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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
30.04.2014
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Krisenbestimmtes Darlehen auch bei einfachem Rangrücktritt

FG Köln, Urteil vom 18.3.2014 – 1 K 3127/11

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)
1. Im Anwendungsbereich des § 17 EStG ist es nicht erforderlich, eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der Bilanz der Gesellschaft als Eigenkapital auszuweisen. Der vom BFH verwendete „normspezifische Anschaffungskostenbegriff“ ist dahingehend zu verstehen, dass der Verlust eines kapitalersetzenden Darlehens den Anschaffungskosten der Beteiligung zuzuordnen ist – und zwar unabhängig davon, ob dieses Darlehen in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft als Eigen- oder Fremdkapital auszuweisen ist.
2. Das Kleinanlegerprivileg des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a.F. gilt nicht für solche Darlehen, die vor dem Inkrafttreten der Norm gewährt wurden und deren eigenkapitalersetzende Wirkung vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist.

EStG § 17; HGB § 255

Sachverhalt


Die Beteiligten streiten um die Höhe des Verlustes nach § 17 EStG aus der Veräußerung eines GmbH-Anteils durch den Kläger.


Der Kläger hatte durch notariellen Vertrag vom 22.12.1997 (Urkunden-Nr. 1) an der A GmbH - Gesellschaft für Grundstücksentwicklung mit Sitz in ... B eine Beteiligung von 8,3 % (8.300,- DM von 100 000,- DM Stammkapital) erworben. Der Kaufpreis der Anteile betrug 14 525,- DM. Gleichzeitig wurde im notariellen Vertrag vom ...1997 vereinbart, dass der Kläger eine verdeckte Einlage in Höhe von 21.580,- DM leistet und der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von 83 000,- DM gewährt. Der entsprechende Darlehensvertrag wurde am 8.1.1998 geschlossen, der vereinbarte Zinssatz betrug 5 % jährlich. In § 4 des Darlehensvertrages wurde die Nachrangigkeit der Darlehensforderung gegenüber Forderungen gesellschaftsfremder Gläubiger vereinbart. Die Darlehenszahlung wurde durch den Kläger am 6.1.1998 geleistet. Die Darlehenszinsen für das Jahr 1999 wurden an den Kläger ausgezahlt. Ab dem Jahr 2000 wurden die Zinsen der GmbH gestundet. Durch vertragliche Vereinbarung vom 2.1.2006 wurden sodann Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 55 138,39 Euro erlassen und als Einlage zum Kapital der GmbH gebucht. Hierbei handelte es sich um den Nennbetrag des Darlehens in Höhe von 42 437,23 Euro (= 83 000,- DM) und aufgelaufenen Zinsen der Jahre 2000 bis 2005 in Höhe von 12 731,16 Euro.


Mit Notarvertrag vom ....2007 (Urkunden-Nr. 2) wurden die Anteile des Klägers geteilt und er verkaufte Anteile der GmbH im Nennwert von 4 200,- DM für 252,- Euro. Am ....2008 (Urkunden-Nr. 3) verkaufte der Kläger den verbliebenen Anteil im Nennwert von 4 100,- DM für 246,- Euro.


In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 machte der Kläger einen Verlust gem. § 17 EStG nach Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 31 954,- Euro geltend. Hierbei berücksichtigte der Kläger auch die hälftige Darlehensforderung als nachträgliche Anschaffungskosten, da es sich um ein krisenbestimmtes Darlehen gehandelt habe.


Mit Steuerbescheid vom 16.3.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung eines Verlustes aus § 17 EStG in Höhe von 4 971,- Euro fest. Neben weiteren - hier nicht mehr streitigen - Positionen ließ der Beklagte die hälftigen Darlehensverbindlichkeiten unberücksichtigt. Er vertrat insoweit die Auffassung, dass es sich bei dem Darlehen nicht um ein krisenbestimmtes Darlehen gehandelt habe, da keine qualifizierte Rangrücktrittserklärung erklärt worden sei. Der Darlehensverzicht im Jahre 2006 habe ebenfalls nicht zu Anschaffungskosten geführt, da nach Aktenlage nicht erkennbar sei, dass die Darlehensforderung zum Zeitpunkt des Verzichts noch tatsächlich werthaltig gewesen sei.


