelöste Mitgliedsunternehmen übernehmen zu müssen.

Die HDN teilte den Mitgliedern jeweils zum 31. Dezember eines Jahres die Höhe der Rückstellungen für künftige Umlageverpflichtungen - aufaddiert zu einer Gesamtrückstellung - mit. Zum 31. Dezember 2007 teilte die HDN der X mit Schreiben vom 31.12.2007, bei der X eingegangen am 06.03.2008 (Bl. 144 Rechtsbehelfsakte), eine künftige Umlageverpflichtung in Höhe von … € mit. Wörtlich heißt es darin u.a.:

„Aufgrund der uns von den Mitgliedern gemachten Angaben haben wir Ihre noch offen stehende Umlageverpflichtung nach dem Stand 31.12.2007 mit einem Betrag von … € geschätzt.“

Die seit dem Wirtschaftsjahr 2004 eingeforderter Sonderumlage belief sich auf … € und erreichte damit bereits den zum 31.12.2007 einzufordernden Betrag in Höhe von 40 % der … €. Damit hatte die X zum 31. Dezember 2007 keine weitere Zahlung aus ihrer künftigen Umlageverpflichtung für bereits entstandene Haftpflichtfälle zu leisten.

Die X bildete zum 31. Dezember 2007 eine „Rückstellungen HDN für zukünftige Rentenfälle“ unter Berücksichtigung der von der HDN mitgeteilten zukünftigen Umlageverpflichtung.

Der Beklagte veranlagte die X im Streitjahr zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Rahmen einer Außenprüfung der Veranlagungszeiträume 2003 bis 2007 gelangte das Finanzamt (FA) für Großbetriebsprüfung … zu der Auffassung, künftige Beiträge, die in einem Umlageverfahren (später) eingefordert würden, seien nicht rückstellungsfähig; rückstellungsfähig seien nur die tatsächlich bis zu einer Grenze von 50 % eingeforderten zukünftigen Beiträge der Sonderumlage. Im Übrigen führe die unverzinsliche Stundung über 4,8 Jahre zur Anwendung des § 6 Nr. 3a Buchstabe e des Einkommensteuergesetz (EStG). Die übersteigenden, noch nicht eingeforderten Beträge seien dagegen nicht rückstellungsfähig.

Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und erließ am 21.06.2013 entsprechend geänderte Steuerbescheide.

Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Nach Auffassung des Beklagten sei die Klägerin zur Bildung der begehrten Rückstellung auf den Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 nicht berechtigt.

Schuldnerin der Schadenersatzansprüche der von der X verursachten Personen- und Sachschäden sei nicht die X, sondern die HDN als Versicherer. Die streitbefangenen künftigen Ansprüche der HDN gegen die Klägerin seien zum Bilanzstichtag rechtlich noch nicht entstanden. Die künftige Umlageverpflichtung sei auch nicht vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht. Die künftige Umlageverpflichtung der Mitglieder der HDN sei nicht in den Jahren wirtschaftlich verursacht, in denen die Schadenfälle eingetreten seien. Gegen die Anknüpfung an die Schadenfälle spräche, wie im Fall der Beiträge zur Berufsgenossenschaft, dass in Folge der Eigenart des Umlageverfahrens nach der Satzung der HDN die Schadenfälle aller angeschlossenen Mitglieder die Höhe der Umlageverpflichtung aller Mitglieder maßgeblich bestimmten.

Dagegen richtet sich die Klage. Nachdem die Klägerin zunächst den Ansatz einer Rückstellung in Höhe von … € (… € abgezinst auf … € und gemindert um … €) begehrt hatte, hat sie diesen Betrag zu Beginn der mündlichen Verhandlung auf … € (… € abzüglich Vorauszahlungen von … € und abgezinst) reduziert. Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin Folgendes vor:

Die Mitglieder der HDN seien von der Pflichtversicherung freigestellt. Sie hätten als Fahrzeughalter gem. § 2 Abs. 2 PflVG für die von ihnen verursachten Schäden wie ein Versicherer Ersatz zu leisten. Dementsprechend habe die X – wie alle Mitglieder - Schäden selbst reguliert und anschließend gegenüber der HDN abgerechnet.

Die HDN stelle einen kommunalen Schadenausgleich nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 PflVG dar, der den Ausgleich durch Umlegung von Schäden aus der Haltung von Kraftfahrzeugen ihrer Mitglieder bezwecke. Die Mitglieder seien dementsprechend nicht von der Haftung für ihre Haftpflichtschäden befreit, ebenso wenig bestehe eine gesamtschuldnerische Haftung der HDN. Die HDN sei kein Versicherer, sie sei nicht passiv legitimiert und dementsprechend auch nicht Schuldner gegenüber Geschädigten oder Dritten. Sie bewirke ausschließlich nach einem bestimmten Verfahren einen Schadenausgleich nach innen.

Zum Ende eines Jahres erfolge eine Umlagen-Endabrechnung. Diese betreffe zum einen die Abrechnung des mit Vorauszahlungen belegten 50 %-Anteils der Sonderumlage, zum Zweiten die Berechnung der verbleibenden Rückstellungsverpflichtungen in Höhe der weiteren 50 % zu Lasten der einzelnen Mitglieder. Die Umlagen-Endabrechnung des Geschäftsjahres 2007 über von der Klägerin zu erbringenden Vorauszahlungsverpflichtungen in der Haftpflichtversicherung habe einen Umlagebetrag von brutto … € und nach Verrechnung der Vorauszahlungen eine Forderung gegen das Mitglied in Höhe von … € ergeben. Dieser Teil der Umlageendabrechnung sei nicht streitgegenständlich. Darüber hinaus habe sich aus der Umlagen-Endabrechnung eine künftige Umlageverpflichtungen für offene Haftpflichtschäden der Gemeinschaft zum 31. Dezember 2007 in Höhe von … € (100 %) ergeben. Der Höhe nach akzeptiere die Klägerin die von der Finanzverwaltung reklamierte Abzinsung entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 EStG auch für diesen Betrag.

Zutreffend sei, dass bis zum 31. Dezember 2003 ausschließlich die einzelnen Mitgliedsunternehmen, also auch die Klägerin, die Schadenrückstellung gebildet hätten. Ab 2004 sei sukzessive die Rückstellung bei der HDN in Höhe von 50 % aus den eingeforderten Rückstellungen aufgebaut worden. Entsprechend den Zahlungen der Mitgliedsunternehmen hätten sich die Rückstellungen bei den Mitgliedsunternehmen vermindert. Im Streitfall gehe es nur um den insofern nicht eingeforderten Teil der Rückstellung für Umlageverpflichtungen, den die HDN den einzelnen Mitgliedsunternehmen alljährlich schriftlich mitteile. Dieser sei von den Mitgliedsunternehmen zu passivieren.

