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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.09.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Prüfung des Vorliegens einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung bei Veräußerungsabsicht

FG Münster, Urteil vom 27.6.2008 - 9 K 3138/06 K,G

Leitsatz (der Redaktion)

Bei konkreter Absicht zur Veräußerung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens ist zur Prüfung des Vorliegens einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung und damit der Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung keine Typisierung der Restnutzungsdauer anhand der AfA-Reihen des § 7 Abs. 4, 5 EStG vorzunehmen, sondern auf die einzelfallabhängige voraussichtliche Nutzungsdauer im Unternehmen abzustellen.

Sachverhalt

Streitig ist auch im zweiten Rechtszug noch, ob die Wertminderung eines Grundstücks als „voraussichtlich dauerhaft" anzusehen ist und damit die Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilwertabschreibung erfüllt sind.

Gegenstand der Klägerin, einer GmbH, ist das Verpacken von ............ ihre alleinige Gesellschafterin ist die X. I. Holding B.V.

Im Jahr 1990 errichtete die Klägerin auf einem ihr gehörenden Grundstück in W1., P.-Straße (Grundstück 1), ein Betriebsgebäude. Die AfA nahm sie in der Folgezeit degressiv nach § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG 1990 vor. Das Gebäude wurde in den Jahren 1996 und 1998 erweitert; die Klägerin aktivierte insoweit nachträgliche Herstellungskosten. Im Streitjahr 2000 kam es zu einer weiteren Hinzuaktivierung im Umfang von ...... DM, die nach dem Vorbringen der Klägerin die nachträgliche Erfüllung von Brandschutzauflagen betrifft. Insgesamt beliefen sich die Herstellungskosten des Gebäudes auf ......... DM.

Weil dieses Gebäude trotz der Erweiterungen zu klein geworden war, erwarb die Klägerin am 28.3.2000 ein weiteres Gewerbegrundstück im selben Gewerbegebiet (W1., M.-Straße 01 Grundstück 2). Sie errichtete darauf ein Betriebsgebäude, das im Sommer 2001 fertiggestellt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Grundstück 1 unverändert betrieblich genutzt. Am 14.1.2005 verkaufte die Klägerin das Grundstück 1 für ........ Euro netto.

In ihrem am 23.3.2001 erstellten Jahresabschluss für das Jahr 2000 nahm die Klägerin auf den Bilanzansatz für das Gebäude 1 eine Teilwertabschreibung von .......... DM vor. Dabei legte sie für das Gesamtobjekt einen Teilwert von ....... DM zugrunde, ließ aber die Bilanzansätze für den Grund und Boden (......... DM) und die Außenanlagen (..... DM) unverändert und minderte nur den Ansatz für das Gebäude.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung berücksichtigte das FA die Teilwertabschreibung in den angefochtenen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden über die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags 2000 vom 30.10.2002 nicht mehr. Zur Begründung führte das FA - im Anschluss an das BMF-Schreiben vom 25.2.2000 - IV C 2 - S 2171 b - 14/00 (BStBl. I 2000, 372, BB 2000, 1029) - aus, es handle sich nicht um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung, weil der Teilwert nicht während der Hälfte der restlichen Nutzungsdauer unter dem planmäßig fortgeschriebenen Buchwert liege. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Der erkennende Senat hat der Klage im ersten Rechtszug stattgegeben (Urteil vom 14.1.2005 - 9 K 1564/03, EFG 2005, 683, BB 2005, 1106). Er hat damals die Auffassung vertreten, abweichend von dem genannten BMF-Schreiben genüge bei langlebigen Wirtschaftsgütern eine Prognose über die Wertentwicklung der nächsten fünf Jahre. Zudem sei für Zwecke der Vergleichsrechnung auch der Teilwert um planmäßige AfA zu mindern.

Auf die Revision des FA hat der BFH das erstinstanzliche Urteil aufgehoben (BFH-Urteil vom 14.3.2006 - I R 22/05, BStBl. II 2006, 680, BB 2006, 1737 mit BB-Komm. Schlotter, BB 2006, 1730). Er hat sich der Konkretisierung des Rechtsbegriffs „voraussichtlich dauernde Wertminderung" durch das BMF-Schreiben angeschlossen und die Sache an das FG zurückverwiesen, weil noch tatsächliche Feststellungen zu den Teilwerten der drei einzelnen Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, Außenanlagen) erforderlich waren. Ferner hat er ausgeführt, der Streitfall biete keine Veranlassung zu prüfen, ob eine andere Beurteilung dann angebracht sei, wenn der Steuerpflichtige belege oder glaubhaft mache, dass das Wirtschaftsgut künftig seinen Buchwert nicht erlösen werde (a. a. O., unter II.2., letzter Absatz).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Teilwert bei Zugrundelegung der sich aus der angewendeten AfA-Reihe ergebenden typisierten Restnutzungsdauer nicht für die erforderliche Zeit unterhalb des planmäßig fortgeschriebenen Buchwerts liegt.

