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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
25.02.2010
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Rechnungsabgrenzungsposten auch bei Bearbeitungsgebühren für öffentlich geförderte Darlehen

FG Köln, Urteil vom 12.11.2009 - 13 K 3803/06, Rev. eigelegt (Az. BFH I R 7/10)

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten anlässlich der Auszahlung von Darlehen gezahlte Bearbeitungsgebühren durch die Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten - ARAP - auf die Laufzeit der Darlehen zu verteilen.

Die Klägerin ist eine im Jahre 2000 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Handel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen aller Art. Sie wurde für die beiden Streitjahre zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß zu Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und den entsprechenden Verlustfeststellungen veranlagt. Der Körperschaftsteuerbescheid 2001 vom 27. November 2003 wies eine Körperschaftsteuer von ... € aus, der verbleibende Verlust wurde mit ... € festgestellt. Die Körperschaftsteuer 2002 wurde mit Bescheid vom 26. Mai 2004 auf ... € festgesetzt. Ein verbleibender Verlust wurde nicht mehr festgestellt. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Der Gewerbesteuermessbetrag 2001 wurde zunächst entsprechend der Körperschaftsteuerfestsetzung ohne Berücksichtigung nicht nachgewiesener Spenden (... DM) mit ... € festgesetzt. Obwohl die Spenden nach Beibringung der Spendenbescheinigungen bei der Körperschaftsteuer berücksichtigt wurden, unterblieb eine Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - ohne dass dafür eine Begründung aus den Akten ersichtlich wäre. Der Gewerbesteuermessbetrag 2002 wurde auf ... € festgesetzt. Ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust ergab sich in keinem der beiden Streitjahre. Der Gewerbesteuermessbescheid 2001 erging endgültig, der Bescheid für 2002 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheide Bezug genommen.

Im Jahr 2005 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung u.a. für die Streitjahre statt. Im Rahmen der Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Umfinanzierung der Gründungskosten für ein Möbelhaus in der M-Straße in P (ursprüngliches Finanzierungskonto Nummer ...) drei öffentlich geförderte Kredite über die P Bank aufgenommen hatte.

Mit dem Konto Nr. ... (Darlehen I) nahm die Klägerin einen Kredit von ... DM auf. Der Zinssatz betrug 7,25%. Er war festgeschrieben bis zum 30. September 2006. Ausweislich des Kreditangebotes war weder ein Disagio noch ein Bearbeitungsentgelt vereinbart. Diesem Darlehen lag eine Kreditgewährung durch die Investitionsbank H mit einer 40%igen Haftungsfreistellung zu Grunde.

Mit dem Konto Nr. ... (Darlehen II) nahm die Klägerin einen Kredit von ... DM auf. Der Zinssatz betrug 4,85%. Er war festgeschrieben bis zum 31. März 2011. Ausweislich des Kreditangebotes war kein Disagio, aber ein Bearbeitungsentgelt von 4% vereinbart. Das Bearbeitungsentgelt sollte einmalig anfallen und nicht laufzeitabhängig sein. Diesem Darlehen lag eine Kreditgewährung durch die D zu Grunde.

Mit dem Konto Nr. ... (Darlehen III) nahm die Klägerin einen Kredit von ... DM auf. Der Zinssatz betrug 5,6%. Er war festgeschrieben bis zum 30. September 2010. Ausweislich des Kreditangebotes war kein Disagio, aber ein Bearbeitungsentgelt von 4% vereinbart. Das Bearbeitungsentgelt sollte einmalig anfallen und nicht laufzeitabhängig sein. Diesem Darlehen lag eine Kreditgewährung durch die Investitionsbank H mit einer 40%igen Haftungsfreistellung zu Grunde.

Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung hatte die Klägerin die Bearbeitungsentgelte von ... DM und ... DM als sofort abziehbare Betriebsausgaben geltend gemacht. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Bearbeitungsgebühren laufzeitabhängig abzugrenzen seien. Er berechnete Gesamtlaufzeiten von 120 Monaten für das Darlehen II und 114 Monaten für das Darlehen III und zu den jeweiligen Bilanzstichtagen der Jahre 2001 und 2002 verbleibende Laufzeiten von 111 bzw. 99 Monaten für das Darlehen II und von 105 beziehungsweise 93 Monaten für das Darlehen III. Er bildete deshalb aktive Rechnungsabgrenzungsposten von ... DM und ... DM für das Jahr 2001 und in Höhe von ... DM bzw. ... DM für das Jahr 2002. Die rechnerische Richtigkeit ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Dies führte zu einer Erhöhung des Jahresüberschusses 2001 in Höhe von ... DM und zu einer Verminderung des Jahresüberschusses 2002 um ... DM.