Anderenfalls würde keinerlei bilanziell abgebildeter Risikoschutz stattfinden. Da Schaden und Ersatzpflicht dem Grunde nach in der Vergangenheit entstanden seien und die Höhe der Verpflichtung nach allgemeinen Grundsätzen zu schätzen sei, sei somit eine Rückstellungsbildung durch den Verpflichteten - also sämtliche Mitglieder einschließlich der X - nicht nur zulässig, sondern zwingend geboten.

Ohne Passivierung der Rückstellung für künftige Umlageverpflichtungen gegenüber der HDN werde der Gewinn des Wirtschaftsjahres zu hoch ausgewiesen. Würden in späteren Geschäftsjahren die offenen Schäden der Gemeinschaft abgewickelt und das ausgeschiedene Mitglied zur Umlage für die Unfalljahre der Mitgliedschaft herangezogen, seien möglicherweise keine zum Ausgleich der Verpflichtungen finanziellen Mittel mehr vorhanden, um diese Verpflichtungen auszugleichen.

Die Klägerin habe ihre Haftpflichtschäden pflichtgemäß jederzeit gegenüber den Anspruchstellern selbst reguliert und im Anschluss daran entsprechend dem Schadenausgleichsregularium mit der HDN abgerechnet. Jedes Mitglied habe einen Anspruch gegen die Gesamtheit der Mitglieder, sei aber umgekehrt als Teil der Gesamtheit verpflichtet, für die Haftpflichtschäden der übrigen Mitglieder einzustehen. Ob und in welcher Höhe Erstattungen stattfänden, sei daher offen; in gleicher Weise könnten sich zusätzliche Belastungen ergeben. Alle Mitglieder seien Teil einer Risikogemeinschaft, die insgesamt alle Schäden zu decken habe, ohne dass ein Dritter eintrittspflichtig sei. Die HDN organisiere den Risikoausgleich zur Abmilderung von Schadenspitzen ohne Schäden „zu übernehmen“.

Die Rückstellung für künftige Umlageverpflichtungen sei eine Schadenrückstellung (Rückstellung für noch nicht abgewickelte Schadenfälle gem. § 341g des Handelsgesetzbuchs – HGB -) und als solche eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. Eine solche Rückstellung dürfe nur gebildet werden, wenn eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten bestehe, die bereits vor dem Bilanzstichtag verursacht sei und mit deren Inanspruchnahme ernsthaft gerechnet werden müsse, wobei Höhe und Entstehung ungewiss seien. Aufgrund der Mitgliedschaft der X in der HDN ergebe sich die Verpflichtung der X, zur gemeinsamen Tragung von Haftpflichtschäden, die gegen (sämtliche) Mitglieder der HDN geltend gemacht würden.

Es sei eine Schadenrückstellung vorzunehmen, allerdings nicht ausschließlich und isoliert für noch nicht abschließend regulierte eigene Schadenfälle, sondern als Ergebnis der pro Schadenjahr ermittelten Beteiligungsquote des Mitgliedsunternehmens am gesamten zurückgestellten (noch nicht abschließend regulierten) Schadenaufwand aller in diesem Jahr beteiligten Mitglieder. Es sei nicht mehr die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem geschädigten Dritten für den einzelnen Schadenfall maßgebend, sondern aufgrund der Quotentechnik die Verpflichtung gegenüber der HDN, die ihrerseits den Ausgleich unter den Mitgliedern herstelle. Für die Mitglieder bestünde – gegenüber der HDN als Dritter - eine Verpflichtung zur Zahlung für während der Mitgliedschaft entstandene Schäden.

Die Verbindlichkeit sei auch wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht. Dabei sei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalls im Lichte der rechtlichen Struktur des Tatbestandes, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entstehe, maßgebend. Dies erfordere, dass der Tatbestand, an den das Gesetz, der Vertrag oder eine Norm zivilrechtlich das Entstehen der Verpflichtung anknüpfe, im Wesentlichen bereits verwirklicht sei und die künftigen Ereignisse, die zum unbedingten Entstehen der Verpflichtung führten, wirtschaftlich dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr zuzurechnen seien.

Nach den Satzungsregeln der HDN werde der Haftpflichtschadenaufwand einschließlich Versicherungssteuer und Kosten einer etwaigen Rückversicherung nach dem Verhältnis der Betriebsleistungen des einzelnen Mitglieds zu den Betriebsleistungen aller Mitglieder umgelegt. Die Umlage des Verwaltungsaufwandes gem. § 8 Abs. 2 Bedingungen zur Haftpflichtversicherung folge der Umlage des Gesamtschadenaufwandes. Die Haftpflichtrisiken würden mit Punkten (vgl. § 9) bewertet. Diese Punkte seien maßgebend für die Heranziehung des Mitglieds zu den auf die Punkte aller Mitglieder entfallenden Schaden- und Verwaltungsaufwand.

Ein Schaden, der zu einem Haftpflichtschadenaufwand führe, sei in dem jeweiligen Geschäftsjahr (Unfalljahr) gegeben, ebenso die Punktewertung, die das Mitglied für das Jahr zugeteilt bekommen habe und die für den Ausgleich der Schadenfällen aus dem jeweiligen Jahr maßgeblich bleibe. Dem Grunde nach stehe der Schadenfall fest. Lediglich der genaue Haftpflichtschadenaufwand sei noch nicht - zumindest in Gänze - in dem jeweiligen Jahr bekannt, da der Schaden noch nicht gänzlich reguliert worden sei.

Der wesentliche Unterschied zu den Fällen der Beitragsentstehung, insbesondere auch dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Streitfall zur Berufsgenossenschaft (BFH-Urteil vom 24. April 1968 I R 50/67, BStBl II 1968, 544) sei, dass im Streitfall die sich aus der Bepunktung ergebende Beteiligung am Aufwand feststehe und auch nicht mehr verändere. Der I. Senat des BFH habe in der vorgenannten Entscheidung die Zulässigkeit von Rückstellungen für künftige Beiträge an Berufsgenossenschaften und Unfallrenten, welche Berufsgenossenschaften zu zahlen hätten, verneint. Er habe dies u. a. damit begründet, dass die Beitragspflicht, die auf der Mitgliedschaft beruhe, für das einzelne Jahr erst dann wirksam entstehe, wenn alle Voraussetzungen für die Beitragspflicht erfüllt seien, die das Gesetz für sie aufstelle. Dies sei nicht vor Ablauf des Geschäftsjahres der Fall, denn die Voraussetzungen für die Beitragspflicht bei der Berufsgenossenschaft („Jahresbedarf“ § 724 RVO alter Fassung und „Entgelt der Versicherten in den Unternehmen“ § 725 RVO alter Fassung) würden erst im Laufe des Geschäftsjahres vollständig verwirklicht. Darüber hinaus fehle es nach Auffassung des BFH auch an der wirtschaftlichen Verursachung im abgelaufenen Wirtschaftsjahr. Die Beitragspflicht sei nicht in den Jahren wirtschaftlich verursacht, in denen die Unfälle einträten. Hiergegen spräche nach Auffassung des BFH die Eigenart des Umlageverfahrens, das die Unfälle aller einbezogenen Unternehmen einbeziehe sowie der Umstand, dass die Unfälle aller Unternehmen die Höhe der Beiträge maßgeblich bestimmten.

