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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
15.08.2013
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
LG Bonn: Keine Zurechnung von Beraterverschulden bei verspäteter Einreichung von Abschlussunterlagen

LG Bonn, Beschluss vom 6.6.2013 - 31 T 59/13


Volltext des Beschlusses: BB-ONLINE BBL2013-2033-2

unter www.betriebs-berater.de


LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)


Bestätigt der beauftragte Steuerberater die erfolgreiche Übermittlung der Abschlussunterlagen, darf die Gesellschaft auf den Veröffentlichungserfolg vertrauen und muss sich ein etwaiges Verschulden des Beraters nicht zurechnen lassen.


HGB §§ 325, 335


Sachverhalt


I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2010 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 24.02.2012, zugestellt am 01.03.2012, angedroht.


Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 15.10.2012 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt. Am 09.08.2012 hatte die Beschwerdeführerin die Jahresabschlussunterlagen offengelegt.


Gegen die Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 23.10.2012 Beschwerde eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerde mit Entscheidung vom 09.01.2013, die der Beschwerdeführerin bekannt gemacht wurde, nicht abgeholfen.


Aus den Gründen


II. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.


Die gegen die Beschwerdeführerin ergangene Ordnungsgeldentscheidung war aufzuheben, weil eine schuldhafte Verletzung der Offenlegungspflichten nach §§ 325 ff. HGB nicht festgestellt werden kann.


Die Beschwerdeführerin hat die offenlegungspflichtigen Rechnungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2010 zwar weder innerhalb der Jahresfrist nach § 325 Abs. 1 HGB noch innerhalb der sechswöchigen Nachfrist nach Zustellung der Androhungsverfügung (§ 335 Abs. 3 S. 1 HGB) vom 24.02.2012 am 01.03.2012 beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht. Diese lief am 12.04.2012 ab.


Dieses Versäumnis beruhte jedoch nicht auf einem Verschulden der für die Offenlegung verantwortlichen gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin. Diese hat substantiiert dargelegt und durch Vorlage von Unterlagen ihres Steuerberaters glaubhaft gemacht, dass der mit der Erstellung des Jahresabschlusses und dessen Offenlegung betraute Steuerberater am 09.03.2012, d.h. innerhalb der Nachreichungsfrist, vergeblich eine Offenlegung über E versucht hatte, die jedoch fehlschlug. Da der Steuerberater jedoch selbst von dem Erfolg der Offenlegung überzeugt war, hatte er der Geschäftsführung der Beschwerdeführerin die erfolgreiche Übermittlung vom 09.03.2012 bestätigt.


Eine Gesellschaft muss bei der Hinzuziehung eines Fachberaters grundsätzlich lediglich dafür Sorge tragen, dass ihr Unregelmäßigkeiten bei der Pflichterfüllung nicht über einen längeren Zeitraum hinweg verborgen bleiben (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 12.06.2007 - II 144/2004, BeckRS, 26024140, auch zu Ausnahmen von diesem Grundsatz). Allerdings lassen die gesteigerten Sorgfaltsanforderungen nach dem Erhalt der Androhungsverfügung nicht zu, dass sich die Gesellschaft weiterhin ohne weiteres auf diesen Vertrauensgrundsatz berufen darf. Es entspricht nicht den Anforderungen, die an einen ordentlich handelnden Kaufmann zu stellen sind, die Sache in Ansehung des Ordnungsgeldes und in Anbetracht der kurzen Frist nach § 335 Abs. 3 S .1 HGB mit der Beauftragung eines Dritten als abgeschlossen zu betrachten. Vielmehr obliegt es der Gesellschaft in dieser Situation, sich selbst eine Wiedervorlagefrist zu setzen und sich noch vor dem Ablauf der mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachfrist zu versichern, dass die Frist eingehalten wurde. Dabei ist die Wiedervorlagefrist so zu wählen, dass die Gesellschaft dann, wenn der beauftragte Berater noch nicht tätig geworden sein sollte, weitere, auf die Erfüllung der Offenlegungspflicht gerichtete Maßnahmen ergreifen kann. Erst wenn die Pflichterfüllung für die Gesellschaft zuverlässig von der beauftragten Person bestätigt wird, kann sie die Offenlegungspflicht als erledigt betrachten (vgl. LG Bonn DStR 2011, 780 ff.). Vorliegend durfte die Gesellschaft mangels abweichender Hinweise auf die Bestätigung durch den Steuerberater vertrauen. Eine weitere Nachfrage hätte den Steuerberater nicht zu einer Überprüfung veranlasst, da er selbst davon ausging, alles Erforderliche veranlasst zu haben. Auf die eingehende Begründung des Steuerberaters und die vorgelegten Belege wird ergänzend Bezug genommen. Die Beschwerdeführerin trifft daher kein Überwachungsverschulden. Ein Verschulden des Steuerberaters ist ihr aber nach Auffassung der Kammer weder gemäß § 278 BGB noch § 152 Abs. 1 S. 3 AO direkt oder in entsprechender Anwendung zuzurechnen.


Die Beschwerdeführerin hat den angefochtenen Bescheid durch die verspätete Übermittlung der zu veröffentlichenden Unterlagen bei dem Elektronischen Bundesanzeiger verursacht. Eine Kostenentscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführerin ist daher gemäß § 335 Abs. 5 S. 7 HGB nicht veranlasst.


Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.

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