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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
07.10.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Berlin-Brandenburg: Keine Überversorgung bei dauerhafter Absenkung der Aktivbezüge ohne Pensionskürzung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.6.2011 - 12 K 12274/09, Rev.

eingelegt (Az. BFH I R 56/11)

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL2011-2545-1

unter www.betriebs-berater.de

LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)

Übersteigt nach einer Gehaltsreduzierung bei gleichzeitiger Reduktion

der Arbeitszeit die betriebliche Altersversorgung dauerhaft die sog.

75%-Grenze, liegt keine unzulässige Vorwegnahme künftiger Gehaltssteigerungen

vor, wenn die Absenkung der Bezüge wirtschaftlich

veranlasst und arbeitsrechtlich keine einseitige Kürzung der Zusage

durch den Arbeitgeber möglich war.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH (nachstehend: „GmbH"). Die Beteiligten streiten um die steuerlich anzuerkennende Höhe von Pensionsrückstellungen bei der GmbH.

Die im Februar 1991 gegründete GmbH befasste sich mit der Entnahme, der chemisch-physikalischen Untersuchung sowie der begutachtenden Bewertung von Luft-, Boden-, Wasser- und anderen umweltrelevanten Proben. Die Geschäftsanteile der GmbH wurden - zu jeweils 11 % - von acht Personen gehalten, die zugleich als Arbeitnehmer (bis auf einen von ihnen jedoch nicht als Geschäftsführer) bei der GmbH beschäftigt waren. Die übrigen 12 % des Stammkapitals hielt die GmbH in Form eigener Anteile selbst.

Im Jahr 1994 gewährte die GmbH ihren acht Gesellschaftern/Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Pensionszusage. Die Zusage war mit einer monatlichen Rente von 4 000 DM ab Vollendung des 65. Lebensjahres so bemessen, dass die zugesagte Pension in jedem Einzelfall weniger als 75% der seinerzeit aktuellen Aktivbezüge der Zusageempfänger betrug. Der Beklagte erkannte die für die Pensionszusagen gebildeten Rückstellungen in der Bilanz der GmbH zunächst dem Grunde und der Höhe nach an.

Aufgrund einer Verschlechterung der Auftragslage geriet die GmbH im Jahr 2000 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Während die Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 1999 noch bei rund 1,9 Mio. DM gelegen hatten, erlöste die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2000 nur noch rd. 1,4 Mio. DM. Ihr Jahresergebnis verschlechterte sich von rd. ./. 41 000 DM im Jahr 1999 auf rd. ./. 410 000 DM im Jahr 2000.

Auf diese negative Entwicklung reagierte die Gesellschafterversammlung am 19.7.2000, indem sie beschloss, die laufenden Gehälter der acht Gesellschafter/Arbeitnehmer um 20% zu senken. Eine verhältnismäßige Kürzung der Pensionszusagen beschloss die Gesellschafterversammlung nicht. Im Verhältnis zu den abgesenkten Aktivbezügen lag die unverändert zugesagte Pension nunmehr in sechs Fällen (betreffend die Gesellschafter/Arbeitnehmer D, E, F, G, H und I) bei mehr als 75%.

Im Jahr 2001 erwirtschaftete die GmbH Umsatzerlöse in Höhe von rd. 2,6 Mio. DM sowie einen Jahresüberschuss von rd. 554 000 DM. In den darauf folgenden Jahren war die Umsatzentwicklung stark rückläufig; die Jahresergebnisse waren - mit steigender Tendenz - negativ. Der erwirtschaftete Verlust der GmbH belief sich 2002 auf 50.743 Euro, 2003 auf 189 731 Euro, 2004 auf 133 775 Euro und 2004 auf 269 713 Euro. Die Senkung der Aktivbezüge wurde in diesem Zeitraum nicht zurückgenommen. Sie blieb vielmehr - bis zur späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens - durchgängig in Kraft.