In der Einspruchsentscheidung vom 5.9.2011 berücksichtigte der Beklagte schließlich im Hinblick auf zwischenzeitlich eingereichte Nachweise einen Veräußerungsverlust in Höhe von insgesamt 5 495,42 Euro. Hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeit hielt der Beklagte an seiner Auffassung fest, dass das Darlehen nicht zu berücksichtigen sei, allerdings nunmehr mit der Begründung, dass im Januar 1998 gewährte Darlehen erhöhe die Anschaffungskosten der Beteiligung nicht, da der Kläger mit seiner Beteiligung unter das Kleinanlegerprivileg des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. falle und das Darlehen damit keinen eigenkapitalersetzenden Charakter haben könne. Nach wie vor sei davon auszugehen, dass der Darlehensverzicht im Jahr 2006 nicht zu einer verdeckten Einlage geführt habe, da die Darlehensforderung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr werthaltig gewesen sei. Das Darlehen könne daher grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn es bereits zu einem früheren Zeitpunkt Eigenkapitalersatzqualität erlangt habe. Dies sei allerdings bereits im Hinblick auf das Kleinanlegerprivileg des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a.F. nicht möglich. Mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. habe dieses Privileg für alle Kleinanleger gegolten, und zwar auch für einen vor dem 24.4.1998 gewährten Altkredit. Auch die bis zu diesem Zeitpunkt hingegebenen Darlehen seien demgemäß nicht mehr unter das Eigenkapitalersatzrecht gefallen und hätten demnach ihre Funktion als Fremdkapital enthalten.


Mit ihrer Klage begehren die Kläger - nach entsprechender Einschränkung des Klageantrags hinsichtlich der stehen gelassenen Zinsen in Höhe von 6 365,- Euro - die Berücksichtigung des im Jahr 1998 hingegebenen Darlehens im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 21 219,- Euro (hälftiger Nennbetrag) als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung des Klägers an der GmbH. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei das am 24.4.1998 in Kraft getretene Kleinanlegerprivileg auf zuvor gegebene Darlehen nicht anwendbar, mit der Folge, dass das hingegebene Darlehen als eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen bei den nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen sei. Zum einen handele es sich bei dem von ihm gewährten Darlehen um ein Finanzplandarlehen, da die finanzierende Bank, die D Bank, die Kreditvergabe von der Gewährung der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt abhängig gemacht habe. Die entsprechenden Unterlagen lägen dem Gericht vor. Zum anderen sei das Darlehen ohnehin bereits wegen des im Darlehensvertrag erklärten Rangrücktritts als eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren. Gemäß § 4 des Darlehensvertrages habe das Darlehen erstmals zu dem Zeitpunkt gekündigt werden können, in dem alle Gläubiger der Gesellschaft, die nicht Gesellschafter sind, befriedigt worden seien. Auch nach Auffassung der Verwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 21.10.2010, BStBl. I 2010, 832, Nr. 3 d aa) führe eine solche Erklärung zu einer Berücksichtigung des Darlehens als Anschaffungskosten, da ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im Allgemeinen nicht bereit wäre.


Die Kläger beantragen,


den angegriffenen Einkommensteuerbescheid mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Anschaffungskosten der streitigen Beteiligung in Höhe von 21 219,- Euro berücksichtigt werden.


Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Er führt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ergänzend aus, selbst wenn man davon ausginge, dass die Regeln des Eigenkapitalersatzes im Streitfall zur Anwendung kommen, wäre das Darlehen nicht bei den nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen, da der Kläger die Voraussetzungen für die Anerkennung des Darlehens als Finanzplandarlehen nicht ausreichend dargetan habe und das Darlehen auch im Hinblick auf die Rangrücktrittserklärung nicht als eigenkapitalersetzendes Darlehen anzuerkennen sei, da der Kläger keinen - wie in dem BGH-Urteil vom 8.1.2001 - II ZR 88/99 (BB 2001, 430 m. BB-Komm. Wicke, DStR 2001. 175) gefordert - qualifizierten Rangrücktritt erklärt habe.