Im zweiten Rechtszug hat das FA das Berechnungsblatt vorgelegt, auf dem die Klägerin die Höhe der Teilwertabschreibung ermittelt hat. Darauf findet sich der folgende - vom Steuerberater und heutigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin erstellte - handschriftliche Vermerk: „Tel C. 23-3-01, ZZt ganz schlechte Rahmenbedingungen, Industriegrundstücke sehr schlecht verkäuflich, Verkaufpreis max ... - ...' „. Der in dem Vermerk als Auskunftsperson genannte Herr U. C. ist als Makler bei der örtlichen Niederlassung der Sparkassen-Immobilien GmbH tätig. Im Anschluss daran ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass der erzielbare Verkaufspreis für das Gesamtgrundstück zum Bilanzstichtag mit ....... DM anzusetzen war und die Teilwerte der Einzelwirtschaftsgüter sich wie folgt ergeben:

- Grund und Boden:........ DM,

- Gebäude: ......... DM,

- Außenanlagen: ..... DM.

Die Klägerin behauptet im zweiten Rechtszug - unter Beweisantritt sowie Vorlage einiger Unterlagen -, sie habe sich bereits im Jahr 2000 zur Veräußerung des Grundstücks 1 entschlossen, weil es zu klein und überflüssig geworden sei. Ihr Steuerberater habe ihr zur Verbesserung der Bilanzstruktur zu einer Veräußerung geraten. Sie hat ferner den von ihrem Architekten gefertigten Entwurf eines Schreibens an die Stadt (Verkäuferin des Grundstücks 2) vom 13.1.2000 vorgelegt, in dem es heißt: „Der Altbestand soll verkauft oder vermietet werden. Erste Gespräche mit Herrn C. ... erscheinen erfolgversprechend." Nach Erörterung der vorgelegten Unterlagen ist zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug unstreitig geworden, dass die Klägerin zum Bilanzstichtag 31.12.2000 zur Veräußerung des - absehbar nach einem Zeitraum von sechs weiteren Monaten nicht mehr benötigten - Grundstücks 1 innerhalb eines Zeithorizonts von zwei Jahren entschlossen war.

Zu der Bedeutung des im ersten Rechtszug ergangenen BFH-Urteils - insbesondere hinsichtlich der Ausführungen unter II.2. letzter Absatz jenes Urteils - vertritt die Klägerin die Auffassung, der BFH habe nur deshalb nicht geprüft, ob sich eine andere Beurteilung ergeben könne, weil keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden seien.

Während des Klage- bzw. Revisionsverfahrens sind am 20.3.2003 und am 11.1.2006 geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2000 ergangen, die die hier streitige Frage jedoch nicht betreffen.

Die Klägerin beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 11.1.2006 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20.2.2003 den Gewerbesteuermessbescheid vom 30.10.2002 dahingehend zu ändern, dass eine Teilwertabschreibung gewinnmindernd berücksichtigt wird, die von einem Teilwert nur für das Gebäude zum Bilanzstichtag 31.12.2000 vom ....... DM ausgeht,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Es vertritt die Auffassung, der von der Klägerin neu vorgetragene Sachverhalt rechtfertige keine neue rechtliche Beurteilung. Denn die vom BFH verwendete Formel - der Streitfall biete keine Veranlassung zu prüfen, ob eine andere Beurteilung dann angebracht sei, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft mache, dass das Wirtschaftsgut künftig seinen Buchwert nicht erlösen werde - decke auch das neue Tatsachenvorbringen bereits mit ab.

Der Senat hat am 27.6.2007 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist im Umfang des in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Klageantrags begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO), als das FA eine Teilwertabschreibung in der nunmehr begehrten Höhe versagt hat.

            Voraussetzungen für die Teilwertabschreibung bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um die AfA, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge anzusetzen. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).

Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG) sowie des Gewerbesteuermessbetrags (§ 7 S. 1 GewStG).

            Vorliegen einer voraussichtlichen Wertminderung

2. Nach dem im ersten Rechtszug ergangenen BFH-Urteil (BStBl. II 2006, 680, unter II.1.b) ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes den planmäßigen Rest des Buchwerts „während eines erheblichen Teils der Nutzungsdauer im Unternehmen" nicht erreichen wird. Erforderlich ist, dass der Teilwert des Wirtschaftsgutes „während seiner mutmaßlichen Nutzungsdauer im Betrieb" überwiegend unter seinem Buchwert liegt (BFH, a. a. O., unter II.2.).

Anschließend hat der BFH ausgeführt, im Besteuerungsverfahren als Massenverfahren sei es gerechtfertigt, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern auf eine an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichtete Prognose im Einzelfall zu verzichten, sondern typisierend dann von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen, wenn der Teilwert zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt (Verweis auf das BMF-Schreiben in BStBl. I 2000, 372, BB 2000, 1029, Tz. 6). In Tz. 6 des genannten BMF-Schreibens heißt es wiederum, die verbleibende Nutzungsdauer sei bei Gebäuden nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG zu bestimmen.

Indirekt geht aus dem BFH-Urteil auch hervor, dass im Rahmen der erforderlichen Vergleichsrechnung lediglich bei der Fortschreibung des Buchwerts, nicht aber beim Teilwert Minderungen um planmäßige Abschreibungen vorzunehmen sind. Denn der erkennende Senat hatte im ersten Rechtszug erwogen, auch den Teilwert der maßgebenden Vergleichsgröße um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Hätte der BFH sich dieser Erwägung angeschlossen, hätte er die Revision des FA zurückweisen müssen, weil ein um planmäßige Abschreibungen geminderter Teilwert auch nach der Hälfte der sich bei Anwendung des § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG 1990 ergebenden Restnutzungsdauer noch unterhalb des fortgeschriebenen Buchwerts gelegen hätte. Daraus, dass der BFH die Revision des FA für begründet erachtet hat, lässt sich schließen, dass er die genannte Überlegung nicht für durchgreifend hält.

            Neuer Tatsachenvortrag im zweiten Rechtszug zulässig

3. Der erkennende Senat ist im zweiten Rechtszug gemäß § 126 Abs. 5 FGO an die rechtliche Beurteilung des Streitfalls durch den BFH - die er nach nochmaliger Überprüfung auch in der Sache für überzeugend hält - gebunden. Hingegen besteht keine Bindung an die im ersten Rechtszug vom erkennenden Senat festgestellten Tatsachen, die gemäß § 118 Abs. 2 FGO auch im Revisionsverfahren maßgebend waren. Die Beteiligten können im zweiten Rechtszug neue Tatsachen vortragen; das FG kann neue Tatsachenfeststellungen treffen (vgl. BFH-Urteil vom 21.7.1999 - I R 78/98, BFH/NV 2000, 63, unter II.3.a; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 126 FGO Tz. 87, m. w. N.).

Von dieser Möglichkeit zum Vortrag neuer Tatsachen haben sowohl das FA als auch die Klägerin Gebrauch gemacht: Während der erkennende Senat im ersten Rechtszug für die drei Wirtschaftsgüter Grund und Boden, Gebäude und Außenanlagen einen Gesamt-Teilwert von ....... DM festgestellt hatte, hat das FA im zweiten Rechtszug erstmals den Vermerk mit der Maklerauskunft vorgelegt, wonach der Verkaufspreis maximal ....... - ....... DM betrage. Anschließend haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass zum Bilanzstichtag ein Gesamterlös von ....... DM zu erzielen gewesen wäre.