Im Jahr 2006 nahm der Beklagte bei der GmbH eine die Jahre 2002 bis 2004 betreffende Betriebsprüfung vor. Hierbei beanstandete der Prüfer hinsichtlich der sechs vorgenannten Fälle die Höhe der Pensionsrückstellungen in den Bilanzen der geprüften Jahre (Tz. 21 des geänderten Berichts über die Außenprüfung vom 3.9.2007): Die Minderung der Aktivbezüge der Zusageempfänger im Jahr 2000 ohne gleichzeitige Minderung der Pensionszusage führe zu einer Überversorgung, da die zugesagte Pension nunmehr die Grenze von 75 % der Aktivbezüge der Zusageempfänger übersteige. Unter Berücksichtigung eines Einwands der GmbH, die darauf verwies, dass zugleich mit der Absenkung der Aktivbezüge auch die Arbeitszeit der betreffenden Mitarbeiter auf 80 % der bisherigen Arbeitszeit reduziert worden war, sowie unter Anwendung der Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach welchem die Korrektur der Werte der Pensionsrückstellungen in der ersten noch offenen Schlussbilanz aufzulösen waren, setzte der Prüfer den von der GmbH bislang passivierten Wert der Pensionsrückstellung zum 31.12.2002 in der Prüferbilanz um 434 165 Euro herab (Bilanzansatz in Höhe von 736 952 Euro anstelle von 1.171.117 Euro). Den Bilanzansatz zum 31.12. 2003 kürzte der Prüfer um 466 923 Euro (850 988 Euro anstelle von 1 317 911 Euro), jenen in der Bilanz zum 31.12.2004 um 515 926 Euro (955 543 Euro anstelle von 1 471 469 Euro).

Der Beklagte folgte diesen Feststellungen des Prüfers und erließ Änderungsbescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer einschließlich der gesonderten Feststellung der jeweiligen verbleibenden Verlustvorträge für die geprüften Jahre sowie - aufgrund geänderten Verlustrücktrags - zur Körperschaftsteuer für 2001. Die GmbH erhob gegen diese Bescheide Einspruch und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide; der Aussetzungsantrag wurde zunächst vom Beklagten und sodann mit Beschluss des Senats vom 5.2.2009 zum Aktenzeichen 12 V 8032/08 auch vom Finanzgericht abgewiesen. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.11.2009 wies der Beklagte den Einspruch der GmbH zurück. Diese hat daraufhin am 4.12.2009 Klage erhoben.

Durch Beschluss des Amtsgerichts J vom 31.5.2010 sind über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 8.12.2010 hat der Kläger das Klageverfahren aufgenommen.

In der am 22.6.2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Kläger die zunächst auch wegen Körperschaftsteuer für 2004, Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer für 2001, 2002 und 2004, Gewerbesteuer für 2002, gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001 2002, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002, gesonderter Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG zum 31.12.2001 und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001, 2002 und 2004 erhobene Klage zurückgenommen; das Verfahren ist insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12158/11 eingestellt worden.

Der Kläger meint, die Pensionsrückstellungen seien steuerlich in der Höhe anzuerkennen, in der die GmbH sie ursprünglich passiviert habe. Zur Begründung trägt er vor, das Absenken der Gehälter am 19.7.2000 sei zunächst lediglich als temporäre Maßnahme - bis zu einer Verbesserung der Auftragslage - angelegt gewesen. Die GmbH habe geglaubt, auf diese Weise den weitgehenden Ausfall ihres bisherigen Hauptauftraggebers, einer K GmbH, auffangen zu können. Die im darauf folgenden Jahr 2001 erzielten Verbesserungen bei Umsatz und Gewinn seien jedoch nur ein letztes „Strohfeuer" gewesen; es habe sich rasch herausgestellt, dass die GmbH mit den Preisen von Konkurrenzunternehmen (z.B. L) zukünftig nicht würde mithalten können. Eine Rücknahme der Absenkung der Aktivbezüge sei in dieser Situation dann dauerhaft nicht mehr in Betracht gekommen.

Die seitens der Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung von Pensionsrückstellungen regelmäßig herangezogene Grenze von 75% der aktuellen Aktivbezüge des Zusageempfängers ist nach Ansicht des Klägers auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die von der GmbH erteilten Versorgungszusagen seien ursprünglich auch nach Auffassung des Beklagten der Höhe nach angemessen gewesen. Den Fall, dass erst ein späteres Absenken der Aktivbezüge zu einem Überschreiten dieser Grenze führe, habe die Rechtsprechung bei der Entwicklung der 75%-Grenze nicht im Blick gehabt. Die Intention dieser Rechtsprechung sei es vielmehr, solche Fälle von Überversorgung zu sanktionieren, in denen unter Vorwegnahme künftiger Gehaltssteigerungen von vornherein überhöhte Pensionen zugesagt würden. Außerdem wolle die Rechtsprechung nur Missbräuche durch Angehörige eines bestimmten Personenkreises (beherrschende Gesellschafter und deren nahe Angehörige) sanktionieren, zu welchem die Zusageberechtigten im Streitfalle nicht gehört hätten.

Der Kläger beantragt, die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2001 und 2002, den Gewerbesteuermessbetrag für 2002 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2003 und den 31.12.2004, sämtlich vom 20. 9.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.11.2009, mit der Maßgabe zu ändern, dass die erfolgswirksame Kürzung der jeweiligen Pensionsrückstellungen unterbleibt.