Aus den Gründen


Begründetheit der Klage


Die Klage ist begründet.


Zu Unrecht hat der Beklagte es abgelehnt, einen weiteren Veräußerungsverlust des Klägers gemäß § 17 Abs. 1, 2 EStG in Höhe des hälftigen Darlehensbetrages zu berücksichtigen.


1. Nach § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb - neben weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen - auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft; Entsprechendes gilt für den Veräußerungsverlust als dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten unterschreitet (§ 17 Abs. 2 S. 1 EStG).


Zu den nachträglichen Anschaffungskosten  einer Beteiligung gehören auch krisenbestimmte Darlehen


a) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 S. 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind. Hierzu gehören nach ständiger Rechtsprechung des BFH Finanzierungshilfen oder Finanzierungsmaßnahmen, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise ein Darlehen gewährt (§ 32 a Abs. 1 GmbHG a. F.) und diese Finanzierungsmaßnahme eigenkapitalersetzenden Charakter hat (sog. funktionales Eigenkapital, z. B. BFH-Urteile vom 13.7.1999 - VIII R 31/98, BStBl. II 1999, 724, BB 1999, 1959 und vom 20.8.2013 - IX R 43/12, BFH/NV 2013, 1783 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn der Gesellschafter es in einem Zeitpunkt (Krise) gewährt, in dem er als ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 25.5.2011 - IX R 54/10, BFH/NV 2011, 2029 m. w. N.). Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, hat das Finanzgericht auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls als Tatfrage zu entscheiden.


Krisenbestimmtes Darlehen


b) Auf die Prüfung, ab wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder Gesellschaftsgläubigern erklärt, dass er das Darlehen auch in der Krise stehen lassen werde. Die Bestimmung des Darlehens zur Krisenfinanzierung kann sich aus den objektiven Umständen der Darlehenshingabe, aber auch aus einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft oder - wie etwa im Falle eines Rangrücktritts - gegenüber der Gesellschaft selbst ergeben, bspw. durch Erklärung im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung. Ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, wäre mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im Allgemeinen zu einer solchen Erklärung nicht bereit. Fällt der Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einem solchen „krisenbestimmten" Darlehen aus, führt das im Allgemeinen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe des Nennwerts des Darlehens. Das beruht auf der Erwägung, dass bei den krisenbestimmten Darlehen die Bindung bereits mit dem Verzicht auf eine ordentliche und außerordentliche Kündigung im Zeitpunkt der Krise eintritt und deshalb der Verlust des Darlehens auf diesen Verzicht und nicht nur auf den später eintretenden gesetzlichen Rechtsfolgen der Krise beruht (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 25.5.2011, IX R 54/10 a. a. O.). Schließlich kann auf die Prüfung, wann die Krise der Gesellschaft eingetreten ist und wann die Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt haben, außer bei einem auf Krisenfinanzierung hin angelegten Darlehen auch bei einem Darlehen verzichtet werden, das von vornherein dergestalt in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten „finanzplanmäßigen" Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt (vgl. Urteil des BGH vom 14.12.1992 - II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 41 ff., BB 1993, 240). Das gilt grundsätzlich für jede GmbH und unabhängig davon, ob die kapitalersetzende Finanzierung im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist; entscheidend ist, ob sich die planmäßige Gesellschafterfinanzierung aus einer Gesamtwürdigung des Gesellschaftsvertrages und/oder des Darlehensvertrages und der im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge vorliegenden Umstände ergibt (BGH-Urteil v. 14.12.1992 - II ZR 298/91 a. a. O.). Liegt ein in diesem Sinne krisenunabhängiges Finanzplandarlehen vor, ist es nicht nur von vornherein - also mit seiner Hingabe - gesellschaftsrechtlich als Haftkapital gebunden, vielmehr ist auch für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass es mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt wurde. Dementsprechend erhöhen sich im Falle seines Verlustes die Anschaffungskosten der Beteiligung nicht nur in Höhe seines Wertes im Zeitpunkt der Krise, sondern in Höhe seines Wertes im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft, also seines Nennwertes. Sowohl mit dem Ausdruck „krisenbestimmtes Darlehen" als auch mit dem Ausdruck „Finanzplandarlehen" wird im Kern eine Situation bezeichnet, in der die Darlehensgewährung in der Weise in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte notwendige Kapitalausstattung durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Das Darlehen soll seiner Bestimmung nach in der Krise der Gesellschaft stehengelassen werden und ist nicht einseitig vom Gesellschafter kündbar (BFH, Beschluss vom 16.3.2012 - IX B 142/11, BFH/NV 2012, 1124 m. w. N.).