Die Betriebsprüfung endete mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 27. Oktober 2005, mit dem der Prüfer an den dargestellten Feststellungen und der entsprechenden rechtlichen Würdigung festhielt sowie weitere zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits nicht umstrittene Änderungen der Bemessungsgrundlagen vornahm. Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ unter dem 31. Januar 2006 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer 2001 und 2002, mit denen die Körperschaftsteuer auf ... € für 2001 und auf ... € für 2002 festgesetzt wurde. Der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf die Stichtage 31. Dezember 2001 und 2002 betrug weiterhin ... €.

Der Gewerbesteuermessbescheid 2001 wurde unter dem 21. Februar 2006 entsprechend gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO - geändert. Der Messbetrag wurde auf ... € festgesetzt. Aus dem Bescheid zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes kann ersehen werden, dass weiterhin eine Kürzung gem. § 9 Nr. 5 GewStG für die zwischenzeitlich nachgewiesenen Zuwendungen i.S. des § 8 Nr. 9 GewStG in Höhe von ... DM unterblieben ist. Ein vortragsfähiger Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2001 wurde weiterhin nicht festgestellt. Der Gewerbesteuermessbetrag 2002 wurde mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 21. Februar 2006 auf ... € festgesetzt.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenen Einsprüchen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - zur Verpflichtung von Banken zur anteiligen Erstattung von Disagien bei der Durchreichung zinsverbilligter Kredite aus öffentlichen Förderungsprogrammen vertrat sie die Auffassung, dass die Bearbeitungsgebühren den laufzeitunabhängigen Darlehensnebenkosten zuzuordnen und daher im Jahr der Verausgabung zu Recht in voller Höhe ertragswirksam erfasst worden seien. Dementsprechend seien die Bearbeitungsentgelte bei der Bank auch in voller Höhe als Einnahme verbucht und nicht passiv abgegrenzt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsbegründungen verwiesen.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 24. August 2006 als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg und des Bundesfinanzhofs - BFH - hielt der Beklagte an der Auffassung fest, dass es sich bei den Bearbeitungsgebühren um typische Vorleistungen an Stelle laufender Zinszahlungen handele, die nach der zitierten Rechtsprechung aktiv abzugrenzen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der fristgerecht erhobenen Klage. Mit ihr hält sie an der Auffassung fest, dass die vom Beklagten herangezogene Rechtsprechung der Finanzgerichte auf den Streitfall nicht anwendbar sei, weil es sich in keinem der entschiedenen Fälle um zinsverbilligte Kredite aus öffentlichen Finanzierungsprogrammen gehandelt habe. Anders als bei normalen Darlehen stünden bei öffentlichen Krediten Nominalzins und Bearbeitungsgebühr nicht in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Klägerin habe nicht die Wahl gehabt, entweder niedrigere Bearbeitungsgebühren und höhere Zinsen oder alternativ höhere Bearbeitungsgebühren und niedrigere Zinsen zu vereinbaren. Ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Nominalzins und Bearbeitungsgebühren liege nicht vor. Außerdem sei im Kreditvertrag eindeutig die Bearbeitungsgebühr als laufzeitunabhängig vereinbart worden.

Zwischenzeitlich habe die Klägerin durch Umfinanzierung die öffentlich geförderten Kredite zurückgezahlt. Die Bearbeitungsgebühren seien ihr aber nicht, auch nicht zeitanteilig, erstattet worden. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BGH, der in den Entscheidungen aus den Jahren 1992 und 1993 schlüssig dargelegt habe, weshalb in vergleichbaren Fällen Disagien oder Bearbeitungsgebühren nicht auf die Laufzeit zu verteilen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung der angefochtenen Bescheide die Bearbeitungsentgelte bezüglich der Darlehen über ... DM und über ... DM im Streitjahr 2001 in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen und bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages die nachgewiesenen Spenden steuermindernd zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Spenden bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages 2001 steuermindernd berücksichtigt werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er vertritt die Auffassung, dass unabhängig von der zivilrechtlichen Betrachtung Bearbeitungsgebühren bei der Kreditgewährung auf den Zinsfestschreibungszeitraum aktiv abzugrenzen seien. Es handle sich um typische Vorleistungen anstelle laufender Zinszahlungen, die grundsätzlich auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen seien. Die immer gegebene Möglichkeit vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses habe keine Auswirkung auf die Bildung eines Rechnungsabgrenzungsposten.