Diese Grundsätze seien jedoch nicht auf den Streitfall übertragbar. Der Sachverhalt, der dem BFH zur Entscheidung vorgelegen habe, sei schon deswegen mit dem Streitfall nicht vergleichbar, da im BFH-Entscheidungsfall der Schuldner der Leistung nicht der Steuerpflichtige, sondern die Berufsgenossenschaft gewesen sei. Hingegen seien Anspruchsgegner von Haftschäden die Mitglieder der HDN, nicht die HDN selber.

Weiterhin sei die Beitragserhebung bei Berufsgenossenschaften nicht auf das Umlageverfahren bei der HDN übertragbar. Das Umlageverfahren bei der HDN sei geprägt von einer konkreten Anknüpfung an die individuellen Verhältnisse bei Mitgliedsunternehmen. Bei der Berufsgenossenschaft bestimme sich hingegen die Beitragshöhe gem. § 153 Abs. 1 SGB VII nach dem Finanzbedarf, den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrenklassen, in die die Unternehmen eingruppiert worden seien.

Bei den Berufsgenossenschaften finde - abgesehen von Zuschlägen und Nachlässen - eine individuale Beitragsermittlung nach dem durch das einzelne Unternehmen verwirklichten Risiko/Schaden nicht statt. Die Eingruppierung in die Gefahrenklasse nach § 157 SGB VII bilde nicht das Risiko des einzelnen Unternehmens ab, sondern nur ein durchschnittliches Risiko einer Gefahrengemeinschaft, der das einzelne Unternehmen zugeordnet werde. Im Gegensatz dazu trage das im Streitfall zu beurteilende Umlageverfahren jedoch den konkreten Verhältnissen des Mitgliedsunternehmens der HDN gem. § 8 Abs. 1 ff. Anlage 1 zur Satzung Rechnung. Der Aufwand werde auf die Mitglieder nach dem Verhältnis ihrer Betriebsleistungen zu den Betriebsleistungen aller Mitglieder umgelegt. Damit werde der erweiterte Aufwand aus dem individuellen Schadenverlauf des einzelnen Unternehmens abgeleitet. Das Umlageverfahren diene ausschließlich dazu, die Liquiditätsanforderung in der Zeit zu verteilen und außerdem einen Risikoausgleich vorzunehmen. Neben der Entstehung des Schadens dem Grunde nach gehöre auch die Punkteermittlung zu den wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmalen für das Entstehen der künftigen Verpflichtung zur Zahlung der Höhe nach; diese Ermittlungen stünden zum Bilanzstichtag bereits fest. Daraus folge, dass bei dem Umlageverfahren der HDN die Beitragsschuld im abgelaufenen Geschäftsjahr rechtlich und wirtschaftlich verursacht worden sei. Wenn ein Schadenfall eingetreten sei, egal ob im eigenen Unternehmen oder in den Unternehmen der anderen Mitglieder, müsse der Bilanzierende den zu erwartenden Verpflichtungen für das Jahr der Verursachung Rechnung tragen. Die wirtschaftliche Verursachung sei durch den Unfall gesetzt worden.

Eine andere Betrachtung ergäbe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH zu den Rückstellungen für künftige Beiträge zum Pensionssicherungsverein a.G. (BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 102/88) oder zu Rückstellungen für künftige Sanierungsgelder an die Versorgungskasse des Bundes und der Länder (BFH-Urteil vom 27. Januar 2010, I R 102/08). In der Entscheidung des BFH zum Pensionssicherungsverein a.G. sei es für die Erhebung künftiger Beiträge wesentlich darauf angekommen, ob künftige Ansprüche aus Versorgungsleistungen bzw. unverfallbare Anwartschaften bestünden. Dies sei nicht mit dem Umlageverfahren bei der HDN vergleichbar. Mit seiner Entscheidung zu den Sanierungsgelder an die Versorgungskasse des Bundes und der Länder habe der BFH darauf abgestellt, dass der für die Erhebung der Sanierungsgelder maßgebliche Umstand in der Gewährung des Bestandschutzes für Altfälle liege, ohne dass die dafür notwendigen Mittel aus den regulären Umlageaufkommen gedeckt werden könnten. Die künftigen Leistungspflichten würden somit nicht vergangenes, sondern vorrangig das künftige betriebliche Geschehen abdecken; dies liege vor allem in der künftigen Beschäftigung von Arbeitnehmern.

Hingegen stelle das Umlageverfahren des HDN ausschließlich auf die in der Vergangenheit eingetretenen Haftpflichtfälle ab. Im Streitfall bleibe der für die Umlagebemessung (§ 9 Anlage 1 zur Satzung) ermittelte individuelle Punktwert je Schadenjahr auch in den nachfolgenden Jahren für die Umlagebeteiligung maßgebend. Dies setze sich dann bis zur Nachhaftung auch nach Ende der Mitgliedschaft gem. § 19 der Satzung fort. Aufgrund der der HDN von allen Mitgliedern gemeldeten Versicherungsfälle, deren Regulierung auch teilweise schon begonnen habe, sei mit der für die Rückstellungsbildung hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 zu rechnen gewesen.

Der Eintritt des Schadenfalls sowie der Eintrittszeitpunkt (Schadenjahr) seien bekannt. Auch die Punktzahl und die Beteiligungsziffer jedes Mitglieds für das jeweilige Schadenjahr seien bereits unveränderlich festgesetzt. Zudem sei die Verpflichtung des Mitglieds, hieraus Schadenaufwendungen zu zahlen, über die Verpflichtung gegenüber der HDN fest entstanden. Lediglich die genaue Höhe des Schadens sei unsicher, was insbesondere im Hinblick auf Personen- und etwaige Folgeschäden in der Natur der Sache liege.

Die Frage einer Abzinsungspflicht werde in diesem Verfahren nicht mehr in Frage gestellt.