Umgekehrt hatte der erkennende Senat im ersten Rechtszug keinerlei Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin bereits am Bilanzstichtag zur Veräußerung des Grundstücks entschlossen gewesen war und welchen Umfang die „Nutzungsdauer im Unternehmen" aus Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich erreichen würde. Zu diesem Fragenkreis - auf den es dem Senat bei seiner damaligen rechtlichen Beurteilung ersichtlich nicht ankam - ist in den Tatbestand des Senatsurteils lediglich der damalige Klägervortrag aufgenommen worden, das Grundstück sei am 14.1.2005 - dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem FG - für ....... Euro veräußert worden. Ferner heißt es - wiederum nicht als Feststellung, sondern lediglich als Wiedergabe des vom Senat damals weder überprüften noch in anderer Weise gewürdigten Vortrags der Klägerin -, diese habe die Teilwertabschreibung damit begründet, dass die Immobilie im Jahre 2000 betrieblich nicht mehr benötigt worden sei und sich als unverkäuflich erwiesen habe. Dies bezieht sich auf folgenden Satz aus der Klageschrift im ersten Rechtszug (Bl. 3 der Akte 9 K 1564/03): „Die Klägerin schrieb in ihrem Jahresabschluss 2000 eine betrieblich nicht mehr benötigte Immobilie, die sich als unverkäuflich erwies, auf den unstreitigen Teilwert ... ab." Weder in der Einspruchsentscheidung noch in den gesamten gerichtlichen Akten des ersten Rechtszugs einschließlich des Revisionsverfahrens finden sich weitere Ausführungen, die den Schluss darauf zulassen, dass bereits im ersten Rechtszug die Frage einer Veräußerungsabsicht der Klägerin eine Rolle gespielt haben könnte.

Hingegen ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im zweiten Rechtszug unstreitig geworden, dass die Klägerin zum Bilanzstichtag 31.12.2000 zur Veräußerung des Grundstücks 1 innerhalb eines Zeithorizonts von zwei Jahren entschlossen war.

            Neuer Sachvortrag: Es bestand Veräußerungsabsicht

4. Der Senat hat keine Bedenken, diesen nunmehr übereinstimmenden Sachvortrag der Beteiligten seiner Überzeugungsbildung (§ 96 FGO) zugrunde zu legen.

Zwar lassen sich aus dem Umstand, dass die Klägerin das Grundstück 1 am 14.1.2005 tatsächlich veräußert hat, für sich genommen weder Rückschlüsse für noch gegen das Bestehen einer Veräußerungsabsicht am Bilanzstichtag ziehen. Denn ein zeitlicher Abstand von mehr als vier Jahren ist zu lang, um aus einem später objektiv eingetretenen Ereignis Rückschlüsse auf vorhandene Absichten am Bilanzstichtag ableiten zu können.

Jedoch gründet sich die Überzeugung des Senats - neben dem übereinstimmenden Beteiligtenvorbringen - zunächst darauf, dass die Klägerin bereits mehr als ein halbes Jahr vor dem Bilanzstichtag mit der Errichtung eines auf ihre betrieblichen Bedürfnisse zugeschnittenen Gebäudes auf dem Grundstück 2 begonnen hatte. Der gesamte tatsächliche Ablauf war darauf gerichtet, das zu klein gewordene und keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr bietende Grundstück 1 kurzfristig durch das Grundstück 2 zu ersetzen. Der Betrieb der Klägerin zeichnete sich durch eine kontinuierliche Ausweitung des Geschäfts aus, die bereits in den Jahren 1996 und 1998 erhebliche Erweiterungen des auf dem Grundstück 1 befindlichen Betriebsgebäudes erforderlich gemacht hatte, obwohl dieses Gebäude bei Vornahme dieser Erweiterungen noch relativ neu war. Nur zwei Jahre nach der letzten Erweiterung war der Platzbedarf wiederum derart angewachsen, dass eine Fortsetzung des Betriebs auf dem Grundstück 1 nicht möglich war. Dass das im selben Gewerbegebiet gelegene, aber mit besseren Erweiterungsmöglichkeiten versehene Grundstück 2 das Grundstück 1 nicht lediglich ergänzen, sondern vollständig ersetzen sollte, zeigt auch der spätere tatsächliche Ablauf, da die Klägerin ihren Betrieb nur ein halbes Jahr nach dem Bilanzstichtag vollständig auf das Grundstück 2 verlagert hat. Anhaltspunkte dafür, dass die kurzfristig erfolgte Beendigung der eigenbetrieblichen Nutzung des Grundstücks 1 auf einem erst nach dem Bilanzstichtag gefassten neuen Entschluss der Klägerin beruhte, sind nicht ersichtlich.

Ferner hat sich die Klägerin am 23.3.2001 - und damit noch vor der Aufstellung der Bilanz zum 31.12.2000 - bei dem ortsansässigen Makler C. nach dem aktuell zu erzielenden Verkaufspreis für das Grundstück 1 erkundigt. Eine solche Anfrage kann aber nur mit einer bestehenden Veräußerungsabsicht erklärt werden.