Auch aus der Rechtsprechung des BFH, wonach bei der Bildung des Rechnungsabgrenzungspostens für ein Disagio gegebenenfalls auf einen gegenüber der Darlehenslaufzeit kürzeren Zinsfestschreibungszeitraum abzustellen sei, könne die Berechtigung des Beklagten zum Ansatz des ARAP abgeleitet werden. Denn es bestünde kein grundlegender Unterschied zwischen einem Disagio und den Bearbeitungsgebühren.

Im Streitfall sei augenfällig, dass die Bank sich in den Fällen der Darlehen II und III Bearbeitungsgebühren ausbedungen habe, was zu wesentlich niedrigeren Zinssätzen als bei dem Darlehen I geführt habe.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

Aus den Gründen

Die Klage ist teilweise begründet. Soweit der Beklagte die Spenden bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages nicht gemäß § 9 Nr. 5 GewStG gekürzt hat, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach § 9 Nr. 5 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um die aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleisteten Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher oder als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke im Sinne des § 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - oder des § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - bis zur Höhe von insgesamt 5 v.H. des um die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 9 GewStG erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb oder 2 vom Tausend der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter gekürzt.

Danach ist im Streitfall die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen von ... DM um die gemäß § 8 Nr. 9 GewStG hinzugerechneten Spenden von ... DM zu kürzen. Die Klägerin hat die Spenden aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleistet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und vom Beklagten im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung nach Vorlage der Spendenbescheinigung auch ordnungsgemäß durch Kürzung

gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG und im Rahmen der Gewerbesteuerveranlagung durch die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 9 GewStG berücksichtigt worden.

Der Betrag von ... DM ist auch geringer als 2 ‰ der Summe der Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne von ... DM plus ... DM.

Da die Nichtberücksichtigung der Spenden bei der Berechnung der Kürzungsbeträge nach dem GewStG augenscheinlich auf einem Versehen des Beklagten beruht und insoweit, wie sich aus dem eingeschränkten Klageabweisungsantrag des Beklagten ergibt, kein Streit zwischen den Beteiligten besteht, verzichtet der Senat auf weitere Ausführungen.

Die weitergehende Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die angefochtenen Bescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO bzw. § 35b GewStG zum Nachteil der Klägerin geändert, soweit diese die Bearbeitungsgebühren im Zusammenhang mit den beiden streitbefangenen Krediten in vollem Umfang als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt und von dem Ansatz aktiver RAP Abstand genommen hat.

Die formellen Voraussetzungen für eine Änderung der streitbefangenen Bescheide liegen unstreitig vor. Der Körperschaftsteuerbescheid und die Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnte daher jederzeit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert werden, soweit die materiellen Voraussetzungen für eine Änderung vorlagen. Die Anpassung des Gewerbesteuermessbescheides und des Bescheides über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes konnte gemäß § 35b GewStG erfolgen, ohne dass es darauf ankam, dass die Bescheide zuvor endgültig ergangen waren. Die Angabe einer evtl. fehlerhaften Korrekturnorm (hier § 173 AO) ist nach ständiger Rechtsprechung irrelevant (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2005 VIII R 68/04, Bundessteuerblatt -BStBl - II 2005, 762 unter II. 2.a m.w.N.).

Auch die materiellen Voraussetzungen für eine Änderung der streitbefangenen Bescheide lagen vor. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 und 5 EStG i. V. m. § 250 des Handelsgesetzbuches - HGB - zum Ausweis der streitbefangenen ARAP verpflichtet war.

Nach § 250 HGB sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Ist der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf nach § 250 Abs. 3 HGB der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommenen werden.

Die handelsrechtliche Verpflichtung des § 250 Abs. 1 HGB gilt über § 5 Abs. 1 EStG auch für die Steuerbilanz. Die Regelung in § 5 Abs. 5 Nr. 1 EStG bestimmt mit Ausnahme des Aktivierungswahlrechtes in § 250 Abs. 3 HGB, ebenfalls, dass als RAP auf der Aktivseite (nur) Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, anzusetzen sind. Es besteht daher ein steuerliches Aktivierungsgebot (vgl. Federmann in Herrmann /Heuer /Raupach, EStG, § 5 Rdnr. 1954 m. w. N.).