Aufgrund der Mitgliedschaft der X in dem HDN sei von Beginn an klar, dass der Rückstellungsbedarf für das einzelne Mitgliedsunternehmen nicht nach dem Volumen der nach der individuellen Schadensituation des einzelnen Mitgliedsunternehmens errechenbaren Rückstellung zu bemessen sei, sondern auf der Basis der Satzung der HDN nach der Quote des Mitglieds am Gesamtschadenausgleich entsprechend den eingegangenen Abreden. Soweit das FA die Berechtigung der Rückstellung dem Grunde und der Höhe nach nicht materiell angreife, sondern deren mangelnde Überprüfbarkeit rüge, sei dieses nicht gerechtfertigt und stelle keinen Grund dafür dar, die Rückstellung steuerlich nicht zu berücksichtigen.

Der Berichterstatter hat der Klägerin mit richterlicher Verfügung vom 12.06.2015 aufgegeben, die Höhe der streitbefangenen Rückstellung darzulegen und zum Nachweis hierfür geeignete Unterlagen vorzulegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf die Verfügung (Bl 86 GA) Bezug genommen.

Die Klägerin hat daraufhin ergänzend Folgendes vorgetragen:

1. Für jeden offenen Schadenfall werde eine Einzelrückstellung gebildet. Wie derartige Rückstellungen bei der HDN gebildet würden, ergebe sich aus der Richtlinie für den Schadenbereich Version 2.6 Stand 01.05.2015 Seiten 27 ff. (Anlage K1 zum Schriftsatz vom 16.07.2015).

Neben den Einmalschäden existiere eine größere Anzahl an Rentenfällen, die nach den in der Richtlinie festgestellten Grundsätzen kapitalisiert würden. Die Liste der Rentenfälle gebe die jährlich zu zahlende Summe wieder, nicht den Rentenbarwert (Anlage K2).

2. Die Summe aus Einzelrückstellungen und kapitalisierten Rentenrückstellungen ergäben gerundet eine Gesamtsumme aller Rückstellungen i.H.v. netto … € bzw. brutto (inklusive Versicherungssteuer) … € (Anlage K3 „HDN 2007 Haftpflichtrückstellungen im Jahresabschluss 2007, S. 1/2 und 257/258“).

In der Aufstellung werden die Einzelrückstellungen und kapitalisierten Rentenrückstellungen aller Haftpflichtschäden aller Mitglieder aufgelistet. Aufgeführt sei auch die Summe der Rückstellungen pro Mitglied pro Unfalljahr und für die Zeit der Mitgliedschaft insgesamt.

3. In den hieraus abgeleiteten inhaltlich identischen Listen (Anlage K3a - K3c) würden die Schäden auf die einzelnen Mitgliedsunternehmen gruppiert. Für die X (Mitgliedsnummer 569) seien auf den Seiten 222 - 224 eigene Haftpflichtschäden i.H.v. insgesamt … € brutto verzeichnet.

4. Die zum 31.12.2007 errechneten Rückstellungen betrügen somit für die X 205.178 € brutto und für alle Mitglieder … € brutto (Anlage K4).

5. Sodann würden die Einzelrückstellungen und kapitalisierten Rentenrückstellungen nach Unfalljahren gruppiert und aufsummiert. Die Rückstellungssummen pro Unfalljahr zum 31.12.2007 (Datei K5) ergäben addiert notwendigerweise erneut die Bruttorückstellungen i.H.v. … €. In concreto ergebe sich eine nicht mehr aufklärbare Differenz von 2.000 €. Grundlage für die Berechnung der künftigen Umlageverpflichtung gegenüber den Mitgliedern sei die Bruttosumme von … € geworden.

Diese Summe sei auf die einzelnen Mitglieder heruntergebrochen worden. Jedes Mitglied werde nur an den Rückstellungen der Unfalljahre beteiligt, in dem es Mitglied der HDN gewesen sei und Betriebsleistungen erbracht habe. Die X sei für den Zeitraum 2001 bis 2007 im Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2007 an den Rückstellungen beteiligt gewesen.

6. Verteilungsmaßstab sei das Verhältnis der Punkte des einzelnen Mitglieds zu den Gesamtpunkten aller Mitglieder im jeweiligen Unfalljahr. Die Berechnung sei daher pro Unfalljahr vorzunehmen. Teile man die Rückstellungen aller Mitglieder für das Unfalljahr 2007 i.H.v. … € durch diese Punktzahl, erhalte man eine Pro-Punktbelastung von 0,825238949000 €. Um zu ermitteln, mit welchem Anteil die X an den Rückstellungen der Gemeinschaft im Unfalljahr 2007 beteiligt gewesen sei, multipliziere man die 1.107 Punkte des Mitglieds in 2007 mit der Pro-Punktbelastung und erhalte … € (vgl. Anlage K6).

Diese Rechnung sei für jedes Unfalljahr gesondert vorgenommen worden, in dem die X Mitglied der HDN gewesen sei. Die in jedem Jahresabschluss festgestellten Punkte blieben auch in späteren Geschäftsjahren für dieses Unfalljahr unverändert. Für die Klägerin ergebe sich daraus eine Gesamtrückstellungssumme i.H.v. … €. Dies sei der errechnete Rückstellungsbetrag, der von der HDN der X aufgegeben worden sei.

7. Wegen der Ermittlung der Punktwerte der Jahre 2001 - 2007 wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juli 2015 Ziff. 7 (Bl. 93 - 97 GA) Bezug genommen.

8. Die künftigen Umlageverpflichtungen seien der X mit Schreiben vom 31.12.2007 mitgeteilt worden. Dabei betrugen 100 % der künftigen Umlageverpflichtung einschließlich Versicherungssteuer … €. Zum 31.12.2007 seien hiervon 40 %, mithin … €, eingefordert worden. Da in den Vorjahren insgesamt bereits … € eingezahlt worden seien, seien keine weiteren Zahlungen zu diesem Stichtag zu erbringen gewesen. Die zu diesem Zeitpunkt nicht von der HDN eingeforderten Teilrückstellungen für künftige Umlageverpflichtungen i.H.v. … € seien von der Klägerin nach handelsrechtlichen Grundsätzen abgezinst in der Bilanz zu passivieren gewesen.