Bei dem streitigen Darlehen handelt es sich um ein krisenbestimmtes Darlehen, das beim Kläger im Streitjahr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung geführt hat


2. Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem streitigen Darlehen um ein krisenbestimmtes Darlehen, das beim Kläger im Streitjahr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung geführt hat.


Der bereits im Darlehensvertrag vom 8.1.1998 erklärte Rangrücktritt führt dazu, dass es sich bei dem vom Kläger gegebenen Darlehen um ein krisenbestimmtes Darlehen handelt


a) Vorliegend hatte sich der Kläger bereits im Anteilskaufvertrag vom ....1997 zur Hingabe des streitigen Darlehens verpflichtet. Im Darlehensvertrag vom 8.1.1998 wurde sodann in § 4 ein Rangrücktritt dergestalt vereinbart, dass das Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, bis zu dem Zeitpunkt, in dem alle Gläubiger der Gesellschaft, die nicht Gesellschafter sind, befriedigt sein würden. Zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht, nicht bereit gewesen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem vom Kläger gegebenen Darlehen - wie der Kläger vorträgt - um ein sog. Finanzplandarlehen handelt, führt daher der bereits im Darlehensvertrag vom 8.1.1998 erklärte Rangrücktritt dazu, dass es sich bei dem vom Kläger gegebenen Darlehen um ein krisenbestimmtes Darlehen handelt, das beim Kläger zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung geführt hat.


Qualifizierter Rangrücktritt war nicht erforderlich


b) Entgegen der Auffassung des Beklagten war insoweit nicht erforderlich, dass der Gesellschafter seinen Rangrücktritt in der Weise erklärt hat, dass er wegen der genannten Forderungen erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt, also so behandelt werden möchte, als handele es sich bei seiner Gesellschafterleistung um statutarisches Kapital (sogenannter qualifizierter Rangrücktritt).


Die Unterscheidung zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Rangrücktritt ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH-Urteil vom 8.1.2001 - II ZR 88/99, BB 2001, 430 m. BB-Komm. Wicke, DStR 2001, 175) entscheidend für die Frage, ob ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen in der Überschuldungsbilanz als Fremdkapital oder als Eigenkapital auszuweisen ist. Ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen kann in der Überschuldungsbilanz einer GmbH nur dann als Eigenkapital ausgewiesen werden, wenn der Gesellschafter einen qualifizierten Rangrücktritt, wie oben beschrieben, erklärt hat. Fällt das Darlehen lediglich im Hinblick auf die Erklärung eines einfachen Rangrücktritts unter die Regelungen des Eigenkapitalersatzes ist es in der Überschuldungsbilanz der GmbH als Fremdkapital auszuweisen.


