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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
03.04.2025
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Niedersächsisches FG: Keine nachträglichen Anschaffungskosten, wenn Einbringungsgewinn II nicht mehr versteuert werden kann

Niedersächsisches FG, Urteil vom 5.12.2024 – 2 K 215/22, rkr.

ECLI:DE::2024:1205.2K215.22.00

Volltext der Entscheidung://BB-ONLINE BBL2025-880-1

Amtliche Leitsätze

Ein Einbringungsgewinn II im Sinne des § 22 Abs 2 Satz 1 UmwStG führt nur dann zu nachträglichen Anschaffungskosten der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile bei dem Einbringenden im Sinne des § 22 Abs 2 Satz 4 UmwStG, wenn er auch versteuert worden ist. Ist eine nachträgliche Versteuerung eines Einbringungsgewinns II nicht mehr möglich, sind im Falle der Veräußerung der im Rahmen eines Anteilstauschs erhaltenen Anteile die historischen Anschaffungskosten dieser Anteile anzusetzen.

UmwStG § 22 Abs. 2 S. 4

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Einbringungsgewinn II, welcher nicht versteuert worden ist, als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen einer Veräußerung der durch einen Anteilstausch erhaltenen Gesellschaftsanteile zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG). Komplementärin, welche nicht am Vermögen der Klägerin beteiligt ist, ist die B-GmbH, deren Geschäftsführer X ist. Dieser ist auch alleiniger Kommanditist der Klägerin.

Geschäftszweck der Klägerin ist das Halten und Verwalten von Grundbesitz und sonstigen Vermögensgegenständen.

Durch Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2008 brachte X sein Einzelunternehmen in die Klägerin mit Wirkung zum 31. Dezember 2008 ein. Als Gegenleistung erhielt X einen festen Kapitalanteil in Höhe von 1.000 €, sodass sich sein Kommanditanteil auf 2.000 € erhöhte.

Die Klägerin hielt zunächst Geschäftsanteile im Nominalwert von 37.900 € (entspricht 71,02 %) an der X GmbH. Mit Vertrag vom 9. März 2012 erwarb die Klägerin die weiteren Geschäftsanteile an der vorgenannten Gesellschaft zum Kaufpreis von 300.000 € von dem damaligen Mitgesellschafter. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariell beurkundeten Kauf- und Übertragungsvertrag vom 9. März 2012 Bezug genommen.

Im Mai 2012 erfolgte eine Änderung der Firma der X GmbH in Y GmbH (im Folgenden Y GmbH).

Mit Notarvertrag vom 30. Dezember 2014 brachte die Klägerin sämtliche Anteile an der Y GmbH in die Z GmbH (im Folgenden Z GmbH) mit Sitz in K. mit Ablauf des 31. Dezember 2014 (Einbringungsstichtag) ein. Als Gegenleistung erhielt die Klägerin einen Geschäftsanteil in Höhe von nominell 25.625 € (entspricht 20 %) an der Z GmbH. Zusätzlich war eine Zusatzvergütung für die Klägerin von zunächst 50.000 € vereinbart, deren finale Höhe nach in Abhängigkeit vom Verhältnis des bilanziellen Eigenkapitals zum Stammkapital der Y GmbH sowie nach der Anzahl von XXX-kunden der Z GmbH und der Y GmbH zum Einbringungsstichtag ermittelt werden sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Regelungen in Ziffer 3.2. des Einbringungsvertrages Bezug genommen.

Des Weiteren stand der Klägerin als Gegenleistung ein Betrag zu, der dem Veräußerungsgewinn nach Steuern aus einer etwaigen Veräußerung der von der Y GmbH gehaltenen Anteile an der M GmbH, mit Sitz in G., im Folgenden M GmbH) entspricht, sofern die Anteile an der M GmbH vor Ablauf des 31. Dezember 2015 wirksam veräußert werden.

Ausweislich des Beschlusses über die Kapitalerhöhung bei der Z GmbH waren zum Einbringungsstichtag die XYZ AG (XYZ AG) mit Geschäftsanteilen von nominell 92.300 € und V (V) mit einem Geschäftsanteil von nominell 10.200 € Gesellschafter der Z GmbH.

Im Zuge der Kapitalerhöhung bei der Z GmbH um den von der Klägerin im Rahmen des Anteilstauschs erhaltenen Geschäftsanteil von nominell 25.625 € ergaben sich nach der Einbringung folgende Beteiligungsverhältnisse an der Z GmbH:

XYZ AG:              72 %

V:                         8 %

Klägerin:              20 %.

Mit notariell beurkundetem weiteren Vertrag vom 30. Dezember 2014 vereinbarten die Klägerin und die XYZ AG eine Call-/Put-Option.

Danach bot die Klägerin der XYZ AG eine Verkaufsoption über den von ihr an der Z GmbH gehaltenen Geschäftsanteil von 25.625 € an, für den Fall, dass die XYZ AG sämtliche von ihr gehaltenen Anteile an der Z GmbH veräußert oder X nicht mehr Geschäftsführer der Z GmbH ist (sog. Call-Option). Die XYZ AG war berechtigt die Call-Option innerhalb von drei Monaten nach Eintritt eines solchen Ereignisses auszuüben.

Die XYZ AG unterbreitete der Klägerin das Angebot zum Kauf der von der Klägerin an der Z GmbH gehaltenen Geschäftsanteile von 25.625 €, für den Fall, dass die XYZ AG alle ihre Anteile an der Z GmbH veräußert, X nicht mehr Geschäftsführer der Z GmbH ist oder innerhalb von 7 Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt die Anteile an der Y GmbH durch die Z GmbH gem. § 22 Abs. 2 UmwStG veräußert werden (sog. Put-Option). Die Klägerin war berechtigt die Put-Option innerhalb von drei Monaten nach Eintritt eines solchen Ereignisses auszuüben.

Für diese Zwecke sah die Call/Put-Option bereits einen Optionskaufvertrag vor. Darin sollte der Kaufpreis für den Geschäftsanteil wie folgt berechnet werden:

Durchschnittlicher EBITA x 6 x Anteil der Klägerin an der Z GmbH

Wegen der Einzelheiten wird auf die Call-/Put-Option Bezug genommen.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 26. Juni 2015, eingegangen bei dem Beklagten am 20. Juli 2015 den Ansatz der eingebrachten Anteile nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) mit dem Buchwert.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2016, eingegangen bei dem Beklagten am 24. Mai 2016, teilte die Klägerin nach § 22 Abs. 3 UmwStG mit, dass die Y GmbH mit Vertrag vom 28. Mai 2015 rückwirkend zum 2. Januar 2015 auf die Z GmbH verschmolzen worden war und dass sie seit der Einbringung der Anteile an der Y GmbH ununterbrochen und mit unveränderter Beteiligungsquote Gesellschafterin der Z GmbH sei.

Eine weitere inhaltsgleiche Mitteilung nach § 22 Abs. 3 UmwStG erteilte die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 8. Mai 2017, welches am 9. Mai 2017 bei dem Beklagten einging.

Durch notariellen Kaufvertrag vom 18. Mai 2017 veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der Z GmbH im Nennbetrag von 25.625 € an die P GmbH mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2017. Der Veräußerungspreis der Anteile an der Z GmbH betrug 3.136.000 €. Davon waren 2.500.745,80 € bedingungs- und auflagenfrei bis zum 31. Mai 2017 an die Klägerin zu zahlen. Der weitere Betrag von 635.254,20 € war abzüglich etwaiger vertraglich vereinbarter Kaufpreisminderungen bis zum 31. Juli 2017 an die Klägerin zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Notarvertrag vom 18. Mai 2017 Bezug genommen.

Nach den Feststellungen des Beklagten war letztlich nur die erste Kaufpreisrate in Höhe von 2.500.745,80 € an die Klägerin gezahlt worden.

Durch Kontrollmitteilung vom 19. Juni 2017, eingegangen bei dem Beklagten am 29. Juni 2017, informierte das für die Z GmbH zuständige Finanzamt den Beklagten über die erfolgte Veräußerung der Anteile an der Z GmbH.

Die Veranlagungen der Klägerin für die Jahre 2014 und 2017 erfolgten wie folgt:

Am 30. Dezember 2015 reichte die Klägerin ihre Feststellungserklärung 2014 sowie die Gewerbesteuererklärung 2014 bei dem Beklagten ein. Darin erklärte die Klägerin folgende laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

 

laufende Einkünfte nach Quote

1.493.586,77 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

1.351,58 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

1.494.938,35 €

 

Ein Einbringungsgewinn II war darin nicht enthalten.

Am selben Tage reichte auch X seine Einkommensteuererklärung 2014 bei dem Beklagten ein. Er ist sodann erstmals unter dem 20. April 2016 zur Einkommensteuer 2014 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt worden. Danach erfolgten mehrere Änderungsbescheide, letztmalig am 24. Juni 2022.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2014 vom 3. März 2016, welcher unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) erging. Des Weiteren enthielt der Bescheid einen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO.

Mit Bescheid vom selben Tag stellte der Beklagte auch einen vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2014 in Höhe von 60.332 € gesondert fest. Auch dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom 19. Dezember 2016 bis zum 10. März 2017 führte der Beklagte bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung für den Zeitraum 2011 bis 2014 betreffend gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG durch. Dies erfolgte nachdem der Amtsprüfbereich des Beklagten den Betrieb der Klägerin als prüfungswürdig gemeldet hatte. Als Gründe der Prüfungswürdigkeit wurden neben der Prüfung von § 15a UStG und der Errichtung eines Betriebsgebäudes auch die Einbringung der Y GmbH in die Z GmbH Gruppe genannt.

Die Betriebsprüfung prüfte ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten insbesondere den Immobilienerwerb und die -veräußerung, die Vermietungen der Klägerin, private Kfz-Anteile, sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit [...]. Eine Prüfung des Einbringungsvorgangs erfolgte nach Aktenlage nicht.

Die Betriebsprüfung führte zu keinen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen.

Mit Bescheiden jeweils vom 9. Mai 2017 erklärte der Beklagte den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen daher für endgültig und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO auch hinsichtlich des gesondert festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf. In den Erläuterungen wies der Beklagte darauf hin, dass der Feststellung die durchgeführte Außenprüfung zugrunde lag.

Am 10. Februar 2019 reichte die Klägerin ihre Erklärung zur einheitlich und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2017 und Gewerbesteuererklärung 2017 bei dem Beklagten ein. In diesem Zusammenhang wiesen die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten auf die erfolgte Anteilsveräußerung der Anteile an der Z GmbH hin. Danach sei durch die im Jahr 2017 erfolgte Veräußerung der Anteile an der Z GmbH rückwirkend auf den 31. Dezember 2014 ein Einbringungsgewinn II entstanden. Für die Bewertung der Anteile der Z GmbH an der Y GmbH sei das durchschnittliche EBITA der letzten drei Jahre vor Anteilstausch zugrunde gelegt und mit dem Faktor 6 multipliziert worden. Dieser Ansatz entspreche den damals zwischen den Beteiligten zugrunde gelegten Wertansätzen für die Ermittlung des Tauschverhältnisses. Danach ergebe sich ein gemeiner Wert für die Y GmbH in Höhe von 2.267.116 €. Wegen der Einzelheiten zur Berechnung des gemeinen Werts der Y GmbH wird auf die Anlage zum Schreiben vom 23. Januar 2019 Bezug genommen.