Unter Berücksichtigung einer Laufzeit von 4,8 Jahren, auf den sich die Beteiligten während der Außenprüfung verständigt hätten, und unter Anwendung eines interpolierten Vervielfältigers von 0,77352 ergäbe sich ein abgezinster Rückstellungsbetrag in Höhe … €.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Klägerin zur Höhe der Rückstellung wird insofern auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juli 2015 (Bl. 90 - 98 GA) nebst Anlagen (gesonderte Heftung, nicht paginiert) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 vom 21. Juni 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2014 mit der Maßgabe zu ändern, dass für die so genannte Umlageverpflichtung gegenüber der HDN eine abgezinste Schadenrückstellung in Höhe von … € berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Da die X für die von ihr verursachten Schäden nach § 2 Abs. 2 PflVG selbst einzustehen habe, sei die Rückstellung aufzuteilen in eine Rückstellung für noch nicht abgewickelte eigene Schadenfälle und in eine Rückstellung für Umlageverpflichtungen der X gegenüber der HDN bzw. deren Mitglieder für die Schäden, die von anderen Verkehrsbetrieben (Mitgliedern der HDN) zu verantworten seien. Für erstere sei eine Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorzunehmen, der kompensatorisch Ausgleichsansprüche gegenüber der HDN bzw. deren Mitglieder gegenzurechnen seien. Die X habe aber lediglich den von der HDN mitgeteilten (nicht prüfbaren) Betrag übernommen. Was die von anderen Verkehrsbetrieben verursachten Schäden anbelange, beschränke sich die Verpflichtung der Klägerin darauf, ihren Umlagebeitrag an die HDN zu leisten. Insofern halte das FA an seiner im Einspruchsbescheid dargelegten Rechtsauffassung fest.

Mit Schriftsatz vom 9. September 2015 hat der Beklagte ergänzend Folgendes vorgetragen:

Die HDN sei nicht ein rechtsfähiger Verein und damit eine selbstständig körperschaftsteuerpflichtige Körperschaft (§ 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG -), die gem. § 4 Abs. 1 EStG eine eigene Gewinnermittlung vorzunehmen habe. Hierdurch ergebe sich ein gesonderter Bilanzierungskreis, in dem die Verpflichtungen zur Schadenabwicklung darstellbar seien. Aus Sicht der HDN-Mitgliedsunternehmen ändere sich hierdurch die Richtung ihrer Verpflichtungen: Zivilrechtlich bestünden eine Schadenersatzverpflichtung gegenüber dem Geschädigten, die grundsätzlich rückstellungsfähig sei. Steuerrechtlich ergebe sich ein zusätzlich zu berücksichtigender Vorteil aus dem Erstattungsanspruch an die - selbstständig zu behandelnde - HDN. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von Ansprüchen Geschädigter sei daher für die HDN-Mitglieder zu verneinen. Dass die Erstattungsansprüche gegen die HDN geeignet seien, als zukünftige Vorteile bei der Rückstellungsbewertung Berücksichtigung zu finden, ergebe sich aus der analogen Anwendung der Rechtsprechung zu Versorgungskassen (BFH-Urteile vom 5. April 2006 I R 46/04, BStBl II 2006, 688; und vom 8. Oktober 2008 I R 3/06, BStBl II 2010, 186) sowie dem hierzu ergangenen BMF-Schreiben vom 26. Januar 2010 IV C 6-S 2176/07/1005 (BStBl I 2009, 138).

Im Rahmen der steuerlichen Bewertung der zivilrechtlichen Verpflichtung zur Schadenregulierung sei die Rückstellungsbildung damit nicht möglich.

Anstelle der Rückstellung für Schadenersatzverpflichtungen trete die Verpflichtung, die HDN als Solidargemeinschaft zukünftig mit notwendigen Mitteln zur Abwicklung des anteiligen Gesamtschadenaufkommens zu versorgen. Hierbei handele es sich um eine Beitragsverpflichtung. Da die Satzung der HDN eine Beitragsentstehung (nicht: Fälligkeit von entstandenen Beiträgen) erst vorsehe, wenn sich durch die Schadenregulierungen eine Unterdeckung des ihr zur Verfügung gestellten Kapitals ergebe, fehle es für die Beitragsrückstellung an dem notwendigen Vergangenheitsbezug. Die Unterdeckungen entstünden erst zukünftig. Auf die Rechtsprechung des BFH zur Umlagefinanzierung und die eingehende Betrachtung durch das FG Münster (Urteil vom 26. August 2008 9 K 1660/05 K, EFG 2008, 1942; bestätigt durch BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BStBl II 2010, 614) werde verwiesen.

Die Klagebegründung umgehe die Unterschiede zwischen Schaden- und Beitragsrückstellung, indem sie den Verwendungszweck künftiger Beitragszahlungen auf Ebene der HDN mit dem rechtlichen Hintergrund der Beitragsverpflichtung gleichsetze. Es bestünden jedoch erhebliche Unterschiede zwischen der Bilanzierung von Beitragsrückstellungen und Schadenrückstellungen. Neben den unterschiedlichen Entstehungszeitpunkten von Beitrags- und Schadenersatzverpflichtungen ergäben sich andere Kapitalisierungsberechnungen und weitere Besonderheiten aus möglicherweise wählbaren Spezialregelungen zu Schadenrückstellungen (vgl. § 20 KStG; BMF-Schreiben vom 16. August 2000, BStBl I 2000, 1218; BMF-Schreiben vom 12. Juli 2005, BStBl I 2005, 818; BMF-Schreiben vom 5. Mai 2000, BStBl I 2000, 487). Daher sei es geboten, die Verpflichtung von Mitgliedsunternehmen und HDN zu trennen und neben den Haftungsfragen laut BGB auch die Auswirkungen der HDN-Satzung auf die verschiedenen Verpflichtungen sowie die bilanzsteuerlich vorhandene Abgrenzung zwischen der HDN und ihren Mitgliedern zu würdigen.

Zur Höhe der Rückstellung erhebt der Beklagte folgende Einwendungen:

Aus den eingereichten Unterlagen seien die Berechnungsgrundlagen nicht in der erforderlichen Tiefe ersichtlich. Insbesondere fehlten aussagekräftige Angaben zur Ermittlung der Einzelrückstellungen.

Angaben zur Berechnung der Einzelrückstellungen ergäben sich aus der Arbeitsanweisung zur Rückstellungsbildung. Hiernach seien evtl. steuerlich unzulässige Parameter in die Kapitalisierungsberechnung implementiert:

 

Ab dem Geschäftsjahr 2013 werde mit einem Zinsfuß von 4 % kapitalisiert; für das Streitjahr fehle eine Information.

 

Verdienstausfälle würden geschlechterunabhängig bis zum 69. Lebensjahr kapitalisiert, um einen Rentenkürzungsschaden zu kompensieren.

 

Die Dynamisierungszuschläge in Höhe von bis zu 50 % (zukünftige Inflationsausgleiche) würden berücksichtigt. Diese konnten lt. Seite 42 der Anlage betragen.

 

Die Bruttorückstellungen beinhalteten 19 % Versicherungssteuern, die bei der Bewertung einer Schadenrückstellung nicht zum Tragen komme dürfe.

Nach alldem würde die Rückstellungsberechnung einer steuerlichen Beurteilung höchstwahrscheinlich nicht standhalten.