Der aktive RAP setzt grundsätzlich voraus, dass einer Vorleistung des Kaufmanns eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des Vertragspartners gegenüber steht (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262). Dies setzt eine zumindest qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung voraus, die einem Wertverzehr unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 18/06, BFHE 216, 572, BStBl II 2007, 697; BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 IV R 96/06, BFHE 225, 144, BStBl II 2009, 781).

Bei Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze zur Auslegung des § 5 Abs. 5 EStG im Hinblick auf Nebenkosten der Kreditgewährung, hier insbesondere Bearbeitungsgebühren, kommt der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zur zivilrechtlichen Beurteilung von Nebenkosten der Kreditgewährung im Zusammenhang mit Krediten aus öffentlichen Förderprogrammen (vgl. BGH-Urteile vom 12. Mai 1992 XI ZR 258/91, Neue juristische Wochenschrift - NJW - 1992, 2286; und vom 19. Oktober 1993 XI ZR 49/93, NJW 1994, 47) zu der abschließenden Überzeugung, dass die im vorliegenden Verfahren streitigen Bearbeitungsgebühren bei wirtschaftlicher Betrachtung Vorleistungen darstellen, die die Klägerin für die Gewährung der Darlehen zu leisten hatte.

Entsprechend der Auffassung des Beklagten kommt es bei der Entscheidung dabei abschließend auf die wirtschaftliche, nicht die zivilrechtliche Verknüpfung an.

Die Beantwortung der Frage, was als zeitbezogene Gegenleistung anzusehen ist, hängt nach der Rechtsprechung des BFH weniger von der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung und Beurteilung der Verträge als von dem wirtschaftlichen Gehalt der mit der Darlehensgewährung zusammenhängenden Leistungsvorgänge ab. Wenn Kreditinstitute bei der Gewährung von Darlehen von dem Darlehensschuldner neben den vereinbarten Zinsen noch weitere Leistungen, wie z.B. (Bearbeitungs-)Gebühren verlangen, so handelt es sich hierbei wirtschaftlich betrachtet ebenso wie bei den Zinsen regelmäßig um Vergütungen für die Überlassung des Darlehenskapitals (BFH, BStBl II 1978, 262 unter 1.a) der Urteilsgründe m.w.N.). Wie der BFH (a. a. O.) ausgeführt hat, sind Darlehensgeschäfte als einheitliche Geschäfte zu betrachten. Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Darlehensgläubiger und dem Darlehensschuldner aus einem Darlehensvertrag können nicht derart in mehrere Einzelgeschäfte aufgeteilt werden, dass der Darlehensgläubiger z.B. die Beschaffung, die Auszahlung und die zeitliche Überlassung des Kapitals jeweils für sich getrennt schuldet und der Darlehensschuldner dementsprechend für jede dieser Einzelleistungen ein gesondertes Entgelt zu leisten hätte. Auch wenn die Vertragsparteien eines Darlehensgeschäftes vereinbaren, dass der Darlehensschuldner dem Darlehensgläubiger die bei der Beschaffung, Auszahlung und/oder Überlassung des Kapitals entstehenden Unkosten ganz oder teilweise sofort nach ihrer Entstehung in einem einmaligen Betrag zu erstatten hat, so bildet diese Zahlung trotzdem nur einen Bestandteil des Gesamtentgelts für die Überlassung des Kapitals. Dabei ist es unerheblich, ob derartige Sonderzahlungen des Darlehensschuldners nach der Höhe und/oder der Laufzeit des Darlehenskapitals oder unabhängig hiervon nach den tatsächlich entstandenen Kosten bemessen werden.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats gilt dies grundsätzlich auch für öffentlich geförderte Kredite. Der Senat sieht im Ergebnis keine so gravierenden Abweichungen, die ein Abgehen von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise für öffentlich geförderte Kredite allgemein rechtfertigen könnten. Zwar hat die Klägerin nach den Erkenntnissen des Senats zutreffend ausgeführt, dass der Kreditnehmer bei öffentlich geförderten Krediten regelmäßig nicht die Wahl habe, entweder niedrigere Bearbeitungsgebühren und höhere Zinsen oder alternativ höhere Bearbeitungsgebühren und niedrigere Zinsen zu vereinbaren. Dies ist vielmehr durch die Förderbanken vorgegeben. Andererseits unterscheiden sich die öffentlich geförderten Kredite nicht grundlegend von den sonstigen Kreditangeboten privater Banken. Auch die öffentlich-rechtlichen Förderbanken geben in ihren Informationen über die Konditionen für Endkreditnehmer neben der Auszahlungsquote den Nominal- und den Effektivzins an. Auch insoweit wird über die möglichen zivilrechtlichen Gestaltungen hinweggesehen und entsprechend den Vorgaben in § 6 Preisangabenverordnung ein effektiver Jahreszins ausgewiesen, gleichgültig wie die zivilrechtlichen Vereinbarungen im Einzelfall aussehen.