Auch der Entwurf des Architektenschreibens vom 13.1.2000 - fast ein Jahr vor dem hier maßgebenden Bilanzstichtag - spricht dafür, dass die Klägerin bereits vor dem Ankauf des Grundstücks 2 geplant hatte, das Grundstück 1 zu veräußern. Dies gilt ungeachtet dessen, dass in diesem Schreiben auch von einer eventuellen Grundstücksvermietung die Rede ist und daher allein aus diesem Schreiben noch nicht auf eine unbedingte Veräußerungsabsicht geschlossen werden könnte. Auch der Makler C. - der vor der Aufstellung der Bilanz für das Streitjahr zu der Situation auf dem Grundstücksmarkt befragt worden ist und später tatsächlich an der Veräußerung des Grundstücks 1 mitgewirkt hat - ist in diesem Architektenschreiben bereits erwähnt. Dies spricht dafür, dass der spätere tatsächliche Ablauf weitgehend bruchlos auf den ursprünglichen - am Bilanzstichtag bereits vorhandenen - Planungen fußte.

Ebenfalls bruchlos in dieses Bild fügt sich ein, dass die Klägerin das Grundstück 1 nach der Verlagerung ihres Betriebs auf das Grundstück 2 an einen Dritten zwischenvermietet hat. Denn dieser Mietvertrag war mit einmonatiger Frist zum jeweiligen Monatsende kündbar. Angesichts der vom Vertreter der Klägerin überzeugend dargelegten Schwierigkeiten, das auf die besonderen Verhältnisse der Klägerin zugeschnittene Grundstück 1 wegen der schlechten Marktlage kurzfristig zu einem akzeptablen Preis zu veräußern, stellt eine solche kurzfristig kündbare Zwischenvermietung bis zu einem endgültigen Verkauf ein wirtschaftlich sinnvolles Verhalten dar.

Keine Bedeutung misst der Senat hingegen dem Umstand bei, dass die Klägerin im Jahr 2000 beim Bilanzansatz des Gebäudes 1 eine Nachaktivierung von ...... DM vorgenommen hat. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel daran, dass dieser Betrag - entsprechend dem Klägervorbringen - nicht auf eine nochmalige Erweiterung der produktiv einsetzbaren Nutzfläche des Gebäudes, sondern lediglich auf die Erfüllung von Brandschutzauflagen entfällt. So heißt es in der - in niederländischer Sprache gehaltenen - vorgelegten Rechnung u. a.: „Rookluiken gemonteerd" (= Rauchluken montiert). Hierauf werden Abschlagzahlungen aus dem Jahr 1998 angerechnet, so dass es sogar nahe liegt, dass die baulichen Maßnahme als solche bereits im Jahr 1998 - im Zusammenhang mit der unstreitigen zweiten Erweiterung - durchführt worden ist. Hatte die Nachaktivierung ihre Ursache aber in der Erfüllung von Brandschutzauflagen, dann lässt sie nicht notwendig den Schluss auf die Absicht einer weiteren betrieblichen Nutzung des Grundstücks 1 auch über den Zeitpunkt der Fertigstellung der Bauten auf dem Grundstück 2 hinaus zu. Denn im Zeitpunkt des Erstellens der eingereichten Schlussrechnung benötigte die Klägerin das Grundstück 1 noch ein volles Jahr für ihre Produktion; eine Stilllegung der Produktion für den Fall der Nichterfüllung der Auflagen hätte zu wirtschaftlichen Einbußen geführt, die die Kosten der Erfüllung der Brandschutzauflagen weit überstiegen hätten.

            Voraussichtlich dauernde Wertminderung ist im Streitfall zu bejahen

5. Ausgehend von der rechtlichen Beurteilung des Begriffs der „voraussichtlich dauernden Wertminderung" durch das im ersten Rechtszug ergangene BFH-Urteil und der tatsächlichen Feststellung, dass die Klägerin zum Bilanzstichtag zu einer Veräußerung des Grundstücks 1 innerhalb der nächsten zwei Jahre entschlossen war, ist unter den besonderen - dem Senat erstmals im zweiten Rechtszug bekannt gewordenen - Umständen des Streitfalls eine voraussichtlich dauernde Wertminderung zu bejahen.