Hiervon unabhängig ist demgegenüber die Frage zu beurteilen, wie ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen im Rahmen des § 17 EStG zu beurteilen ist. Im sachlichen Anwendungsbereich des § 17 EStG ist es nicht erforderlich, dass das Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der Bilanz der Gesellschaft als Eigenkapital auszuweisen ist. Vielmehr ist es ausreichend, dass es sich bei solchen krisenbestimmten Darlehen lediglich um funktionales Eigenkapital im dargelegten Sinne handelt, das in der Bilanz der Gesellschaft als Fremdkapital auszuweisen ist. Die Rechtsprechung des BFH, wonach der Verlust eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens dazu führt, dass sich die Anschaffungskosten der Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG um den Nennbetrag der Darlehensforderung erhöhen, beruht auf dem Gedanken, dass es dem einkommensteuerrechtlich maßgeblichen „Nettoprinzip" wiederstreiten würde, wenn ein im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG wesentlich beteiligter Gesellschafter den Verlust eines kapitalersetzenden Darlehens nicht steuermindernd geltend machen könnte. Deshalb verwendet der BFH in diesem Bereich einen „normspezifischen Anschaffungskosten-Begriff", der dahin geht, dass speziell für Zwecke des § 17 EStG der Verlust eines kapitalersetzenden Darlehens den Anschaffungskosten der Beteiligung zuzuordnen ist und zwar gerade unabhängig davon, ob dieses Darlehen in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft als Eigen- oder Fremdkapital auszuweisen ist. Hierdurch soll erreicht werden, dass sich der Verlust der Darlehensforderung im Veräußerungs- oder Liquidationsfall steuerlich in demselben Umfang auswirkt, wie der Verlust der Beteiligung selbst (BFH-Urteil vom 16.5.2001 - I B 143/00, BStBl. II 2002, 436, BB 2001, 2149 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind mit einem einfachen Rangrücktritt, wie er im Streitfall erklärt wurde, gegeben.


Der Geltendmachung des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG steht auch nicht § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. (sog. Kleinanlegerprivileg) entgegen


c) Schließlich steht der Geltendmachung des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG auch nicht § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. (sog. Kleinanlegerprivileg) entgegen.


Die zwischenzeitlich wieder außer Kraft getretene Vorschrift des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F., wonach die Regeln über den Eigenkapitalersatz nicht für einen nicht geschäftsführenden Gesellschafter gelten, der - wie der Kläger - zu 10 % oder weniger am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt war, trat mit Wirkung ab dem 24.4.1998, also nach Hingabe des Darlehens durch den Kläger, ohne Übergangsregelung in Kraft. Dieses Kleinanlegerprivileg galt, entgegen der Auffassung des Beklagten, nicht für die bereits vor dessen Inkrafttreten hingegebenen Darlehen, sofern zu diesem Zeitpunkt der Tatbestand des Eigenkapitalersatzes nach § 32 a Abs. 1 GmbHG a. F. - wie im Streitfall durch Erklärung des Rangrücktritts am 8.1.1998 - bereits verwirklicht war. Da vor Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. auch Kleinbeteiligte unter die Eigenkapitalersatzregeln fielen, mussten sie, sobald ein Mitgesellschafter - z. B. durch Hingabe eines krisenbestimmten Darlehens - gegen diese Regeln verstieß, mit einer eigenen Ausfallhaftung rechnen. Mit Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. hatten sie keinen Anlass zu der Annahme, dass sich daran etwas in Bezug auf die schon erfolgten Regelverstöße ändern würde (BGH vom 11.7.2005 - II ZR 285/03, BB 2005, 2094, DStR 2005, 1705 m. w. N.). Unter das Kleinanlegerprivileg fielen daher nur solche Darlehen, die nach dem Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. gewährt wurden, sowie solche Darlehen, die zwar vor dem Inkrafttreten des § 32 a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. gegeben wurden, deren eigenkapitalersetzende Wirkung jedoch - z. B. durch Stehenlassen in der Krise - erst nach Inkrafttreten der Regelung eingetreten ist. Letzteres war hier nicht der Fall, da das hier streitige Darlehen bereits bei seiner Hingabe im Januar 1998 durch die Erklärung des Rangrücktritts eigenkapitalersetzende Wirkung im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG a. F. hatte.


Kosten


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 S. 1 FGO.

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