Da die steuerliche Würdigung der eingereichten Unterlagen Sachverhalte betreffe, die sich bei der HDN konkretisierten, sollte die steuerliche Beurteilung der auf die (zurzeit 460) Mitglieder verteilten Rückstellungsbeträge zweckmäßigerweise im Rahmen einer gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 2 AO erfolgen. Eine Bewertung der anteiligen Rückstellungen auf Ebene jedes einzelnen Mitglieds könnte anderenfalls zu einer Vielzahl unterschiedlicher Ergebnisse für die zu verteilende Gesamtverpflichtung führen.

Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 16.10.2015 Folgendes repliziert:

Maßgebend sei, dass Primärschuldnerin gegenüber dem jeweiligen Geschädigten das jeweilige Mitgliedsunternehmen sei. Allenfalls dann, wenn man eine Sekundärverpflichtung der HDN gegenüber dem Geschädigten sehe, käme eine zeitgleiche zusätzliche Rückstellung bei dieser in Betracht. Diese sei aber durch die Aktivierung einer entsprechenden Forderung gegenüber dem jeweiligen Mitgliedsunternehmen auszugleichen. Die Pflicht zur Rückstellungsbildung bei dem jeweiligen Mitgliedsunternehmen, also auch der Klägerin, bleibe hiervon unberührt.

Unstreitig bestehe bei der Klägerin zivilrechtlich eine Schadenersatzverpflichtung gegen den Geschädigten, die rückstellungsfähig sei. Nach Auffassung des Beklagten solle sich ein zu berücksichtigender Vorteil aus dem Erstattungsanspruch an die - selbstständig zu behandelnde - HDN ergeben, so dass die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von Ansprüchen Geschädigter auf der Ebene der Mitgliedsunternehmen insgesamt zu verneinen sei. Der Ansatz sei unzutreffend: Richtig sei nur, dass durch die Ausgleichssystematik des HDN-Verfahrens die Höhe der Schadenrückstellung definiert werde. Gleichwohl bleibe es bei der Schadentragung durch das Mitgliedsunternehmen; HDN übernehme keinen Schaden.

Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus der tatsächlichen Abwicklung der Schäden. Die Klägerin befriedige die Ansprüche Dritter aus den eigenen Haftpflichtschäden zunächst selbst. Soweit die Klägerin reguliere, rechne sie den monatlichen Schadenaufwand, der oberhalb des Selbstbehaltes liege, mit der HDN ab und erhalte ihn erstattet. Selbst wenn man den Einwendungen des Beklagten folge, ergebe sich daraus nicht dessen Konsequenz: Soweit die Klägerin ihre Aufwendungen für eigene Haftpflichtschäden von der HDN ersetzt erhalte, könne sie die Rückstellungen für unerledigte eigene Schäden nicht passivieren, da Ausgleichsansprüche der HDN ihren Verpflichtungen gegenüberstehe. Insofern werde auch nicht passiviert. Der Beklagte gehe in seinem Schriftsatz jedoch nicht darauf ein, dass die Klägerin aus den unerledigten Haftpflichtschäden der Gemeinschaft bereits mit deren Schadeneintritt verpflichtet sei, diese in einer unveränderlichen prozentualen Höhe mitzutragen. Diese anteiligen Verpflichtungen aus unerledigten Haftpflichtschäden in Höhe der aus der Arithmetik der Gemeinschaft resultierenden Beträge würden von der Klägerin bilanziert. Die HDN diene nur als Verteilungsmechanismus, welche die Schäden aller Mitglieder anteilig auf das einzelne Mitglied verteile. Die HDN hafte selbst nicht im Außenverhältnis gegenüber den Geschädigten. Der Beklagte will aus diesem Abrechnungsansatz ableiten, es handele sich quasi „kameralistisch“ um eine Umlage und nicht eine Schadenreserve. Dies sei jedoch unzutreffend. Um es knapp darzustellen, sei das Verfahren nichts anderes als die Eindeckung des Risikos bei einem Erstversicherer der einerseits mit den Mitgliedsunternehmen eine Rückversicherung abschließe, so dass die Lastentragung durch die Zusammenfassung der Risiken und dann erneute Aufteilung nach der dargestellten Quotierung bei den Mitgliedsunternehmen stattfinde. Für das einzelne Mitgliedsunternehmen sei daher eine Schadenreserve im Hinblick auf die Quote des Gesamtrisikos (Schadeneintritt) im jeweiligen Jahr zu bilden. Die umfänglich dargestellte Berechnung durch den HDN belege, dass es sich um eine Schadenreserve für die bereits eingetretenen Schäden durch die in diesem Jahr am Verteilungsverfahren beteiligten Mitgliedsunternehmen gehe, also mitnichten um eine Umlage für künftige Schäden.

Die Klägerin müsse die Verpflichtungen gegenüber der HDN mit dem Bruttobetrag passivieren, da diese Verpflichtung versicherungssteuerpflichtig sei und die Versicherungssteuer Aufwand darstelle. Der Umstand der Versicherungspflicht beruhe darauf, dass die Finanzverwaltung der Auffassung sei und dies auch aus dem Gesetz ableite, dass der Erstattungsanspruch der HDN gegenüber den Mitgliedsunternehmen Versicherungscharakter habe und daher versicherungssteuerpflichtig sei. Diese eigenständige versicherungssteuerliche Betrachtung spiele für die Beurteilung der als Schadenreserve zurückzustellenden Beträge keine Rolle und beruhe nur darauf, dass die Abwicklung in einem gesetzlich vorgegebenen Segment des kommunalen Schadenausgleichs stattfinde, in dem keine anderweitige Erstversicherung eingreife mit der Folge, dass diese Erstattungsansprüche der HDN als Versicherungsentgelt gewertet und der Versicherungssteuer unterworfen würden. Ob dies zutreffe, könne dahinstehen; ebenso könne dahinstehen, ob es zutreffend sei, dass eine Passivierung als Teil der Schadenreserve erfolge oder es richtiger wäre, diesen Aufwand ergänzend als eigene Rückstellung zu nennen. All dies habe mit der hier relevanten Rechtsfrage, dass Mitgliedsunternehmen eine Schadenreserve zu bilden hätten, nicht zu tun.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Schriftsatz vom 16.10.2015 (Bl. 117 - 122 GA) Bezug genommen.

Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung im Hinblick auf bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die tatsächlichen Berechnungsgrundlagen der streitbefangenen Rückstellung eine tatsächliche Verständigung in der Weise getroffen, dass die Klägerin – ihre Berechtigung zur Bildung der Rückstellung dem Grunde nach vorausgesetzt – der Höhe nach zu einer Rückstellung von 90% des von der Klägerin begehrten Rückstellungsbetrages in Höhe von … € brutto (also einschließlich Versicherungssteuer) berechtigt war. Dabei umfasst die tatsächliche Verständigung der Beteiligten ausweislich ihrer Prozesserklärungen ausdrücklich nicht die Rückstellungsfähigkeit der Versicherungssteuer.