Soweit die Klägerin vorträgt, ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Nominalzins und Bearbeitungsgebühren liege bei öffentlich geförderten Krediten nicht vor, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dagegen spricht, dass im Streitfall das zu 100% ausgezahlte Darlehen I einen wesentlich höheren Zinssatz aufweist, als die Darlehen II und III, bei denen jeweils ein Bearbeitungsentgelt von 4% einbehalten wurde. Dagegen spricht weiterhin, dass nach den Allgemeinen Bestimmungen für Mittelstandskredite, die aus allgemein zugänglichen Quellen ersehen werden können (zum Beispiel im Internetauftritt der NRW-Bank), die Bearbeitungsentgelte unter anderem eine Risikoprämie für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung der Kredite enthalten. Demgegenüber weist die D - D - (vgl. Internetauftritt der D-Mittelstandsbank, Glossar) darauf hin, dass Kredite, die zu 100% ausgezahlt wurden, in der Regel nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorfristig getilgt werden können. Eine wechselseitige Abhängigkeit der verschiedenen Komponenten der Kreditkonditionen ist daher durchaus auch bei öffentlich geförderten Krediten festzustellen.

Bei Zugrundelegung der vom BFH in seiner kontinuierlichen Rechtsprechung begründeten wirtschaftlichen Betrachtungsweise war die Zahlung der Bearbeitungsentgelte im Streitfall eine Vorleistung für zeitbezogene Gegenleistungen, die für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag zu erbringen waren.

Im Streitfall sind die von der P Bank erhobenen Bearbeitungsentgelte wirtschaftlich als Bestandteil des jeweiligen Entgelts für die Überlassung der Darlehen anzusehen. Die mit der Darlehensgewährung verbundene Verwaltungsarbeit der P Bank war nicht Gegenstand eines besonderen, vom Darlehensvertrag losgelösten Dienstleistungsvertrages. Die P Bank hat die entsprechenden Darlehen gewährt. Sie ist nicht nur als Vermittlerin einer etwaigen Darlehensgewährung durch die D oder die Investitionsbank des Landes H - H-Bank - tätig geworden. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Kreditverträge, die die P Bank als Darlehensgeberin ausweisen (so ausdrücklich jeweils Textziffer 5 der Verträge). Auch die Sicherheiten waren der P Bank zu stellen, nicht den refinanzierenden öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten (z.B. KfW). Dieses Verständnis der Verträge entspricht auch den Allgemeinen Bestimmungen der D und der H-Bank.

Die Zahlungen erfolgten auch zeitraumbezogen. Aus dem Zusammenspiel von tilgungsfreier Zeit zu Beginn des Darlehens und den in Textziffer 4 der Verträge vorgegebenen halbjährlichen Rückzahlungsbeträgen ergibt sich, dass eine volle Tilgung der Darlehen bis zum Ablauf der Zinsbindungsfristen erfolgen sollte. Auf Grund dieser Kombination ist ungeachtet der Tatsache, dass eine Laufzeit nicht ausdrücklich nach Jahren bemessen worden ist, die Vertragsdauer genau zu berechnen. Dies ist nach der vom Senat geteilten herrschenden Meinung (vgl. BFH a. a. O.; Schreiber in Blümich, EStG, § 5 Rdnr. 682; ausführlich zu den verschiedenen Auffassungen Federmann in Herrmann /Heuer/ Raupach, EStG, § 5 Rdnr. 1926a) hinreichend für die Annahme einer genügend bestimmten Zeitbezogenheit.

Die Tatsache, dass im Streitfall aufgrund der zivilrechtlichen Abreden im Falle einer außerplanmäßigen Tilgung des Kredites eine auch nur anteilige Erstattung der Bearbeitungsgebühren ausgeschlossen war, führt nach der abschließenden Überzeugung des erkennenden Senats nicht zu einer abweichenden Entscheidung.