Danach ergab sich nach den Berechnungen der damaligen Prozessbevollmächtigten ein Einbringungsgewinn II in Höhe von 1.504.688,29 € für 2014 und für das Streitjahr 2017 im Zuge der Anteilsveräußerung der Anteile an der Z GmbH folgender Veräußerungsgewinn, wobei die Prozessbevollmächtigten der Auffassung waren, dass in Höhe von 500.000 € der Veräußerungsgewinn in eine § 6b EStG Rücklage eingestellt werden könne:

 

Gemeiner Wert Y GmbH 2014

 

2.267.116,00 €

abzgl. Buchwert Anteile 31.12.2014

-351.910,00 €

 

zzgl. Gegenleistung der Z-GmbH

 

 

 

Zusatzvergütung Einbringungsvertrag

80.690,54 €

 

 

Veräußerungserlös M-GmbH

115.204,05 €

 

abzgl. Beratungskosten

-4.536,99 €

 

Zwischensumme

-160.552,40 €

2.106.563,60 €

Kürzung um Behaltenszeit bis Veräußerung Z-GmbH

 

 

(2015-2016), entspricht 2/7

 

-601.875,31 €

Einbringungsgewinn II in 2014

 

1.504.688,29 €

steuerpflichtig 60% nach Teileinkünfteverfahren

 

902.812,97 €

 

 

 

 

 

 

Veräußerungsgewinn 2017

 

 

Veräußerungspreis Anteile an der Z-GmbH

2.500.745,80€

 

abzgl. Buchwert Anteile zum 30.05.2017

-160.552,40 €

 

abzgl. Einbringungsgewinn II

-1.504.688,29 €

 

verbleibender Gewinn

835.505,11 €

 

abzgl. § 6b Abs. 10 EStG Rücklage

-500.000,00 €

 

verbleibender Gewinn

335.505,11 €

 

steuerpflichtig 60% nach Teileinkünfteverfahren

201.303,07 €

 

 

Das für die Z GmbH zuständige Finanzamt verfasste unter dem 13. März 2018 einen sogenannten „blauen Aktenvermerk“, welcher dem Beklagten am 29. März 2019 übersandt wurde.

Darin schilderte das Finanzamt die oben genannten gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Einbringung gegen Gewährung von Anteilen an der Z GmbH (im Folgenden Anteilstausch) und die anschließende Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH und die dann im Jahr 2017 erfolgte Veräußerung der Anteile an der Z GmbH durch die Klägerin.

Ferner wies das Finanzamt darauf hin, dass die in Textziffer 3.2. des Einbringungsvertrages geregelte Zusatzvergütung mit 80.690,54 € abgerechnet worden sei. Außerdem sei die Veräußerung der Anteile an der M GmbH im Juni 2015 erfolgt. Der Veräußerungserlös in Höhe von 115.204,05 € sei im Juni 2015 von der Z GmbH an die Klägerin überwiesen worden.

Anhand des Anlagenverzeichnisses der Klägerin zum 31. Dezember 2015 sei zu erkennen, dass sowohl die Zusatzvergütung als auch der Veräußerungsgewinn M GmbH als Minderung der Anschaffungskosten der Anteile an der Z GmbH in Höhe von insgesamt -191.357,60 € behandelt worden seien.

Das Finanzamt bat den Beklagten in eigener Zuständigkeit zu prüfen, inwieweit der Veräußerungsgewinn M GmbH im Rahmen des Anteilstausches zu einer sofortigen Versteuerung eines nach § 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz (EStG) Veräußerungsgewinns bei der Klägerin in 2015 führt.

Des Weiteren war das Finanzamt der Auffassung, dass die zum 1. Januar 2017 erfolgte Veräußerung der Anteile an der Z GmbH ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstelle und zur Versteuerung eines Einbringungsgewinns II bei der Klägerin zum 31. Dezember 2014 führe. Dazu habe die dortige Betriebsprüfung ein Wertgutachten über den Unternehmenswert der Y GmbH zum 31. Dezember 2014 erfordert. Dieses war dem blauen Aktenvermerk beigefügt. Danach ergibt sich ein Unternehmenswert der Y GmbH in Form des Ertragswertes auf den 30. Dezember 2014 in Höhe von 4.446.000 €. Wegen der Einzelheiten wird auf das Wertgutachten Bezug genommen.

Mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2019 übersandte das Finanzamt einen korrigierten blauen Aktenvermerk.

Darin revidierte das Finanzamt seine Rechtsauffassung zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II. Denn der Verkauf der Anteile der Klägerin an der Z GmbH in 2017 sei nicht unter die Sanktionsvorschrift des § 22 Abs. 2 UmwStG (Verkauf innerhalb von 7 Jahren nach Anteilstausch) zu subsumieren. Ein Einbringungsgewinn II entstünde nur, wenn die Z GmbH als neuer Gesellschafter der Y GmbH den Anteil innerhalb von 7 Jahren veräußert hätte. Dies sei jedoch aufgrund der erfolgten Aufwärtsverschmelzung obsolet.

Der Beklagte informierte die damaligen Prozessbevollmächtigten und bat um Mitteilung, inwieweit die erfolgten Zusatzleistungen im Rahmen der Einbringung zu einer Versteuerung in 2015 führen. Des Weiteren gab der Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich des Veräußerungsgewinns in 2017, da nach den Kontrollmitteilungen des Finanzamts der Veräußerungspreis 3.136.000 € und der gemeine Wert der Y GmbH auf den 30. Dezember 2014 laut Wertgutachten 4.446.000 € betragen habe.

Daraufhin korrigierten die damaligen Prozessbevollmächtigten ihre bisherige Rechtsauffassung und kamen zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um einen Einbringungsgewinn II, sondern um einen Einbringungsgewinn I i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UmwStG handele.

Die Zusatzvergütung (80.690,54 €) und der Veräußerungsgewinn M GmbH (115.204,55 €) führten nach Auffassung der damaligen Prozessbevollmächtigten nicht zu einer weiteren Versteuerung im Jahr 2015. Die Klägerin habe nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b) UmwStG neben den neuen Anteilen an der Z GmbH eine sonstige Gegenleistung erhalten, die den Buchwert der Beteiligung an der Y GmbH nicht überschreite. Der Buchwert der Beteiligung an der Y GmbH habe zum 31.Dezember 2014 351.910 € betragen. Die im Jahr 2015 erhaltenen Gegenleistungen hätten den zu Buchwerten getauschten Beteiligungsansatz an der Z GmbH gemindert, sodass diese Beteiligung zum 31. Dezember 2015 mit einem Buchwert von 160.522,40 € (unter Berücksichtigung von weiteren Anschaffungsnebenkosten) ausgewiesen werde.

Für die Bewertung der Anteile mit dem gemeinen Wert auf den 31. Dezember 2014 sei auf den mit Schreiben vom 23. Januar 2019 mitgeteilten Wert von 2.267.116 € abzustellen. Diese Bewertungsmethode sei zwischen den Parteien auch für die Ermittlung des Tauschverhältnisses für den Anteilstausch zugrunde gelegt worden. Es handele sich daher um eine Kaufpreisfindung unter fremden Dritten, sodass der Unternehmenswert nach Ertragswertverfahren nicht zu berücksichtigen sei.

Die Stellungnahme der damaligen Prozessbevollmächtigten übersandte der Beklagte an das Finanzamt mit der Bitte um Stellungnahme. Dieses holte vom dortigen Landesamt für Steuern eine Stellungnahme ein:

Danach handele es sich bei der zum 30. Dezember 2014 erfolgten Einbringung der Anteile an der Y GmbH in die Z GmbH um einen qualifizierten Anteilstausch im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, wobei die eingebrachten Anteile grundsätzlich zum gemeinen Wert anzusetzen seien. Vorliegend sei jedoch aufgrund des fristgerechten Antrags der Klägerin der Ansatz der eingebrachten Anteile mit dem Buchwert möglich. Da die erhaltenen sonstigen Gegenleistungen mit 195.894,59 € weniger als der Buchwert der Anteile mit 351.910 € betrögen, sei § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG nicht einschlägig, sodass die Z GmbH die eingebrachten Anteile zum Buchwert ansetzen könne.

Der Wertansatz der eingebrachten Anteile an der Z GmbH gelte für die Klägerin als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und zugleich als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile an der Z GmbH, § 21 Abs. 2 UmwStG. Der gemeine Wert der erhaltenen Gegenleistungen (195.894,59 €) mindere die Anschaffungskosten der Klägerin für die erhaltenen Anteile, § 21 Abs. 2 Satz 6, § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG. Die im Zuge der Einbringung entstandenen Beratungskosten in Höhe von 4.536,99 € stellten Einbringungskosten dar, die keine Auswirkung auf die Anschaffungskosten der Anteile hätten, sondern bei der Klägerin bei Einbringung zum Buchwert zu einem Einbringungsverlust führten. Entsprechend seien die Anteile an der Z GmbH bei der Klägerin mit einem Wert von 156.015,41 € (Buchwert 351.910 € abzgl. Gegenleistungen 195.894,59 €) anzusetzen.

Die eingebrachten Anteile an der Y GmbH seien bei der Z GmbH sperrfristverhaftet nach § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, da die Veräußerung der Anteile an der Y GmbH bei dieser nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei wäre, da die Kommanditisten der Klägerin ausschließlich natürliche Personen seien.

Ein Einbringungsgewinn I könne bei einem Anteilstausch nicht entstehen, da der Anteilstausch nach § 21 UmwStG nicht in den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 UmwStG falle.

Ein Einbringungsgewinn II bei einem Anteilstausch nach § 21 UmwStG könne nur entstehen, wenn die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile veräußere oder ein Ersatzrealisationstatbestand erfülle. Veräußere der Einbringende die erhaltenen Anteile führe dies aber nie zu einem Einbringungsgewinn II.

Die Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH sei als Veräußerung zu beurteilen. Die Z GmbH habe zum 2. Januar 2015 die im Rahmen eines Anteilstauschs zum Buchwert erhaltenen Anteile an der Y GmbH innerhalb von 7 Jahren nach dem Einbringungsstichtag (31.12.2014) veräußert und der Veräußerungsgewinn wäre im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen. Daher sei rückwirkend zum 31. Dezember 2014 ein Einbringungsgewinn II zu versteuern nach § 22 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Die Veräußerung der eingebrachten Anteile (hier also die Aufwärtsverschmelzung) gelte als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Da das Jahr 2014 bereits abschließend durch eine Betriebsprüfung geprüft worden sei, könne der Bescheid für 2014 aufgrund des rückwirkenden Ereignisses nur bis zum 31. Dezember 2019 geändert werden, § 175 Abs. 1 S. 2, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO.

Der Einbringungsgewinn II ermittele sich nach § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG unter Beachtung, dass der Wertansatz der erhaltenen Anteile (156.015,41 €) um den gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen (195.894,59 €) auf 351.910 € zu erhöhen sei. Dabei legte das Landesamt für Steuern als gemeinen Wert der Anteile den Ertragswert laut Gutachten zur Unternehmensbewertung zugrunde:

 

Gemeiner Wert Y-GmbH 2014

 

4.446.000,00 €

abzgl. Wert der erhaltenen Anteile 31.12.2014

-351.910,00 €

 

abzgl. Beratungskosten

-4.536,99 €

 

Zwischensumme

-356.446,99 €

4.089.553,01 €

Verringerung um je 1/7 je abgelaufenes Zeitjahr seit Einbringung

0,00 €

Einbringungsgewinn II in 2014

 

4.089.553,01 €

 

Die Kosten des Vermögensübergangs seien bereits im Rahmen der Einbringungsgewinnbesteuerung berücksichtigt worden. Um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden, seien diese dem laufenden Gewinn des Jahres 2014 bei der Klägerin hinzuzurechnen.