            Typisierung der Restnutzungsdauer anhand der AfA-Reihen des § 7 Abs. 4, 5 EStG nur im Regelfall

a) Der Senat versteht das im ersten Rechtszug ergangene BFH-Urteil dahingehend, dass nur für den Regelfall eine Typisierung der Restnutzungsdauer anhand der AfA-Reihen des § 7 Abs. 4, 5 EStG vorzunehmen ist. Im BFH-Urteil selbst ist von diesen AfA-Reihen ohnehin nicht die Rede; ihre Einbeziehung folgt erst aus dem Verweis auf Tz. 6 des BMF-Schreibens in BStBl. I 2000, 372, BB 2000, 1029. In seinen vorangehenden tragenden Erwägungen spricht der BFH aber von einem Vergleich der Werte „während eines erheblichen Teils der Nutzungsdauer im Unternehmen" bzw. „während seiner mutmaßlichen Nutzungsdauer im Betrieb". Auch in Tz. 4 des vom BFH in Bezug genommenen BMF-Schreibens heißt es, grundsätzlich sei von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Wert des Wirtschaftsguts die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils „der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen" nicht erreichen werde.

Auf der Grundlage des im ersten Rechtszug ergangenen BFH-Urteils ist geklärt und für den Senat bindend, dass jedenfalls dann, wenn keine besonderen Anhaltspunkte für eine abweichende Sachverhaltskonstellation vorliegen, die „Nutzungsdauer im Unternehmen", die „mutmaßliche Nutzungsdauer im Betrieb" bzw. die „voraussichtliche Verweildauer im Unternehmen" derjenigen Restnutzungsdauer entspricht, die das Wirtschaftsgut bei Anwendung der typisierten AfA-Reihen des § 7 Abs. 4, 5 EStG hat.

Hingegen hat der Streitfall, so wie er sich dem erkennenden Senat und dem BFH im ersten Rechtszug dargestellt hat, keine Veranlassung geboten, um zu prüfen (vgl. BFH, a. a. O., unter II.2. letzter Absatz), ob bei einer für den jeweiligen Bilanzstichtag festgestellten Veräußerungsabsicht statt der typisierten Restnutzungsdauer der AfA-Reihen lediglich die - kürzere - voraussichtliche tatsächliche Verweildauer im Betrieb für den vorzunehmenden Vergleich zwischen dem gesunkenen Teilwert und dem fortgeschriebenen Buchwert maßgebend ist.

Der erkennende Senat versteht das BFH-Urteil dahingehend, dass in ihm angelegt ist, in derartigen Ausnahmefällen darauf abzustellen, ob der Teilwert den fortgeführten Buchwert während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen tatsächlichen Verweildauer im Betrieb unterschreitet. Dies folgt aus der mehrfachen Verwendung von Begriffen, die auf die betriebsbezogenen Verhältnisse abstellen („Nutzungsdauer im Unternehmen", „mutmaßliche Nutzungsdauer im Betrieb", „voraussichtliche Verweildauer im Unternehmen"). Ferner hat der BFH angeführt, das Vorsichtsprinzip wiege bei abnutzbarem Anlagevermögen ohnehin weniger schwer, weil Verluste im Anlagevermögen regelmäßig nicht in naher Zukunft realisiert und Wertminderungen durch die AfA allmählich wieder aufgeholt werden. Dieser - für den Regelfall zutreffende - Gedanke kann indes dann nicht mehr tragen, wenn das Wirtschaftsgut kurzfristig veräußert werden soll, sich der Verlust also bereits in naher Zukunft realisieren wird.

            Abstellen auf die (einzelfallabhängige) voraussichtliche Nutzungsdauer nur bei hinreichend konkreter Veräußerungsabsicht zum Bilanzstichtag

b) Nach Auffassung des Senats ist es allerdings nur dann gerechtfertigt, auf die (einzelfallabhängige) voraussichtliche Nutzungsdauer im Unternehmen anstatt auf die (typisierte) Restnutzungsdauer nach den AfA-Reihen abzustellen, wenn die Veräußerungsabsicht zum Bilanzstichtag hinreichend konkret ist. Weder genügt eine allgemeine Absicht, das Wirtschaftsgut bei sich bietender günstiger Gelegenheit zu veräußern noch reicht es aus, wenn die Veräußerung lediglich eine Option unter mehreren darstellt. Vielmehr muss die Planung des Steuerpflichtigen - anhand objektiver Umstände erkennbar - primär auf eine Veräußerung des Wirtschaftsguts gerichtet sein.