Der Senat folgt insoweit zunächst den Ausführungen der Klägerin zu den zivilrechtlichen Grundlagen. Auch wenn die allgemeinen Bedingungen der öffentlich-rechtlichen Förderbanken für das Jahr 2001 im Verlaufe des Verfahrens nicht vorgelegt worden sind, hat der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit des entsprechenden Vorbringens. Die vorgetragenen Konditionen entsprechen denen, die sich aus den aktuell veröffentlichten Allgemeinen Bestimmungen (Textziffer 5) der öffentlich-rechtlichen Förderbanken ergeben. Entsprechende Bedingungen lagen bereits den Entscheidungen der Finanzgerichte Baden-Württemberg (Urteil vom 13. November 2002 2 K 314/01, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2003, 379 zum Veranlagungszeitraum 1996) und Nürnberg (Urteil vom 29. Januar 2003 III 185/2001, juris zum Veranlagungszeitraum 1997) zu Grunde. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass zwischenzeitlich insoweit erhebliche Änderungen der Konditionen stattgefunden hätten.

Im Anwendungsbereich des § 5 EStG bzw. des § 250 Abs. 3 HGB ist die zivilrechtliche Regelung aber nicht abschließend entscheidungserheblich; nach Wortlaut und Zweck der Regelung in § 5 Abs. 5 Satz 1 gibt es für RAP keine Beschränkung auf Vorleistungen im Rahmen gegenseitiger synallagmatischer Verpflichtungen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (vgl. Federmann in Herrmann /Heuer/ Raupach, EStG, § 5 Rdnr. Rdnr. 1925a; Schreiber in Blümich, EStG, § 5 Rdnr. 680, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH). Auch das Finanzgericht Nürnberg (a. a. O.) vertritt zu einer vergleichbaren Fallkonstellation die Auffassung, dass es bei bilanzierenden Steuerpflichtigen auf die zivilrechtliche Beurteilung nicht ankomme (Nichtzulassungsbeschwerde mit BFH-Beschluss vom 31. Januar 2005 VIII B 93/03, BFH/NV 2005, 894 als unzulässig verworfen).

Wenn man berücksichtigt, dass Bearbeitungsgebühren wirtschaftlich regelmäßig Bestandteil des Gesamtentgelts für die Überlassung des Kapitals für die gesamte Laufzeit des Darlehens darstellen, führte eine abweichende Entscheidung auf der Basis der zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dazu, dass es den Vertragsparteien möglich wäre, RAP nach ihrem jeweiligen Interesse zu gestalten. Die durch die jahrelange kontinuierliche Rechtsprechung des BFH gewonnene Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gingen verloren. Dafür sieht der erkennende Senat trotz der tendenziell anderen Rechtsprechung des BGH zur Vertragsauslegung bei öffentlich geförderten Krediten keine durchgreifenden Argumente.

Weiter ist zu beachten, dass sowohl nach den Allgemeinen Bestimmungen der D und der H-Bank als auch nach dem Vorbringen der Klägerin die Bearbeitungsentgelte zumindest teilweise Risikoprämien für die Möglichkeit der außerplanmäßigen Tilgung der Kredite darstellen (Eine entsprechende Betrachtung liegt auch der Entscheidung des BGH, NJW 1994, 47 unter II. 2. zu Grunde).

Der BFH (BFH/NV 2005, 894) hat insoweit ausgeführt, dass auch derartige Risikoprämien für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung von Darlehen nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen grundsätzlich laufzeitbezogene Leistungen seien, da sich das Risiko der vorzeitigen Tilgung über die gesamte Laufzeit des Darlehens erstrecke. Auch das Finanzgericht Baden-Württemberg (a. a. O.) hat bzgl. derartiger Risikoprämien ausgeführt, dass ein derartiger Leistungsaustausch weder rechtlich noch wirtschaftlich von dem gesamte Darlehensvertrag abgespalten werden könne. Dem schließt sich der erkennende Senat für das vorliegende Verfahren an.

Auf der Basis der insoweit durchgreifenden wirtschaftlichen Betrachtung erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die von der Klägerin an die P Bank gezahlten Bearbeitungsentgelte im Rahmen aktiver RAP abzugrenzen als dem Grunde nach rechtmäßig.

Hinsichtlich der Berechnung der aktiven RAP besteht kein Streit zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits. Eine Überprüfung durch den erkennenden Senat hat ebenfalls nicht zur Feststellung rechnerischer Fehler geführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die zutreffende Behandlung öffentlich geförderter Kredite stellt ein Massenphänomen dar, für das durch eine Leitentscheidung des Bundesfinanzhofs Rechtsklarheit geschaffen werden sollte.

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