Der zu versteuernde Einbringungsgewinn II erhöhe die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile an der Z GmbH. Diese hätten ohne Einbringungsgewinn 156.015,41 € betragen und erhöhten sich um den Einbringungsgewinn II auf 4.245.568,42 €. Dies habe zur Folge, dass sich der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH in 2017 entsprechend mindere.

Auf entsprechenden ausdrücklichen Hinweis des Finanzamts, dass nur noch bis zum 31. Dezember 2019 eine Änderung der Bescheide für 2014 möglich sei, erließ der Beklagte am 19. Dezember 2019 jeweils nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung und des verrechenbaren Verlusts sowie den Gewerbesteuermessbetrag 2014. Darin erfasste der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie folgt:

 

laufende Einkünfte nach Quote

1.493.586,77 €

zzgl. Beratungskosten aus Einbringung

4.536,99 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

1.351,58 €

Zwischensumme laufende Einkünfte

1.499.475,34 €

Veräußerungsgewinn (Einbringungsgewinn II)

4.089.553,01 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

5.589.028,35 €

 

Nach Anwendung von § 15a EStG ergaben sich danach laufende steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 886.629,12 €.

In den Erläuterungen zu den Bescheiden gab der Beklagte an, dass der jeweilige Bescheid ausschließlich wegen eines in 2015 eingetretenen rückwirkenden Ereignisses geändert werde. Zudem verwies der Beklagte zur Begründung der Änderung auf eine den Bescheiden jeweils beigefügte Anlage. Diese entsprach inhaltlich der Stellungnahme des Landesamts für Steuern. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die vorgenannte Stellungnahme des Landesamts für Steuern sowie auf die Anlage zum Bescheid vom 19. Dezember 2014 Bezug genommen.

Einspruch gegen Änderungsbescheide 2014:

Dagegen legte die Klägerin am 23. Januar 2020 Einspruch ein. Darin wandte sie sich einerseits gegen die Höhe des gemeinen Werts der Anteile an der Y GmbH und führte weiterhin an, dass der zwischen der Z GmbH und der Klägerin im Rahmen des Anteilstauschs zugrunde gelegte Wert nach EBITA x Faktor 6 x Beteiligungsquote der Klägerin an der Y GmbH zugrunde zu legen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Call-/Put-Option Vertrag, welcher ebenfalls am 30. Dezember 2014 zwischen der Klägerin und der XYZ AG als Mitgesellschafterin der Z GmbH geschlossen worden war. Wegen der Einzelheiten wird auf den Call-/Put-Option Vertrag Bezug genommen.

Entsprechend sei der gemeine Wert - wie bislang auch dargelegt - mit 2.267.116 € zu berücksichtigen.

Eine Erhöhung des laufenden Gewinns 2014 um die Beratungskosten sei nicht vorzunehmen. Denn nach den Berechnungen zum Einbringungsgewinn seien diese Kosten dort mindernd berücksichtigt worden. Durch die Hinzurechnung der Kosten beim laufenden Gewinn wären die Beratungskosten dann aber in Gänze unberücksichtigt geblieben.

Dass die Aufwärtsverschmelzung einen Einbringungsgewinn II auslöse, sei nicht nachvollziehbar. Nach der zum Zeitpunkt der Einbringung und der Verschmelzung geltenden Rechtsprechung sei die Aufwärtsverschmelzung nicht als Veräußerung behandelt worden.

Ungeachtet dessen sei eine Änderung des Bescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht möglich. Denn dies sei nur zulässig, wenn das rückwirkende Ereignis nachträglich, also nach Entstehung des Steueranspruchs und nach dem Erlass des zuletzt erlassenen Änderungsbescheides eingetreten sei. Mit dem Bescheid vom 9. Mai 2017 sei nach der erfolgten Betriebsprüfung der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden. Die Aufwärtsverschmelzung als - nach Auffassung des Beklagten - rückwirkendes Ereignis sei aber bereits im Jahr 2015 eingetreten und liege daher zeitlich vor dem letzten Änderungsbescheid vom 9. Mai 2017.

1. Abhilfe Änderungsbescheide 2014

Mit Bescheid vom 4. März 2020 änderte der Beklagte die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des Gewerbesteuermessbetrags 2014. Die Bescheidänderung erfolgte ausweislich der Erläuterung im Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses in 2017. In dem Feststellungsbescheid stellte der Beklagte nunmehr folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest:

 

laufende Einkünfte nach Quote

1.493.586,77 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

1.351,58 €

Zwischensumme laufende Einkünfte

1.494.938,35 €

Veräußerungsgewinn (Einbringungsgewinn II)

1.504.688,29 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

2.999.626,64 €

 

Den Gewerbesteuermessbescheid 2014 änderte der Beklagte ebenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und setzte darin einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 28.626 € fest.

Die Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2014 erfolgte nach § 35b Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG. Ebenfalls durch Bescheid vom 4. März 2020 hob der Beklagte den Bescheid vom 27. Dezember 2019 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2014 nach § 35b Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG auf.

Da der Einbringungsgewinn II nunmehr entsprechend der Werte der Prozessbevollmächtigten berücksichtigt worden war und eine Erhöhung des laufenden Gewinns um die Beratungskosten nicht mehr erfolgte, sah der Beklagte den Einspruch jeweils als erledigt an.

Einspruch gegen Abhilfebescheide 2014:

Gegen die Änderungsbescheide vom 4. März 2020 legte die Klägerin Einspruch ein. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei nicht zulässig. Der Beklagte sehe das rückwirkende Ereignis nunmehr in der im Jahr 2017 erfolgten Veräußerung der Anteile an der Z GmbH an. Dieses Ereignis habe aber bereits vor der letztmaligen Änderung der Bescheide am 19. Dezember 2019 gelegen und könne daher kein rückwirkendes Ereignis sein. Die Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden löse keinen Einbringungsgewinn II aus. Vielmehr sei der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile im Jahr der Veräußerung, mithin in 2017, nach Abzug einer § 6b EStG-Rücklage zu berücksichtigen.

2. Abhilfe Änderungsbescheid 2014:

Daraufhin änderte der Beklagte die angefochtenen Bescheide erneut durch Änderungsbescheide vom 30. April 2020. Die Änderung der gesondert und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erfolgte nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Darin berücksichtigte der Beklagte nunmehr wieder die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie ursprünglich erklärt in folgender Höhe:

 

laufende Einkünfte nach Quote

1.493.586,77 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

1.351,58 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

1.494.938,35 €

 

Ein Einbringungsgewinn II war demnach gar nicht mehr enthalten.

Der Beklagte erließ am 30. April 2020 einen neuen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts in Höhe von 60.332 € und änderte den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2014 ebenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, sodass sich wieder ein Gewerbesteuermessbetrag von 0,00 € ergab.

3. Einspruch gegen erneut geänderten Bescheid 2014:

Auch gegen diese Änderungsbescheide legte die Klägerin am 25. Mai 2020 Einspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass sie zunächst die abschließende Veranlagung des Jahres 2017 abwarten wolle. Des Weiteren waren die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Auffassung, dass durch die ergangenen Änderungsbescheide nicht darüber entschieden worden sei, ob eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO überhaupt zulässig war. Daher sei das Einspruchsverfahren nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten noch nicht erledigt.

Veranlagung 2017

Mit Bescheid vom 27. August 2020 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2017 gesondert und einheitlich fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO. Darin stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend der eingereichten Feststellungserklärung und den mit Schreiben vom 23. Januar 2019 erfolgten Erläuterungen wie folgt fest:

 

laufende Einkünfte nach Quote

0,00 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

160.121,87 €

Zwischensumme laufende Einkünfte

160.121,87 €

Veräußerungsgewinn

335.505,11 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

495.626,98 €

 

Mit Bescheid vom selben Tage, welcher ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetrag 2017 in Höhe von 10.269 € fest.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 28. September 2020 Einspruch ein und beantragte die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung.

Rücknahme Einspruch 2014

Mit weiterem Schreiben vom selben Tage nahm die Klägerin den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 2014, den Gewerbesteuermessbescheid 2014, die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2014 zurück.

Aufgrund Prüfungsanordnung vom 20. Januar 2021 führte der Beklagte in der Zeit vom 1. März bis 8. November 2021 bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung betreffend gesondert und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG für 2017 bis 2019 durch.

Der Betriebsprüfer prüfte u.a. die Voraussetzungen der erfolgten § 6b EStG Rücklage im Hinblick auf den Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass § 6b Abs. 10 EStG in der Fassung vom 2. November 2015 zur Anwendung komme und die Bildung der Rücklage in Höhe von 500.000 € nicht zu beanstanden sei. Ferner sei bei der Berechnung der Haltefrist nach § 6b Abs. 10 Satz 4 EStG die Besitzzeit der Anteile der Klägerin an der Y GmbH nach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG anzurechnen, da die Anteile an der Z GmbH im Rahmen eines steuerneutralen Anteilstauschs erworben worden waren.

Des Weiteren stellte der Betriebsprüfer fest, dass von dem für den Verkauf der Anteile an der Z GmbH vereinbarten Verkaufspreis nur die erste Rate in Höhe von 2.500.745,80 € gezahlt und in den Erlösen aus dem Verkauf von Finanzanlagen erfasst worden war.

Der erfolgten Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus der Anteilsveräußerung der Z GmbH folgte der Betriebsprüfer jedoch nicht. Er stellte fest, dass ein Einbringungsgewinn II im letzten Feststellungsbescheid 2014 vom 30. April 2020 nicht (mehr) enthalten war und diese Bescheide nach der erfolgten Einspruchsrücknahme seit dem 28. September 2020 bestandskräftig seien. Zwar löse nach der im Jahr 2018 ergangenen Rechtsprechung des BFH eine Aufwärtsverschmelzung der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs eingebrachten Gesellschaft (hier der Y GmbH auf die Z GmbH) einen Einbringungsgewinn II aus. Diese Rechtsprechung sei jedoch erst nach der im Jahr 2015 erfolgten Verschmelzung ergangen. Eine diesbezügliche Berichtigung der Bescheide für 2014 sei nicht mehr möglich. Entsprechend sei im Jahr 2014 kein Einbringungsgewinn II zu versteuern. Dies habe zur Folge, dass auch im Jahr 2017 bei der erfolgten Veräußerung auch keine um den Einbringungsgewinn II erhöhten Anschaffungskosten der Anteile an der Z GmbH zu berücksichtigen seien. Vielmehr seien nur die Anschaffungskosten der Anteile an der Z GmbH, welche dem Buchwert der eingebrachten Anteile an der Y GmbH abzüglich erhaltener Gegenleistungen entsprechen, in Abzug zu bringen.

Demnach ermittelte der Betriebsprüfer den Veräußerungsgewinn 2017 wie folgt:

 

Verkaufspreis Anteile

 

2.500.745,80 €

abzgl. Anschaffungskosten

 

 

Buchwert Y GmbH

351.910,00 €

 

abzgl. erhaltene Gegenleistungen

-195.894,59 €

 

zzgl. Nebenkosten(Beratungskosten)

4.537,00 €

 

 

 

-160.552,41 €

Gewinn aus Veräußerung Anteile Z-GmbH

 

2.340.193,39 €

Rücklage § 6b EStG

 

-500.000,00 €

Gewinn (Teileinkünfteverfahren, § 3 Nr. 40 EStG)

 

1.840.193,39 €

 

Im Rahmen der Schlussbesprechung erläuterte der Betriebsprüfer dieses Ergebnis. Der Geschäftsführer der Klägerin, X, erwiderte, dass er sich ungerecht behandelt fühle. Denn es sei seitens des Beklagten bis heute keine schriftliche Mitteilung zu seinen Einsprüchen erfolgt, vielmehr seien lediglich jeweils geänderte Bescheide ergangen. Korrekterweise müsse in 2014 ein Einbringungsgewinn II versteuert werden, dafür dann aber in 2017 erhöhte Anschaffungskosten gewährt werden. Er habe den Einbringungsgewinn auch jeweils entsprechend erklärt und sogar die entsprechend dafür eigentlich anfallenden Steuern auch ohne Bescheid vorsorglich an den Beklagten gezahlt.