Der Beklagte beantragt,den Antrag abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, für die zu jedem Bilanzstichtag neu zu bewertende Pensionsrückstellung sei maßgeblich auf den festen Stichtagslohn des Zusageempfängers abzustellen. Ergebe sich hieraus ein Überschreiten der 75%-Grenze, so liege regelmäßig eine Überversorgung vor, die zu einer entsprechenden Kürzung des Bilanzansatzes der Pensionsrückstellung führe. Besondere Umstände, die ein Abweichen von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar, zumal die Gehaltskürzungen bei der GmbH nicht lediglich kurz befristet, sondern dauerhaft seien.

Aus den Gründen:

            Zulässigkeit und Begründetheit der Klage

II.         Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind im Hinblick auf die vorgenommenen Kürzungen bei den steuerlich anerkannten Pensionsrückstellungen rechtswidrig und verletzen den Kläger gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in seinen Rechten. Die von der GmbH ursprünglich passivierten Beträge entsprechen den Vorgaben der maßgeblichen Bewertungsvorschrift des § 6a Abs. 3 EstG (dazu nachstehend unter 1.); auch stellt die Nichtanpassung der Versorgungszusage durch die GmbH keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar (dazu nachfolgend unter 2.).

            Kürzung des Wertansatzes der Pensionsrückstellungen war nicht gerechtfertigt

1.         Die vom Beklagte vorgenommene Kürzung des Wertansatzes der Pensionsrückstellungen war nicht durch § 6a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass anderenfalls künftige, noch ungewisse Gehaltssteigerungen vorweggenommen worden wären.

            75%-Grenze

a)         Gemäß § 6a Abs. 1 EStG darf für Pensionsverpflichtungen unter den in § 6a EStG im Einzelnen genannten Voraussetzungen eine steuerwirksame Rückstellung gebildet werden. Die Rückstellung ist gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung anzusetzen. Werterhöhungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfangs ungewiss sind, sind erst dann zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 S. 4 EStG). Diese Regelung darf nach allgemeiner Auffassung nicht dadurch umgangen werden, dass die Pensionsleistungen von vornherein in einer Höhe zugesagt werden, die künftige, noch ungewisse Gehaltssteigerungen vorwegnimmt. Der Senat sieht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH in einer solchen Vorwegnahme künftiger Gehaltssteigerungen bei der ursprünglichen Bemessung der zugesagten Pension eine Überversorgung, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt. Typisierend ist dies dann der Fall, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag vereinbarten Aktivbezüge des Zusageempfängers übersteigt. Von der Prüfung einer möglichen Überversorgung kann vereinfachend dann abgesehen werden, wenn die laufenden Aufwendungen für die Altersversorgung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Sozialversicherung, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers für Zwecke der Altersversorgung und Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung) 30% des steuerpflichtigen Arbeitslohns nicht übersteigen (ständige Rechtsprechung des BFH seit der Entscheidung vom 13.11.1975, IV R 170/73, BStBl. II 1976, 142 [148], BB g; zu umfassenden Nachweisen zur weiteren Rechtsprechung siehe BFH, Urteil vom 31.3.2004, I R 70/03, BStBl. II 2004, 937 [939], BB g). Andererseits führt das Überschreiten der 75%-Grenze nicht zwingend zur Versagung einer entsprechenden Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz; dieser Umstand bildet lediglich ein Indiz für eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommenstrends. Maßgebend für die Beurteilung sind stets die Umstände des Einzelfalles (vgl. nur BFH, Beschluss vom 13.6.2007, X B 34/06, BFH/NV 2007, 1703 m.w.N.).

            Pensionsrückstellungen standen mit § 6a Abs. 3 EStG im Einklang

b)         Nach diesen Maßgaben standen die von der GmbH gebildete Pensionsrückstellungen mit § 6a Abs. 3 EStG im Einklang und waren einer Korrektur durch den Beklagten nicht zugänglich. Zwar überstieg die zugesagte Pension in den eingangs genannten sechs Fällen unstreitig die Grenze von 75% der zum Bilanzstichtag 31.12.2002 - wie auch zu den beiden folgenden Bilanzstichtagen - vereinbarten Aktivbezüge der Zusageberechtigten. Diesem „Missverhältnis" lag jedoch seitens der GmbH nicht der Gedanke zugrunde, künftige, noch ungewisse Gehaltssteigerungen der Zusageberechtigten vorwegzunehmen.

            Eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen kann sich auch nachträglich daraus ergeben, dass das laufende Einkommen des Zusageempfängers abgesenkt wird, während die Versorgungszusage unverändert bestehen bleibt

(1)        Eine die Korrektur der Pensionsrückstellungen nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG erfordernde Vorwegnahme künftiger Gehaltssteigerungen ist allerdings - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht schon von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass die zugesagte Pension zum Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung der Zusage bei weniger als 75 % der damals aktuellen Aktivbezüge der Zusageberechtigten gelegen hat. Eine Überversorgung im Sinne der ständigen Rechtsprechung kann vielmehr auch dann die Korrektur der Pensionsrückstellungen erfordern, wenn sie das Resultat eines erst später erfolgenden Absenkens der Aktivbezüge der Zusageberechtigten ist (vgl. BFH, Urteil vom 14.7.2004, I R 14/04, BFH/NV 2005, 245, zu II.1. der Urteilsgründe; im dortigen Fall allerdings nicht entscheidungserheblich, da die Grenze von 75% auch nach Absenken der Aktivbezüge noch nicht überschritten war; eine Überversorgung bei späterem Absenken der Aktivbezüge bejahend: FG München, Urteil vom 6.5.2008, 6 K 4096/05, veröffentlicht in juris). Eine unzulässige Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen muss dem gemäß nicht zwingend bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Abgabe einer Versorgungszusage intendiert sein - was im Streitfall offenkundig nicht zutraf -, sondern kann sich auch nachträglich daraus ergeben, dass das laufende Einkommen des Zusageempfängers abgesenkt wird, während die Versorgungszusage unverändert bestehen bleibt.

            Im Streitfall ist jedoch keine Vorwegnahme künftiger Gehaltssteigerungen intendiert

(2)        Im Streitfall sieht der Senat jedoch weder die Beibehaltung der Pensionszusage im Juli 2000 (anlässlich der Absenkung der Aktivbezüge), noch das spätere Absehen von einer Verringerung der Pensionszusage (trotz dauerhaften Beibehaltens der geringeren Aktivbezüge) als durch das Vorwegnehmen künftiger Gehaltssteigerungen intendiert an.

Hierbei kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob die GmbH ursprünglich tatsächlich davon ausging, die Absenkung der Aktivbezüge werde nur von kurzer Dauer sein und nach Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten wieder rückgängig gemacht werden. Denn jedenfalls aus der Sicht zum Bilanzstichtag 31.12.2002 - mithin zweieinhalb Jahre nach der erfolgten Absenkung und in Kenntnis der daraufhin im Jahr 2001 eingetretenen Verbesserung des wirtschaftlichen Ergebnisses - konnte von einer vorübergehenden Maßnahme insoweit nicht mehr ausgegangen werden; für die steuerliche Beurteilung des durch die Pensionszusagen vermittelten „Versorgungsniveaus" waren deshalb jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nicht mehr die ursprünglichen, sondern die abgesenkten Aktivbezüge einerseits und die zugesagten Versorgungsleistungen andererseits maßgeblich.

Der Senat ist jedoch aufgrund der Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die GmbH sich spätestens zu diesem Zeitpunkt der Tatsache bewusst war, dass sie auf dem Markt für chemisch-physikalische Analysen gegenüber den maßgeblichen Wettbewerbern dauerhaft nicht (mehr) konkurrenzfähig sein würde und dass dies in absehbarer Zeit zu einer Beendigung der operativen Tätigkeit - wenn nicht gar zu einer Insolvenz - führen müsste. In dieser Lage gingen die GmbH wie auch ihre Gesellschafter/Arbeitnehmer davon aus, dass es in Zukunft zu keiner Erhöhung der Arbeitszeiten von 80 % auf 100 % des ursprünglichen Niveaus und damit auch zu keiner entsprechenden Anhebung der Aktivbezüge mehr kommen werde. Die Beibehaltung der Pensionszusage in ihrem bisherigen Umfang kann jedoch dann keine zukünftige, noch ungewisse Gehaltssteigerung vorwegnehmen, wenn eine solche nach den wirtschaftlichen Verhältnissen bei der die Versorgung zusagenden Gesellschaft nach Ansicht aller Betroffenen ausscheidet. In diesem Fall kommt es mithin nicht darauf an, ob die vorausgegangene Absenkung der Aktivbezüge sich als nur vorübergehend oder als dauerhaft erweist (anders insoweit wohl FG München, Urteil vom 6.5.2008, 6 K 4096/05, a.a.O.).