Aus den Gründen

I. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 vom 21. Juni 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2014 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

Zu Unrecht hat der Beklagte in der Bilanz auf den 31.12.2007 eine Rückstellung für künftige Umlageverpflichtungen der X gegenüber der HDN für solche Haftpflichtschadenfälle nicht berücksichtigt, die sich (durch Realisierung von Betriebsgefahren der Fahrzeuge der X und der anderen Mitglieder der HDN) bis zum 31.12.2007 ereignet hatten und die zum 31.12.2007 noch nicht vollständig reguliert waren. Der Höhe nach war die X, deren Gesamtrechtsnachfolgerin die Klägerin geworden ist, berechtigt, in der Bilanz auf den 31.12.2007 eine abgezinste Schadenrückstellung in Höhe von … € zu passivieren.

1. a) Gemäß § 8 Abs. 1 des KStG i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hatte die X in ihrer Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. HGB.

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder – erstens - das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder – zweitens - die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer - ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen - Verbindlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614; vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30. Januar 2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516).

b) Nach diesen Maßgaben lagen am Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für die streitbefangenen Umlageverpflichtungen vor.

Die Umlageverpflichtungen der X gegenüber der HDN für solche Haftpflichtschadenfälle, die sich (durch Realisierung von Betriebsgefahren der X und der anderen Mitglieder der HDN) bis zum 31.12.2007 ereignet hatten und die zum 31.12.2007 noch nicht vollständig reguliert waren, waren zum Bilanzstichtag dem Grunde nach entstanden.

Eine entsprechende Ausgleichsverpflichtung der X ergab sich aus § 4 der Satzung der HDN i.V.m. §§ 8 ff der Anlage 1 zur Satzung. So beinhaltete § 4 der HDN-Satzung die allgemeine Regelung für alle Geschäftszweige der HDN – neben dem streitbefangenen Bereich der Haftpflichtversicherung die Bereiche der Kraftfahrzeugkasko- und der Insassenunfallversicherung -, dass die notwendigen Finanzmittel von den Mitgliedern in einem Umlageverfahren erhoben werden. Die Einzelheiten des Regelungswerkes des Umlageverfahrens für den streitbefangenen Bereich der Haftpflichtversicherung sind in der Anlage 1 zur HDN-Satzung „Bedingungen für die Haftpflichtversicherung“ und dort insbesondere in den §§ 8 ff normiert. Nach § 8 der Anlage 1 zur Satzung wird der Haftpflichtschadenaufwand einschließlich der Versicherungssteuer und der Kosten einer etwaige Rückversicherung auf die Mitglieder für jedes in die Mitgliedzeit fallende Unfalljahr nach dem Verhältnis der Betriebsleistungen des einzelnen Mitgliedes zu den Betriebsleistungen aller Mitglieder umgelegt. Im Einzelnen werden die Umlagen entsprechend § 9 der Anlage 1 zur Satzung nach einem sehr komplexen, die unterschiedlichen Betriebsleistungen der Mitglieder in dem Geschäftsjahr, für das die Umlagen erhoben werden, sehr differenziert abbildenden Maßstab bemessen. Der Umfang der Umlageverpflichtung jedes Mitgliedes wird, wie sich aus § 11 der Anlage zur Satzung ergibt, am Ende eines jeden Geschäftsjahres festgestellt. Dabei umfasst diese Feststellung sowohl die Feststellung der quotalen Beteiligung jedes Mitgliedes für den Haftpflichtschadenumfang eines jeden Mitgliedsjahres als auch die Feststellung der Höhe der voraussichtlichen anteiligen Umlagenverpflichtung, der bis 31. Dezember des Geschäftsjahres entstandenen, aber noch nicht vollständig abgewickelten Haftpflichtschäden.

Damit waren alle Merkmale des Tatbestandes der Umlageverpflichtung in Bezug auf die von der HDN der X per 31.12.2007 in dem Schreiben der HDN vom 31.12.2007 (bei der X eingegangen am 06.03.2008) mitgeteilten und zum Gegenstand dieses Verfahrens gemachten Umlageverpflichtung in Höhe von … € für Haftpflichtschäden, die bis zum 31.12.2007 eingetreten waren, am 31.12.2007 erfüllt.

Der Umstand, dass die in § 11 der Anlage zur Satzung als „Rückstellungen“ bezeichneten offenen Umlagenverpflichtung der X (und der anderen Mitglieder) nicht in voller Höhe von der HDN einzufordern waren – so betrugen die offenen, nicht im Vorauszahlungswege angeforderten Umlageverpflichtungen der X nach den Berechnungen der HDN zum 31. Dezember 2007 nominal … € -, ändert zur Überzeugung des Senats nichts daran, dass die Umlageverpflichtung der X für Haftpflichtschäden, die die sich bis zum 31.12.2007 ereignet hatten und die zum 31.12.2007 noch nicht vollständig reguliert waren, zum Bilanzstichtag bereits entstanden waren. Insbesondere erforderte das Entstehen der Umlageverpflichtung nicht deren Fälligkeit.

Der Vergangenheitsbezug der Umlageverpflichtungen für Haftpflichtschäden abgeschlossener Geschäftsjahre wird schließlich durch die Regelung in § 19 der Satzung verdeutlicht, wonach die Mitgliedsrechte und -pflichten aus den vor Ende der Mitgliedschaft eingetretenen Schadenereignissen auch über das Ende der Mitgliedschaft bestehen bleiben. So behält ein ausgeschiedenes Mitglied seinen Ausgleichsanspruch, ist aber andererseits weiter an Schadenzahlungen für offene Haftpflichtschäden dieser Unfalljahre beteiligt.

Der Höhe nach war die Verbindlichkeit ungewiss, da die endgültige Höhe der bis zum 31.12.2007 entstanden, aber noch nicht vollständig abgewickelten Haftpflichtschäden am Bilanzstichtag noch nicht endgültig feststand.

Die der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit war auch den abgelaufenen Wirtschaftsjahren zuzuordnen. Die Verbindlichkeit war deshalb in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht, weil sie auf Unfällen beruhte, die bis zum 31.12.2007 durch den Betrieb von Fahrzeugen der X bzw. anderer Mitglieder der HDN verursacht worden waren. Da die Schäden zum Bilanzstichtag 31.12.2007 noch nicht vollständig reguliert worden waren, lag zwar ein künftiger Aufwand vor, der jedoch den Erträgen zuzuordnen ist, die die X bis zum 31.12.2007 erzielt hat. Insofern bestand eine Verknüpfung mit dem betrieblichen Geschehen des abgelaufenen Wirtschaftsjahres.

Diese der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit war auch betrieblich veranlasst, da die Mitgliedschaft der X in der HDN betrieblich veranlasst war, und die X musste ernsthaft mit ihrer Inanspruchnahme rechnen.