Dazu entgegneten der Prüfer und die Vertreterin des Beklagten, dass das Jahr 2014 nicht mehr angepasst werden könne, eine Doppelbegünstigung (keine Versteuerung Einbringungsgewinn II und dennoch erhöhte Anschaffungskosten) widerspreche dem generellen steuerlichen Grundgedanken. Dies zeige auch ein Urteil des BFH vom 13. April 2010 (IX R 22/9). Dies sei zwar zu § 17 EStG ergangen, es sei aber klar zu erkennen, dass erhöhte Anschaffungskosten nur dann anerkannt würden, wenn auch die entsprechenden stillen Reserven aufgedeckt und versteuert wurden.

Die damaligen Prozessbevollmächtigten nahmen zum Entwurf des Betriebsprüfungsberichts Stellung. § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG enthalte eine Fiktion. Daher führe der Einbringungsgewinn II zwingend zu nachträglichen Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Dies gelte nach einhelliger Auffassung in der Literatur unabhängig davon, ob die Steuer auf den Einbringungsgewinn entrichtet wurde oder nicht. Ein entsprechender Nachweis oder Antrag sei nicht erforderlich. Daher komme es auch nicht darauf an, ob der Einbringungsgewinn II in den Steuerbescheiden enthalten ist oder nicht.

Das Argument, die Bestandskraft der Bescheide für 2014 hindere den Ansatz der nachträglichen Anschaffungskosten, greife nicht. Denn die nachträglichen Anschaffungskosten seien als Bilanzierungsfehler notwendig von Amts wegen zu korrigieren. Die nachträglichen (fiktiven) Anschaffungskosten seien von Amts wegen zu berücksichtigen und hätten in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 2014 eingebucht werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, sei die Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2014 fehlerhaft. Die Zubuchung des Einbringungsgewinns II zu den Anschaffungskosten habe keine Gewinnauswirkung, denn letztere entstehe durch den Ansatz des Einbringungsgewinns als solchem. Demnach handele es sich bei der unterlassenen Zubuchung der nachträglichen Anschaffungskosten um einen Bilanzierungsfehler ohne Gewinnauswirkung. Ein solcher Bilanzierungsfehler sei an der Fehlerquelle -und wenn das nicht mehr möglich ist - in der Anfangsbilanz eines Folgejahres gewinnneutral zu korrigieren. Wenn demnach die Änderung der Veranlagung 2014 verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist, müsse die Korrektur in der ersten offenen Eröffnungsbilanz und damit spätestens zum 1. Januar 2017 erfolgen, sodass die nachträglichen Anschaffungskosten den Veräußerungsgewinn 2017 mindern.

Der Beklagte folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ am 7. März 2022 jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts 2017 sowie über den Gewerbesteuermessbetrag 2017.

Darin berücksichtigte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie folgt:

 

laufende Einkünfte nach Quote

0,00 €

Gewinn aus Gesamthandsbilanz nicht nach Quote verteilt

160.121,87 €

Zwischensumme laufende Einkünfte

160.121,87 €

Veräußerungsgewinn

1.840.193,39 €

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

2.000.315,26 €

 

Dagegen - sowie gegen die ebenfalls am 7. März 2022 - ergangenen Bescheide betreffend die Jahre 2015 und 2016 legte die Klägerin am 24. März 2022 Einspruch ein. Die nachträglichen Anschaffungskosten, die aus dem Einbringungsgewinn II aufgrund der Aufwärtsverschmelzung resultieren, seien auch bei fehlender Versteuerung des Einbringungsgewinns II bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns in Abzug zu bringen.

Im Übrigen wiederholte die Klägerin ihre bereits im Rahmen der Betriebsprüfung vorgebrachte Argumentation.

Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Aufwärtsverschmelzung mit handelsrechtlicher Wirkung zum 1. Januar 2015 rückwirkend zu einem Einbringungsgewinn II in folgender Höhe geführt habe:

 

Gemeiner Wert Y GmbH 2014

 

2.267.116,00 €

abzgl. Buchwert Anteile 31.12.2014

-351.910,00 €

 

zzgl. Gegenleistung der Z-GmbH

 

 

 

Zusatzvergütung Einbringungsvertrag

50.000,00 €

 

 

 

30.690,54 €

 

 

Veräußerungserlös M-GmbH

115.204,05 €

 

abzgl. Beratungskosten

-4.536,99 €

 

Zwischensumme

-160.552,40 €

-160.552,40 € €

Einbringungsgewinn II

 

2.106.563,60 € €

 

 

 

 

Das von der Betriebsprüfung zitierte Urteil des BFH (IX R 22/09) betreffe die Frage der teleologischen Auslegung des Anschaffungskostenbegriffs. Im hier zu entscheidenden Fall der Klägerin gehe es aber nicht um eine solche Auslegung, sondern um die dem Wortlaut nach eindeutige Fiktion der Anschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG.

Insoweit sei auch nach der Rechtsprechung des BFH zu beachten, dass bei dem Einsatz einer Fiktion keine Richtigkeitskontrolle mehr zu erfolgen habe. Wähle der Gesetzgeber die Fiktion liege darin die Anordnung, einen bestimmten Sachverhalt ohne weitere Prüfung zu unterstellen, auch wenn tatsächlich der Sachverhalt unklar ist oder möglicherweise entgegen der gesetzlichen Fiktion nicht vorliege (BFH, Beschluss vom 19. Dezember 2017 I R 111/05, BStBl. II 2008, 536). Auch aus dem Urteil des BFH vom 26. Oktober 2021 IX R 13/20, IStR 2022, 137 zur Aufstockung von Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG im Zuzugsfall nach Entstrickungsbesteuerung im Wegzugsstaat ergebe sich, dass der BFH einen gesetzgeberischen Anknüpfungspunkt für das Erfordernis einer tatsächlichen Besteuerung verlange, wenn der Wortlaut der Norm verlange, dass der Wegzug einer Besteuerung „unterlegen“ hat. Dies sehe der BFH im Fall des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG in dem Verweis auf § 6 Außensteuergesetz als gegeben an.

Eine vergleichbare Regelungstechnik fehle aber in § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG.

Ferner sei zu beachten, dass aufgrund des klaren Wortlauts in § 23 Abs. 2 Satz 1 UmwStG kein Anhaltspukt für eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gegeben sei. Vielmehr habe dem Gesetzgeber vor Augen gestanden, in welchen Fällen es auf die tatsächliche Besteuerung des Einbringungsgewinns ankommen soll. Im Umkehrschluss folge daraus, dass es in allen anderen Fällen auf die tatsächliche Besteuerung gerade nicht ankomme, sondern die Fiktion uneingeschränkt greife.

Auch verfahrensrechtlich seien die nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Denn die nachträglichen Anschaffungskosten müssten kraft Gesetzes berücksichtigt werden, indem sie in dem Veranlagungszeitraum, in welchem der Einbringungszeitpunkt lag, in die Steuerbilanz hätten eingebucht werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, sei die Steuerbilanz der Klägerin fehlerhaft. Es handele sich um einen Bilanzierungsfehler ohne Gewinnauswirkung. Diese müssten an der Fehlerquelle - oder wenn dies nicht mehr möglich sei - in der Anfangsbilanz des nächsten verfahrensrechtlich offenen Folgejahres gewinnneutral korrigiert werden. Da hier eine Änderung der Veranlagung 2014 nicht mehr möglich sei, müsse die Korrektur in der ersten offenen Anfangsbilanz erfolgen. Daher richte sich der Einspruch vorsorglich auch gegen die Bescheide der Veranlagungszeiträume 2015 und 2016. Allerspätestens sei die Korrektur aber in der Eröffnungsbilanz 2017 vorzunehmen, sodass die nachträglichen Anschaffungskosten den Veräußerungsgewinn im Veranlagungszeitraum 2017 minderten.

Demnach ergebe sich folgender Veräußerungsgewinn im Jahr 2017:

 

Verkaufspreis Anteile

2.500.745,80 €

abzgl. Anschaffungskosten

-160.552,41 €

abzgl. Einbringungsgewinn II

-2.106.563,60 €

Gewinn aus Veräußerung Anteile Z-GmbH

233.629,79 €

Rücklage § 6b EStG

-233.629,79 €

Veräußerungsgewinn

0,00 €

 

Eine Entscheidung über den Einspruch erfolgte bislang nicht.

Die Einsprüche gegen die Bescheide 2015 und 2016 sind laut telefonischer Auskunft des Beklagten bislang nicht begründet worden. Eine Entscheidung über diese Einsprüche erfolgte bislang nicht.

Die Klägerin erhob daher am 23. Dezember 2022 wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2017, wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2017 und wegen Gewerbesteuermessbetrag 2017 Untätigkeitsklage bei dem Niedersächsischen Finanzgericht.

Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren fort.

Ergänzend erläutert sie zum Sachverhalt, dass X die berechneten Einkommensteuern (313.836 €) und Gewerbesteuern (111.654 €) bereits im März 2019 vor Ergehen eines Steuerbescheides für das Jahr 2014 an den Beklagten bzw. die Stadt entrichtet habe um die Verzinsung der sich aus der Besteuerung ergebenden Steuernachzahlung zu vermeiden. Eine Stellungnahme seitens des Beklagten aufgrund des angezeigten Einbringungsgewinns für das Jahr 2014 sei nicht erfolgt. Mit diversen Änderungsbescheiden für den Veranlagungszeitraum 2014 sei letztendlich final die Versteuerung des Einbringungsgewinns durch den Beklagten aufgehoben und die vorab entrichtete Steuer im Juni 2020 an X erstattet worden. X sei zunächst davon ausgegangen, dass dann wohl eine Versteuerung des Gewinns im Jahr 2017 erfolgen müsse. Im Juli 2020 seien daraufhin die vom Beklagten bzw. der Stadt erstatteten Steuerbeträge mit dem Hinweis, dies auf die Steuerkonten des Veranlagungszeitraums 2017 zu verbuchen, wieder zurücküberwiesen worden.

Die nunmehr erfolgte Untätigkeitsklage sei zulässig.

Denn über den fristgemäß eingelegten Einspruch sei seit mehr als sechs Monaten ohne zureichenden Grund nicht entschieden worden. Der Rechtsstreit drehe sich allein um die Rechtsfrage, ob die Fiktion des § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG dazu zwinge die Anschaffungskosten um einen Einbringungsgewinn II zu erhöhen, unabhängig davon, ob dieser versteuert worden ist. Nach Auffassung der Klägerin ergebe sich dies zwingend aus § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG.

Unstrittig habe die Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH nach der von der Finanzverwaltung anerkannten Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 24. Januar 2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, 45) zu einem Einbringungsgewinn II geführt, der rückwirkend auf den Einbringungszeitpunkt zu einem nachträglichen Ansatz der gemeinen Werte führt (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG).