Maßgebend für die Beurteilung ist nach Ansicht des Senats ferner, dass die sich auf § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Satz 4 EStG beziehende, von der Rechtsprechung entwickelte Maßgabe, wonach Pensionsleistungen grundsätzlich nicht von vornherein in einer Höhe zugesagt werden dürfen, die künftige, noch ungewisse Gehaltssteigerungen vorwegnimmt, ihrem Charakter nach der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen dient; denn insoweit wird stets betont, die gesetzliche Regelung dürfe nicht durch derartige Pensionszusagen „umgangen" werden. Für die Annahme einer auch nur im Ansatz missbräuchlichen Gestaltung durch die GmbH sieht der Senat indes keinerlei Anhaltspunkte: Die Absenkung der Aktivbezüge war ohne Zweifel durch die betrieblichen Schwierigkeiten veranlasst, und die GmbH war, wie sie zu Recht hervorgehoben hat, schon aus arbeitsrechtlichen Gründen an einer einseitige Kürzung der Versorgungszusage gehindert; denn dies hätte einen (unzulässigen) Teilwiderruf der Versorgungszusage aus Gründen einer wirtschaftlichen Notlage dargestellt (vgl. BAG, Urteil vom 17.6.2003 - 3 AZR 396/02, BB g, DB 2004, 20).

            Angefochtene Bescheide können auch nicht dadurch aufrecht erhalten bleiben, dass eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe der vorgenommenen Kürzungen erfolgt

2.         Die angefochtenen Bescheide können auch nicht im Ergebnis dadurch aufrecht erhalten bleiben, dass unter dem Gesichtspunkt einer vGA eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe der vom Beklagten vorgenommenen Kürzungen erfolgt.

            Verdeckte Gewinnausschüttung

a)         Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird dabei in der Regel angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH, Urteile vom 28.1.2004 - I R 87/02, BFH/NV 2004, 736, unter II.1. der Gründe; vom 20.10.2004 - I R 4/04, BFH/NV 2005, 723, unter II.1.a) der Gründe).

Nach den vorgenannten Maßstäben kann auch in der Zuführung zu einer Pensionsrückstellung aus steuerlicher Sicht eine vGA liegen, soweit die Pensionsverpflichtung nicht (ausschließlich) durch das Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten, sondern (zumindest auch) durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das ist anzunehmen, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Gesellschaft einem gesellschaftsfremden Dritten unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage erteilt hätte (BFH, Urteile vom 15.10.1997 - I R 42/97, BStBl. II 1999, 316, BB g; vom 14.7.2004 - I R 14/04, a.a.O.).

            Im Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

b)         Für eine derartige Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sieht der Senat im Streitfall allerdings keine Anhaltspunkte. Die ursprünglich in Höhe von weniger als 75 % der seinerzeitigen Aktivbezüge zugesagte Versorgung begegnete jedenfalls vor den hier maßgeblichen Streitjahren hinsichtlich ihrer tatsächlichen Höhe (4 000 DM je Monat, beginnend mit Vollendung des 65. Lebensjahres) und hinsichtlich der Gesamtausstattung der betreffenden Gesellschafter/Arbeitnehmer auch nach Ansicht des Beklagten keinen Bedenken, sondern hielt einem Drittvergleich stand; weiterhin liegt eine Überversorgung im Sinne von § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 EStG nicht vor (vgl. oben). Bei dieser Ausgangslage ist es dann aber unter dem Gesichtspunkt einer vGA nicht zu beanstanden, wenn die die Versorgung zusagende Gesellschaft davon absieht, parallel zu Arbeitszeit und Aktivbezügen auch die Pensionszusagen entsprechend zu kürzen (vgl. auch BFH, Urteil vom 14.7.2004 - I R 14/04, a.a.O.). Von einer solchen Kürzung hätte die GmbH im Streitfall vielmehr auch gegenüber gesellschaftsfremden Dritten abgesehen, und zwar schon deshalb, weil - wie oben ausgeführt - eine solche einseitige Kürzung einen arbeitsrechtlich unzulässigen Teilwiderruf der Versorgungszusage dargestellt hätte.

            Kostenentscheidung

II.         Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

            Zulassung der Revision

III.         Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Fallkonstellation einer zunächst als vorübergehende Maßnahme gedachten, sich später aber ohne zeitliche Beschränkung als notwendig erweisenden Absenkung der Aktivbezüge und ihre Auswirkung auf die steuerliche Anerkennung erteilter Pensionszusagen nach § 6a EStG dürfte eine Vielzahl derzeit anhängiger außergerichtlicher wie gerichtlicher Rechtsstreitigkeiten betreffen. Die vorstehend wiedergegebene Rechtsprechung anderer Finanzgerichte weicht von den diesem Urteil zugrunde liegenden Grundsätzen zumindest teilweise ab.

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