Zur Überzeugung des Senates ist die X auch berechtigt gewesen, zum 31.12.2007 eine Rückstellung für die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 1 zur Satzung von der Umlageverpflichtung mit umfasste Versicherungssteuer in Höhe von 19% auf den offenen, zurückliegende Geschäftsjahre betreffenden Haftpflichtschadenaufwand zu bilden. Zwar entsteht die von der Finanzverwaltung auf den von der HDN abgewickelten Haftpflichtschadenaufwand erhobene Versicherungssteuer ausweislich des § 5 Abs. 1 des Versicherungssteuergesetzes 2007 in der Regel nach vereinnahmten Entgelten und daher nicht vor Vereinnahmung durch die HDN. Aber die Umlageverpflichtung der X umfasste ausweislich des § 8 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 1 zur Satzung auch die Versicherungssteuer und der Vergangenheitsbezug gilt für die Versicherungssteuer gleichermaßen wie für die Umlageverpflichtung auf den Netto-Haftpflichtenschadenaufwand. So hängt die Versicherungssteuer als Aufwand für die Abwicklung von Haftpflichtschäden der Wirtschaftsjahre bis 2007 aus Sicht der Klägerin wirtschaftlich unmittelbar mit ihren Dienstleistungen der Wirtschaftsjahre bis 2007und damit mit deren Erträgen zusammen.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die X zum Bilanzstichtag 31. Dezember dem Grunde eine Rückstellung für ihre Umlageverpflichtung gegenüber der HDN einschließlich der auf den Haftpflichtschadenaufwand entfallende Versicherungssteuer bilden durfte.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des BFH vom 27. Januar 2010 I R 102/08 (BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614), auf das sich der Beklagte beruft. Der BFH hat in dieser Entscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für künftige Sanierungsgelder an die Versorgungskasse des Bundes und der Länder (VBL) zum Bilanzstichtag 31.12.2001 verneint hat, weil im Entscheidungsfall - erstens - die Verbindlichkeit noch nicht entstanden sei und - zweitens - es der dem Grunde nach ungewissen Verbindlichkeit an dem notwendigen Vergangenheitsbezug fehle; der wirtschaftliche Zeck der Sanierungsgelder - so der BFH - bestehe darin, bei der VBL nach dem Bilanzstichtag entstehende Finanzierungslücken entsprechen dem Regelungswerk einer nach dem Bilanzstichtag geänderten Satzung zu schließen.

Soweit die Beklagte gegen die Rückstellungsberechtigung der X einwendet, die HDN unterliege als selbständiges Körperschaftssteuersubjekt der Körperschaftsteuer und sei daher zur Bildung einer Rückstellung für künftige Haftpflichtschadenansprüche berechtigt, greift dieser Einwand – offensichtlich von der Befürchtung eines doppelten Abzuges des Aufwandes getragen – nicht durch. Zum einen können der Berechtigung der X zur Bildung der streitbefangenen Rückstellung nicht die – unbekannten - steuerlichen Verhältnisse Dritter entgegen gehalten werden. Zum anderen hätte die HDN – zur Überzeugung des Senates - bei der Bewertung einer solchen Rückstellung künftige Vorteile, die mit der Erfüllung einer Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG wertmindernd zu berücksichtigen, so dass im Ergebnis die Umlageverpflichtungen aller Mitglieder der HDN auf entstandene, aber noch nicht vollständig abgerechnete Haftpflichtschäden gegenzurechnen wären.

Soweit darüber hinaus die X Dritten gegenüber verpflichtet war, Schadensersatz für Haftpflichtschäden zu leisten, die durch ihre eigenen Fahrzeuge in dem Zeitraum für bis zum 31.12.2007 verursacht und die zum Bilanzstichtag 31.12.2007 noch nicht vollständig abgerechnet waren, ist die X nicht zur Bildung einer weiteren Rückstellung berechtigt. Zwar bestand insofern ebenfalls eine der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit. Aber bei der Bewertung von Rückstellungen sind künftige Vorteile, die mit der Erfüllung einer Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG wertmindernd zu berücksichtigen. Dementsprechend sind die Schadensersatzverbindlichkeiten der X kompensatorisch um die in gleicher Höhe bestehende Ersatzpflicht aller Mitglieder der HDN (einschließlich der X) zu mindern.

Danach war die X in der Bilanz auf den 31. Dezember 2007 dem Grunde nach zur Bildung einer Rückstellung für die offenen Umlageverpflichtungen zu bilden.

2. Der Höhe nach haben sich die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wege einer tatsächlichen Verständigung – wegen der bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die tatsächlichen Berechnungsgrundlagen der streitbefangenen Rückstellung – darauf verständigt, dass die X der Höhe nach zu einer Rückstellung von 90% der von der Klägerin beanspruchten … €, mithin in Höhe von … € brutto (also einschließlich Versicherungssteuer) berechtigt war. Dabei umfasste die tatsächliche Verständigung der Beteiligten ausweislich ihrer Prozesserklärungen ausdrücklich nicht die Rückstellungsfähigkeit der Versicherungssteuer, da die Beteiligten insofern unterschiedlicher Auffassung über den Vergangenheitsbezug der Versicherungssteuer auf die Umlagenverpflichtung waren.

Danach bedurfte es zur Höhe des Rückstellungsbetrages keiner weiteren Feststellungen des Senates. Die Beteiligten haben sich zulässigerweise im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung zur Beseitigung von Unsicherheiten in Bezug auf das Vorliegen tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen unter gegenseitigem Nachgeben widerstreitenden Auffassungen wirksam auf einen Rückstellungsbetrag von … € brutto bzw. … € netto geeinigt. Da die Versicherungssteuer auf die Umlageverpflichtung zur Überzeugung des Senates - wie oben dargestellt - zum 31. Dezember 2007 rückstellungsfähig ist, ist nach alledem die Klägerin berechtigt, in der Bilanz der X auf diesen Bilanzstichtag … € als Rückstellung zu passivieren.

II. Der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 ist dementsprechend auf folgenden geänderten Betrag festzustellen:

 

 

Verbleibender Verlustvortrag bisher (B. vom 21. Juni 2013):

… €

 

 

Minderung des Gesamtbetrage der Einkünfte 2007

   

Rückstellung Umlageverpflichtung laut Urteil:

… €

 

abzüglich Rückstellung Umlageverpflichtung bisher

-… €

 

Minderung

… €

… €

 

 

Verbleibender Verlustvortrag laut Urteil:

… €

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Danach waren die Kosten den Beteiligten anteilig - entsprechend dem Verhältnis ihres Obsiegens zum Unterliegen - aufzuerlegen. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin zunächst eine Erhöhung der streitbefangenen Rückstellung um … € begehrte.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

 

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