Das seitens der Betriebsprüfung zitierte Urteil des BFH vom 13. April 2010, IX R 22/09, behandele die Frage der teleologischen Auslegung des Begriffs der Anschaffungskosten im Rahmen der Rechtsprechung. Vorliegend gehe es jedoch nicht um die Begrenzung der teleologischen Auslegung des Anschaffungskostenbegriffs bezogen auf den Wert einer früheren Entnahme (mit der Zielsetzung, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden), wenn die Entnahme nicht besteuert wurde, sondern um die dem Wortlaut nach eindeutige gesetzliche Fiktion der Anschaffungskosten in § 22 Abs. Satz 4 UmwStG.

Wie bereits im Einspruchsverfahren dargelegt, zeige die Rechtsprechung des BFH zu vergleichbaren Normen, dass im Anwendungsbereich einer Fiktion kein Raum für eine teleologische Fiktion sei. Insoweit wiederhole die Klägerin ihre Verweise auf die Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 19. Dezember 2007 - I R 111/05, DStRE 2008, 432, BStBl. 2008, 536 und Urteil vom 26. Oktober 2021 - IX R 13/20, IStR 2022, 137).

Auch ihre Argumentation zur verfahrensrechtlichen Berücksichtigung der nachträglichen Anschaffungskosten durch Korrektur eines Bilanzierungsfehlers spätestens in der Eröffnungsbilanz 2017 hält die Klägerin aufrecht und wiederholt diese im Rahmen ihrer Klagebegründung.

Soweit der Beklagte erstmals im Klageverfahren auf Rz. 23.38 des UmwSt-Erlasses verweist, sei diese Textstelle bereits nicht einschlägig. Denn diese behandele nicht nachträgliche Anschaffungskosten beim Einbringenden, sondern die Voraussetzungen der Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten bei der übernehmenden Gesellschaft im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 1 UmwStG.

Die Berichterstatterin hat die Klägerin mit Richterbrief vom 17. September 2024 darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach die Auslegung des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ergebe, dass der Gesetzgeber von einem versteuerten Einbringungsgewinn II ausgehe. Nur wenn auch tatsächlich eine Versteuerung des Einbringungsgewinns II erfolgt sei, könne dieser nach § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG zu nachträglichen Anschaffungskosten führen. Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Richterbrief Bezug genommen.

Dazu sind die Prozessbevollmächtigten der Auffassung, dass die Formulierung „zu versteuern ist“ keinen sprachlichen Hinweis auf das Erfordernis eines Feststellungsverfahrens und keinen Anhaltspunkt für die Differenzierung zwischen Feststellungs- und Erhebungsverfahren enthalte. Auch in der Literatur werde eine solche Differenzierung nicht vorgenommen. Der Wortlaut „zu versteuern ist“ enthalte nur einen Besteuerungsbefehl. Es werde in § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG schlicht geregelt, welcher Sachverhalt nachträglich als Einbringungsgewinn II einer Besteuerung unterworfen werden soll.

Auch die geschichtliche Entwicklung des § 22 Abs. 1 UmwStG und die zugehörigen Gesetzgebungsmaterialien zeigten, dass dem Gesetzgeber die Differenzierung zwischen Auslösung des Besteuerungstatbestands und Steuerentrichtung klar gewesen sei. Der Gesetzgeber gehe zutreffend davon aus, dass im Besteuerungsverfahren durch Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung eine gesetzeskonforme Versteuerung stattfindet.

Aus der Formulierung „zu versteuern ist“ ergebe sich nur, dass eine rückwirkende Besteuerung gewollt und verfahrensrechtlich abgesichert werden sollte. Wenn man die effektive Steuererhebung in den Tatbestand „zu versteuern ist“ als implizites Tatbestandsmerkmal hineinlesen wollte, hätte es der Fiktion nachträglicher Anschaffungskosten in § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG auch nicht bedurft. Eine Fiktion wäre schlicht überflüssig, weil der Begriff der nachträglichen Anschaffungskosten in der Rechtsprechung des BFH eine Berücksichtigung der gezahlten Steuern bereits erlauben würde. Die Fiktion des § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, die ohne jede Einschränkung erfolgt, zeige, dass eine „Hinein-Interpretation“ eines Teilelements des effektiven Besteuerungsverfahrens als „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ nicht gewollt sei. Das gesetzgeberische Mittel der Fiktion sei auch ein Merkmal einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers. Erfolge eine solche Fiktion ohne Differenzierung, spreche dies für eine umfassende Fiktion (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2024 8 K 2849/17, EFG 2024, EFG 2024, 1416). Das vom Gericht erwogene Argument, dass der Gesetzgeber grundsätzlich „auch tatsächlich zu einer Versteuerung des Einbringungsgewinns II gelangen möchte“ sei eine Tautologie. Der Steuergesetzgeber wolle stets eine Versteuerung, weil Steuertatbestände ohne daraus resultierende Steuereinnahmen aus fiskalischer Sicht sinnlos seien. Die Frage laute aber, ob der Begriff des Einbringungsgewinns II bereits tatbestandlich ein prozedurales Element enthält, nämlich, dass eine Steuerfestsetzung erfolge.

Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG vorliegen, spreche man - zusammengefasst durch den Klammerzusatz - von einem Einbringungsgewinn II. Ob es zu einer (richtigen oder unzutreffenden) Steuerfestsetzung kommt, sei daher unerheblich für die Frage, ob ein Einbringungsgewinn II im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG vorliege.

Einer Interpretation im Sinne einer auf die Sicherstellung des Besteuerungsergebnisses gerichteten Auslegung habe sich der BFH in seinem Urteil vom 18. November 2020 I R 25/18, BStBl II 2021, 732 bezogen auf die Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO im Ergebnis nicht angeschlossen.

Selbst wenn man sich der Argumentation in dem Hinweis des Gerichts anschlösse und (jedenfalls) für das Vorliegen eines Einbringungsgewinns II fordere, dass ein Steuerfestsetzungsverfahren erfolgt sei, das den Einbringungsgewinn II berücksichtigt, sei hier zu berücksichtigen, dass ein solches in Form mehrerer Bescheide stattgefunden habe, nur aus nicht nachvollziehbaren Gründen nach mehreren zu hohen Wertansätzen auch nicht mit dem richtigen Ergebnis.

Nach Auffassung von X seien die letzten Änderungsbescheide zur einheitlich und gesonderten Feststellung und zum Gewerbesteuermessbetrag vom 30. April 2020 betreffend die Veranlagung 2014 nichtig. In diesen Bescheiden sei der Einbringungsgewinn II bewusst gar nicht mehr durch den Beklagten berücksichtigt worden. Die Nichtigkeit dieser Bescheide führe dazu, dass die vorherigen Änderungsbescheide jeweils vom 4. März 2020, in welchen der Einbringungsgewinn II im Jahr 2014 mit 1.504.688,29 € berücksichtigt worden war, weiterhin Geltung haben. Demnach sei der Einbringungsgewinn II dann im Rahmen der Steuerfestsetzung 2014 berücksichtigt worden und sei demnach auch als erhöhte Anschaffungskosten bei der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH im Jahr 2017 zu berücksichtigen, auch wenn zwischenzeitlich für 2014 ggf. bereits Zahlungsverjährung eingetreten sein sollte.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide jeweils vom 7. März 2022 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes für das Jahr 2017, den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2017 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn der Klägerin aus der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH auf 0 € gemindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt weiterhin die im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Rechtsauffassung und macht diese zum Gegenstand der Klageerwiderung.

Ergänzend führt der Beklagte aus, dass die Klägerin zwar beantragt habe, im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns 2017 die um den Einbringungsgewinn erhöhten Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Gleichzeitig habe sie aber im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO für 2014 die formelle Änderungsmöglichkeit bestritten und den letztendlich daraufhin ergangenen Änderungsbescheid ohne Ansatz des Einbringungsgewinns II durch Rücknahme des Einspruchs bestandskräftig werden lassen.

Die durch eine Anerkennung von erhöhten nachträglichen Anschaffungskosten aus einem (unversteuerten) Einbringungsgewinn II ausgelöste Doppelbegünstigung der Klägerin widerspreche steuerlichen Grundgedanken. Dem klägerischen Argument, die Nichtnennung der tatsächlichen Versteuerung des Einbringungsgewinn II im Gesetz als Tatbestandsmerkmal für eine Anerkennung von nachträglichen Anschaffungskosten sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für eine mögliche Doppelbegünstigung, könne nicht gefolgt werden.

In der Tz. 22.38 des BMF-Schreibens vom 11. November 2011 (sog. Umwandlungssteuer-Erlass) werde ausgeführt, dass sich bei der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag die Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile erhöhten, wenn eine Bescheinigung hinsichtlich der Besteuerung des Einbringungsgewinns vorliege. Dadurch solle vermieden werden, dass der versteuerte Einbringungsgewinn und die Anschaffungskosten des Übernehmenden betragsmäßig auseinanderfielen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den gemeinen Wert der Anteile an der Y GmbH in Höhe von 2.267.116 € unstreitig gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des erkennenden Senats Bezug genommen.

Dem Senat haben die Steuerakten des Beklagten für 2014 und 2017 inklusive Betriebsprüfungsakten und Rechtsbehelfsvorgängen vorgelegen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf diese sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen, § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Aus den Gründen

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage ist als sogenannte Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässig.

Danach ist eine Klage abweichend von § 44 FGO auch ohne vorherigen Abschluss eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens zulässig, wenn ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist über den eingelegten außergerichtlichen Rechtsbehelf entschieden wurde. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO kann die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat gegen die am 7. März 2022 ergangenen Änderungsbescheide betreffend die gesondert und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und betreffend den Gewerbesteuermessbetrag 2017 am 24. März 2022 Einspruch eingelegt und diesen auch umfassend begründet.

Bis zur Erhebung der Klage am 23. Dezember 2022 - und damit länger als sechs Monate nach Einspruchserhebung - erfolgte keine Bearbeitung des Einspruchs. Es ist auch kein zureichender Grund ersichtlich oder wurde durch den Beklagten geltend gemacht, der ein Zurückstellen der Entscheidung über den Einspruch begründet.

Vor diesem Hintergrund ist die Klage als Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässig.

2. Die Klage ist unbegründet.

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2017 sowie über den Gewerbesteuermessbescheid 2017 jeweils vom 7. März 2022 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

Zutreffend hat der Beklagte bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung der Anteile an der Z GmbH keine um einen Einbringungsgewinn II erhöhten Anschaffungskosten berücksichtigt.

a) Zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig ist durch die Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH mit Wirkung zum 2. Januar 2015 durch die Klägerin zum 31. Dezember 2014 ein Einbringungsgewinn II nach § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG entstanden. Denn danach führt die Veräußerung von im Rahmen eines Anteilstauschs unter dem gemeinen Wert eingebrachten Anteilen durch die übernehmende Gesellschaft innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt zu einem Einbringungsgewinn II; wenn der Gewinn aus der Veräußerung der eingebrachten Anteile bei dem Einbringenden nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Veräußerung der Anteile an der Y GmbH durch die Klägerin wäre für den allein am Vermögen der Klägerin beteiligten Kommanditisten X als natürliche Person nicht nach § 8b Abs.2 KStG steuerfrei gewesen.

Nach der Rechtsprechung des BFH stellt sich die Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf ihre Muttergesellschaft, die Z GmbH, aus deren Sicht als Veräußerung der Anteile an der Y GmbH und damit als ein einen Einbringungsgewinn II auslösendes „schädliches“ Ereignis dar (BFH, Urteil vom 24. Januar 2018, I R 48/15, BFHE 261, 8, BStBl II 2019, 45).

Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und entspricht der vorgenannten Rechtsprechung des BFH, welche der erkennende Senat teilt, weshalb insoweit von weiteren Ausführungen abgesehen wird.

b) Der Einbringungsgewinn II berechnet sich nach § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG als den Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Einbringungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem der Einbringende die erhaltenen Anteile angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils 1/7 für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr.

Danach beträgt der Einbringungsgewinn II vorliegend 2.106.563 €.

Der gemeine Wert von nicht börsennotierten Kapitalgesellschaftsanteilen ist nach § 11 Abs. 2 Bewertungsgesetz durch Verkäufe, die nicht länger als 1 Jahr zurückliegen, zu ermitteln. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus solchen Verkäufen ableiten, ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. Dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. Dabei darf die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzügen (Substanzwert) der Gesellschaft nicht unterschritten werden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich der gemeine Wert der Anteile an der Y GmbH im Zeitpunkt der Einbringung, mithin am 31. Dezember 2014 - zwischen den Parteien unstreitig - mit 2.267.116 € dar.

Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Denn dieser Wert entspricht dem zwischen der Klägerin und der XYZ AG als Mitgesellschafterin der Z GmbH ausgehandelten Kaufpreis nach dem Call/Put Vertrag. Danach war die Klägerin im Fall einer Veräußerung der Anteile an der Y GmbH durch die Z GmbH innerhalb von 7 Jahren nach der erfolgten Einbringung dieser Anteile ihren dafür erhaltenen Gesellschaftsanteil an der Z GmbH an die XYZ AG zu verkaufen (sog. Put Option). Als Kaufpreisformel wurde vereinbart:

Durchschnittlicher EBITA x 6 x Anteil Klägerin.

Dabei war durchschnittlicher EBITA der Mittelwert der konsolidierten EBITA Werte der Z GmbH und ihrer Tochterfirmen für die letzten drei abgelaufenen Geschäftsjahre vor Ausübung der Put/Call-Option.

Da die Klägerin für die Sacheinlage ihrer Anteile an der Y GmbH als Gegenleistung den neuen Geschäftsanteil an der Z GmbH erhielt (sog. qualifizierter Anteilstausch) lässt sich die vorgenannte Berechnungsformel auch für die Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile an der Y GmbH zugrunde legen.

Danach errechnet sich folgender gemeiner Wert der Anteile an der Y GmbH:

 

 

2012

2013

2014

Jahresüberschuss

210.018,00 €

106.391,00 €

492.454,00 €

zzgl. Steuern

94.582,00 €

38.353,00 €

217,910,00 €

zzgl. Zinsaufwand

1.164,00 €

 

 

abzgl. Zinsertrag

-3.909,00 €

-12.007,00 €

-18.113,00 €

zzgl. Abschreibung immaterielle Vermögensgegenstände

5.289,00 €

731,00 €

695,00 €

 

307.144,00 €

133.468,00 €

692.946,00 €

Durchschnitt

377.852,67 €

 

 

x 6

2.267.116,00 €

 

 

 

Auch der Vergleich mit dem in 2012 - damit länger als 1 Jahr zurückliegendem - erfolgten Ankauf weiterer Anteile an der Y GmbH vom damaligen Mitgesellschafter im Umfang von 25,98 % für einen Kaufpreis von 300.000 € zeigt, dass dieser vorgenannte Betrag nicht zu niedrig angesetzt ist. Denn unter Zugrundlegung von 300.000 € für Geschäftsanteile von 25,98 % ergibt sich rechnerisch ein Kaufpreis für 100 % der Geschäftsanteile von 1.154.887,22 €.

Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungspreis der erhaltenen Anteile. Soweit von der übernehmenden Gesellschaft neben den gewährten Anteilen auch andere Wirtschaftsgüter gewährt werden, ist deren gemeiner Wert bei der Bemessung der Anschaffungskosten der erhaltenen Gesellschaftsanteile abzuziehen, § 21 Abs. 2 Satz 6, § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG.

Vorliegend betrug der Buchwert der Anteile an der Y GmbH nach den Feststellungen der Betriebsprüfung zum 31. Dezember 2014 351.910 €. Im Rahmen der Einbringung hat die Klägerin von der Z GmbH weitere Nebenleistungen erhalten und zwar eine Zusatzvergütung in Höhe von 80.690,54 € sowie den Veräußerungserlös aus der im Jahr 2015 erfolgten Veräußerung der Anteile an der M GmbH in Höhe von 115.204,05 €. Demnach ergeben sich folgende Anschaffungskosten für die im Rahmen des Anteilstausches erhaltenen Anteile der Klägerin an der Z GmbH:

 

Buchwert Anteile

351.910,00 €

abzgl. erhaltene Gegenleistungen

 

sonstige Gegenleistung

-80.690,54 €

Veräußerungserlös M-GmbH

-115.204,05 €

Anschaffungskosten Z-GmbH Anteile

156.015,41 €

 

Zwischen den Beteiligten unstreitig sind im Zuge der Einbringung Beratungskosten in Höhe von 4.536,99 € angefallen. Dabei handelt es sich um Kosten des Vermögensübergangs im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG.

Entsprechend ergibt sich danach folgender Einbringungsgewinn II, welcher nach Aktenlage der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig ist:

 

Gemeiner Wert Anteile an Y-GmbH

2.267.116,00 €

abzgl. Anschaffungskosten

-156.015,41 €

abzgl. Kosten Vermögensübergang

-4.536,99 €

Einbringungsgewinn II

2.106.563,60 €

 

c) Eine Versteuerung des Einbringungsgewinns II ist tatsächlich bislang nicht erfolgt und ist auch verfahrensrechtlich im Veranlagungszeitraum 2014 nicht mehr möglich.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerseite sind die letzten Änderungsbescheide des Jahres 2014 jeweils vom 30. April 2020, in welchen der Einbringungsgewinn II letztlich gar nicht mehr enthalten war, nicht nichtig.

Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Welche Fehler im Einzelnen als so schwerwiegend anzusehen sind, dass sie die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge haben können, lässt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. Ein Verwaltungsakt ist nicht allein deswegen nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften -auch diejenigen des formellen Rechts (Verfahrensrechts)- unrichtig angewendet worden sind. Der erforderliche besonders schwere Fehler liegt nur vor, wenn der Verwaltungsakt die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen und offenkundigen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, ihn als verbindlich anzuerkennen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81, BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133 m.w.N.; BFH, Urteile vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151, und vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BFHE 234, 504, BStBl II 2011, 1003).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind die geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2014, über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2014 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2014 vom 30. April 2014 nicht nichtig. Die Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist zwar nicht zutreffend (siehe dazu im Einzelnen unter cc)), jedoch führt die Anwendung einer (unzutreffenden) Änderungsvorschrift nicht zu einem die Nichtigkeit auslösenden schwerwiegenden Fehler. Die fehlende Erfassung des Einbringungsgewinns II widerspricht der gesetzlichen Grundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG. Jedoch stellt auch die unrichtige Anwendung der Rechtsgrundlagen keinen schwerwiegenden Mangel dar, der zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führt.

bb) Einer Änderung der Veranlagung 2014 steht die zwischenzeitlich eingetretene Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung entgegen.

Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die abzugebende Steuererklärung eingereicht wird. Dies gilt entsprechend für die Feststellungsfrist, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO.

Danach begann die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist für die Veranlagung 2014 mit Ablauf des Jahres 2015. Denn die Klägerin hat ihre Steuererklärungen 2014 am 30. Dezember 2015 bei dem Beklagten eingereicht.

Die reguläre Festsetzungs- und Feststellungsfrist für die Veranlagung 2014 endete daher mit Ablauf des Jahres 2019.

Die am 19. Dezember 2019 ergangenen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheide sind somit noch innerhalb der Festsetzungs- und Feststellungsfrist ergangen.

Durch den dagegen am 20. Januar 2020 erhobenen Einspruch ist jedoch nach § 171 Abs. 3a AO eine Ablaufhemmung eingetreten. Danach läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Einspruch unanfechtbar entschieden wurde. Dies gilt auch, wenn der Einspruch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erhoben wurde.

Dies ist vorliegend der Fall. Der Einspruch ist am 20. Januar 2020 und damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist erhoben worden. Über den Einspruch ist dann durch den ersten Abhilfebescheid vom 4. März 2020 entschieden worden. Allerdings ist gegen diesen Bescheid erneut innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch erhoben worden, woraufhin am 30. April 2020 ein weiterer Abhilfebescheid - sodann ohne Erfassung des Einbringungsgewinns II - ergangen ist. Auch gegen diesen wurde Einspruch eingelegt. Dieser Einspruch ist dann am 28. September 2020 zurückgenommen worden. Demnach endete mit Ablauf des 28. September 2020 die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3a AO, sodass seitdem für den Veranlagungszeitraum 2014 Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Eine Änderung des Bescheides über die einheitlich und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2014 ist auch nach Ablauf der Feststellungsverjährung nicht nach § 181 Abs. 5 AO möglich. Denn der Einkommensteuerbescheid 2014 des Kommanditisten X, für welchen die festgestellten Besteuerungsgrundlagen relevant sind, ist spätestens mit dem Erlass des letzten geänderten Einkommensteuerbescheides mit Ablauf des 24. Juni 2022 festsetzungsverjährt.

cc) Eine Änderung des Bescheides über die einheitlich und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2014 vom 9. Mai 2017 konnte nicht mehr nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgen.

Zwar gilt die nach dem vorgenannten für die Auslösung eines Einbringungsgewinns II erfolgte Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH nach § 22 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Nach der Rechtsprechung des BFH fingieren die umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen jedoch lediglich, dass die Veräußerung der erhaltenen Anteile ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt. Es müssen aber auch die weiteren Voraussetzungen dieser Korrekturnorm vorliegen. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass das Ereignis, dem steuerliche Rückwirkung zukommt, nachträglich eingetreten ist. Konnte das Ereignis bereits bei Erlass des zu ändernden Bescheids berücksichtigt werden, greift die Änderungsnorm nicht ein. War das fragliche Ereignis den Finanzbehörden bei Erlass des Bescheids nicht bekannt, kommt eine Korrektur gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. Danach schließen sich die Anwendungsbereiche der genannten Änderungstatbestände wechselseitig grundsätzlich aus (BFH, Urteil vom 18. November 2020, I R 24/18, BFH/NV 2021, 951 mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze lagen danach die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vor. Denn die Aufwärtsverschmelzung als rückwirkendes Ereignis war danach nicht nachträglich eingetreten. Bereits der ursprüngliche - aufgrund der eingereichten Feststellungserklärung 2014 - erlassene Bescheid vom 3. März 2016 erging nach der durch Verschmelzungsvertrag vom 28. Mai 2015 rückwirkend zum 1. Januar 2015 erfolgten Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH. Gleiches gilt für den nach der erfolgten Betriebsprüfung ergangenen Bescheid vom 9. Mai 2017, mit welchem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Auch dieser Bescheid erging zeitlich nach dem rückwirkenden Ereignis der Aufwärtsverschmelzung. Vor diesem Hintergrund ist das rückwirkende Ereignis in Form der Aufwärtsverschmelzung nicht nachträglich eingetreten.

dd) Auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO war nicht möglich. Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache in Fällen einer schädlichen Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist die erfolgte Aufwärtsverschmelzung.

Diese war dem Beklagten zwar bei Erlass des ursprünglichen Feststellungsbescheides 2014 am 3. März 2016 noch nicht bekannt. Vielmehr erlangte der Beklagte erst durch die jährliche Mitteilung der Klägerin im Sinne des § 22 Abs. 3 UmwStG am 24. Mai 2016 über die erfolgte Aufwärtsverschmelzung Kenntnis. Eine Berücksichtigung des Einbringungsgewinns II erfolgte jedoch auch nach der erfolgten Außenprüfung nicht. Vielmehr führte diese zu keinen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen laut Bescheiden vom 9. Mai 2017.

Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung des Bescheides vom 9. Mai 2017 nach § 173 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

Denn einerseits bestand zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von der Aufwärtsverschmelzung bei dem Beklagten. Andererseits war durch die erfolgte Betriebsprüfung die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO eingetreten. Danach dürfen Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nach § 173 Abs. 1 AO nur geändert werden, soweit eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.

Für letzteres ist nach Aktenlage nichts ersichtlich.

ee) Auch eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO kommt nicht in Betracht.

Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde oder das Gericht zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert worden ist, können gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Die irrige Beurteilung eines Sachverhaltes setzt voraus, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (BFH, Urteil vom 4. März 2009, I R 1/08, BFHE 225, 312, BStBl II 2010, 407).

Unter einem „bestimmten“ Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 604, und in BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung maßgebliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 604 [BFH 19.11.2003 - I R 41/02], und in BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763 [BFH 18.03.2004 - V R 23/02], sowie vom 2. Mai 2001 VIII R 44/00, BFHE 195, 14, BStBl II 2001, 562). Entscheidend ist, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt andere steuerrechtliche Folgerungen noch in einem anderen Steuerbescheid gegenüber dem Steuerpflichtigen zu ziehen sind.

Die Vorschrift ermöglicht es den Finanzbehörden, im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung oder Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf Betreiben des Steuerpflichtigen den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen. Der Steuerpflichtige soll im Falle seines Obsiegens an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist (BFH, Beschlüsse vom 21. Mai 2005 V B 30/03, BFH/NV 2004, 1497 [BFH 21.05.2004 - V B 30/03], und vom 10. Juli 2003 I B 150/02, BFH/NV 2003, 1535). Anders als § 173 AO setzt demnach § 174 Abs. 4 AO 1977 die volle Kenntnis der Finanzbehörde über den Sachverhalt zum Zeitpunkt des Erlasses des unrichtigen Steuerbescheides voraus (BFH, Urteil vom 14. März 2006, I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602 [BFH 14.03.2006 - I R 8/05 R]).

Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen handelt es sich bei dem erfolgten Anteilstausch und der anschließenden Aufwärtsverschmelzung der Y GmbH auf die Z GmbH um einen einheitlichen Lebenssachverhalt.

Demgegenüber handelt es sich bei der dann im Jahr 2017 erfolgten Veräußerung der Anteile an der Z GmbH um einen weiteren von dem vorgenannten Lebenssachverhalt zu unterscheidenden Sachverhalt.

Demnach ist bereits nicht das Tatbestandsmerkmal des einheitlichen - nicht um weitere Tatsachen ergänzten - Sachverhalts gegeben. Vielmehr handelt es sich bei dem Anteilstausch und der Aufwärtsverschmelzung einerseits und bei der erfolgten Veräußerung der durch die Einbringung erhaltenen Anteile an der Z GmbH andererseits um verschiedene Lebenssachverhalte.

Vor diesem Hintergrund war und ist - bereits aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Festsetzungsverjährung - keine Änderung der Veranlagung 2014 nach § 174 Abs. 4 AO möglich.

d) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt der unstreitig unversteuerte Einbringungsgewinn II nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der Anteile an der Z GmbH.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gilt der Einbringungsgewinn II als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.

aa) Sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch der Sinn und Zweck des Gesetzes erfordern, dass der Einbringungsgewinn II auch versteuert worden sein muss um zu nachträglichen Anschaffungskosten zu führen.

Das Gesetz definiert den Einbringungsgewinn II nach 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, dass soweit im Rahmen einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG) oder eines Anteilstauschs (§ 21 Abs. 1 UmwStG) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert und soweit der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung der Anteile zu versteuern ist (Einbringungsgewinn II); [...].

Es handelt sich dabei um eine Legaldefinition des Begriffs des Einbringungsgewinns II, welcher dann in § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG noch näher hinsichtlich der Berechnung definiert wird (ebenso mit dem Begriff der „Klammerdefinition“ und hervorhebend „zu versteuern“ Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 Rn. 458). Demnach lässt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift herleiten, dass der Einbringungsgewinn II auch versteuert worden sein muss.

bb) Dass es dem Gesetzgeber maßgeblich auf die Versteuerung des Einbringungsgewinns II ankam, zeigt auch die Entwicklung der Vorschrift im Gesetzgebungsverfahren. Denn der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-DrS 16/2710, S. 47) enthielt für den Einbringungsgewinn II lediglich die Berechnungsmethode, ließ eine Versteuerung desselben jedoch nicht erkennen. Allerdings ergab sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs, dass der Gesetzgeber bei dem Ansatz der nachträglichen Anschaffungskosten von einer Besteuerung des Einbringungsgewinns ausging. Denn darin heißt es:

In Höhe des der Besteuerung zugrunde gelegten Einbringungsgewinns liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die erhaltenen Anteile vor.“ (BT-DrS 16/2710, S. 47).

Im Rahmen der Beratungen im Finanzausschuss ist dann schließlich der jetzige Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in das Gesetz gelangt und es wurde ein Gleichlauf mit dem Wortlaut zum Einbringungsgewinn I in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG erreicht (vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses in BT-DrS 16/3315 S. 41 f.). Begründet wurde dies in dem Bericht des Finanzausschusses (BT-DrS. 16/3369 S. 12 f.) damit, dass in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG die Neukonzeption des Einbringungsteils von der nachträglichen Besteuerung des Einbringungsgewinns im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung auf die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns im Einbringungszeitpunkt umgestellt werde. Die schädliche Anteilsveräußerung oder das gleichgestellte Ereignis stelle nach § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG in Bezug auf die Steuerfestsetzung beim Einbringenden im Einbringungsjahr ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar. Damit sei die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns auch verfahrensrechtlich abgesichert.

Für § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG verweist der Finanzausschuss auf die Begründung zu § 22 Abs. 1 UmwStG wegen der Konzeptumstellung in den Fällen des § 22 Abs. 1 UmwStG auf die auch für die Fälle des Anteilstauschs erfolgende Umstellung auf die rückwirkende Besteuerung im Einbringungszeitpunkt.

Auch diese Entwicklung des Gesetzes verdeutlicht den gesetzgeberischen Willen, dass der Einbringungsgewinn II auch tatsächlich versteuert wird.

cc) Auch der Sinn und Zweck des § 22 UmwStG spricht dafür, dass der Einbringungsgewinn II auch tatsächlich versteuert worden sein muss, damit er zu nachträglichen Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile führen kann.

Mit § 22 Abs. 2 UmwStG will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die im Zeitpunkt des Anteilstauschs in den eingebrachten Kapitalgesellschaftsanteilen ruhenden stillen Reserven, die in der Hand des Einbringenden nach Maßgabe des § 3 Nr. 40 EStG steuerverstrickt waren, bei einer binnen sieben Jahren erfolgten Veräußerung durch die übernehmende Gesellschaft der Besteuerung unterliegen (vgl. BFH, Urteil vom 11.Juli 2019 - I R 13/18, BFHE 266, 272). Zu einer solchen Besteuerung der nämlichen stillen Reserven könnte es ohne die Regelung des § 22 Abs. 2 UmwStG nicht kommen. Denn bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft hätte der Gewinn aus der Veräußerung der eingebrachten Anteile gemäß § 8b Abs. 2 KStG grundsätzlich außer Ansatz zu bleiben (BFH, Urteil vom 18. November 2020, I R 24/18, BFH/NV 2021, 951).

Mit der Vorschrift soll demnach verhindert werden, dass eine nicht durch § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person (insbes. eine natürliche Person) einen Anteil in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft unter dem gemeinen Wert einbringt und anschließend die übernehmende Gesellschaft den eingebrachten Anteil gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei veräußert (Widmann in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 215. Ergänzungslieferung, September 2024, § 22 UmwStG, Rn. 193; Förster/Wendland, BB 2007, 631 [635]).

Der Gesetzgeber will demnach durch die Versteuerung des Einbringungsgewinns II erreichen, dass nur die im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen stillen Reserven einer normalen Versteuerung unterliegen (Ley, FR 2007, 109).

Die Erhöhung der Anschaffungskosten der durch die Einbringung erhaltenen Anteile dient dazu eine doppelte Besteuerung zu verhindern. Denn wenn die Einbringung bzw. der Anteilstausch (aufgrund eines schädlichen Ereignisses) nicht mehr zum Buchwert, sondern zum gemeinen Wert erfolgen muss, hat dies die Aufdeckung der stillen Reserven im Zeitpunkt des Anteilstausches zur Folge. Werden die so aufgedeckten stillen Reserven dann im Einbringungszeitpunkt versteuert, würde es zu einer nochmaligen Besteuerung kommen, wenn die durch den Anteilstausch erhaltenen Anteile dann später veräußert werden und dabei die historischen (d.h. nicht um die bereits versteuerten stillen Reserven erhöhten) Anschaffungskosten berücksichtigt würden.

Um dies zu verhindern, führt der Einbringungsgewinn II nur dann zu erhöhten Anschaffungskosten, wenn die in Form des Einbringungsgewinns II aufgedeckten stillen Reserven auch tatsächlich versteuert worden sind.

Entsprechend geht auch die Literatur davon aus, dass nachträgliche Anschaffungskosten des Einbringenden nur dann entstehen, wenn es zu einer Versteuerung eines Einbringungsgewinns II kommt (Ley, FR 2007, 109 [114]; Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl., § 22 UmwStG, Rn. 80 i.V.m. Rn. 61 „Die Versteuerung eines Einbringungsgewinns hat eine Erhöhung der AK der erhaltenen Anteile zur Folge [...]“; Derselbe Vor § 20-23 UmwStG Rn. 51: „Dies gilt der Vermeidung der doppelten Versteuerung der nachträglich bei der Einbringung versteuerten stillen Reserven iRd nach allgemeinen Grundsätzen zu ermittelnden Gewinns aus der Veräußerung der Anteile“; Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski Umwandlungssteuergesetz, 6. Aufl., § 22, Rn. 258: „Handelte es sich bei dem ursprünglichen Einbringungsvorgang um einen reinen Anteilstausch nach § 21, so sind die nachträglichen AK im Fall einer rückwirkenden Versteuerung des Einbringungsgewinns II sämtlichen erhaltenen Anteilen des Einbringenden zuzuordnen [...]“).