Dass der Steuerpflichtige hilfsweise - für den Fall, dass eine Veräußerung nicht durchführbar sein sollte - noch eine Alternativplanung verfolgt, hält der Senat hingegen für unschädlich. Auch muss die Veräußerungsabsicht nicht den Grad der „unbedingten Veräußerungsabsicht" im Sinne der Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel erreichen (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 13.8.2002 - VIII R 14/99, BStBl. II 2002, 811, BB 2002, 2058 Ls). Denn an die Feststellung einer unbedingten Veräußerungsabsicht knüpft die Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel sehr weitreichende Rechtsfolgen (Annahme steuerpflichtiger gewerblicher Einkünfte statt nicht steuerbarer privater Vermögensverwaltung, obwohl möglicherweise nur ein einziges Grundstück veräußert worden ist), die mit den in Fällen wie dem vorliegenden in Rede stehenden Rechtsfolgen (Entscheidung über die bereits vorgezogene oder erst nachträgliche Realisierung einer ohnehin eingetretenen Wertminderung) in ihrem Gewicht nicht annähernd vergleichbar sind.

            Dies ist im Streitfall gegeben

c) Im Streitfall waren bei der Klägerin die nach Auffassung des Senats zu stellenden Anforderungen an den erforderlichen Grad und die Konkretheit der Veräußerungsabsicht erfüllt (vgl. die Würdigung unter 4.).

Da aus der Sicht des Bilanzstichtags 31.12.2000 die voraussichtliche Restnutzungsdauer des Grundstücks im Unternehmen der Klägerin noch zwei Jahre betragen hat, ist für den Vergleich mit dem gesunkenen Teilwert der fortgeschriebene Buchwert zur Hälfte dieser Restnutzungsdauer - also der Buchwert zum 31.12.2001 - heranzuziehen. Denn die Hälfte der Restnutzungsdauer ist vom BFH als „erheblicher Teil der Nutzungsdauer im Unternehmen" angesehen worden. Nichts anderes kann gelten, wenn die Nutzungsdauer im Unternehmen - wie hier - ausnahmsweise nicht nach den typisierten AfA-Reihen, sondern nach den konkreten Absichten des Steuerpflichtigen zu bemessen ist.

Zwischen den Beteiligten ist mittlerweile unstreitig geworden, dass die Teilwerte des Grund und Bodens und der Außenanlagen zum Bilanzstichtag nicht unter die jeweiligen Buchwerte (......... DM bzw. ..... DM) gesunken waren und die Wertminderung allein auf das Wirtschaftsgut „Gebäude" entfällt.

Ferner ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass der Teilwert des Gebäudes zum 31.12.2000 - ausgehend von einem erzielbaren Verkaufspreis für das Gesamtgrundstück i.H.v. ....... DM - sich auf ....... DM belaufen hat.

Ausweislich der - von den Beteiligten insoweit nicht in Frage gestellten - Berechnung in Tz. 12 des Bp-Berichts hat der Buchwert des Gebäudes sich zum 31.12.2000 (nach Normal-AfA, aber vor Teilwertabschreibung) auf ....... DM belaufen. Die jährliche AfA beträgt ...... DM. Mindert man den Buchwert von....... DM um den für das Jahr 2001 zu erwartenen Normal-AfA-Betrag von ...... DM, ergibt sich ein fortgeschriebener Buchwert von ....... DM. Dieser liegt noch oberhalb des Teilwerts von ....... DM. Damit wird der Teilwert für mehr als die Hälfte der voraussichtlichen Restnutzungsdauer im Unternehmen unterhalb des fortgeführten Buchwerts liegen.

            Minderung des Gewerbesteueraufwands

6. Die Entscheidung des Senats führt zu einer Minderung des Gewerbesteueraufwands der Klägerin. Dies ist bei der Ermittlung der geänderten Festsetzungen gegenläufig zu berücksichtigen. Die Berechnung der Höhe der Steuer- und Messbetragsfestsetzungen wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 S. 2 FGO).

            Kostenentscheidung und Zulassung der Revision

7. Die Kostenentscheidung nach dem Verhältnis des jeweiligen Unterliegens und Obsiegens - ausgehend von dem im ersten Rechtszug gestellten und bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug aufrecht erhaltenen Klageantrag - beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. § 709 ZPO.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu, weil der BFH bisher nicht über einen Sachverhalt zu entscheiden hatte, in dem der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, dessen Teilwert gesunken war, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums nach dem Bilanzstichtag verkaufen wollte.

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