Diese Systematik wendet die Rechtsprechung auch bei dem Ansatz der erhöhten Anschaffungskosten im Falle einer Entnahme von im Betriebsvermögen gehaltenen GmbH-Anteilen, die dann später aus dem Privatvermögen veräußert werden, an. Ist nämlich ein Entnahmegewinn im Betriebsvermögen steuerrechtlich erfasst worden, käme es zu einer Doppelberücksichtigung der Wertsteigerungen, wenn die Anteile später veräußert werden und der Gewinn als die Differenz von Veräußerungspreis und (historischen - also nicht erhöhten) Anschaffungskosten ermittelt würde. Um eine derartige Doppelberücksichtigung zu vermeiden, tritt der Teilwert (oder der gemeine Wert) an die Stelle der historischen Anschaffungskosten. Sind aber die stillen Reserven tatsächlich nicht erfasst worden und können sie - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr erfasst werden, so kann es zu keiner Doppelberücksichtigung kommen. Nur dort, wo Wertsteigerungen bereits der Besteuerung unterworfen wurden, muss § 17 EStG über seinen Wortlaut hinaus teleologisch reduziert werden, damit es zu keiner Doppelberücksichtigung stiller Reserven kommen kann (BFH, Urteil vom 13. April 2010 IX R 22/09, BFHE 229, 189, BStBl II 2010, 790).

dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin führen auch die von ihr benannten Ausführungen der Literatur zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Mehrheitlich wird dort vertreten, dass für den Ansatz der erhöhten Anschaffungskosten in § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG keine weiteren Nachweise - insbesondere zur Entrichtung der auf den Einbringungsgewinn II entrichteten Steuer - erforderlich seien:

„Ein gesonderter Nachweis der Besteuerung oder der Entrichtung der Steuer ist nicht vorgesehen“ (Schmitt/Hörtnagl/Schmitt § 22 UmwStG Rn. 58; DPM/Patt § 22 UmwStG Rn. 61; (Brandis/Heuermann/Nitzschke, 172. EL Juli 2024, UmwStG 2006 § 22 Rn. 54)“

„Ein besonderer Nachweis über den festgesetzten nachträglichen Einbringungsgewinn und die darauf entfallende Steuer sowie eine tatsächliche Entrichtung der Steuer wird vom Gesetz nicht gefordert.“ (Klingbiel/Patt/Krause, Umwandlungssteuerrecht, 5. Aufl. S. 553 (unter Tz. 7.8.6)

„Der Einbringungsgewinn I führt nach Abs. 1 S. 4 zu nachträglichen AK „der erhaltenen Anteile“. Die AK der erhaltenen Anteile erhöhen sich nach der hier vertretenen Auffassung (- Rn. 50) rückwirkend zum Einbringungsstichtag (BMF 11.11.2011, BStBI. 1 7374 Rn. 22.70; Brandis/Heuermann/Nitzschke Rn. 54; Lademann/Jäschke Rn. 72; Rödder/Herlinghaus/van Lishaut/Stangl Rn. 300; aA Dötsch/Pung/Möhlenbrock/Patt Rn. 67b), und zwar unabhängig davon, ob die Steuer auf den Einbringungsgewinn entrichtet wurde oder nicht.“(Haritz/Menner/Bilitewski/Bilitewski Rn. 730; Dötsch/Pung/Möhlenbrock/Patt Rn. 67; Rödder/Herlinghaus/van Lishaut/Stang( Rn. 307).

„Ein besonderer Nachw. oder ein entsprechender Antrag ist nach Abs. 1 S. 4 nicht erforderlich“ (Rödder/Herlinghaus/van Lishaut/Stang Rn. 94; Förster/Wendland BB 2007, 637; Ley FR 2007, 709 [BFH 07.11.2006 - VIII R 30/05]).

Die Literatur grenzt diesbezüglich zur Vorschrift des § 23 Abs. 2 UmwStG ab. Danach kann die übernehmende Gesellschaft auf Antrag den versteuerten Einbringungsgewinn im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der Anteile oder eines gleichgestellten Ereignisses als Erhöhungsbetrag ansetzen, soweit der Einbringende die auf den Einbringungsgewinn entfallende Steuer entrichtet hat und dies durch Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Finanzamts im Sinne von § 22 Abs. 5 UmwStG nachgewiesen hat. Wurden die veräußerten Anteile aufgrund einer Einbringung von Anteilen nach § 20 Abs. 1 oder § 21 Abs. 1 (§ 22 Abs. 2) UmwStG erworben, erhöhen sich die Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile in Höhe des versteuerten Einbringungsgewinns, soweit der Einbringende die auf den Einbringungsgewinn entfallende Steuer entrichtet hat.

In § 23 Abs. 2 UmwStG werden als Tatbestandsvoraussetzungen die Entrichtung der auf den versteuerten Einbringungsgewinn II entfallenden Steuer und die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung vorgesehen. Das Erfordernis der Steuerentrichtung dient der Sicherstellung des Steuer-Aufkommens. Die übernehmende Gesellschaft soll erst dann einen Steuervorteil aus der Wertaufstockung erhalten, wenn auf der anderen Seite der Einbringende die Steuer auf den Gewinn, der Grundlage der Werterhöhung darstellt, an den Fiskus entrichtet hat (Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 6. Aufl., § 23, Rn. 111).

Erfolgt bereits keine Festsetzung des Einbringungsgewinns, kommt es auch nicht zu einem Erhöhungsbetrag bei der übernehmenden Gesellschaft, da § 23 Abs. 2 UmwStG auf den versteuerten Einbringungsgewinn abstellt (Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 6. Aufl., § 23, Rn. 113).

Diese zusätzlichen Nachweiserfordernisse - welche § 22 Abs. 2 UmwStG nicht vorsieht - erfolgen insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Versteuerung des Einbringungsgewinns einerseits und die Erhöhung der Anschaffungskosten bei der übernehmenden Gesellschaft andererseits bei unterschiedlichen Steuersubjekten erfolgen. Ob demnach der Einbringungsgewinn durch den Einbringenden versteuert und die darauf entfallende Steuer von dem Einbringenden auch entrichtet worden ist, kann die übernehmende Gesellschaft nicht feststellen. Sind für beide Gesellschaften unterschiedliche Finanzämter zuständig, so dient das zusätzliche Nachweiserfordernis dem vorgenannten Zweck der Sicherstellung des Steueraufkommens.

Eines solchen zusätzlichen Nachweiserfordernisses für die erfolgte Versteuerung des Einbringungsgewinns II zur Sicherstellung des Steueraufkommens bedurfte es jedoch in § 22 Abs. 2 UmwStG nicht. Denn dort erfolgt die rückwirkende Festsetzung eines Einbringungsgewinns II und die damit verbundene Erhöhung der Anschaffungskosten der durch den Anteilstausch erhaltenen Anteile bei demselben Steuersubjekt, nämlich bei dem Einbringenden. Dieser hat selbst Kenntnis darüber, ob der Einbringungsgewinn versteuert wurde. Sollte dies nicht erfolgt sein, so hat dies nach Auffassung des erkennenden Senats zur Folge, dass dann auch keine Erhöhung der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile bei dem Einbringenden erfolgt.

Dies führt dazu, dass bei der Besteuerung des Einbringenden die Besteuerung gesichert ist: entweder erfolgt die Besteuerung der in den eingebrachten Anteilen ruhenden stillen Reserven entsprechend des gesetzgeberischen Willens durch die rückwirkende Festsetzung eines Einbringungsgewinns II im Zeitpunkt der Einbringung oder aber - sollte eine Änderung der entsprechenden Steuerfestsetzung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption nicht (mehr) möglich sein - erfolgt die Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der Veräußerung der erhaltenen Anteile, indem für diese nur die historischen Anschaffungskosten und nicht durch einen versteuerten Einbringungsgewinn II erhöhte Anschaffungskosten angesetzt werden.

ee) Auch das Argument der Klägerin die gesetzgeberische Wahl des Mittels der Fiktion in § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG („Der Einbringungsgewinn II gilt als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile“) führe ohne weitergehende Prüfung zum Ansatz nachträglicher Anschaffungskosten verfängt nicht.

Die Fiktion der nachträglichen Anschaffungskosten ist im Zusammenhang mit § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu sehen. Dort ist geregelt, dass der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile gilt. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung eine strikte Wertverknüpfung geschaffen zwischen dem Ansatz der eingebrachten Anteile in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers für den Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und für die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile des Einbringenden. Im Rahmen der Besteuerung des Einbringenden kann nach Auffassung des BFH (Urteil vom 8. Juni 2011, - I R 79/10, DStR 2011, 2248 [BFH 08.06.2011 - I R 79/10] (noch zu § 20 Abs. 4 UmwStG a.F., welcher nunmehr § 20 Abs. 3 UmwStG (Einbringung von Unternehmensteilen) entspricht) nicht geprüft werden, ob der von der übernehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Wert zutreffend ermittelt worden ist. Dies hat der BFH auch in dem von der Klägerin zitierten Beschluss vom 19. Dezember 2007 (I R 111/05, BFHE 220,152, BStBl. II 2008, 536) ebenso entschieden. Danach ist bei dem Einbringenden aufgrund der Fiktion nicht zu prüfen, ob der von der übernehmenden Kapitalgesellschaft gewählte Wertansatz für die eingebrachten Gesellschaftsanteile zutreffend ermittelt worden ist. Diese Wertverknüpfung dient nach Auffassung des BFH der Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven. An dieser strengen Wertverknüpfung hat der Gesetzgeber auch im Fall eines - wie hier vorliegenden - qualifizierten Anteilstauschs im Inland (also ohne Auslands-Bezug) festgehalten (Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, UmwStG, 6. Aufl., § 21 UmwStG, Rn. 55).

Durch die Ermittlung der Anschaffungskosten der neuen Anteile mit dem Wert, mit dem der übernehmende Rechtsträger die eingebrachten Anteile in seiner Steuerbilanz angesetzt hat, ist die Übertragung der in den eingebrachten Anteilen etwa vorhandenen stillen Reserven auf die neuen Geschäftsanteile und damit die spätere Besteuerung der stillen Reserven beim Einbringenden sichergestellt (Schmitt/Hörtnagl/Schmitt, 10. Aufl. 2024, UmwStG § 21 Rn. 86-89). Es erfolgt aufgrund der Wertverknüpfung eine Verdopplung der stillen Reserven (Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, UmwStG, 6. Aufl., § 21 UmwStG, Rn. 55), welche einerseits in den durch die Einbringung erhaltenen Anteilen bei dem Einbringenden und andererseits in den eingebrachten Anteilen bei der übernehmenden Gesellschaft ruhen.

Im Rahmen einer solchen Wertverknüpfung ist auch § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG zu sehen. Es wird demnach nicht geprüft, ob der Einbringungsgewinn II der Höhe nach zutreffend ermittelt wird. Die Fiktion ist nicht dergestalt weit zu verstehen, dass allein die Berechnung eines Einbringungsgewinns II - ohne Versteuerung desselben - zu nachträglichen Anschaffungskosten führt. Vielmehr erfolgt ein Ansatz nachträglicher Anschaffungskosten nur dann, wenn auch ein Einbringungsgewinn II im Zeitpunkt der Einbringung (rückwirkend) berücksichtigt und versteuert worden ist.

e) Entgegen der klägerischen Auffassung ist verfahrensrechtlich eine Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten durch eine Bilanzberichtigung nicht möglich.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht; eine solche Änderung ist jedoch nicht zulässig, wenn die Bilanz einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr geändert oder aufgehoben werden kann.

Voraussetzung für eine Bilanzberichtigung ist demnach, dass ein Bilanzansatz fehlerhaft ist. Dies ist gegeben, wenn der Bilanzansatz objektiv gegen ein handels- oder steuerrechtliches Bilanzierungsge- oder -verbot verstößt.

Danach erweist sich der Bilanzansatz der durch den Anteilstausch erlangten Anteile an der Z GmbH nicht als fehlerhaft. Denn nach der o.g. Ansicht des erkennenden Senats waren keine nachträglichen Anschaffungskosten der Anteile an der Z GmbH zu berücksichtigen, nachdem eine Versteuerung des Einbringungsgewinns II und damit einhergehend die Aufdeckung der in den erhaltenen Anteilen ruhenden stillen Reserven nicht erfolgt ist.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Soweit ersichtlich liegt noch keine Rechtsprechung des BFH zu der Frage, ob ein unversteuerter Einbringungsgewinn II zu nachträglichen Anschaffungskosten der im Rahmen eines Anteilstauschs erhaltenen Anteile führt, vor.

 

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